Bozen, 5. September 2006
Am 18. August ist aus einem Leck in der
Ölpipeline der Gesellschaft Petroecuador, die das Erdöl
von Block 8 Campo Cuyabeno in der Provinz Sucumbíos zur
Grenze des Naturreservats fördert, Erdöl in den Fluss
Cuyabeno Chico ausgeflossen. Der Fluss führt Wasser in das
gesamte Lagunensystem des Reservats, das auf Grund seiner hohen
Biodiversität als eines der weltweit wichtigsten
Umweltareale gilt.
Trotz der hohen Verseuchungsgefahr hat Petroecuador den Unfall
drei Tage lang verschwiegen und erst dann die Bevölkerung
und die zuständigen Behörden (Umweltministerium und die
indigene Gemeinschaften Puerto Bolívar und Tarapuy)
informiert. Laut Petroecuador selbst wurde das Leck durch ein
Attentat verursacht. Wäre dem so, versteht sich allerdings
nicht, warum der Konzern ganze drei Tage gebraucht, um die
Behörden zu verständigen. Den Bewohnern der Umgebung
nach, ist das Leck eher dem schlechten Zustand der Pipeline zu zu
schreiben, zudem Petroecuador bereits beschuldigt wurde,
öfters Probleme mit Erdöldurchsickerungen zu
haben.
Ausserdem hat Petroecuador die Folgen des Lecks weitgehend
unterschätzt und nur unzureichende Notmassnahmen ergriffen,
die die Verseuchung des Lagunensystems und schwerste Folgen
für das Ekosystem des Reservats nicht verhindern konten. Das
Ausmass des Erdölverlusts und die Unangemessenheit des
Noteingriffs wurden auch von der Insepktion, die am 24. August
von Vertretern der Gemeinschaften von Siona de Puerto
Bolívar, Journalisten von Radio Sucumbíos und
Personal des Umweltministerium durchgeführt wurde,
bestätigt. Die Umweltkatastrophe ist unschätzbar: die
gesamte Vegetation längst der Ufer des Flusses Cuyabeno
Chico und der Lagunen ist von Erdöl verklebt, wodurch alle
grasfressenden Spezies direkt gefährdet sind. Ebenfalls
verschmutzt ist ungefähr 50% der Wasseroberfläche, mit
schweren Folgen für den Fischbestand, Kaimane, Eidechsen und
Anacondas, für alle Wassersäugetiere, wie der rosa und
der graue Delphin - alles Tiere, die in die Kategorie der vom
Aussterben bedrohten Tiere fallen und deren Habitat eben diese
Lagunen, weitab von jeglicher menschlicher Aktivität
sind.
Das ist nicht der erste Unfall dieser Art. Bereits im Oktober
1989 hatte ein bedeutend kleineres Leck das Ökosystem der
gleichen Zone auf harte Probe gestellt. 17 Jahre danach wurden
mehrere Säcke, vollgestopft mit verhärtetem Erdöl,
mitten im Wald, in nur 50 cm Tiefe vergraben, gefunden. Eine
Zeitbombe für die Umwelt. Den Bewohnern der umstehenden
Gemeinden nach, wurden Tausende solcher Säcke in der
Umgebung verscharrt. Das Naturreservat von Cuyabeno besteht aus
603.800 Hektar geschützten Amazonasurwald, von dem 430.000
Hektar als unantastbare Zone gelten. In genau diesem Gebiet
befinden sich auch die Lagunen von Cuyabeno, die auf Grund der
hohen Anzahl von endemischen Pflanzen und Tieren, den
verschiedenen Ökosystemen, die vom feuchten Wald mit seinen
permanenten und jahreszeitbedingten Sümpfen bis zum
Trockenwald reichen, als weltweit einzigartig gelten. Will man
diese unvorstellbare Umwelt retten, muss sofort eingegriffen
werden und es muss unverzüglich mit der Reinigung des
Gebiets angefangen werden.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden am ersten Kontrollposten 350
Barrel Erdöl aufgesammelt, aber das Umweltministerium
schätzt, dass ungefähr 1000 Barrel Erdöl aus der
Pipeline ausgeflossen sind. Die restlichen 650 Barrel Erdöl
lagern verstreut auf den Gewässern des Cuyabeno Chico und
fliessen dank der heftigen Regenfälle der letzten Tage,
bereits der Laguna Grande, dem wohl wichtigsten Tourismusgebiets
des Reservats, zu. Die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) ist auch sehr um das Wohlergehen der indigenen
Bevölkerungen des Gebiets besorgt. Alle sie entrichten den
Grossteil ihrer Aktivitäten, die auch ihre Lebensgrundlage
bilden (Tourismus, Fischerei, Jagd, Hygiene), in der nun
verseuchten Zone. Die GfbV appelliert deshalb an die Regierung
Ecuadors, damit diese Petroecuador zu einer zufriedenstellenden
Säuberung des Gebiets verpflichtet, diese
überprüft und den Bewohnern der umliegenden
Gemeinschaften einen angemessenen Schadensersatz zahlt.