Einen Regenbogen der Minderheiten
Welche Politik brauchen Minderheiten heute?
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Bozen, 4.7.2001

Inhalt
Die EU und die Anti-Diskriminierungspolitik | Definition des Begriffes „Diskriminierung“ | Unterschied zwischen Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung | Eine kohärente Strategie zur Bekämpfung von Diskriminierungen | Affermative action - Das Beispiel aus den USA | Das kanadische Modell - Individueller Schutz vor Diskriminierung | Weg mit den Sperrklauseln - Österreichs Verfassungsrichter als Minderheiten-Lobby

Vage sind die Hinweise in den EU-Verträgen und in der EU-GRC auf die Existenz von sprachlichen Minderheiten in der EU. Die Erfolgsaussichten, Sprachenrechte in die zu überarbeitenden EU-Verträge aufzunehmen, sind äußerst gering. Die Diskriminierung der Minderheitensprachen bleibt also aufrecht.

Ein Ausweg, ein Bündnis zwischen Sprachminderheiten, Einwanderern, Flüchtlingen, weiteren sozialen Gruppen, die unter Diskriminierung leiden. Der gemeinsame Nenner: der Kampf gegen die Diskriminierung. Immerhin hat sich die EU mit ihrer Grundrechtecharta auch einen Anti-Diskriminierungsartikel genehmigt. Für Sprachminderheiten eine Chance, z.B. die Verweigerung von Schulunterricht in der eigenen Sprache als Diskriminierung anzuprangern.

Ansprechpartner in diesem Fall ist die EU-Beobachtungsstelle zur Überwachung des Rassismus. Diese Stelle muß sich auch regelmäßig mit der Diskriminierung von autochthonen Minderheiten befassen, die zu den faktisch benachteiligten Gruppen gehören. Weitere Ansprechpartner könnten dann auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der Europäischen Gerichtshof (EuGH) werden. Klagepunkt: Die sprachliche Diskriminierung.

In Österreich versucht die Initiative Minderheiten (http://www.initiative.minderheiten.at) verschiedene soziale Gruppen und Sprachminderheiten für gemeinsame Initiativen zu gewinnen. Wie beispielsweise für ein österreichisches Antidiskriminierungsgesetz. Als Modell einer neuer Koalition dient die US-Bürgerrechtsbewegung, die in den 60er Jahren unterschiedlichste Minderheiten vereinen konnte.

Die EU und die Anti-Diskriminierungspolitikoben
Das Thema Antidiskriminierung hat inzwischen auch in der EU Gewicht erhalten. Die EU hat sich mit der Grundrechte-Charta einen eigenen Antidiskriminierungspassus zugelegt. Der EU-Rat will für die Umsetzung sorgen. So heißt es in einem EU-Papier zum Thema Rassismus: Am 29. Juni 2000 und am 27. November 2000 genehmigte der EU-Rat drei wichtige Instrumente, die Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verhindern und bekämpfen sollen:
- die Richtlinie 2000/78/EG zum Verbot von Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf, die Diskriminierungen aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung untersagt;
- die Richtlinie 2000/43/EG zum Verbot von Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in einem umfassenderen Spektrum von Bereichen: Beschäftigung, Bildung, Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen sowie Sozialschutz;
- ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen (Beschluss 2000/750/EG des Rates), das die Umsetzung der Richtlinien durch den Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die Verbreitung bewährter Verfahren in legislativen wie auch in nicht legislativen Bereichen unterstützen und ergänzen soll. Die Organisationen werden auf alle drei Texte verwiesen, die unter folgender Internet-Adresse abrufbar sind: http://europa.eu.int/comm/employment_social/fundamri/legln_en.htm

Definition des Begriffes „Diskriminierung“oben
Im Rahmen dieses Aufrufs kommen nur Vorschläge für eine Förderung in Betracht, die Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen Ausrichtung verhindern oder bekämpfen wollen. Aus den Vorschlägen muss außerdem hervorgehen, wie sie die erforderliche Einbeziehung der Geschlechterproblematik in alle Maßnahmen berücksichtigt haben.
Als Diskriminierung gilt, wenn eine Person oder eine Gruppe von Personen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung weniger gut behandelt wird als eine andere (unmittelbare Diskriminierung), oder wenn eine scheinbar neutrale Bestimmung darauf abzielt, eine Gruppe von Personen aus den genannten Diskriminierungsgründen zu benachteiligen, wenn dies nicht objektiv gerechtfertigt ist (mittelbare Diskriminierung).
* Anders ausgedrückt, Diskriminierung bedeutet, dass Menschen ohne triftigen Grund anders, negativ oder schlecht behandelt werden. Entsprechend den Menschenrechtsbestimmungen bedeutet Diskriminierung, dass aus einem unzulässigen Grund zwischen bestimmten Einzelpersonen oder Gruppen unterschieden wird. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass Menschen nicht einfach wegen ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Ausrichtung benachteiligt werden dürfen.
* Diese Behandlung wird Diskriminierung genannt und ist rechtswidrig. Wenn es in einer Stellenanzeige oder in einer öffentlichen Bekanntmachung heißt, dass „sich keine behinderten Menschen zu bewerben brauchen“ oder dass „Ausländer nicht zugelassen sind“, ist die Aussage eindeutig – und diskriminierend. Ebenso ist uns allen klar, dass es diskriminierend und herabsetzend ist, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder ihres Alters oder wegen einer körperlichen oder geistigen Behinderung beschimpft werden. Handlungen dieser Art sind leicht zu erkennen.
* Diskriminierungen können aber auch wesentlich subtiler sein und sind dann schwerer abzustellen. Die Diskriminierung hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und schließt auch Ungleichbehandlungen ein, die sich aus der Anwendung von Regeln oder Maßnahmen ergeben, die an sich scheinbar keine diskriminierende Absicht verfolgen (mittelbare Diskriminierung). Wenn jemandem die gewünschte Dienstleistung oder der Arbeitsplatz, den er seiner Ansicht nach verdient, verweigert wird, kann eine Diskriminierung vorliegen. Dann muss untersucht werden, ob die Rasse, das Geschlecht oder das Alter usw. der betroffenen Person bei der Verweigerung der Dienstleistung oder des Arbeitsplatzes eine Rolle gespielt haben oder ob andere, triftige Gründe vorlagen.
* Bisweilen lässt sich nur feststellen, ob eine Diskriminierung vorliegt, wenn man die Auswirkungen auf Gruppen von Menschen prüft. Wenn Menschen, die im Rollstuhl sitzen, nicht zu einem Schalter in Post, Bank usw. gelangen können, liegt auf der Hand, dass sie nicht gut bedient werden. Oder wenn Menschen von über 50 Jahren fast nie für eine bestimmte Arbeit eingestellt werden, kann man sich fragen, ob es dafür einen guten Grund gibt oder ob dies auf ein Vorurteil gegenüber älteren Arbeitskräften zurückzuführen ist.
* Belästigung ist jedes unerwünschte physische oder verbale Verhalten, das andere beleidigt oder erniedrigt. Ein solches Verhalten kann die Fähigkeit der Betroffenen, eine Arbeit auszuüben oder eine Dienstleistung zu erlangen, beeinträchtigen. Belästigung ist eine Art von Diskriminierung. Belästigung ist als Form der Diskriminierung zu betrachten, wenn ein unerwünschtes Verhalten im Zusammenhang mit einem der genannten Gründe an den Tag gelegt wird mit dem Zweck oder der Wirkung einer Verletzung der Würde einer Person und der Schaffung einer einschüchternden, feindseligen, herabsetzenden, erniedrigenden oder beleidigenden Atmosphäre. Eine Belästigung kann in einem einzigen Vorfall oder in mehreren Vorfällen innerhalb eines bestimmten Zeitraums bestehen. Sie kann viele Formen annehmen, beispielsweise: Drohungen, Einschüchterung oder Beschimpfungen; unerwünschte Bemerkungen oder Späße über Themen wie beispielsweise ethnische Zugehörigkeit, Religion, Behinderung oder Alter; Zur-Schau-Stellen rassistischer oder sonstiger beleidigender Bilder oder Plakate.

Unterschied zwischen Diskriminierung und sozialer Ausgrenzungoben
Der Begriff Diskriminierung unterscheidet sich von dem der sozialen Ausgrenzung. Die rechtsbezogene Betrachtungsweise, die ihren Ursprung in der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre hat, bewirkt eine Revolution bei den Ideen sowie durch den Druck, der ausgeübt wird, um eingeführte Maßnahmen und Verfahren zu ändern. Einfach ausgedrückt läuft dies auf die Behauptung hinaus, dass Menschen keine Probleme sind, sondern Rechte haben. Eine feministische Autorin hat darauf hingewiesen, dass „schon die Tatsache an sich, dass eine rechte- und nicht eine bedürfnisbezogene Forderung formuliert wird, ein wichtiger Schritt in Richtung auf das Eingeständnis von sozialem Unrecht ist“.
* Bei einer rechtesbezogenen Betrachtungsweise liegt das Hauptproblem darin, dass es in der Gesellschaft zu wenig Raum für menschliche Unterschiede und die Achtung der Vielfalt gibt, und nicht in den Unterschieden selbst. Das Kernproblem ist somit die Gleichstellung und die Achtung der Vielfalt. Der Gleichstellungsgesichtspunkt verleiht dem Verstoß gegen andere Rechte, z. B. Freiheit, Recht auf Gesundheitsfürsorge, Recht auf Bildung und Recht auf Arbeit, eine zusätzliche Bedeutung. Denn dabei stehen nicht so sehr diese Rechte an sich auf dem Spiel, sondern die Sicherung eines gleichberechtigten effektiven Genusses dieser Rechte für Menschen, die aus den in Artikel 13 des EG-Vertrags aufgeführten Gründen Diskriminierungen ausgesetzt sind.
Die soziale Eingliederung und die Bekämpfung von Diskriminierungen lassen sich von unterschiedlichen Basisideen leiten (ebenso wie die wichtigsten administrativen und politischen Mechanismen und die jeweiligen zentralen Akteure). Ideologisch gesehen stützen sich die Maßnahmen zur sozialen Eingliederung auf soziale Rechte, wobei die Notwendigkeit staatlicher Interventionen bei der Bereitstellung von Dienstleistungen hervorgehoben wird, wenn die soziale Absicherung gewährleistet, Einkommensverluste ausgeglichen und ein „annehmbarer“ Lebensstandard gesichert werden sollen.
Der von den Menschenrechten oder der Bekämpfung von Diskriminierungen ausgehende Ansatz verweist bei Behandlung derselben Fragen darauf, dass die Bereitstellung von Dienstleistungen allein nicht immer das geeignetste Instrument zur Sicherung der Chancengleichheit darstellt. Der rechtesbezogene Ansatz verweist ferner kritisch auf diejenigen staatlichen Bestimmungen oder Unzulänglichkeiten, die als diskriminierend angesehen werden können. Auch spricht er Fragen an, die über die Sozialpolitik hinausreichen und sich auf eine umfassendere politische „Arena“ erstrecken (bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Daher ist Artikel 13 nicht Teil des Sozialkapitels des Vertrages, sondern gehört zu den Grundsätzen). Hierbei muss allerdings hervorgehoben werden, dass ein derartiger Ansatz möglichst durch aktive Maßnahmen zur sozialen Eingliederung zu ergänzen ist.
Die Europäische Gemeinschaft ist auch darauf verpflichtet, die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, und hat in diesem Kontext eine Reihe von Instrumenten genehmigt, zu denen ein Vorschlag für ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung gehört, das am 1. Januar 2002 anlaufen soll. Ferner wird die Kommission in Kürze einen Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für „vorbereitende Maßnahmen zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung“ veröffentlichen. Unter der folgenden Internet-Adresse können Sie Näheres über diese Instrumente oder Maßnahmen erfahren: http://europa.eu.int/comm/employment_social/soc-prot/soc-incl/index_en.htm

Eine kohärente Strategie zur Bekämpfung von Diskriminierungenoben
Die Kommission hat die Prioritäten im Kontext dieses Aufrufs zur Einreichung von Vorschlägen zur Bekämpfung von Diskriminierungen – wie in den Leitlinien 2001 aufgeführt – wie folgt begrenzt:
(a) Bekämpfung von Diskriminierungen innerhalb öffentlicher Verwaltungen und durch diese (2001 sollen Vorbereitungsarbeiten im Bereich von Gesundheit und Bildung Vorrang erhalten);
(b) Bekämpfung von Diskriminierungen innerhalb der Medien und durch diese;
(c) gleichberechtigte Beteiligung an der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entscheidungsfindung;
(d) gleichberechtigter Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Gütern und Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Transport, Kultur, Freizeit und Sport, wie auch gleichberechtigte Versorgung mit diesen.
Ein wichtiger Aspekt der Bekämpfung von Diskriminierungen besteht daher darin, Menschen, die Diskriminierungen ausgesetzt sind, über ihre Rechte zu informieren; und es ihnen zu ermöglichen, für sich selbst einzutreten und zusammenzuarbeiten, damit ihre Präsenz auf allen Ebenen der Gesellschaft deutlich wird. Beseitigung der Hindernisse, die einer gleichberechtigten Teilhabe an allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens entgegenstehen, durch eine Mobilisierung aller Akteure und Interessengruppen Zweitens geschieht es nur sehr selten, dass die Betroffenen auf die Teilhabe vorbereitet oder ihnen Wege in die Gesellschaft eröffnet werden. Außerdem erweist es sich als notwendig, gegen Diskriminierungen innerhalb der Gesellschaft vorzugehen.
Dies bedeutet, dass die relevanten Antidiskriminierungsvorschriften und/oder -maßnahmen öffentliche und private Akteure erreichen müssen, die aus den oben genannten Gründen absichtlich oder auch unabsichtlich diskriminieren. Darüber hinaus sind Hindernisse, die dem Zugang zur Gesellschaft entgegenstehen, allmählich abzubauen und ein positiver Plan aufzustellen, um zu gewährleisten, dass alle Wege offen bleiben und leicht zu nutzen sind.

Dies kann durch die Genehmigung von Verhaltensregeln wie auch die Durchführung von Audits usw. erreicht werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der Bekämpfung von Diskriminierungen auch im Behindertenbereich gebräuchlich ist, dort aber eine andere Bedeutung annimmt. Der Begriff der „angemessenen Vorkehrungen“ ist entscheidend bei der Bekämpfung mittelbarer Diskriminierungen. Dabei müssen im Wesentlichen die grundlegenden Unterschiede gebührend berücksichtigt und vernünftige Anpassungsanstrengungen unternommen werden, um mittelbare Diskriminierungen zu vermeiden.
Betätigung im Bereich der strategischen Kommunikation – Achtung der Vielfalt und Förderung von Toleranz und Verständnis Auch die Einstellungen in der Öffentlichkeit und das von den Medien verbreitete Bild der Unterschiede verhindern einen vollen und gleichberechtigten Zugang zur Gesellschaft.
Zu den bei der Bekämpfung von Diskriminierungen wesentlichen Faktoren gehört die Verstärkung des Bewusstseins und des Verständnisses für die Diskriminierungen, denen sich Menschen aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihres Alters, einer Behinderung oder ihrer sexuellen Ausrichtung gegenübersehen. Dabei sind umfassende, auf die ganze Gesellschaft gerichtete Anstrengungen zur Änderung der Einstellungen gegenüber Rasse und ethnischer Herkunft, Religion und Weltanschauung, Alter, Behinderung und sexueller Ausrichtung zu unternehmen.

Eu-weit waren es NGO, die mit der Strategie der "Starting Line" Druck auf ein Verbot der Diskriminierung gemacht haben. Der Initiative "Starting Line "gelang es immerhin, in den Amsterdamer Unionsvertrag den Artikel 13 (Nichtdiskriminierungsmaßnahmen) hineinzubringen. Folge davon ist auch der öfters erwähnte Nichtdiskriminierungs-Passus in der EU-Grundrechtecharta.

In Österreich haben NGO diese Idee aufgegriffen und in einer Arbeitsgruppe mit dem Boltzmann Institut für Menschenrechte ein entsprechendes Anti-Diskriminierungsgesetz ausgearbeitet. Eine Idee, die die Initiative Minderheiten (eine Initiative von interkulturellen Organisationen, von Einwanderer-Komitees und verschiedenen Vereinen der Sprachminderheiten) seit mehr als einem Jahrzehnt lanciert hat. Ziel des Gesetzes ist die Bekämpfung von Diskriminierungen aufgrund persönlicher Merkmale, "Rasse", Hautfarbe, Sprache, Nationalität, sexueller Orientierung und sexueller Identität sowie religiöser und politischer Überzeugung, Behinderung und Alter.

Der Verfasser des Entwurfs eines allgemeinen Antidiskriminierungsgesetzes, Dieter Schindlauer vom Boltzmann-Institut, beschreibt das Zustandekommen als schwierig. Manchmal, so Schindlauer, fehlte die Solidarität, die die Grundlage eines Antidiskriminierungsgesetzes ist. Ein Jahr intensiver Auseinandersetzungen schaffte aber einen Grundkonsens und den Entwurf. "Wenngleich für keine der Gruppe auch nur annähernd die faktische Gleichstellung erreicht ist, so ist in manchen wesentlichen Bereichen etwa das Schutzniveau gegen Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung oder des Geschlechtes bedeutend höher, als es gegen rassistische Diskriminierungen ist. Rassistische Diskriminierung ist aber wiederum zumindest in manchen (sehr eingeschränkten) Bereichen bereits rechtlich verfolgbar, während die sexuelle Orientierung als Diskriminierungsgrund rechtlich so gut wie nicht anerkannt ist", so Schindlauer.

Der Kampf gegen die Diskriminierung einte in Österreich Behinderten- und MigrantInnenbewegungen, aber auch Homosexuelle und Organisationen der Sprachminderheiten. Als Beispiel dafür diente die erfolgreiche US-Bürgerrechtsbewegung und ihre Regenbogen-Koalition sozialer, religiöser und ethnischer Minderheiten. Der österreichischen Anti-Diskriminierungs-Initiative ist auch bewußt, daß ein Anti-Diskriminierungsgesetz (muß laut EU-Richtlinie bis Ende 2003 umgesetzt sein) ein erster Schritt ist. Weiterhin notwendig bleiben zusätzliche besondere Maßnahmen (z.B. affermative actions), die auf die tatsächlichen Bedürfnisse einzelner Gruppen zugeschnitten sind.

In Österreich wollen die NGO im Verbund mit Boltzmann-Institut erreichen, daß das vorgeschlagene Gesetz ein System zur Bekämpfung von Diskriminierungen zur Folge hat. Großer Wert wird dabei auf die Schaffung eines "nationalen Ombudsmannes" für Anti-Diskriminierungsmaßnahmen gelegt. Er würde Anlaufstelle werden für Betroffene, deren Anliegen erhalten Aufmerksamkeit und Unterstützung (nähere Informationen über: Dieter Schindlauer/Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte: dieter.schindlauer@univie.ac.at).

Affermative action - Das Beispiel aus den USAoben
Mit dem Civil Rights Act von 1964 wurde in den USA die Diskriminierung aufgrund von "Rasse" bzw. Hautfarbe, Religion und nationaler Herkunft sowie Geschlechtszugehörigkeit verboten. In den 70er Jahren wurde das Diskriminierungsverbot ausgedehnt auf Behinderte und alte Menschen.
Dank der Bürgerrechtsbewegung gilt in den USA eine umfassende Anti-Diskriminierungsgesetzgebung - bezuggenommen wird hauptsächlich auf die afro-amerikanische Bevölkerung, auf die indianische Minderheit, auf die "hispanics" (Zuwanderer aus Lateinamerika) und die "Asian-Americans". Die Anti-Diskriminierungsgesetze garantieren:
* den Zugang zu Einrichtungen und Plätzen mit Öffentlichkeitscharakter (Hotels, Restaurants, Kultur- und Sportstätten, etc.),
* zu öffentlichen Schulen und Universitäten sowie zum öffentlichen und privaten Wohnungswesen.
* Auch im Beschäftigungsbereich (privat und öffentlich) gelten Anti-Diskriminierungsregeln.
* Bei der Vergabe von Bundesmitteln an private und öffentliche Einrichtungen sind diese verpflichtet, Diskriminierungen zu unterbinden. Die Verletzung von Anti-Diskriminierungsbestimmungen hat die Rückzahlung von Subventionen zur Folge.

Das Justizministerium koordiniert die Abteilungen für Bürgerrechte in 28 Bundeseinrichtungen. Betroffene Bürger, Individuen oder Gruppen, können sich im Fall von Diskriminierung an Bundesgerichte oder an die Gerichte der einzelnen Bundesstaaten wenden.
Die Anti-Diskriminierungsgesetzgebung wurde mit dem "affermative action", eingefordert von der Bürgerrechtsbewegung, in eine sogenannte "positive Diskriminierung" umgewandelt. Gerichte können private und öffentliche Einrichtungen bzw. Arbeitgeber dazu verpflichten, zur Beseitigung des systematischen Unterrepräsentation von historisch oder gegenwärtig benachteiligten Gruppen besondere Maßnahmen (etwa durch eine Quotenregelung) zu setzen.
Letzthin wenden sich besonders Angehörige des weißen Mittelstandes gegen die "affermative action". Diese verletzte das Prinzip der Chancengleichheit und strebe die Gleichheit der Resultate an, so der Vorwurf der Gegner. Auch der Oberste Gerichtshof zweifelt immer stärker die Quotenregelung auf dem Arbeitsmarkt und an den Universitäten an. Der Protest gegen die "affermative action" wird hauptsächlich von republikanischen Kreisen getragen.

Das kanadische Modell - Individueller Schutz vor Diskriminierungoben
Auf Bundesebene regelt seit 1978 der "Canadian Human Rights Act" die Menschenrechtsgesetzgebung (betroffen davon sind bundesweit operierende Unternehmen wie Post, Fluglinien, Banken, TV- und Radiostationen, Kommunikations- und Telefonunternehmen, Autobus- und Eisenbahnunternehmen usw.).
Genauso regeln die einzelnen Provinzen (erstmals 1962 in Ontario eingeführt) mit eigenen Menschenrechtsgesetzgebungen diese Materie (. Betroffen sind ausschließlich Institutionen, Einrichtungen und Unternehmen, die in der jeweiligen Provinz operieren.
Bundes- und Provinzgerichtshöfe haben ihre eigenen übergeordneten Appellationsgerichtshöfe.
Der "Canadian Human Rights Act" regelt zwölf Bereiche (das reicht von "Rasse", Hautfarbe bis zur sexuellen Orientierung). Bei einem Verstoß gegen die Anti-Diskriminierungsregelung können sich Betroffene an die "Canadian Commission for Human Rights" wenden (ähnlich verhält es sich in den Provinzen).

Weg mit den Sperrklauseln - Österreichs Verfassungsrichter als Minderheiten-Lobbyoben
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hat recht ungehalten auf die Verfassungsrichter reagiert. Ein untrügliches Zeichen dafür, daß die obersten Verfassungsrichter - zwar spät - ihre Stimmen zugunsten der Sprachminderheiten erhoben. Die Verfassungsrichter lehnten die 25 Prozent-Klausel im sogenannten "Volksgruppengesetz" (erst bei einem Anteil von 25 Prozent an der Bevölkerung kann eine Sprachminderheit die eigene Amtssprache und die eigenen Ortsnamen einfordern) als einen Widerspruch zum Staatsvertrag (Artikel 9 regelt den Gebrauch der Minderheitensprachen) ab.
Geklagt haben slowenischsprachige Eltern aus dem Kärntner Bezirk Völkermarkt, die sich
gegen die 25 Prozent-Klausel wandten. Nur ein Bruchteil der Gemeinden erfüllte diese Bedingungen, in den meisten stellen die slowenischen Bürger zehn Prozent der Bevölkerung.
Die amtliche Zweisprachigkeit war damit hinfällig. Die erfolgreiche Klage bezeichnete Haider als einen Verfassungsprügel, er läßt sich seine Minderheitenpolitik nicht von den Buchstaben der Gesetze diktieren.
Franjo Schruiff von der Initiative Minderheiten lobte das Urteil des Verfassungsgerichts als einen bedeutenden Schritt für die Ausweitung der Minderheitenrechte der Slowenen und Kroaten. Schruiff geht davon aus, daß alle Gemeinden in Kärnten und im Burgenland mit einer zehnprozentigen Minderheitenbevölkerung zur Zweisprachigkeit verpflichtet sind. Notwendig wird auch die "Novellierung" des Volksgruppengesetzes sein. Die bisherige 25-Prozent-Klausel muß laut Empfehlung des Verfassungsgerichts auf zehn Prozent heruntergesetzt werden. Sollte die Bundesregierung der Empfehlung nicht folgen, geht die Initiative Minderheiten davon aus, daß das Verfassungsgericht die 25-Prozent-Klausel aufheben wird.
Die bisher in Kärnten und seit kurzem im Burgenland geltende Ortstafelregelung muß laut Schruiff ebenso abgeändert bzw. entsprechend ergänzt werden.

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