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Teil II, Jänner 2000
Detaillierter Report zu den einzelnen Artikeln des Europäischen RÜK zum Schutz nationaler Minderheiten
Erläuterungen
Im folgenden werden die relevanten Bestimmungen des RÜK (in ihrer deutschen Übersetzung) mit einer beigefügten stichwortartigen Bezeichnung des Regelungsgegenstandes abgedruckt. Dann wird zum jeweiligen Artikel (oder - je nach Regelungsgegenstand - getrennt nach einzelnen Absätzen eines Artikels oder zu mehreren zusammenhängenden Artikeln gemeinsam) jeweils die Rechtslage nach RÜK skizziert; hierbei wird auch auf den Erläuternden Bericht zum RÜK (im folgenden: ErB)1 Bezug genommen, der bei der Vertragsauslegung - deren Ausgangspunkt die gewöhnliche Bedeutung der Bestimmungen in ihrem Zusammenhang (Art. 31 Wiener Vertragsrechtskonvention [WVK]) ist - „als ergänzendes Auslegungsmittel" (Art. 32 WVK) zu berücksichtigen ist. Anschließend wird die österreichische Rechtslage im Hinblick auf den jeweiligen Artikel des RÜK dargestellt, dann jeweils die Frage beantwortet, ob im konkreten Zusammenhang die österreichische Rechtslage bereits den Anforderungen des RÜK entspricht oder ob innerstaatliche „Erfüllungsgesetze" zur Umsetzung erforderlich sind und anschließend wird auch jeweils die tatsächliche Lage der einzelnen Volksgruppen dargelegt.
Präambel:
Die Mitgliedstaaten des Europarates und die anderen Staaten, die dieses RÜK unterzeichnen -
•in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarates ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen, um die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, zu wahren und zu fördern;
•in der Erwägung, daß eines der Mittel zur Erreichung dieses Zieles in der Wahrung und in der Entwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten besteht;
•in dem Wunsch, die Wiener Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates vom 9. Oktober 1993 in die Tat umzusetzen;
•entschlossen, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet das Bestehen nationaler Minderheiten zu schützen;
•in der Erwägung, daß die geschichtlichen Umwälzungen in Europa gezeigt haben, daß der Schutz nationaler Minderheiten für Stabilität, demokratische Sicherheit und Frieden auf diesem Kontinent wesentlich ist;
•in der Erwägung, daß eine pluralistische und wahrhaft demokratische Gesellschaft nicht nur die ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität aller Angehörigen einer nationalen Minderheit achten, sondern auch geeignete Bedingungen schaffen sollte, die es ihnen ermöglichen, diese Identität zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und zu entwickeln;
•in der Erwägung, daß es notwendig ist, ein Klima der Toleranz und des Dialogs zu schaffen, damit sich die kulturelle Vielfalt für jede Gesellschaft als Quelle und Faktor nicht der Teilung, sondern der Bereicherung erweisen kann;
•in der Erwägung, daß die Entwicklung eines toleranten und blühenden Europas nicht allein von der Zusammenarbeit zwischen den Staaten abhängt, sondern auch der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter Achtung der Verfassung und der territorialen Unversehrtheit eines jeden Staates bedarf;
•im Hinblick auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Protokolle dazu;
•im Hinblick auf die den Schutz nationaler Minderheiten betreffenden Verpflichtungen, die in Übereinkommen und Erklärungen der Vereinten Nationen und in den Dokumenten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, insbesondere dem Kopenhagener Dokument vom 29. Juni 1990, enthalten sind;
•entschlossen, die zu achtenden Grundsätze und die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen festzulegen, um in den Mitgliedstaaten und in den anderen Staaten, die Vertragsparteien dieser Übereinkunft werden, den wirksamen Schutz nationaler Minderheiten sowie der Rechte und Freiheiten der Angehörigen dieser Minderheiten unter Achtung der Rechtsstaatlichkeit, der territorialen Unversehrtheit und der nationalen Souveränität der Staaten zu gewährleisten;
•gewillt, die in diesem RÜK niedergelegten Grundsätze mittels innerstaatlicher Rechtsvorschriften und geeigneter Regierungspolitik zu verwirklichen -
sind wie folgt übereingekommen:
Rechtslage:
Zur Präambel:
a) Rechtslage nach RÜK:
Die Präambel erläutert die Gründe der Ausarbeitung des RÜK und legt gewisse grundsätzliche Erwägungen seiner Autoren dar. Hervorzuheben ist, daß in der Präambel auf verschiedene andere internationale Dokumente hingewiesen wird, an welchen sich der Inhalt des RÜK ausrichtet. Besonders erwähnenswert ist die Bezugnahme auf die EMRK; dazu ist auch die besondere Auslegungsregel des Art. 23 RÜK zu beachten, die bestimmt, daß die Rechte und Freiheiten, die sich aus den im RÜK niedergelegten Grundsätzen ergeben, soweit sie Gegenstand einer entsprechenden Bestimmung der EMRK sind, im Einklang mit dieser zu verstehen sind; weiters ist auf die Auslegungsregel des Art. 22 RÜK zu verweisen, aus der sich das „Günstigkeitsprinzip" ergibt: d.h. die Bestimmungen des RÜK sind nicht als Beschränkung oder Minderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auszulegen, die nach den Gesetzen einer Vertragspartei oder nach einer anderen Übereinkunft, deren Vertragspartei sie ist, gewährleistet sind.
Die Präambel ist grundsätzlich nach Art. 31 Abs. 2 WVK für die Auslegung des Vertrages von Bedeutung, da sie auch zu jenem - bei der Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen zu beachtenden - „Zusammenhang" iSd Art. 31 Abs. 1 WVK gehört.
Betreffend die Frage der - nicht vorhandenen - Definition des Begriffes der „nationalen Minderheit" im RÜK ist beachtenswert, daß der ErB, Z. 26, 273 darauf hinweist, daß eine Berufung auf die in der Präambel bezogenen Dokumente keine Definition der nationalen Minderheiten, die in diesen Texten enthalten sein könnte, einschließt, sodaß auch auf diesem Weg keine nähere Bestimmung möglich ist.
Von großer Bedeutung ist insb. der letzte Absatz der Präambel, der festhält, daß das RÜK nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern durch die Erlassung innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu erfüllen, und auch durch geeignete Regierungspolitik zu verwirklichen ist.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Das RÜK wurde von Österreich mit Erfüllungsvorbehalt ratifiziert und ist daher in Österreich nicht unmittelbar anwendbar, sondern durch Erfüllungsgesetze umzusetzen.
Die in der Präambel zitierte EMRK, die auch bei der Auslegung des RÜK zu beachten ist, gilt in Österreich in ihren grundrechtlichen Bestimmungen unmittelbar und hat Verfassungsrang.
Die Präambel als solche ist bei der Auslegung der einzelnen Bestimmungen des RÜK zu beachten. Die (völkerrechtliche) Auslegung des RÜK ist trotz des Erfüllungsvorbehaltes von Bedeutung, da nur so festgestellt werden kann, welche völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreich bei der Umsetzung zu beachten hat.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Die
Präambel als solche ist nicht „umzusetzen", aber bei
der Auslegung der einzelnen Bestimmungen des RÜK, insb. auch
bei der Frage, ob diese einer Umsetzung durch innerstaatliche
Vorschriften bedürfen, jeweils zu
beachten.
Abschnitt I:
Artikel 1:
[Minderheitenschutz als Teil des
Menschenrechtsschutzes] Der Schutz nationaler Minderheiten und
der Rechte und Freiheiten von Angehörigen dieser
Minderheiten ist Bestandteil des internationalen Schutzes der
Menschenrechte und stellt als solcher einen Bereich
internationaler Zusammenarbeit
dar.
Rechtslage
Zu Art. 1 RÜK [Minderheitenschutz als Teil des Menschenrechtsschutzes]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Hauptanliegen des Art. 1 RÜK bildet nach dem ErB, Z. 30, 273 die Verdeutlichung, daß der Minderheitenschutz als Teil des internationalen Menschenrechtsschutzes nicht in den Bereich fällt, welcher den Staaten vorbehalten ist.
In dieser Formulierung soll nach dem ErB, Z. 31, 273 auch zum Ausdruck kommen, daß zwar auch die Minderheiten als solche geschützt werden, dies aber nicht mit der Einräumung von kollektiven Rechten verbunden ist; es sollen vielmehr nur den Angehörigen (individuelle) Rechte eingeräumt werden (vgl. dazu näher die Ausführungen zu Art. 3 RÜK unten).
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Die Minderheitenschutzbestimmungen in Verfassungsrang (vgl. insb. Art. 19 StGG, Art. 66, 67 und 68 StV v St. Germain, Art. 7 Z. 2-4 StV v Wien, § 7 MindSchG f Ktn und § 1 MindSchG f Bgld), die den Minderheitsangehörigen subjektive Rechte einräumen, sind im Sinn des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) als „verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte" (Art. 144 B-VG) bzw. als „Menschenrechte" oder als „Grundrechte" anzusehen.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es ist keine Umsetzung erforderlich.
Tatsächliche Lage
Österreich ist Mitglied der Vereinten Nationen, des Europarates, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Europäischen Union sowie der Zentraleuropäischen Initiative.
Österreich hat im multilateralen Rahmen sowohl Minderheitenschutzinstrumente politischer als auch völkerrechtlicher Natur übernommen.
Darüber hinaus hat Österreich den Entwurf eines Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention zum Schutz ethnischer Minderheiten der österreichischen Bundesregierung vom 24. November 1991 den Gremien des Europarates vorgelegt. Dieser Entwurf war aber wenig erfolgreich und wird auch innerstaatlich nicht weiter betrieben. Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 5. November 1992 wurde am selben Tag von Österreich unterzeichnet, bisher aber noch nicht ratifiziert, obwohl der österreichische Nationalrat in einer einstimmigen Entschließung aller fünf Fraktionen am 31. Jänner 1996 die Bundesregierung aufgefordert hat, dem Nationalrat die Charta zur Ratifizierung vorzulegen. Dies ist bis heute nicht geschehen. Das Österreichische Volksgruppenzentrum und das Österreichische Komitee des Europäischen Büros für Sprachminderheiten haben einen detaillierten Ratifizierungsentwurf aus Sicht der österreichischen Volksgruppen erarbeitet.
Unter Mitwirkung der österreichischen Volksgruppenorganisationen hat die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) ein Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention „Grundrechte der Angehörigen von Volksgruppen in Europa" und eine Spezialkonvention „Autonomierechte der Volksgruppen in Europa" am Cottbusser Nationalitätenkongreß am 21. März 1994 verabschiedet. Dieser Entwurf ist vom Europarat nicht ernsthaft behandelt worden.
Österreich hat darüber hinaus aktiv an der Erarbeitung und Beschlußfassung der OSZE-Dokumente den Minderheitenschutz betreffend teilgenommen, insbesondere:
–Dokument des Kopenhagener Treffens der Konferenz über die menschliche Dimension der OSZE vom 29. Juni 1990,
–Bericht des OSZE-Expertentreffens über nationale Minderheiten in Genf vom 19. Juli 1991,
–OSZE-Charta von Paris für ein Neues Europa vom 21. November 1990,
–OSZE-Helsinki-Dokument 1992 „Herausforderung des Wandels" vom 10. Juli 1992.
In Beachtung der Entschließung des Europäischen Parlaments über den Schutz der Sprachen und Kulturen von Minderheiten in der Europäischen Gemeinschaft vom 30. Oktober 1987, im Bewußtsein der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21. November 1991 zur Unionsbürgerschaft, in Kenntnis der Entschließung des Europäischen Parlaments zu den sprachlichen und kulturellen Minderheiten in der Europäischen Gemeinschaft vom 9. Feber 1994 und auf Grundlage des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrages über die Europäische Union, haben sich Vertretungsorganisationen der österreichischen Volksgruppen intensiv an der Erarbeitung des „Paketes für Europa" zum Volksgruppenschutz innerhalb der Europäischen Union, das im Auftrag der Südtiroler Landesregierung von der Europäischen Akademie Bozen auf Grundlage des bestehenden EU-Rechtes erarbeitet wurde, beteiligt. Das „Paket für Europa" wurde den entsprechenden Gremien der EU übermittelt, bisher aber noch nicht behandelt. Siehe näher: Europäische Akademie Bozen (Hrsg.), Paket für Europa (1998).
Die Vertretungsorganisationen der österreichischen Volksgruppen werden in Entscheidungsprozesse zur Ratifizierung und Umsetzung der oben erwähnten internationalen Dokumente seitens der österreichischen Bundesregierung nicht eingebunden.
Artikel 2:
[Anwendung nach Treu und Glauben] Dieses RÜK ist nach Treu und Glauben, im Geist der Verständigung und Toleranz und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen guter Nachbarschaft, freundschaftlicher Beziehungen und der Zusammenarbeit zwischen den Staaten anzuwenden.
Rechtslage:
Zu Art. 2 RÜK [Anwendung nach Treu und Glauben]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Daß das RÜK nach „Treu und Glauben" (vgl. insb. Art. 26 Wiener Vertragsrechtskonvention [WVK]) anzuwenden ist, bedeutet, daß bloß formale innerstaatliche Anwendbarkeit, etwa durch die Übernahme in die innerstaatliche Rechtsordnung, die völkerrechtliche Pflicht zur Erfüllung nicht erschöpft, sondern daß eine wirksame Durchführung gefordert ist. Das Prinzip von „Treu und Glauben" bedeutet aber auch, daß die aus dem Vertrag zustehenden Rechte nicht entgegen Zweck und Ziel des Vertrages zur Schädigung der Vertragspartner ausgeübt werden dürfen.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Für Österreich gelten die Regelungen der WVK, sodaß das Prinzip von Treu und Glauben in Art. 3 RÜK in dem oben dargelegten Sinn zu verstehen ist.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Das Prinzip von Treu und Glauben im Art. 2 RÜK ist bei der Umsetzung (und der Auslegung) der einzelnen operativen Bestimmungen des RÜK zu beachten; es ist aber keine „Umsetzung" des Art. 2 RÜK an sich erforderlich, da es sich um eine „Anwendungs- bzw. Auslegungsregel" handelt.
Tatsächliche Lage
Österreich ist ein guter Anwalt der Volksgruppenrechte und des Volksgruppenschutzes in den Nachbarstaaten Österreichs.
So hat z.B. der Kärntner Landtag im Oktober 1997 in einer Resolution einstimmig beschlossen, daß die Republik Österreich einen EU-Beitritt Sloweniens von der vorherigen verfassungsrechtlichen Anerkennung der sog. Altösterreicher in Slowenien (weitere geforderte Bedingungen sind die Klärung der Vermögensrückstellung und die Schließung des AKW Krško) abhängig machen soll. Mittlerweile hat sich die Bundesregierung dieser Forderung stark angenähert.
Weniger Engagement entwickelt Österreich bei der politischen Umsetzung völkerrechtlicher Minderheitenschutzbestimmungen und multilateraler Minderheitenschutzkonventionen sowie der innerstaatlichen, die österreichischen Volksgruppen schützenden Normen.
So gehört Österreich z.B. zu den Erstunterzeichnern der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen; ratifiziert wurde diese bislang allerdings nicht. Der Nationalrat hat die Bundesregierung mit einstimmig verabschiedeter Entschließung vom 31. Jänner 1996 aufgefordert, diesem die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zur Ratifizierung vorzulegen. In schriftlichen Anfragen an den Bundeskanzler haben Parlamentarier die Ratifizierung der Charta mehrfach urgiert.
In seiner Anfragebeantwortung 2846/AB, XX. GP hat der Bundeskanzler zur Frage der Ratifizierung folgend Stellung bezogen:
„Die Vorarbeiten für die Regierungsvorlage zur Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen sind noch nicht abgeschlossen. Dafür sind in erster Linie staats- und volksgruppenpolitische Überlegungen maßgeblich. Die Charta verpflichtet die Vertragsstaaten, für alle Regional- oder Minderheitensprachen die im Teil II der Charta genannten Ziele und Grundsätze anzunehmen. Dies werden die Sprachen der österreichischen Volksgruppen sein. Darüber hinaus können sich die Vertragsstaaten für genau zu bezeichnende Regional- oder Minderheitensprachen verpflichten, mindestens 35 konkret zu bezeichnende Maßnahmen aus einem Maßnahmenkatalog zu erfüllen. Hinsichtlich der burgenländisch-kroatischen und der slowenischen Sprache wurde bisher davon ausgegangen, daß ein Katalog von 35 Maßnahmen bereits aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Praxis als erfüllt anzusehen ist. (...)
Im Hinblick darauf, daß sich der Volksgruppenbeirat für die ungarische Volksgruppe mit einer allfälligen Erlassung einer Amtssprachenverordnung für die ungarische Sprache nicht abschließend befaßt hat, ist noch nicht abschätzbar, ob die Annahme des Teiles III der Charta für die Ungarische Volksgruppe möglich sein wird.
Für die übrigen Volksgruppen, nämlich die tschechische, die slowakische Volksgruppe und die Volksgruppe der Roma scheint die Annahme des Teiles III der Charta derzeit nicht möglich, da diese Volksgruppen relativ klein sind und daher etwa bei einer Erlassung einer Amtssprachenverordnung oder auch einer Schaffung eines der kroatischen und slowenischen Volksgruppe entsprechenden Minderheitenschulrechtes Kostengründe relativ schwer ins Gewicht fielen."
Auch im innerstaatlichen Rechtsbereich fehlt es am politischen Willen zur Umsetzung der Minderheitenschutzgarantien. Lediglich im Wege der Anrufung des Verfassungsgerichtshofes konnten für den Bereich der individuellen Schutzrechte, wo vor dem Gerichtshof auch eine Parteistellung erlangt werden konnte, bestimmte Verfassungsgarantien durchgesetzt werden. Beispielhaft sind vor allem zu nennen: zur Wertentscheidung des Verfassungsgesetzgebers für den Minderheitenschutz die VfSlg 9224/1981 (siehe näher auch die Anmerkungen zu Art. 4 RÜK); zur Amtssprachengarantie die VfSlg 11.585/1987 (siehe näher auch die Anmerkungen zu Art. 10 RÜK) und zum Unterricht in der Minderheitensprache die VfSlg 12.245/1989 (siehe näher auch die Anmerkungen zu Art. 14 RÜK).
Anders im Bereich der kollektiven Rechte, wo den Volksgruppen vor den Höchstgerichten keine Parteistellung zukommt. Deshalb wird von repräsentativen Volksgruppenorganisationen mit Nachdruck ein Verbandsklagerecht vor den Höchstgerichten eingefordert.
Artikel 3:
(1) [Bekenntnisprinzip; Diskriminierungsverbot] Jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, hat das Recht, frei zu entscheiden, ob sie als solche behandelt werden möchte oder nicht; aus dieser Entscheidung oder der Ausübung der mit dieser Entscheidung verbundenen Rechte dürfen ihr keine Nachteile erwachsen.
(2)
[Ausübung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen]
Angehörige nationaler Minderheiten können die Rechte
und Freiheiten, die sich aus den in diesem RÜK
niedergelegten Grundsätzen ergeben, einzeln sowie in
Gemeinschaft mit anderen ausüben und
genießen.
Rechtslage:
Zu Art. 3 Abs. 1 RÜK [Bekenntnisprinzip; Diskriminierungsverbot]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 3 Abs. 1 RÜK garantiert jedem Angehörigen einer nationalen Minderheit das Recht, als solcher oder nicht als solcher behandelt zu werden; er gewährt jeder dieser Personen das Recht, zu entscheiden, ob sie den aus den Grundsätzen des RÜK hervorgehenden Schutz genießen möchte oder nicht. Gleichzeitig hält der ErB. Z. 35, 274 aber dazu fest, daß damit nicht das Recht eingeräumt wird, willkürlich die Zugehörigkeit zu irgendeiner nationalen Minderheit zu beschließen; die subjektive Wahl der Person ist unauflöslich an für ihre Identität wesentliche, objektive Kriterien gebunden. Damit wird das sog. beschränkte Bekenntnisprinzip zur Feststellung der Minderheitszugehörigkeit vorgesehen: Die subjektive Entscheidung steht im Vordergrund, sie darf aber bis zu einem gewissen Grad an objektiven Kriterien gemessen werden, soweit es darum geht, willkürliche Bekenntnisse auszuschließen. Damit wird auch ein gewisses Korrektiv im Hinblick auf die mißbräuchliche Ausübung des subjektiven Bekenntnisprinzips, z.B. durch die Mehrheitsbevölkerung, eingezogen.
Art. 3 Abs. 1 RÜK enthält auch ein Diskriminierungsverbot betreffend die Ausübung der Entscheidung und die Ausübung der mit der Entscheidung verbundenen Rechte; dieses wendet sich auch gegen indirekte Eingriffe.
Art. 3. Abs. 1 RÜK regelt zwar die Frage der Feststellung der Zugehörigkeit des einzelnen Angehörigen zu einer nationalen Minderheit, der Begriff der „nationalen Minderheit" als solcher wird aber im RÜK an keiner Stelle definiert. Der ErB, Z. 26, 273 weist - wie erwähnt - darauf hin, daß eine Berufung auf die in der Präambel bezogenen Dokumente keine Definition der nationalen Minderheiten, die in diesen Texten enthalten sein könnte, einschließt, sodaß auch auf diesem Weg keine nähere Bestimmung möglich ist. Gerade diese Unbestimmtheit des Begriffes „nationale Minderheit" – nicht nur im Hinblick auf das zentrale Element der Staatsangehörigkeit, wovon insb. die Frage abhängig ist, ob sich das RÜK auch auf sog. „neue Minderheiten" (Gastarbeiter, Migranten) bezieht – sollte aber Inhalt des RÜK werden. Dies bestätigen der ErB, aber auch die Umstände des Vertragsabschlusses (arg: keine „Konsenserzielung" über eine Definition) (vgl. Art. 32 WVK).
Österreich hat eine interpretative Erklärung abgegeben, wonach unter „nationale Minderheiten" iSd RÜK die nach dem VolksgruppenG anerkannten Volksgruppen zu verstehen sind. Diese Erklärung lautet in ihrer deutschen Übersetzung: „Die Republik Österreich erklärt, daß für sie unter dem Begriff ‘nationale Minderheiten’ im Sinne des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten die in Teilen des Bundesgebietes wohnhaften und beheimateten, vom Anwendungsbereich des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976, erfaßten Gruppen österreichischer Staatsbürger mit nichtdeutscher Muttersprache und eigenem Volkstum zu verstehen sind." (siehe auch den Abdruck der österreichischen Erklärung in ihrer deutschen Übersetzung und der Erklärungen anderer Vertragsparteien, die zum Zeitpunkt der Ratifikation durch Österreich bereits vorlagen, im Anhang). Die interpretative Erklärung dient dazu, eine von mehreren zulässigen Textinterpretationen für die Anwendung einer Vertragsbestimmung auf den betreffenden Staat als allein verbindlich zu erklären; diese ist bei (stillschweigender) Zustimmung der anderen Vertragsparteien Teil des für die Vertragsinterpretation maßgebenden Zusammenhanges (Art. 31 Abs. 2 lit b WVK).
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Der persönliche Geltungsbereich der in Frage kommenden Bestimmungen auf Verfassungsebene stellt einerseits auf „Volksstämme" iSd Art. 19 StGG ab (darunter sind - entgegen der Rspr des VfGH, und mit der überwiegenden Lehre - auch die Gruppen österreichischer Staatsbürger zu verstehen, die in der Republik Österreich regelmäßig als „Minderheiten" bzw. „Volksgruppen" bezeichnet werden, zu verstehen); weiters auch auf „nicht deutschsprechende" oder „anderssprachige als deutsche" österreichische Staatsangehörige (vgl. insb. Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 1 StV v St. Germain), worunter Angehörige sprachlicher Minderheiten mit einer anderen als der deutschen Muttersprache zu verstehen sind (es kommt nicht darauf an, daß diese der deutschen Sprache nicht mächtig sind). In entstehungszeitlichem und systematischem Zusammenhang zu Art. 66 Abs. 4 StV v St. Germain stellt Art. 8 B-VG auf „sprachliche Minderheiten" ab. Daraus ergibt sich, daß Art. 8 B-VG alle österreichischen Staatsangehörigen, die einer „Minderheit nach Sprache" (vgl. Art. 67, 68 StV v St. Germain und Art. 66 Abs. 4 StV v St. Germain [„nicht deutschsprechend"]) angehören, erfassen will. Art. 7 StV v Wien stellt als Rechtssubjekte auf die „österreichischen Staatsangehörigen der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark" ab. Für die Frage der Feststellung der Minderheitszugehörigkeit sind – insb. auch vom in der Praxis im Mittelpunkt stehenden Art. 7 StV v Wien aus gesehen - weder gegen eine „subjektive" (auf das Bekenntnis abstellende) Methode noch gegen eine „objektive" Methode, etwa das Abstellen auf den Gebrauch der Minderheitensprache als Muttersprache, Bedenken zu äußern; da aber nach dem geltenden System auf keine, mit rechtsstaatlichen Garantien ausgestattete Methode der Feststellung der Minderheitszugehörigkeit zurückgegriffen werden kann, wird ein Abstellen auf das subjektive Bekenntnis des einzelnen Staatsangehörigen, der Minderheit anzugehören, genügen müssen, um das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Minderheitsangehörigen nicht auszuhöhlen.
Der einfachgesetzliche Begriff der Angehörigen der Volksgruppe (§ 1 Abs. 2 VolksgruppenG) entspricht dem verfassungsgesetzlich eingeräumten persönlichen Schutzbereich; einfachgesetzlich ist nach § 1 Abs. 3 VolksgruppenG das subjektive Bekenntnisprinzip festgelegt; die Rspr-Praxis des VfGH geht in ständiger Rspr vom Bekenntnisprinzip für die Feststellung der Minderheitszugehörigkeit aus (vgl. z.B. VfSlg 9744/1983, 9752/1983, 11.585/1987, 12.836/1991, 13.998/1994, 14.452/1996; VfGH 2. 10. 1999, B 2611/96). Aus dem Regelungszusammenhang des VolksgruppenG ist zu schließen, daß die Frage, ob eine bestimmte Volksgruppe in den Anwendungsbereich des VolksgruppenG fällt, an den Verordnungsgeber delegiert wurde, und sich nicht unmittelbar aus der Legaldefinition der „Volksgruppen" in § 1 Abs. 2 VolksgruppenG ergibt: Nach § 2 Abs. 1 Z. 1 VolksgruppenG sind nämlich durch Verordnung der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung die Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat (§§ 3 ff VolksgruppenG) eingerichtet wird, festzulegen (VolksgruppenbeiräteV). § 1 VolksgruppenbeiräteV zählt jene Volksgruppen auf, für welche ein Volksgruppenbeirat einzurichten ist. Darin ist die „Anerkennung" einer bestimmten Volksgruppe iSd VolksgruppenG zu erblicken; die normative Bedeutung des § 1 VolksgruppenbeiräteV liegt nicht nur in der Errichtung des Volksgruppenbeirates, sondern in der grundsätzlichen Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereiches des VolksgruppenG auf die aufgezählten Volksgruppen (darüber hinaus ist z.B. für die Anwendung der Bestimmungen über die Amtssprache zusätzlich das Ergehen einer sog. AmtssprachenV aufgrund des § 2 Abs. 1 Z. 3 VolksgruppenG erforderlich: eine solche ist allerdings nur für die slowenische und kroatische Sprache ergangen).
Damit wird das RÜK - entsprechend der abgegebenen interpretativen Erklärung - in Österreich auf die kroatische, die slowenische, die ungarische, die tschechische, die slowakische Volksgruppe und die Volksgruppe der Roma zu beziehen sein (vgl. § 1 Abs. 2 VolksgruppenG, § 2 Abs. 1 Z. 1 VolksgruppenG iVm § 1 VolksgruppenbeiräteV).
Das
Diskriminierungsverbot betreffend die Ausübung des
Bekenntnisprinzips ist in § 1 Abs. 3 VolksgruppenG
ausdrücklich festgelegt.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Der persönliche Anwendungsbereich des RÜK ist durch die interpretative Erklärung Österreichs bereits festgelegt; die Rechtslage nach dem VolksgruppenG - der die verfassungsrechtlichen Bestimmungen nicht entgegenstehen - entspricht dem § 3 Abs. 1 RÜK; eine Umsetzung ist nicht erforderlich.
Zu Art. 3 Abs. 2 RÜK [Ausübung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Nach Art. 3 Abs. 2 RÜK können die Angehörigen der Minderheiten diese Rechte „einzeln sowie in Gemeinschaft mit anderen ausüben und genießen". Auch aus der „gemeinsamen Ausübung" sollen sich nach dem ErB, Z. 37, 274 (vgl. auch Z. 13, 272) keine kollektiven Rechte der Minderheit als solcher ergeben. Dies wird auch in Art. 1 RÜK ausgedrückt, der den Minderheitenschutz zum Teil des Menschenrechtsschutzes erklärt, und damit nur die Individuen schützen will (vgl. bereits oben die Ausführungen zu Art. 1 RÜK). Worin diese „gemeinsame Ausübung" im einzelnen bestehen soll, ist unklar: Man wird davon auszugehen haben, daß etwa die gemeinsame Geltendmachung von Rechten von mehreren Minderheitsangehörigen nur zulässig sein soll, wenn sie gleichsam als eine „Aneinanderreihung" von subjektiven Ansprüchen der Einzelpersonen gedeutet werden kann. Man kann darin aber eine gewisse Berücksichtigung des kollektiven Elements der „Gemeinschaft" erblicken (vgl. zur ähnlichen Formulierung bereits in Art. 27 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR): (arg: „gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe"). Nicht vorgesehen ist hingegen eine Möglichkeit zur Geltendmachung des objektiven Schutzes der Minderheit als solcher. Im übrigen zeigt sich in diesen Bestimmungen das „Bemühen", jeden Bezug zu – offenbar nicht konsensfähigen – kollektiven Rechten zu vermeiden; vgl. auch die Erläuterungen zur RV (des RÜK zum Schutz nationaler Minderheiten) 889 BlgNR 20. GP, 24, wo es heißt, daß „keine kollektiven Rechte nationaler Minderheiten beabsichtigt" sind; und aaO, 25, wo darauf verwiesen wird, daß die „gemeinsam(e) Ausübung ... etwas anderes als die Gewährung kollektiver Rechte" ist.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Die österreichischen Minderheitenschutzbestimmungen räumen de lege lata im Großen und Ganzen allein individuelle Rechte ein; gewisse Ansätze für einen kollektiven Schutz der Volksgruppen finden sich aber in Art. 19 StGG, dessen Geltung aber umstritten ist; sowie auch in Art. 7 Z. 5 StV v Wien und in § 1 VolksgruppenG.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es ist keine Umsetzung erforderlich, da das RÜK nicht die Einräumung von kollektiven Rechten fordert.
Aus dieser Ablehnung von kollektiven Rechten können aber keine Schlüsse auf die rechtspolitische Zweckmäßigkeit eines kollektiven Minderheitenschutzes gezogen werden, da das RÜK nur den kleinsten gemeinsamen Nenner wiedergibt, der auf europäischer Ebene zur Zeit erzielbar ist.
Tatsächliche Lage
In
diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, daß
Volkszählungsergebnisse nicht auf die Nationalität oder
die Angehörigkeit zu einer Volksgruppe abzielen, sondern
lediglich Umgangssprache bzw. Familiensprache oder ähnliche
Definitionen im Bereich der sprachlichen Minderheiten festhalten.
Deshalb dienen die Volkszählungsergebnisse im Bereich der
sprachlichen Minderheiten lediglich als einer der Anhaltspunkte,
aus welchen konkretere Aussagen zu Größe und
Siedlungsgebiet der österreichischen Volksgruppen abgeleitet
werden können. Andere Indikatoren sind offenbar das
Wahlverhalten, die Anmeldungen zum zweisprachigen Unterricht, der
Gebrauch der Sprache bei der Seelsorge, das Hörerverhalten
bei den sogenannten Minderheitensendungen bzw. Sendern usw.
Daß dies des öfteren manipulativ seitens der
Behörden und Beamtenschaft ausgelegt wird und werden kann,
sei dahingestellt. Die Ausübung der Volksgruppenrechte wird
den Angehörigen der österreichischen Volksgruppen
sowohl individuell als auch in Gemeinschaft mit anderen
gewährleistet, wobei anzumerken ist, daß sich die
gemeinschaftliche Ausübung nicht auf kollektive Rechte im
engeren Sinne bezieht und daß auch die Durchsetzbarkeit der
gemeinschaftlich auszuübenden Individualrechte nicht
gewährleistet ist.
Abschnitt II:
Artikel 4:
(1) [Gleichheit und Diskriminierungsverbot] Die Vertragsparteien verpflichten sich, jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf gleichen Schutz durch das Gesetz zu gewährleisten. In dieser Hinsicht ist jede Diskriminierung aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit verboten.
(2) [Positive Diskriminierung] Die Vertragsparteien verpflichten sich, erforderlichenfalls angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um in allen Bereichen des wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens die vollständige und tatsächliche Gleichheit zwischen den Angehörigen einer nationalen Minderheit und den Angehörigen der Mehrheit zu fördern. In dieser Hinsicht berücksichtigen sie in gebührender Weise die besonderen Bedingungen der Angehörigen nationaler Minderheiten.
(3) Die in
Übereinstimmung mit Absatz 2 ergriffenen Maßnahmen
werden nicht als Diskriminierung angesehen.
Rechtslage:
Zu Art. 4 Abs. 1 [Gleichheit und Diskriminierungsverbot]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 4 Abs. 1 RÜK enthält den Gleichheitssatz (speziell bezogen auf Angehörige einer nationalen Minderheit) und das Verbot der Diskriminierung von Angehörigen einer nationalen Minderheit; Abs. 1 wird durch das Gebot der Herstellung der tatsächlichen und vollständigen Gleichheit nach Abs. 2 ergänzt.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Die innerstaatlichen Bestimmungen, welche die Minderheitsangehörigen gegen Diskriminierung schützen und deren Gleichbehandlung mit anderen Staatsangehörigen anordnen, sind als spezifische Ausprägungen des Gleichheitsgrundsatzes zu sehen. Verfassungsrechtliche Regelungen finden sich zunächst in Art. 19 StGG, RGBl. 1867/142. Dieser ordnet an, daß alle „Volksstämme des Staates" gleichberechtigt sind, und daß jeder Volksstamm ein unverletzliches Recht auf Wahrung seiner Nationalität und Sprache hat (Abs. 1). Weiters ist eine Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben vom Staat anerkannt (Abs. 2). Als zeitlich nächste Verfassungsbestimmungen sind die Regelungen des StV v St. Germain, BGBl. 1920/303 zu erwähnen: Art. 66 leg cit enthält ein Gebot der Gleichbehandlung aller österreichischen Staatsangehörigen ohne Unterschied der Rasse, Sprache oder Religion; weiters wird der freie Gebrauch irgendeiner Sprache im Privat- und Geschäftsverkehr, in der Presse und in öffentlichen Versammlungen geschützt. Art. 67 leg cit normiert, daß österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, „rechtlich und faktisch" dieselbe Behandlung und dieselben Garantien genießen sollen wie die anderen österreichischen Staatsangehörigen; insbesondere ordnet er eine Gleichbehandlung bzgl. der Rechte an, auf eigene Kosten Wohltätigkeits-, religiöse oder soziale Einrichtungen, Schulen und andere Erziehungsanstalten zu errichten, diese zu verwalten und zu beaufsichtigen und in diesen ihre eigene Sprache nach Belieben zu gebrauchen. Weitere verfassungsrechtliche Bestimmungen, welche die Gleichbehandlung normieren finden sich in Art. 7 B-VG (Gleichheitssatz); in Art. 7 Z. 4 StV v Wien, der den Minderheitsangehörigen eine Teilnahme an kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen aufgrund gleicher Bedingungen wie anderen österreichischen Staatsangehörigen gewährt und in Art. 14 EMRK, der anordnet, daß der Genuß der in der Konvention festgelegten Rechte ohne Benachteiligung - die insbesondere in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit begründet ist - zu gewährleisten ist. Weiters ist das BVG gegen alle Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 1973/390 zu beachten. Nach VfSlg 3822/1960 kann die Schlechterstellung der Sprache einer Minderheit nie sachlich gerechtfertigt sein.
Einfachgesetzliche Diskriminierungsverbote finden sich in Art. 7 Z. 1 StV v Wien, der vorsieht, daß die Minderheitsangehörigen die gleichen Rechte aufgrund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen genießen, weiters die gleichen Rechte auf eigene Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen Sprache haben. Art. 7 Z. 5 leg cit enthält ein einfachgesetzliches Verbot von Organisationen, die darauf abzielen den Minderheitsangehörigen, ihre Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen. Zu beachten ist weiters Art. IX Abs. 1 Z. 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, BGBl. 1991/50 (EGVG), der für verwaltungsrechtlich strafbar erklärt, Personen öffentlich allein aufgrund ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft ungerechtfertigt zu benachteiligen oder sie zu hindern, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es sind keine
Erfüllungsgesetze im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 RÜK
erforderlich.
Zu Art. 4 Abs. 2 und 3 RÜK [Positive Diskriminierung]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 4 Abs. 2 RÜK ordnet Maßnahmen der sog. positiven Diskriminierung an; fordert also, daß - über die „formale" Gleichheit hinaus - möglichst eine vollständige und tatsächliche Gleichheit zwischen den Angehörigen der Minderheit und den Angehörigen der Mehrheit hergestellt wird; die von den Vertragsparteien zu ergreifenden Förderungsmaßnahmen müssen den besonderen Bedingungen der Minderheitsangehörigen Rechnung tragen und auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (aus letzterem ergibt sich insb. daß diese Maßnahmen nicht länger andauern oder ein weiteres Ausmaß annehmen dürfen als zur Erlangung des Ziels einer vollständigen und wirksamen Gleichheit notwendig ist).
Art. 4 Abs. 3 RÜK stellt klar, daß die nach Art. 4 Abs. 2 RÜK zulässigerweise ergriffenen Maßnahmen nicht als Diskriminierung angesehen werden dürfen.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Eine tatsächliche Gleichheit der Minderheitsangehörigen fordert insb. Art. 67 StV v St. Germain, wenn normiert wird, daß österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, „rechtlich und faktisch" dieselbe Behandlung und dieselben Garantien genießen sollen wie die anderen österreichischen Staatsangehörigen; positive staatliche Leistungsverpflichtungen, die auf eine Herstellung der tatsächlichen Gleichheit gerichtet sind, ergeben sich weiters durch Auslegung der geltenden verfassungsrechtlichen Minderheitenschutzbestimmungen. In VfSlg 9224/1981 hat der VfGH – den Aspekt der Gleichheit ansprechend – zutreffend betont, daß eine mehr oder minder schematische Gleichstellung von Angehörigen von Minderheiten mit Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen der verfassungsgesetzlichen Wertentscheidung für den Minderheitenschutz nicht immer genügen wird können, und daß es daher der Schutz von Angehörigen der Minderheit gegenüber Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen sachlich rechtfertigen oder sogar erfordern kann, die Minderheit in gewissen Belangen zu bevorzugen; damit ist auch klargestellt, daß z.B. gesetzliche Maßnahmen positiver Diskriminierung, die andernfalls unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes problematisch erscheinen könnten, gedeckt sind.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es sind keine Erfüllungsgesetze erforderlich.
Tatsächliche Lage
Aus Sicht des Österreichischen Volksgruppenzentrums hat Österreich als Vertragspartner des RÜK nicht alle erforderlichen geeigneten Maßnahmen ergriffen, um in allen Bereichen des wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens die vollständige und wirksame, also eine materielle Gleichheit zwischen Angehörigen einer nationalen Minderheit und Personen die der Mehrheit angehören, zu gewährleisten. Dies ergibt sich allein aus der Tatsache, daß die Assimilierung der Angehörigen der österreichischen Volksgruppen, rasant fortschreitet; die Siedlungsgebiete der österreichischen Volksgruppen außerhalb der Ballungsräume wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitische Randlagen sind, sowie keinerlei besondere Bedingungen gesetzlicher und administrativer Natur getroffen wurden, um eine politische Partizipation der Volksgruppenangehörigen zu gewährleisten.
Eklatante Diskriminierungen der Minderheiten in verschiedenen gesellschaftspolitischen Lebensbereichen gehören in Österreich aber ebenfalls zum Alltag. Beispielhaft seien das Musikschulwesen und das Presseförderungswesen genannt.
Im Bundesland Kärnten wird das Musikschulwesen durch das Kärntner Musikschulgesetz, LGBl. 44/1991, geregelt. Das Kärntner Landesmusikschulwerk, die mit dem Musikschulwesen betraute Einrichtung des Landes Kärnten ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wird durch den sogenannten Kulturschilling finanziert. Das Gesetz über den Kulturschilling, Kärntner LGBl. 57/1968 i.d.g.F., sieht vor, daß der Ertrag dieser Abgabe, die mit der Rundfunkgebühr für den ORF eingehoben wird, für den Musikschulaufwand in Kärnten zu verwenden ist. Allein aus den Mitteln des Kulturschillings erhielt das Kärntner Landesmusikschulwerk im Jahr 1996 6 Millionen Euro und 1997 6,7 Millionen Euro. Daneben fließen dem Kärntner Landesmusikschulwerk weitere Mittel aus dem Budget zu.
Im Rahmen des Kärntner Musikschulwerkes wird kein slowenischsprachiger Musikunterricht angeboten. Die slowenische Volksgruppe installierte daher auf privatrechtlicher Ebene einen eigenen Trägerverein, die „Glasbena šola", um den Angehörigen der Volksgruppe auch einen slowenischen Musikunterricht anzubieten. Im Schuljahr 1999/2000 hat die Slowenische Musikschule 604 SchülerInnen in über 20 Abteilungen im ganzen Südkärntner Raum. Im Gegensatz zum Kärntner Landesmusikschulwerk erhält die „Glasbena šola" keinerlei Mittel aus dem Kulturschilling. Im Juni 1996 konnte der Verein „Glasbena šola" mit dem Land Kärnten einen Vertrag abschließen, wonach für den Betrieb der slowenischen Musikschule eine jährlich wertgesicherte Subvention in der Höhe von 109.000 Euro zur Verfügung gestellt wird. Diese Subventionszusage gilt einschließlich bis zum Jahr 2001.
Bei Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes müßten aus den Erträgen des Kulturschillings die beiden Träger des Musikschulwesens in Kärnten, das Kärntner Landesmusikschulwerk und die „Glasbena šola", im Verhältnis der jeweiligen Schülerzahlen finanziert werden.
Wegen dieser eklatanten Ungleichbehandlung hat sich das Österreichische Volksgruppenzentrum mit einer Beschwerde an die Volksanwaltschaft gewandt. Auch die Volksanwaltschaft vertritt die Ansicht, daß die Höhe der vertraglich geregelten Subvention für die Slowenische Musikschule „nicht angemessen" sei. Nach Ansicht der Volksanwaltschaft „hat ein Kind, das der slowenischen Minderheit angehört und die Slowenische Musikschule besucht, den gleichen Anspruch auf Förderung aus öffentlichen Mitteln wie ein deutschsprachiges Kind, welches eine Musikschule des Landesmusikschulwerkes besucht. Der slowenischen Minderheit sollte jedenfalls besonderer Schutz in kultureller Hinsicht eingeräumt werden, wenn nicht sogar ein Anrecht auf Besserbehandlung."
Auf ähnliche Weise benachteiligt sind die Volksgruppen z.B. auf dem Gebiet der Presseförderung. (Dazu siehe unter Art. 9.)
Artikel 5:
(1) [Bewahrung und Pflege der Kultur und Identität] Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Religion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturelles Erbe, zu bewahren.
(2) [Verbot ungewollter Assimilierung] Unbeschadet der Maßnahmen, die im Rahmen ihrer allgemeinen Integrationspolitik getroffen werden, sehen die Vertragsparteien von Zielsetzungen oder Praktiken ab, die auf die Assimilierung von Angehörigen nationaler Minderheiten gegen deren Willen gerichtet sind, und schützen diese Personen vor jeder auf eine solche Assimilierung gerichteten Maßnahme.
Rechtslage:
Zu Art. 5 Abs. 1 RÜK [Bewahrung und Pflege der Kultur und Identität]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 5 Abs. 1 RÜK enthält eine Verpflichtung der Vertragsparteien, die Bedingungen zu fördern, die eine Pflege und Entwicklung der Kultur und eine Bewahrung der Identität der Angehörigen der nationalen Minderheiten fördern. Als vier wesentliche Elemente der Identität nennt diese Bestimmung die Religion, die Sprache, die Traditionen und das kulturelle Erbe; der ErB. Z. 44, 274, stellt aber klar, daß die traditionellen Praktiken ihre Einschränkung in der öffentlichen Ordnung finden.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Verfassungsrechtliche Verpflichtungen, Volksgruppen finanziell zu fördern, finden sich in Art. 19 StGG - dessen Geltung freilich strittig ist -, und in Art. 68 Abs. 2 StV v St. Germain: Dieser bestimmt, daß in Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Anzahl österreichischer Staatsbürger wohnt, die einer Minderheit angehören, diesen Minderheiten von allen Beträgen, die etwa für Erziehung, Religions- oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen werden, ein angemessener Teil zu Nutzen und Verwendung gesichert wird. Weiters gewährt Art. 7 Z. 4 StV v Wien den österreichischen Staatsbürgern der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und der Steiermark das Recht, an den kulturellen Einrichtungen in diesen Gebieten aufgrund gleicher Bedingungen wie andere österreichische Staatsangehörige teilzunehmen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nicht nur ein Gebot zur Gleichbehandlung sondern auch eine Pflicht des Staates zu einer positiven Förderung.
Auf einfachgesetzlicher Ebene sehen die §§ 8 ff VolksgruppenG eine Volksgruppenförderung vor: Der Bund hat - unbeschadet allgemeiner Förderungsmaßnahmen - Maßnahmen und Vorhaben, die der Erhaltung und Sicherung des Bestandes der Volksgruppen, ihres Volkstums sowie ihrer Eigenschaften und Rechte dienen, zu fördern; in den Entwurf des jährlichen Bundesvoranschlags ist ein angemessener Betrag für Förderungszwecke aufzunehmen (§ 8 leg cit). Die Förderung kann in der Gewährung von Geldleistungen, in anderer für die Ausbildung und Betreuung von Volksgruppenangehörigen geeigneten Weise und in der Unterstützung von Maßnahmen, die vom Volksgruppenbeirat vorgeschlagen werden, bestehen (§ 9 leg cit). Der zuständige Beirat erfüllt im Zusammenhang mit der Volksgruppenförderung eine wichtige Funktion: Er hat der Bundesregierung jährlich einen Plan über die wünschenswerten Förderungsmaßnahmen sowie Vorschläge für die Verwendung der Förderungsmittel zu erstatten (§ 10 leg cit). Die jährliche Gesamtsumme der Volksgruppenförderung ist dem jeweiligen BundesfinanzG (Anlage I, Bundesvoranschlag) zu entnehmen. Im Volksgruppenbericht der Bundesregierung an den Nationalrat (§ 9 Abs. 7 VolksgruppenG) findet sich jedes Jahr eine detaillierte Aufstellung der vom Bund im Rahmen der Volksgruppenförderung nach dem VolksgruppenG vergebenen Subventionen.
Schließlich ordnet § 1 Abs. 1 VolksgruppenG - allerdings bloß als einfachgesetzliche „Zielbestimmung" - an, daß die Erhaltung der Volksgruppen in Österreich und die Sicherung ihres Bestandes gewährleistet sind; ihre Sprache und ihr Volkstum sind zu achten.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es sind keine Erfüllungsgesetze erforderlich.
Zu Art. 5. Abs. 2. RÜK [Verbot ungewollter Assimilierung]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 5 Abs. 2 RÜK sieht eine Verpflichtung der Vertragsparteien vor, von allen Maßnahmen abzusehen, die zu einer Assimilierung gegen den Willen der Angehörigen der Minderheiten führen; Maßnahmen der Integrationspolitik - aber auch eine freiwillige Assimilierung - werden dadurch nicht beeinträchtigt.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Dem Assimilierungsschutz dienen die Bestimmungen, die einen Diskriminierungsschutz vorsehen, und insb. auch die Herstellung einer tatsächlichen Gleichheit durch positive Maßnahmen fordern (siehe dazu bereits oben die Ausführungen zu Art. 4 RÜK); darüber hinaus dienen dem Assimilierungsschutz auch die Bestimmungen die fördernde Sonderrechte einräumen (insb. der Anspruch auf Unterricht in der Minderheitensprache, siehe dazu die Ausführungen zu Art. 14 RÜK, und der Anspruch auf Gebrauch der Minderheitensprache vor Behörden, siehe dazu die Ausführungen zu Art. 10 RÜK).
Auf einfachgesetzlicher Ebene bestimmt § 1 Abs. 3 VolksgruppenG, daß das Bekenntnis zu einer Volksgruppe frei ist, und daß keinem Volksgruppenangehörigen durch die Ausübung oder Nichtausübung der ihm als solchem zustehenden Rechte ein Nachteil erwachsen darf; weiters wird angeordnet, daß keine Person verpflichtet ist, ihre Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe nachzuweisen.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es sind keine Erfüllungsgesetze erforderlich.
Tatsächliche Lage
Aufgrund von Versäumnissen der letzten Jahrzehnte, aufgrund des rasanten Gesellschaftswandels sowie des Wandels der Familienstrukturen und der immer stärkeren Einflußnahme durch Mehrheitsmedien, werden die Sprachen der österreichischen Volksgruppen auch innerhalb der Familien immer mehr an den Rand gedrängt und verlieren rasant an Funktionalität. Die österreichischen Volksgruppen müssen ungleich und um etliches mehr an Anstrengungen unternehmen als die Mehrheitsbevölkerung, um die eigene Muttersprache zumindest in den Familien zu erhalten.
Allerdings haben aber die österreichischen Volksgruppen in Eigeninitiative etliche Kultur- Sport- Wissenschafts- und andere Vereinigungen gegründet, die versuchen, im Rahmen ihrer oft bescheidenen Möglichkeiten, die Versäumnisse des Staate auszugleichen.
Artikel 6:
(1) [Geist der Toleranz und interkultureller Dialog] Die Vertragsparteien fördern den Geist der Toleranz und des interkulturellen Dialogs und treffen wirksame Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung und des gegenseitigen Verständnisses sowie der Zusammenarbeit zwischen allen in ihrem Hoheitsgebiet lebenden Menschen unabhängig von deren ethnischer, kultureller, sprachlicher oder religiöser Identität, und zwar insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur und Medien.
(2) [Schutz vor rassischer Diskriminierung] Die Vertragsparteien verpflichten sich, geeignete Maßnahmen zu treffen, um Menschen zu schützen, die wegen ihrer ethnischen, kulturellen, sprachlichen oder religiösen Identität diskriminierenden, feindseligen oder gewalttätigen Handlungen oder der Androhung solcher Handlungen ausgesetzt sein können.
Rechtslage:
Zu Art. 6 RÜK [Geist der Toleranz und interkultureller Dialog; Schutz vor rassischer Diskriminierung]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Dieser Artikel gibt die in Anhang III der Wiener Erklärung ausgedrückte Besorgnis wieder (Erklärung und Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz). Art. 6 Abs. 1 RÜK betont den Toleranzgeist und den interkulturellen Dialog. Art. 6 Abs. 2 RÜK beruht zu einem großen Teil auf Absatz 40.2 des Kopenhagener Dokuments der KSZE; die Schutzverpflichtung betrifft all diejenigen, die Opfer von Drohungen oder diskriminierenden, feindseligen oder gewalttätigen Handlungen jeglichen Ursprungs sind.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Es ist insb. auf das Internationale Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 1972/377 und das zu seiner Durchführung ergangene BVG zur Durchführung des Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 1973/390 hinzuweisen; weiters auf strafrechtliche Tatbestände (insb. § 283 StGB [Verhetzung], der in seinem Abs. 1 bestimmt, daß mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen ist, wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem Volksstamm oder einem Staat bestimmte Gruppe auffordert oder aufreizt; ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht), sowie auf Art. IX Z. 3 EGVG, der Art. 5 lit f des Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 1972/377, durchführt, und bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es sind keine Erfüllungsgesetze erforderlich.
Die Förderung des „Geistes der Toleranz und des interkulturellen Dialogs" ist eine politische Zielsetzung, die es - über die bestehenden innerstaatlichen Rechtsgrundlagen hinaus - insb. durch Regierungspolitik (siehe Präambel, letzter Abs.) umzusetzen gilt.
Tatsächliche Lage
Im Bereich des interkulturellen Lernens außerhalb des Bereiches des Unterrichts- und Erziehungswesens trägt Österreich weder institutionell noch anderweitig Konkretes und Wesentliches zur Förderung des interkulturellen Dialogs und der gegenseitigen Achtung und des Verständnisses der verschiedenen Volksgruppen im Bundesgebiet bei. Im Gegensatz dazu werden deutschnationale Organisation und Agitationen von Nicht-Regierungs-Seite aber auch von maßgeblichen österreichischen Parteien, von den Regierungsorganisationen bzw. den staatstragenden Parteien nur ungenügend zurückgewiesen. Anschauliches Beispiel ist das Publikationsorgan des Kärntner Heimatdienstes „Der Kärntner" vormals „Ruf der Heimat".
Die Volksgruppenangehörigen haben leider nicht immer das Gefühl als gleichrangiger Partner ernst genommen zu werden, sondern sind sehr oft Spielball der Tagespolitik und gerne angenommene Objekte, auf deren Rücken man den einen oder anderen Prozentpunkt bei Wahlauseinandersetzungen erringen kann.
Artikel 7:
[Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit; Meinungsäußerungs-, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit] Die Vertragsparteien stellen sicher, daß das Recht aller Angehörigen einer nationalen Minderheit, sich friedlich zu versammeln und sich frei zusammenzuschließen, sowie ihr Anspruch auf freie Meinungsäußerung und auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit geachtet werden.
Rechtslage:
Zu Art. 7 RÜK [Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit; Meinungsäußerungs-, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 7 RÜK verpflichtet die Vertragsparteien allen Angehörigen der Minderheiten die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die Meinungsäußerungsfreiheit sowie die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu gewährleisten. Die genannten Grundfreiheiten sind Menschenrechte, die sich an alle Personen wenden, und nicht nur an die Angehörigen von nationalen Minderheiten; Art. 7 RÜK hebt aber ihre besondere Bedeutung für den Schutz der Minderheitsangehörigen vor. Der ErB, Z. 51, 275 f stellt klar, daß diese Grundrechte in Anlehnung an Art. 9, 10 und 11 EMRK formuliert wurden.
Die in Art. 7 RÜK genannte Religionsfreiheit wird in Art. 8 RÜK näher ausgeführt, und die in Art. 7 RÜK genannte Meinungsäußerungsfreiheit in Art. 9 RÜK (siehe daher auch die Ausführungen unten zu Art. 8 und 9 RÜK).
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Die Grundrechte der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, der Meinungsäußerungsfreiheit sowie der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sind in der österreichischen Rechtsordnung - unter anderem - in den Art. 9, 10 und 11 EMRK für alle Personen, also auch für die Angehörigen nationaler Minderheiten, garantiert.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es sind keine Erfüllungsgesetze erforderlich.
Tatsächliche Lage
Aufgrund des
österreichischen Vereinsgesetzes (BGBl. Nr. 233/1951
i.d.g.F.) und Versammlungsgesetzes (BGBl. Nr. 98/1953 i.d.g.F.)
haben auch Angehörige der österreichischen Volksgruppen
das Recht auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Obwohl
offenbar der Art. 7 Z. 1 StV v Wien besondere Vertretungsformen
für die Volksgruppe vorsieht („Recht auf ihre eigenen
Organisationen"), sind keine konkreten Regelungen für
besondere Vertretungsformen der Volksgruppen vorgesehen. Die
Volksgruppenvertretung wird von Volksgruppenvereinen laut dem
österreichischen Vereinsgesetz wahrgenommen. Rein rechtlich
sind die Volksgruppenorganisationen in Österreich allen
anderen Vereinen (Kegelverein, Trachtenverein, usw.)
gleichgestellt. Legistische Maßnahmen zu Einführung
von besonderen Vertretungsformen, wie z.B. Verbandsklagerecht,
öffentlich-rechtliche Körperschaften usw. werden von
einzelnen Volksgruppenorganisationen immer wieder eingefordert,
bisher aber ohne jeden Erfolg.
Artikel 8:
[Religions- und Weltanschauungsfreiheit] Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihre Religion oder Weltanschauung zu bekunden sowie religiöse Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen zu gründen.
Rechtslage:
Zu Art. 8 RÜK [Religions- und Weltanschauungsfreiheit]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 8 RÜK
führt die in Art. 7 RÜK bereits genannte
Religionsfreiheit näher aus, und stellt klar, daß auch
die Weltanschauung geschützt ist. Dieses Grundrecht bezieht
sich auf alle Personen; Art. 8 RÜK hebt die Bedeutung dieser
Freiheit für die Angehörigen nationaler Minderheiten
hervor.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist in der österreichischen Rechtsordnung - unter anderem - in Art. 9 EMRK allen Personen, also auch den Angehörigen der Minderheiten, garantiert.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Es sind keine Erfüllungsgesetze erforderlich.
Tatsächliche Lage
Der größere Teil der österreichischen Volksgruppenangehörigen gehört der röm.-kath. Kirche an. Ein kleinerer Teil, vor allem die Ungarn gehören auch der evangelischen Kirche AB und der reformierten Kirche HB an.
Der Bereich der Seelsorge und des Zusammenlebens in den Kirchengemeinschaften ist einer der wenigen, wenn nicht der einzige Bereich, in dem das Zusammenleben zwischen den einzelnen Volksgruppen aus Sicht der Volksgruppen und eines großen Teiles der Mehrheitsbevölkerung klaglos funktioniert. Dieser Umstand ist auch darauf zurückzuführen, daß viele Seelsorger Volksgruppenangehörige sind. In den Siedlungsgebieten der österreichischen Volksgruppen finden Gottesdienste auch in den Sprachen der Volksgruppen bzw. zweisprachig (mit Ausnahme des Romanes) in genügender Anzahl statt. Probleme ergeben sich durch den Priestermangel auch in den zweisprachigen Kirchengemeinden.
Während bei den meisten österreichischen Volksgruppen die Kirchen eine Art Schutzfunktion ausüben, hat die katholische Kirche bei den steirischen Slowenen auf diese vollkommen vergessen. Die slowenische Sprache ist bei den katholischen religiösen Feierlichkeiten in der Südsteiermark nicht vorhanden. Etwas besser ist es bei der evangelischen Kirchengemeinde.
In den zweisprachigen Volksschulen des Burgenlandes und Kärntens findet der Religionsunterricht auch in der Volksgruppensprache statt. Ebenso an der privaten tschechischen „Komensky"-Schule in Wien. Die Kirchen haben größtenteils auch dafür Sorge getragen, daß ein strukturelles Mitbestimmungsrecht der Volksgruppen in der Kirchengemeinde gewährleistet ist.
Artikel 9:
[Kommunikationsfreiheit, auch in der Minderheitensprache] (1) Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß das Recht jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, auf freie Meinungsäußerung, die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen in der Minderheitensprache ohne Eigriffe (Anm.: richtig: Eingriffe) öffentlicher Stellen und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen einschließt. Die Vertragsparteien stellen im Rahmen ihrer Rechtsordnung sicher, daß Angehörige einer nationalen Minderheit in bezug auf ihren Zugang zu den Medien nicht diskriminiert werden.
(2) Absatz 1 schließt nicht aus, daß die Vertragsparteien Hörfunk-, Fernseh- oder Lichtspielunternehmen einem Genehmigungsverfahren ohne Diskriminierung und auf der Grundlage objektiver Kriterien unterwerfen.
(3) [Eigene Medien] Die Vertragsparteien hindern Angehörige nationaler Minderheiten nicht daran, Printmedien zu schaffen und zu nutzen. Innerhalb des gesetzlichen Rahmen für Hörfunk und Fernsehen stellen sie soweit wie möglich und unter Berücksichtigung des Absatzes 1 sicher, daß Angehörigen nationaler Minderheiten die Möglichkeit gewährt wird, eigene Medien zu schaffen und zu nutzen.
(4) [Förderung des Zugangs zu Medien] Die Vertragsparteien ergreifen im Rahmen ihrer Rechtsordnung angemessene Maßnahmen, um Angehörigen nationaler Minderheiten den Zugang zu den Medien zu erleichtern sowie Toleranz zu fördern und kulturellen Pluralismus zu ermöglichen.
Rechtslage:
Zu Art. 9 Abs. 1, 2, 3 und 4 RÜK [Kommunikationsfreiheit, auch in der Minderheitensprache; eigene Medien; Förderung des Zugangs zu Medien]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Die Garantie der Meinungsfreiheit ist bereits in Art. 7 RÜK angesprochen; Art. 9 RÜK enthält genauere Bestimmungen über die Meinungsfreiheit.
Der erste Satz des Art. 9 Abs. 1 RÜK ist Art. 10 Abs. 1 zweiter Satz EMRK nachgebildet, hebt aber insb. das Recht auf Verwendung der Minderheitensprache bei der Wahrnehmung der Meinungsfreiheit hervor. Der zweite Satz des Art. 9 Abs. 1 RÜK ist von besonderer Bedeutung: Er enthält nach dem ErB. Z. 57, 275 die Verpflichtung, darüber zu wachen, daß Angehörige der Minderheiten in bezug auf ihren Zugang zu Medien nicht benachteiligt werden, enthält also einen besonderen Diskriminierungsschutz.
Art. 9 Abs. 2 RÜK beruht auf Art. 10 Abs. 1 dritter Satz EMRK, und stellt klar, daß die Vertragsparteien Hörfunk-, Fernseh- und Lichtspielunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterziehen dürfen; dieses muß aber ohne Diskriminierung und auf Grundlage objektiver Kriterien erfolgen. Die Beifügung dieser im Art. 10 EMRK nicht ausdrücklich erwähnten Bedingungen wurde nach dem ErB Z. 59, 275 für wichtig erachtet, um ein Instrument zum Schutz von Angehörigen nationaler Minderheiten zu verfügen.
Art. 9 Abs. 3 erster Satz RÜK, der die Schaffung und Nutzung von Printmedien behandelt, enthält nach dem ErB Z. 60, 275 im wesentlichen eine Enthaltungspflicht, d.h. daß die Vertragsparteien insb. keine Verbote oder Beschränkungen solcher Medien verfügen dürfen. Der weiter formulierte zweite Satz des Art. 9 Abs. 3 RÜK legt das Gewicht aber auf eine positive Verpflichtung auf dem Gebiet von Radio und Fernsehen (z.B. Zuteilung von Frequenzen); diese Unterscheidung beruht auf der Knappheit der verfügbaren Frequenzen und der Notwendigkeit einer Regelung auf dem Gebiet des Rundfunks.
Art. 9 Abs. 4 RÜK sieht eine Förderung des Zugangs zu den Medien vor, und stellt sich als eine Konkretisierung insb. zu Art. 4 Abs. 2 RÜK (vgl. dazu bereits die Ausführungen oben) dar. Nach dem ErB, Z. 62, 275 ergänzt Abs. 4 insb. auch die Verpflichtung zur Nichtdiskriminierung, die sich bereits in Abs. 1 zweiter Satz findet. Unter den „angemessenen Maßnahmen" könnten z.B. die Zuteilung von Mitteln zur Übertragung von Sendungen oder die Produktion von Programmen, welche die Minderheiten interessierende Fragen betreffen, verstanden werden.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Die Kommunikationsfreiheit ist in Österreich durch die grundrechtlichen Bestimmungen des Art. 13 StGG, Art. 10 EMRK, den Beschluß der provisorischen Nationalversammlung von 1918 und mit dem BVG-Rundfunk umfassend garantiert; die Ausübung dieser Kommunikationsfreiheit kann auch durch Gebrauch einer Minderheitensprache erfolgen. Die Minderheitenschutzbestimmungen in Verfassungsrang enthalten darüber hinaus spezielle Garantien: Art. 19 Abs. 2 StGG - dessen Geltung freilich strittig ist - anerkennt den Gebrauch der Volksgruppensprachen „im öffentlichen Leben"; Art. 66 Abs. 3 StV v St. Germain stellt klar, daß keinem österreichischen Staatsangehörigen im freien Gebrauch irgendeiner Sprache - unter anderem - in „der Presse oder irgend einer Art von Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen" Beschränkungen auferlegt werden dürfen; Art. 67 StV v St. Germain enthält einen besonderen Gleichheitssatz (arg: „rechtlich und faktisch"), insb. auch im Hinblick auf die Einrichtung von „sozialen Einrichtungen". Art. 68 Abs. 2 StV v St. Germain ordnet eine finanzielle Volksgruppenförderung (auch für Volksgruppenmedien) an, wenn er bestimmt, daß den Minderheiten „von allen Beträgen, die etwa für Erziehung, Religions- oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen werden, ein angemessener Teil zu Nutzen und Verwendung gesichert ist." Der in Verfassungsrang stehende Art. 7 Z. 4 StV v Wien sichert eine Teilnahme an den „kulturellen" Einrichtungen" unter gleichen Bedingungen.
Ein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Anspruch von Angehörigen einer Minderheit auf eine bevorzugte Zuteilung etwa von Hörfunklizenzen läßt sich daraus aber wohl nicht ableiten. Die Verfassung enthält aber nach der Rspr des VfGH (VfSlg 9224/1981) eine „Wertentscheidung für den Minderheitenschutz": Diese verpflichtet den Staat zum Schutz der sprachlichen und ethnischen Identität und zur Entfaltung der kulturellen Eigenständigkeit der Minderheiten diese gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen in gewissen Belangen zu bevorzugen. Daher sind die Anliegen der Minderheiten auch im Rundfunk angemessen zu berücksichtigen, wobei auch Sendungen in den Minderheitensprachen als Beitrag zur Erhaltung der sprachlichen Eigenart geboten sind. Diese Verpflichtung richtet sich an den Rundfunk in seiner Gesamtheit. Ihr ist daher in erster Linie innerhalb der Programme des Österreichischen Rundfunks - ORF (vgl. § 2 Rundfunkgesetz, BGBl. 1984/379) Rechnung zu tragen, der auch insoweit einen Auftrag zur medialen Grundversorgung zu erfüllen hat (vgl. Art. I BVG über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. 1974/396, der bestimmt, daß Rundfunk eine „öffentliche Aufgabe" ist).
Die Anliegen der Minderheiten müssen aber nicht allein in den Programmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berücksichtigt werden. Die verfassungsrechtliche Wertentscheidung für den Minderheitenschutz ist z.B. auch bei der Vollziehung des Regionalradiogesetzes, BGBl. 1993/506 angemessen zu beachten. Daraus kann sich ein Anspruch auf die Zuteilung einer eigenen Lizenz für ein von Angehörigen der Minderheiten veranstaltetes Programm ergeben, sofern genügend Frequenzen zu Verfügung stehen. Bei einem Mangel an Frequenzen - wie im Bereich der für den regionalen Hörfunk verfügbaren Frequenzen - ist dem Anliegen des Minderheitenschutzes bei der Auswahlentscheidung nach § 20 Abs. 2 Regionalradiogesetz Rechnung zu tragen, wobei das Gesetz mit den ausdrücklich genannten Auswahlgrundsätzen (arg: „Meinungsvielfalt im Programm", „eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot") auch die entsprechenden Anknüpfungspunkte für eine solche Bedachtnahme bietet. Bei dieser Auswahlentscheidung ist wiederum die mediale Gesamtsituation der Minderheit zu berücksichtigen, das heißt, es sind auch die einschlägigen ORF-Programme, die empfangbaren Auslandsprogramme und die Möglichkeiten zur Beteiligung an anderen privaten Programmveranstaltern mit zu erwägen.
Art. 7 Z. 1 StV v Wien bestimmt (in Gesetzes- allerdings nicht in Verfassungsrang), daß die österreichischen Staatsangehörigen der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark dieselben Rechte genießen wie die österreichischen Staatsangehörigen einschließlich des Rechtes auf „Presse in ihrer eigenen Sprache". Einfachgesetzliche Bestimmungen über die finanzielle Volksgruppenförderung finden sich in den § 8 ff VolksgruppenG: Mittel der Volksgruppenförderung werden auch zur Förderung der Presse und der Medien der Volksgruppen überhaupt zur Verfügung gestellt. Zusätzlich gelten besondere Förderungsbestimmungen für die Presse der Volksgruppen: Zu beachten ist insb. § 2 Abs. 2 PresseförderungsG, BGBl. 1985/228, der eine Sonderbestimmung zur Förderung von Wochenzeitungen, die der Förderung und Erhaltung einer Volksgruppe dienen, enthält: Nach § 2 Abs. 1 Z. 6 PresseförderungsG sind an Wochenzeitungen grundsätzlich Förderungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu vergeben (nämlich eine verkaufte Auflage von 5 000 Stück je Nummer, Beschäftigung von mindestens zwei hauptberuflich tätigen Journalisten; Herausgeber und Verleger dürfen weder Gebietskörperschaften sein, noch dürfen Gebietskörperschaften an ihnen beteiligt sein). Diese Voraussetzungen entfallen nach § 2 Abs. 2 PresseförderungsG bei Druckschriften, die in der Sprache einer in Österreich lebenden Volksgruppe österreichischer Staatsbürger nichtdeutscher Sprachzugehörigkeit herausgegeben werden, sofern diese Druckschriften der Förderung und Erhaltung dieser Volksgruppe dienen. Eine Förderung ist auch nach dem PublizistikförderungsG 1984, BGBl. 369 (Abschnitt II, §§ 6 ff: Förderung der Publizistik, die der staatsbürgerlichen Bildung dient) möglich.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Bedeutung erlangt insb. die positive Verpflichtung des Art. 9 Abs. 3 zweiter Satz RÜK betreffend die Möglichkeiten im Bereich des Hörfunks und des Fernsehens (z.B. bei der Vergabe von Frequenzen). Es stellt sich die Frage, ob über die oben dargestellte Berücksichtigung der Anliegen der Minderheiten explizite gesetzliche Grundlage (z.B. im RundfunkG bzw. im RegionalradioG) geschaffen werden müßten; angesichts der sehr unbestimmten völkerrechtlichen Verpflichtung (arg: „innerhalb des gesetzlichen Rahmens", „soweit wie möglich") läßt sich diese Frage nicht mit letzter Sicherheit beantworten.
Volksgruppenpolitisch wäre aber eine Klärung im dargelegten Sinn jedenfalls wünschenswert.
Tatsächliche Lage
Während noch vor wenigen Jahrzehnten in ländlichen Bereichen der zweisprachigen Gebiete ein Volksgruppenangehöriger den ganzen Tag mit Kommunikation in der betreffenden Volksgruppensprache konfrontiert war, ist heute selbst in Familien, welche die Volksgruppensprache bewußt pflegen, über das Fernsehen, das Radio und über Zeitungen und auch durch die verstärkte Mobilität die deutsche Sprache durchgehend präsent und man kann davon ausgehen, daß auch bei Volksgruppenangehörigen zumindest die passive Kommunikation in deutscher Sprache jene in den Volksgruppensprachen bei weitem überwiegt. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Assimilierungsfaktor. Eine Volksgruppe, die tagtäglich der Informationsflut in deutscher Sprache ausgesetzt ist, ihre eigene Sprache aber im wesentlichen nur im familiären Bereich gebrauchen kann, verliert unweigerlich an Sprachkompetenz. Durch die verstärkte Berücksichtigung der Volksgruppensprache, vor allem im Bereich der elektronischen Medien kann der Assimilierungsfaktor „Mediengesellschaft" zwar nicht ausgeschaltet, aber doch in seiner Wirksamkeit zurückgedrängt werden. Dabei kommt insbesondere Programmen für Kinder und Jugendliche in den Volksgruppensprachen besondere Bedeutung zu.
Angesichts dessen ist die Sicherung einer ausreichenden medialen Versorgung in den Volksgruppensprachen in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten, in ihrer Bedeutung wohl nur mit dem Schul- und Kindergartenwesen vergleichbaren Forderung der österreichischen Volksgruppen geworden.
Die konkrete mediale Situation stellt sich bei den einzelnen Volksgruppen folgendermaßen dar:
a) Slowenen in Kärnten: Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ORF) wird jeden Sonntag um 13.30 Uhr eine halbstündige regionale TV-Sendung in slowenischer Sprache ausgestrahlt und täglich meist ab 18.10 Uhr ein ca. einstündiges slowenisches Regionalradioprogramm gesendet. Slowenischsprachige Radiosendungen werden seit 1946 und die Fernsehsendungen seit 1989 ausgestrahlt. Die Sendungen werden von der slowenischen Redaktion des ORF-Landesstudio Kärnten gestaltet. Am 26. Oktober 1998 gingen die beiden lokalen Radiobetreiber „Radio Korotan" und „Radio Agora" auf einer gemeinsamen Frequenz auf Sendung. Das Lokalradioprogramm ist im gesamten Siedlungsgebiet der Slowenen in Kärnten zu empfangen. „Radio Korotan" sendet vorwiegend in slowenischer Sprache, „Radio „Agora" deutsch und slowenisch mit Berücksichtigung auch anderer Sprachen des Alpen-Adria-Raumes. Die Programme von RTV Slovenija sind aufgrund der geographischen Gegebenheiten nur in Teilen des zweisprachigen Gebietes in Kärnten zu empfangen. Trotz mehrfachen Drängens durch die slowenischen Vertretungsorganisationen war die Republik Österreich bisher nicht bereit, geeignete Schritte, die den Empfang von RTV Slovenija im ganzen zweisprachigen Siedlungsgebiet ermöglichen würden, zu tätigen.
Im Bereich des Printwesens erscheinen in Kärnten drei slowenische Wochenzeitungen, und zwar die slowenische Kirchenzeitung „Nedelja", die seit 1926 herausgegeben wird, der „Slovenski vestnik", der 1946 von der „Befreiungsfront für Slowenisch-Kärnten" gegründet wurde und seit 1955 vom „Zentralverband slowenischer Organisationen“ wöchentlich herausgegeben wird, und der „Naš tednik“, der vom Rat der Kärntner Slowenen seit 1949 wöchentlich herausgegeben wird. Sechsmal jährlich erscheint die Zeitschrift „Družina in dom“, die von der Hermagoras/Mohorjeva herausgegeben wird.
Für den Schulbereich erscheint alle zwei Monate die Jugendzeitschrift „Mladi rod". Die beiden Verlage Hermagoras/Mohorjeva und Drava geben jährlich durchschnittlich 50 Bücher in slowenischer Sprache heraus. Slowenischsprachige Literatur ist in Klagenfurt/Celovec in den beiden Buchhandlungen Hermagoras/Mohorjeva und Naša knjiga erhältlich.
b) Slowenen in der Steiermark: Es existiert keinerlei mediale Versorgung in der Volksgruppensprache, lediglich der Verein Artikel VII – Kulturverein für Steiermark gibt sporadisch eine Vereinszeitschrift heraus. Weitere wissenschaftliche Arbeiten sind in Planung, die Vorbereitungen zu den Publikationen sind bereits abgeschlossen, können aber aufgrund der angespannten finanziellen Lage nicht gedruckt werden.
c) Burgenländische Kroaten: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ORF) strahlt wöchentlich jeden Sonntag ab 13.30 Uhr die halbstündige Regionalfernsehsendung „Dobar dan Hrvati" und täglich ca. 45 Minuten Radioprogramm im lokalen Radiosender aus. Die Sendungen werden von der kroatischen Redaktion des ORF-Landesstudio Burgenland gestaltet. Die kroatischsprachigen Radiosendungen werden seit 1979 und die Fernsehsendungen seit 1989 ausgestrahlt. Das Radioprogramm ist im gesamten Burgenland und auch in Wien zu empfangen, die Fernsehsendungen werden im gesamten Burgenland, nicht aber in Wien empfangen. Die Fernsehsendungen werden wöchentlich am Montag um ca. 3.00 Uhr in der Nacht bundesweit wiederholt.
Seit 4. April 1999 sendet das lokale Radioprogramm „Antenne 4" tagsüber Kurznachrichten auch in den Sprachen der burgenländischen Volksgruppen, also täglich abwechselnd ungarisch, kroatisch und romanes, sowie abends mehrere Stunden in den erwähnten Sprachen der burgenländischen Volksgruppen. Ab 1. Oktober 1999 ist „Antenne 4" teilweise in Wien, sowie im gesamten Burgenland zu empfangen.
Im Bereich der Printmedien existieren zwei kroatische Wochenzeitungen: die „Hrvatske novine", die vom Kroatischen Presseverein herausgegeben werden, sowie der „Crikveni glasnik" der von der Diözese Eisenstadt herausgegeben wird. Daneben erscheint die Zeitschrift „Glasilo", die vom Kroatischen Kulturverein vierteljährlich herausgegeben wird, der „Novi glas", der vom Kroatischen Akademikerklub vierteljährlich herausgegeben wird, sowie der „Put", der zweimonatlich vom Kroatischen Kulturverein in Wien herausgegeben wird. Darüber hinaus werden Kalender, Jahrbücher, Literatur, Kinder- und Schulbücher in burgenländisch-kroatischer Sprache publiziert.
d) Ungarn: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ORF) strahlt ca. viermal pro Jahr eine halbstündige lokale Fernsehsendung in ungarischer Sprache aus, sowie jeden Sonntag ab 19.30 Uhr eine halbstündige Regionalradiosendung. Die Sendungen werden von ungarischsprachigen Mitarbeitern der kroatischen Redaktion des ORF-Landesstudio Burgenland gestaltet. Die ungarischsprachigen Rundfunksendungen werden seit 1984 und die Fernsehsendungen seit 1989 ausgestrahlt. Der Lokalradiosender „Antenne 4" sendet auch in ungarischer Sprache.
Der Burgenländisch-ungarische Kulturverein gibt auch die periodische Zeitschrift „Örség", die monatliche Kinder- und Schülerzeitschrift „Hírhozó" sowie das Mitteilungsblatt „Örvidéki Hírek" heraus. Der Zentralverband ungarischer Vereine und Organisationen gibt in Wien die zweimonatliche ungarischsprachige Zeitschrift „Bécsi Napló" heraus.
e) Roma: Der burgenländische Lokalradiosender „Antenne 4" sendet auch in Romanes, daneben gibt es auf ORF-Radiomittelwelle 1476 monatlich zwei halbstündige Radiosendungen, die von den Romavereinen, Kulturverein österreichischer Roma in Wien und Romano Centro ebenfalls in Wien, gestaltet werden. Die Sendungen existieren seit März 1997.
Jeweils vierteljährlich erscheinen die Vereinszeitschriften „Romano Kipo" des Kulturvereins österreichischer Roma, das „Romano Centro" herausgegeben vom gleichnamigen Verein in Wien, sowie „Romani Patrin" herausgegeben vom Verein Roma in Oberwart.
f) Tschechen: In tschechischer Sprache werden nur Vereinsperiodika von einzelnen Vereinen der Tschechen in Wien herausgegeben, und zwar: „?eská a slovenska Víde? dnes" wird vom Komensky-Schulverein in einer ansehnlichen und attraktiven Form herausgegeben, die „Víde?ske svobodne listy" werden seit 1946, zur Zeit vierzehntägig vom Minderheitsrat der tschechischen und slowakischen Volksgruppe in Österreich herausgegeben, die „Krajanské noviny" werden seit 1994, zur Zeit vierzehntägig von der Vereinigung der Tschechen und Slowaken in Österreich herausgegeben. Die monatliche Zeitschrift „Kulturní klub" wird vom Kulturklub der Tschechen und Slowaken in Österreich herausgegeben. Daneben erscheinen noch sporadisch einige weitere Vereinszeitungen.
g) Slowaken: Es existiert nur die vierteljährlich erscheinende Vereinszeitschrift „Pohl’ady", herausgegeben vom Österreichisch-slowakischen Kulturverein und der Slowaken-Seelsorge.
h) Polen: Es existieren nur unregelmäßig erscheinende Vereinsnachrichten.
Förderungen der Volksgruppenmedien
Privatradiobetreiber im Jahre 1999 in Euro
Antenne 4 350.000
Radio Agora 370.000
Radio Korotan 370.000
INSGESAMT 1,09 Mio.
Presse- und Publizistikförderung der Volksgruppenperiodika im Jahre 1998 in Euro
Crikveni glasnik 1.319
Hrvatske novine 32.347
Krajanské noviny 2.506
Mladi rod 2.506
Naš tednik 25.152
Nedelja 23.764
Punt – slowenische Studentenzeitschrift 2.506
Put 5.012
Slovenski vestnik 10.728
INSGESAMT 105.840
Daneben werden einzelne Zeitungen auch aus dem Titel der Volksgruppenförderung des Bundes gefördert. Im Rahmen der allgemeinen Presse- und Publizistikförderung des Bundes wurden österreichische Periodika mit der Gesamtsumme von 18,180.411 Euro gefördert. Vor allem wurden auch hochprofitable Tages- und Wochenzeitungen durch einige 100.000 Euro gefördert.
Aufgrund der Tatsache, daß alle Volksgruppenzeitungen in sehr niedriger Auflage (von einigen 100 bis max. 5.000 Exemplaren) erscheinen und dadurch sehr wenig Verkaufs- und Inseraterlöse erzielen, sind alle Volksgruppenperiodika hoch defizitär und ständig von ihrer Einstellung bedroht. Des weiteren sind die meisten Volksgruppenperiodika aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten von der Aufmachung und vom Umfang wenig konkurrenzfähig und vor allem für Jugendliche unattraktiv. Da sie aber für die Volksgruppen von besonderer Wichtigkeit sind, fordern diese eine signifikante Erhöhung der Presse- und Publizistikförderung für Volksgruppenmedien. Entsprechende Gesetzesanträge wurden in den Nationalrat eingebracht, bisher aber nicht konkret behandelt.
Artikel 10:
[Privater und öffentlicher, freier Gebrauch] (1) Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihre Minderheitensprache privat und in der Öffentlichkeit mündlich und schriftlich frei und ungehindert zu gebrauchen.
[Verwaltungsamtssprache] (2) In Gebieten, die von Angehörigen nationaler Minderheiten traditionell oder in beträchtlicher Zahl bewohnt werden, bemühen sich die Vertragsparteien, sofern die Angehörigen dieser Minderheiten dies verlangen und dieses Anliegen einem tatsächlichen Bedarf entspricht, soweit wie möglich die Voraussetzungen dafür sicherzustellen, daß im Verkehr zwischen den Angehörigen dieser Minderheiten und den Verwaltungsbehörden die Minderheitensprache gebraucht werden kann.
[Menschenrechtliche Mindestgarantien im Strafverfahren; keine allgemeine Gerichtssprache] (3) Die Vertragsparteien verpflichten sich, das Recht jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, zu gewährleisten, in möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe ihrer Festnahme und über die Art und den Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden sowie sich in dieser Sprache, erforderlichenfalls unter unentgeltlicher Beiziehung eines Dolmetschers, zu verteidigen.
Rechtslage:
Zu Art. 10 Abs. 1 RÜK [Privater und öffentlicher, freier Gebrauch]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 10 Abs. 1 RÜK verpflichtet Österreich, ein Recht der Minderheitsangehörigen auf Gebrauch ihrer Sprache im privaten Bereich und in der Öffentlichkeit zu gewährleisten; es betrifft im wesentlichen den Gebrauch der Sprache in der Privatsphäre und nach außen, aber nicht vor Behörden; dieses ist insb. zu unterscheiden von dem in Abs. 2 leg cit vorgesehenen Recht auf Gebrauch der Sprache im Verkehr mit Verwaltungsbehörden.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Art. 66 Abs. 3 StV v St. Germain gewährt jedem österreichischen Staatsangehörigen, also auch den Angehörigen von Volksgruppen iSd VolksgruppenG, ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf freien Gebrauch irgendeiner Sprache, also auch einer Volksgruppensprache, im Privat- oder Geschäftsverkehr, in Angelegenheiten der Religion, der Presse oder irgend einer Art von Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Nach der innerstaatlichen Rechtslage (Art. 66 Abs. 3
StV v St. Germain) wird bereits das in Art. 10 Abs. 1 RÜK
vorgesehene Recht auf Gebrauch der Minderheitensprache im
privaten Bereich und in der Öffentlichkeit gewährt;
eine Umsetzung ist daher nicht
erforderlich.
Zu Art. 10 Abs. 2 RÜK [Verwaltungsamtssprache]:
a) Rechtslage nach RÜK:
In Art. 10 Abs. 2 RÜK wird der Grundsatz aufgestellt, daß die Minderheitsangehörigen ihre Sprache im Verkehr mit Verwaltungsbehörden (aber nicht Gerichten, siehe dazu Art. 10 Abs. 3 RÜK) verwenden dürfen. Diese Regelung gibt den Vertragsparteien einen weiten Gestaltungsspielraum und verpflichtet diese – im Gegensatz zu Abs. 1 leg cit – nicht zur Einräumung eines subjektiven Rechtes der Minderheitsangehörigen. Es ist vorgesehen, daß sich die Vertragsparteien in Gebieten, die von Angehörigen nationaler Minderheiten traditionell oder in beträchtlicher Zahl bewohnt werden, „bemühen", sofern die Angehörigen dieser Minderheiten dies verlangen und dieses Anliegen einem tatsächlichen Bedarf entspricht, „soweit wie möglich" die Voraussetzungen dafür sicherzustellen, daß im Verkehr der Angehörigen dieser Minderheiten und den Verwaltungsbehörden die Minderheitensprache gebraucht werden kann. Damit erinnert diese Formulierung mehr an eine „politische Absichtserklärung", denn an eine verbindliche Norm.
Das Recht, die Minderheitensprache im Verkehr mit Verwaltungsbehörden zu gebrauchen, wird nur territorial beschränkt auf bestimmte Gebiete eingeräumt. Die Gebiete selbst bleiben im wesentlichen unbestimmt, wobei die erste Alternative (arg: „traditionell . . . bewohnt werden") auf Siedlungsgebiete mit alteingesessenen Minderheiten hinweist, während die zweite Alternative (arg: „in beträchtlicher Zahl") darauf hindeutet, daß auch die Mobilität der Minderheitsangehörigen (etwa Abwanderung in die Stadt aus dem ländlichen, traditionellen Siedlungsgebiet) berücksichtigt werden soll. Damit aber die Pflicht der Vertragsparteien aktualisiert wird, bedarf es einerseits der Initiative der Minderheitsangehörigen, wobei im Dunkeln bleibt, wer dieses „Anliegen" legitimerweise formulieren darf: Nach dem RÜK müssen es mehrere Minderheitsangehörige sein; zulässig wäre auch z.B. die Geltendmachung durch Vereinigungen, die Volksgruppeninteressen vertreten (§ 4 Abs. 1 Z. 2 VolksgrupenG), und auch durch die bereits nach dem VolksgruppenG institutionalisierten Volksgruppenbeiräte. Dies gilt sinngemäß betreffend die Feststellung der zweiten Voraussetzung, die kumulativ vorliegen muß, nämlich der „tatsächliche Bedarf". Der ErB, Z. 65, 275, nimmt an, daß sich der Staat davon auf Grundlage von „objektiven Kriterien" versichern muß. Aber selbst dann, wenn diese zwei Voraussetzungen vorliegen, trifft den Staat keine unbedingte Pflicht (arg: „bemüht"; „so weit wie möglich"), sondern er kann sich etwa auf unzureichende finanzielle Mittel oder sonstige Hindernisse, die der Einführung der zusätzlichen Verwaltungsamtssprache entgegenstehen, berufen.
Nach dem ErB, Z. 64, 275 ist der Begriff „Verwaltungsbehörden" in einem „weiteren Sinn" zu verstehen, und soll z.B. auch „Vermittler", im authentischen englischen Text: „ombudsmen", erfassen; so auch die (österreichischen) Erläuterungen zur RV 889 BlgNR 20. GP, 28, die von „Ombudsmännern" sprechen – und im übrigen an dieser Stelle, wie überhaupt –, den ErB zum RÜK im wesentlichen übernehmen.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Art. 8 B-VG bestimmt, daß die deutsche Sprache „unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechten" die Staatssprache der Republik ist. Der Vorbehalt des Art. 8 B-VG erstreckt sich auf jene Bereiche, in denen die „Staatssprache" zur Anwendung zu kommen hat, also sowohl auf die Vollziehung (Judikative und Verwaltung) als auch auf die Gesetzgebung; daraus ergibt sich, daß einfachgesetzliche Regelungen, die den Gebrauch der Minderheitensprachen vorsehen, in allen diesen Bereichen vom verfassungsgesetzlichen Vorbehalt gedeckt sind.
Rechte der Minderheitsangehörigen auf Gebrauch ihrer Sprache im Verkehr mit Verwaltungsbehörden sind in folgenden Bestimmungen festgelegt:
Art. 19 Abs. 2 StGG räumt Sprachenrechte „im Amt und öffentlichen Leben" ein, und erfaßt damit - im einzelnen konkretisiert in einer sehr verästelten Rspr des Reichsgerichtes (RG) der cisleithanischen Reichshälfte der österreichisch-ungarischen Monarchie - den Gebrauch der „landesüblichen" Sprachen, im Verkehr mit Behörden und die Verwendung der Sprachen „im öffentlichen Leben". Die Frage der Geltung und Anwendbarkeit dieser Bestimmung in der Rechtsordnung der Republik ist aber strittig; nach einem frühen Erk des VfGH sei diese Bestimmung insb. nicht anwendbar, weil die „Volksgruppen" nicht mit den „Volksstämmen" gleichgesetzt werden könnten; die überwiegende Lehre bejaht - im ganzen Umfang, oder zumindest teilweise - die Geltung und Anwendbarkeit dieser Norm auf die Volksgruppen im republikanischen Österreich und versteht unter den „landesüblichen" Sprachen auch die Volksgruppensprachen.
Eine zentrale Bestimmung, deren Geltung und Anwendbarkeit unstrittig sind, ist Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien: Diese staatsvertragliche Bestimmung, die innerstaatlich aufgrund Art. II Z. 3 B-VG, BGBl. 1964/59 in Verfassungsrang steht, läßt die kroatische und slowenische Sprache in Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark als zusätzliche Amtssprache zu. Art. 7 Z. 3 StV v Wien bezieht sich von seinem persönlichen Geltungsbereich, aber allein auf Angehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten, nicht aber auf die Angehörigen der anderen Volksgruppen; in örtlicher Hinsicht bezieht sich diese Bestimmung auf „Verwaltungsbezirke" mit „kroatischer, slowenischer oder gemischter Bevölkerung": In Österreich sind die Sprengel der politischen Bezirke als territoriale Grenze relevant; ein Abstellen allein auf „Gemeinden" mit gemischter Bevölkerung genügt nicht; diese sind aber freilich innerhalb der politischen Bezirke erfaßt. (Weiters bezieht sich Art. 7 Z. 3 StV v Wien auch auf „Gerichtsbezirke", worunter die Sprengel der Bezirksgerichte zu verstehen sind; siehe zu den Garantien des RÜK vor Gerichten, aber näher unten die Ausführungen zu Art. 10 Abs. 3 RÜK). Art. 7 Z. 3 StV v Wien stellt als Voraussetzung das Vorhandensein einer „gemischten Bevölkerung" in diesen Bezirken auf: Die Vertragsparteien haben aber dafür keinen bestimmten Prozentsatz festgelegt, insb. auch nicht einen „verhältnismäßig beträchtlichen Anteil". Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien fordert auch nicht die genaue zahlenmäßige Feststellung der Minderheitsangehörigen in einem bestimmten Gebiet, sondern setzt das Vorliegen von Bezirken mit gemischter Bevölkerung - ebenso wie das Vorliegen einer Minderheit an sich - voraus. Zur Zeit des Vertragsabschlusses lag ein traditionelles Siedlungsgebiet der Volksgruppenangehörigen - verteilt auf die verschiedenen Verwaltungs- und Gerichtsbezirke – vor. Die Voraussetzungen der „gemischten Bevölkerung" bleibt aber für die Zukunft bestehen.
Der VfGH stellt in seiner Rspr-Praxis im wesentlichen auf eine „vergröberte statistische Erfassung" (VfSlg 11.585/1987) ab, und orientiert sich dabei insb. an der Angabe der „Umgangssprache" in den Volkszählungsergebnissen; im konkreten Fall stellte der VfGH unter Heranziehung von Statistiken betreffend die Umgangssprache der Burgenländer fest, daß es Gebiete iSd Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien im Burgenland gebe. In VfSlg 12.836/1991 hatte sich der VfGH mit der Frage zu befassen, ob die Statutarstadt Eisenstadt ein Verwaltungsbezirk iSd Art. 7 Z. 3 StV v Wien mit „gemischter Bevölkerung" sei. Er führte unter Bezugnahme auf das in VfSlg 11.585/1987 entwickelte Kriterium der „vergröberten statistischen Erfassung" aus, daß ein „Verwaltungsbezirk", in dem „lediglich sehr wenige Kroaten wohnen, grundsätzlich noch kein Bezirk mit ‘gemischter Bevölkerung’" sei; und subsumierte die Statutarstadt Eisenstadt nicht unter diesen Begriff. Der VfGH vertrat die Ansicht, daß für Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien, „ein zumindest nicht ganz unbedeutender (Minderheiten-)Prozentsatz" vorliegen müsse (Der VfGH bezog sich dabei auf die bereits in VfSlg 11.585/1987 herangezogene Statistik des Amtes der burgenländischen Landesregierung über die Umgangssprache der Burgenländer und stellte fest, daß „Eisenstadt" unter den Ortschaften mit mindestens 5% kroatisch sprechender Bevölkerung nicht aufscheint. Weiters bezog sich der VfGH auf das Ergebnis der Volkszählung 1981, die einen Anteil der kroatisch-sprechenden Wohnbevölkerung von 1, 9% aufwies; schließlich verwies der VfGH darauf, daß ein Abstellen auf die Volkszählung 1951 am Ergebnis nichts ändern würde, da diese nur einen Anteil von 0,63% aufweise); in jüngster Zeit erging ein Prüfungsbeschluß des VfGH (2. 10. 1999, B 28/98), in dem der VfGH vorläufig annimmt, daß unter einem Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung auch eine Gemeinde zu verstehen ist - die wie Eberndorf/Dobrla vas (in Kärnten) - bei der Volkszählung 1991 einen Anteil von 10,4% slowenisch sprechender Wohnbevölkerung aufwies.
In inhaltlicher Hinsicht gebietet Art. 7 Z. 3 StV v Wien, daß dafür Vorsorge getroffen wird, daß möglichst die Minderheitensprache als „zusätzliche Amtssprache" unmittelbar im Verkehr mit Organwaltern verwendet werden kann; allerdings räumt Art. 7 Z. 3 StV v Wien einen Gestaltungsspielraum ein, der es erlaubt, Dolmetscher beizuziehen, wenn das Organ der Minderheitensprache nicht mächtig ist. Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien ist nach ständiger Rspr des VfGH unmittelbar anwendbar und räumt ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht ein.
Die Regelung des Gebrauches der Volksgruppensprachen als Amtssprachen vor Verwaltungsbehörden (und Gerichten) erfolgt im einzelnen in den Ausführungsbestimmungen der §§ 13 ff VolksgruppenG iVm den aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 1 Z. 3 VolksgruppenG ergangenen sog. Amtssprachen-Verordnungen: Das VolksgruppenG ist ein „Rahmengesetz", das wesentliche Regelungsbereiche an den Verordnungsgeber delegiert. Aus den V nach § 2 Abs. 1 Z. 3 VolksgruppenG („AmtssprachenV") ergibt sich - nach der Systematik des VolksgruppenG - vor welchen Behörden die Volksgruppensprachen im Verkehr gebraucht werden können; anderes gilt seit dem Erk des VfGH, Slg 11.585/1987 betreffend die kroatische und slowenische Sprache. Die kroatische und slowenisch AmtssprachenV sind seit der Aufhebung von Teilen des § 13 Abs. 1 und Abs. 2 VolksgruppenG, die auf die Erlassung der AmtssprachenV verwiesen haben, durch VfSlg 11.585/1987 - soweit möglich - verfassungskonform als eine Klarstellung der nach Art. 7 Z. 3 StV v Wien gebotenen Behörden auszulegen sind, vor denen die zusätzliche Amtssprache zuzulassen ist; die AmtssprachenV sind daher nicht als taxative Aufzählung der in Frage kommenden Behörden zu verstehen. Vor Behörden und Dienststellen, die nicht in der slowenischen AmtssprachenV und kroatischen AmtssprachenV aufgezählt sind, kann der Gebrauch der kroatischen und slowenischen Sprache unmittelbar auf Art. 7 Z. 3 StV v Wien gestützt werden; wird aber Art. 7 Z. 3 StV v Wien eingeschränkt - da eine verfassungskonforme Interpretation nicht möglich ist - sind die AmtssprachenV insofern verfassungswidrig. Anzumerken ist, daß die kroatische und slowenische AmtssprachenV in gewissen Punkten über Art. 7 Z. 3 StV v Wien hinausgehen, wenn sie etwa Behörden mit Sitz in Wien oder Graz erfassen, oder die Volksgruppensprache auch vor organisatorisch höheren Behörden und in der Rechtsmittelinstanz (sowohl bei Verwaltungsbehörden als auch bei Gerichten) vorsehen. Verfassungsrechtlich bedenklich im Hinblick auf Art. 19 Abs. 2 StGG - dessen Geltung freilich strittig ist - erscheint, daß die Sprachen der anderen nach dem VolksgruppenG anerkannten Volksgruppen - mangels entsprechender AmtssprachenV - vor keinen Behörden vorgesehen sind.
Die Regelungen der §§ 13 ff VolksgruppenG beziehen sich auf den hoheitlichen Verkehr mit Behörden und Dienststellen; die Ausgestaltung des Verkehrs in der „zusätzlichen Amtssprache" folgt verschiedenen Modellen; so sind z.B. zweisprachige Rechtsakte, aber auch Verfahrenshandlungen allein in der Volksgruppensprache vorgesehen, und es ist auch angeordnet, daß mit Hilfe von Übersetzungen vorzugehen ist. Welche Volksgruppensprache als zusätzliche Amtssprache in Frage kommt, ergibt sich erst aus den AmtssprachenV; da solche bisher nur für die slowenische und die kroatische Sprache ergangen sind, sind die Amtssprachenregelungen der §§ 13 ff VolksgruppenG für die Sprachen der anderen nach dem VolksgruppenG anerkannten Volksgruppen (vgl. § 1 VolksgruppenbeiräteV) nicht anwendbar. Einschränkungen der Zulassung im hoheitlichen Verkehr bestehen für sofort durchzuführende Amtshandlungen. Eine generelle Ausnahme besteht für den innerdienstlichen Verkehr: Im Verkehr der Organwalter untereinander und für den Verkehr mit anderen Behörden hat allein die deutsche Staatssprache Anwendung zu finden. Durch § 13 Abs. 3 VolksgruppenG werden alle Behörden und Dienststellen, die nicht ohnehin zum Gebrauch der Volksgruppensprache verpflichtet sind, ermächtigt, die Volksgruppensprache im mündlichen Verkehr zu verwenden. Lediglich eine Ermächtigung ist auch für die zusätzliche Verwendung der Volksgruppensprache in öffentlichen Kundmachungen von Gemeinden vorgesehen. § 13 Abs. 2 VolksgruppenG räumt hingegen für den Bereich des Verkehrs mit bestimmten Behörden und Dienststellen ein einfachgesetzliches subjektives, öffentliches Recht auf Gebrauch der Volksgruppensprache ein, das sich in Verbindung mit den AmtssprachenV und verfassungskonform interpretiert - auf den hoheitlichen Verkehr als auch auf den Verkehr in der sog. Privatwirtschaftsverwaltung bezieht; berechtigt sind österreichische Staatsbürger. Weiters wird eine objektive Verpflichtung der Rechtsträger der Behörden normiert, die darauf abzielt, alle Voraussetzungen rechtlicher und faktischer Natur zu treffen, um den Gebrauch der Volksgruppensprachen im Verkehr mit Behörden zu ermöglichen. Das VolksgruppenG führt die Volksgruppensprache nicht als mit dem Deutschen vollkommen gleichwertige Amtssprache ein; verschiedentlich wird allein auf Übersetzungen zurückgegriffen. Dies steht aber mit Art. 7 Z. 3 StV v Wien nicht in Konflikt, da dieser keine vollkommene Gleichstellung mit der Staatssprache fordert. Ein Abstellen auf Übersetzungen ist aber nur zulässig, wenn keine andere Möglichkeit des Verkehrs mit den Organen gegeben ist, weil diese der Volksgruppensprache nicht mächtig sind. Die Nichtberücksichtigung der anderen Volksgruppensprachen - außer der kroatischen und der slowenischen Sprache - ist im Hinblick auf Art. 19 Abs. 2 StGG - dessen Geltung aber strittig ist - verfassungsrechtlich bedenklich.
Das VolksgruppenG legt nicht bestimmte Gerichts- und Verwaltungsbezirke fest, sondern trifft eine andere Regelungsweise. Nach der Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 1 Z. 3 VolksgruppenG sind die in Frage kommenden „Behörden und Dienststellen" iSd VolksgruppenG, worunter Verwaltungsbehörden und Gerichte sowie die den Behörden zugeordneten Hilfsorgane zu verstehen sind, durch AmtssprachenV festzulegen. Die Regelungstechnik der AmtssprachenV ist aber unklar, weil sie sich nicht durchwegs der Aufzählung bedient, sondern die Behörden auch abstrakt bestimmt. Die abstrakt festgelegten Behörden können nur durch umfassende Heranziehung von Regelungen, die die Behördenorganisation betreffen, festgestellt werden. Ob damit eine - im Hinblick auf das Rechtsschutzinteresse der Volksgruppenangehörigen - ausreichend klare Festlegung der Behörden erfolgt, vor denen die Volksgruppensprache verwendet werden kann, muß in Frage gestellt werden. Bemerkenswert ist, daß von den AmtssprachenV außer den Gemeinden keine anderen Selbstverwaltungskörper erfaßt sind, also insb. nicht Organe der - praktisch bedeutsamen - wirtschaftlichen, beruflichen und sozialen Selbstverwaltungskörper (insb. Kammern); der Anspruch auf Gebrauch der kroatischen und slowenischen Sprache kann aber unmittelbar auf Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien gestützt werden, sofern es sich um lokale Behörden handelt, die ihren Sitz in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken iSd Art. 7 Z. 3 StV v Wien haben.
Die AmtssprachenV beziehen sich nicht auf den Obersten Gerichtshof (OGH) und auch nicht auf die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (VwGH und VfGH), da diese ihren Sitz in Wien haben; die kroatische AmtssprachenV erfaßt nur bestimmte „Verwaltungsbehörden" mit Sitz in Wien; die slowenische AmtssprachenV ist auf Behörden mit Sitz in Kärnten beschränkt. Die AmtssprachenV stellen nicht auf den Gebrauch der zusätzlichen Amtssprache vor den allgemeinen Vertretungskörpern Nationalrat, Bundesrat und vor den Landtagen im Burgenland und in Kärnten ab; die Gemeinderäte als Gemeindebehörden sind in den aufgezählten Gemeinden als Verwaltungsbehörden erfaßt; in ihrer Funktion als allgemeiner Vertretungskörper kommt die zusätzliche Amtssprache nicht zur Anwendung.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Betreffend die Verwaltungsamtssprache (Art. 10 Abs. 2 RÜK) finden sich (weitergehende) Garantien in Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien, die Österreich verpflichten, die slowenische und die kroatische Sprache als Amtssprache zuzulassen und den Angehörigen der betreffenden Minderheiten auch verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte einräumen. Art. 10 Abs. 2 RÜK sieht demgegenüber bloß eine äußerst unbestimmte völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs vor; subjektive Rechte müssen nicht eingeräumt werden. Für die Minderheiten, die in den Anwendungsbereich des Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien fallen, ergibt sich aus Art. 10 Abs. 2 EMRK daher nichts Zusätzliches. Zu erwägen ist, ob sich aus dem Abstellen auf die „beträchtliche Zahl" eine völkerrechtliche Verpflichtung ergibt, für die Angehörigen der kroatischen und slowenischen Minderheiten auch außerhalb des territorialen Anwendungsbereiches des Art. 7 Z. 3 StV v Wien in Burgenland, Kärnten und der Steiermark für die Verwendung ihrer Sprache als Verwaltungsamtssprache Vorsorge zu treffen. Problematisch ist, daß völkerrechtlich weder die Größe des „Gebietes" noch die „beträchtliche Zahl" definiert werden.
Nimmt man die Fortgeltung des Art. 19 Abs. 2 StGG an, so ergibt sich aus Art. 10 Abs. 2 RÜK nichts Zusätzliches, weil die betreffende Sprache sowohl im traditionellen Siedlungsgebiet als auch in Gebieten, wo die Minderheit in beträchtlicher Zahl wohnt „landesüblich" ist (Eine Sprache galt in der Rspr des Reichsgerichtes als „landesüblich", wenn sie „im Lande überhaupt, also wenn auch nur in einzelnen Orten oder Bezirken desselben üblich" ist). Nimmt man die Weitergeltung des Art. 19 Abs. 2 StGG nicht an, so ist die Zulassung der Sprache der anderen Volksgruppen, die nach dem VolksgruppenG anerkannt sind, als Verwaltungsamtssprache zwar nach dem VolksgruppenG iVm AmtssprachenV möglich, doch verfassungsrechtlich nicht geboten, da sich Art. 66 Abs. 4 StV v St. Germain nur auf „angemessene Erleichterungen" vor Gerichten bezieht. Das VolksgruppenG iVm der kroatischen und slowenischen AmtssprachenV hat bisher nur Regelungen betreffend die kroatische und die slowenische Sprache getroffen; AmtssprachenV für andere Volksgruppen sind nicht ergangen (Eine AmtssprachenV für die ungarische Sprache ist aber in Vorbereitung).
Art. 10 Abs. 2 RÜK erlangt insofern Bedeutung, als nun – freilich eine sehr unbestimmte – völkerrechtliche Verpflichtung statuiert wird, die Sprache auch der anderen nach dem VolksgruppenG anerkannten Volksgruppen im Verkehr mit Verwaltungsbehörden zuzulassen. Diese Verpflichtung, die von dem Vorliegen der oben genannten (freilich sehr vage formulierten) Voraussetzungen abhängig ist, kann durch die Erlassung von AmtssprachenV gestützt auf § 2 Abs. 1 Z. 3 VolksgruppenG nachgekommen werden.
Zu Art. 10 Abs. 3 RÜK [Menschenrechtliche Mindestgarantien; keine Gerichtssprache]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 10 Abs. 3 RÜK verpflichtet die Vertragsparteien, jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht einzuräumen, in möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe ihrer Festnahme und über die Gründe der gegen sie erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden, sowie sich in dieser Sprache, erforderlichenfalls unter unentgeltlicher Beiziehung eines Dolmetschers, zu verteidigen.
Damit sollen Rechte eingeräumt werden, die inhaltsgleich mit den in Art. 5 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 3 lit a und lit e EMRK gewährleisteten menschenrechtlichen Garantien sind. Nach der Auslegungsregel des Art. 23 RÜK sind „diese Rechte" im Einklang mit den entsprechenden Bestimmungen der EMRK auszulegen; es ist also der jeweils nach der EMRK erreichte Standard ausschlaggebend.
Zu bemerken ist, daß sich die angesprochene Garantie des Art. 6 Abs. 3 lit a und lit e EMRK nur auf Strafverfahren vor Gerichten iSd EMRK bezieht und strafprozessuale Mindeststandards festlegt; und Art. 5 Abs. 2 EMRK gewisse Rechte des Festgenommenen auf Information in einer verständlichen Sprache, insb. über die Gründe einer Festnahme und über die Art der Beschuldigung, einräumt. Daraus ergibt sich, daß das RÜK keine „fördernden" Maßnahmen zur Verwendung der Minderheitensprache als Gerichtssprache trifft; es soll nur die Verwendung einer „verständlichen Sprache", die aber nicht die Minderheitensprache sein muß, gewährleistet werden.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Die Garantien des Art. 19 Abs. 2 StGG - dessen Geltung aber strittig ist - über den Gebrauch der landesüblichen Sprachen „im Amt" beziehen sich auch auf die Verwendung der Sprachen vor Gerichten. Art. 66 Abs. 4 StV v St. Germain räumt ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf angemessene Erleichterungen für den Gebrauch der Minderheitensprachen vor Gerichten ein. Für die Anwendung dieser Bestimmung vor ordentlichen Gerichten ist eine Durchführung erforderlich, da - im Gegensatz zu Art. 19 Abs. 2 StGG und Art. 7 Z. 3 StV v Wien - die Minderheitensprachen nicht „als landesübliche Sprache" bzw. „Amtssprache" für den Verkehr allgemein zugelassen wird, sondern „angemessene Erleichterungen" gewährt werden, deren Gehalt nur im Kern aufgehellt werden kann: Es muß der Gebrauch der Minderheitensprache ermöglicht werden (insb. durch Zuziehung von Dolmetschern); die Zulassung des Gebrauchs einer dritten „verständlichen" Sprache ist nicht hinreichend. Eine Durchführung ist erst durch die §§ 13 ff VolksgruppenG erfolgt, die sich auch auf das gerichtliche Verfahren beziehen; allerdings ist diese insoweit unvollständig und damit verfassungsrechtlich bedenklich, als die Amtssprachenregelungen des VolksgruppenG nur für die kroatische und slowenische Sprache anwendbar sind, nicht aber für die anderen Volksgruppensprachen; auch betreffend die kroatische und slowenische Sprache stellt sich das Problem, daß Art. 66 Abs. 4 StV v St. Germain keine Beschränkung in örtlicher Hinsicht auf bestimmte Gerichte kennt, eine solche aber durch die AmtssprachenV vorgenommen wird. D.h. die „Mindestgarantie" des Art. 66 Abs. 4 StV v St. Germain gilt für alle Minderheitensprachen, und ohne örtliche Beschränkung (also etwa auch vor den Höchstgerichten).
Die Garantien des Art. 7 Z. 3 StV v Wien beziehen sich auch auf die Verwendung der kroatischen und slowenischen Sprache vor Gerichten (vgl. zu Art. 7 Z. 3 StV v Wien im einzelnen bereits oben bei der Darstellung der innerstaatlichen Rechtslage zu Art. 10 Abs. 2 RÜK).
Die Amtssprachenbestimmungen der §§ 13 ff VolksgruppenG iVm der kroatischen und der slowenischen AmtssprachenV beziehen sich auch auf die Verwendung der slowenischen und kroatischen Sprache vor bestimmten Gerichten im Burgenland und in Kärnten (vgl. zum VolksgruppenG iVm den AmtssprachenV im einzelnen bereits oben bei der Darstellung der innerstaatlichen Rechtslage zu Art. 10 Abs. 2 RÜK); das frühere GerichtssprachenG wurde durch das VolksgruppenG in Verbindung mit der slowenischen AmtssprachenV aufgehoben.
Die Art. 5 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 3 lit a und lit e EMRK stehen in Österreich in Verfassungsrang. Diese Regelungen setzen eine „Sprachunkenntnis" der deutschen Sprache voraus und gewähren nur einen Anspruch auf „Verständigung" (allenfalls in einer dritten Sprache), und keinen Anspruch auf Gebrauch der Volksgruppensprache. Die Volksgruppensprache hat freilich zur Anwendung zu kommen, wenn nur auf diese Weise eine ausreichende Verständigung möglich ist.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Da die angesprochenen menschenrechtlichen Garantien der EMRK – als Bestandteil des österreichischen Verfassungsrechts – bereits gewährleistet sind, sind keine Erfüllungsgesetze notwendig. Die von Art. 5 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 3 lit a und lit e EMRK gewährte Garantien sind auch in den Verfahrensgesetzen (vgl. z.B. StPO und VStG) grundsätzlich durchgeführt, wiewohl verfassungsrechtliche Bedenken im Detail bestehen. Erfüllungsgesetze sind daher auch insofern nicht erforderlich.
Tatsächliche Lage
Bisher wurden von den Volksgruppensprachen durch
Verordnungen nur slowenisch und kroatisch als zusätzliche
Amtssprache zugelassen.
Slowenen in Kärnten:
Nach dem Volksgruppengesetz und der hierzu ergangenen Verordnung haben die Kärntner Slowenen das Recht auf Verwendung des Slowenischen als Amtssprache in nachstehenden Gemeinden: Neuhaus/Suha, Bleiburg/Pliberk, Feistritz ob Bleiburg/Bistrica pri Pliberku, Globasnitz/Globasnica, Sittersdorf/Žitara vas, Eisenkappel/Železna Kapla, Zell/Sele, St. Margarethen/Šmarjeta, Ferlach/Borovlje, Feistritz im Rosental/Bistrica v Rožu, St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu, Rosegg/Rožek, Ludmannsdorf/Bil?ovs und Ebental/Žrelec. Es besteht weiters die Möglichkeit der Verwendung des Slowenischen als Amtssprache auch vor den Bezirkshauptmannschaften Völkermarkt/Velikovec, Klagenfurt-Land/Celovec-dežela und Villach-Land/Beljak-dežela. Gleiches gilt für weitere Ämter z.B. Finanzamt, Landesagrarsenat, Arbeitsamt, Bezirksschulrat usw. Im Gerichtswesen besteht die Möglichkeit der Verwendung des Slowenischen als Gerichtssprache vor den Bezirksgerichten in Bleiburg/Pliberk, Eisenkappel/Železna Kapla und Ferlach/Borovlje, sowie vor dem Landesgericht Klagenfurt/Celovec, wenn es sich um Parteien aus dem Sprengel eines der genannten Bezirksgerichte handelt.
In den amtlich anerkannten erwähnten zweisprachigen Gemeinden wird das Slowenische über Antrag als Amtssprache zugelassen. Das bedeutet, daß die Volksgruppenangehörigen einen zusätzlichen Aufwand tätigen müssen, wenn sie sich ihres Rechtes auf Verwendung der slowenischen Sprache bedienen wollen. Dies hält viele von der Ausübung ihrer Rechte ab. Hinzu kommt, daß auch die Beamten und sonstigen Bediensteten nicht durchgehend der slowenischen Sprache mächtig sind, so daß auch eine psychische Barriere zu überwinden ist, wenn man sich seiner Rechte bedienen will. Von Amtswegen werden Schreiben der Gemeinden, Kundmachungen etc. nicht zweisprachig verfaßt; ebenso liegen nur vereinzelt zweisprachige Formulare auf. Abgesehen davon entbehrt die Amtssprachenregelung jeder inneren Logik. Nachbarn, in derselben Ortschaft können unterschiedlichen Regelungen unterworfen sein, nur weil die Gemeindegrenze die Ortschaft durchschneidet. Darüber hinaus hat es den Anschein, daß die Amtssprachenregelung die zweisprachigen Gemeinden mehr oder weniger willkürlich festgelegt hat.
Auf Bezirks- und Landesebene werden Anträge von Personen, welche aus einer nicht amtlich anerkannten zweisprachigen Gemeinde stammen, auf Verwendung des Slowenischen als Amtssprache abgewiesen oder sogar schon ergangene slowenischsprachige Entscheidungen der Bezirkshauptmannschaften mit dem Argument aufgehoben, die Verwendung des Slowenischen sei nicht zulässig. Als löbliche Ausnahme sei das Finanzamt erwähnt. Es ist dies auch das einzige Amt, bei welchem auf Verlangen ohne weiteres slowenischsprachige Formulare und auch Informationsbroschüren erhältlich sind. Auf Bundesebene stellt sich die Situation so dar, daß in etlichen Fällen bereits die erste Instanz der in Wien zentralisierten Behörden zur Entscheidung berufen ist; vor den Behörden in Wien sind die Volksgruppensprachen grundsätzlich nicht zugelassen; gewisse Ausnahmen bestehen für den Gebrauch der kroatischen Sprache, die vor bestimmten Verwaltungsbehörden mit Sitz in Wien zulässig ist (z.B. Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen). Im Bereich der Kammern und sonstiger öffentlich-rechtlicher Interessenvertretungen sind die Volksgruppensprachen slowenisch bzw. kroatisch nicht zugelassen. Aufgrund der herrschenden juristischen Meinung, daß der Abs. 3 des Art. 7 StV v Wien nur auf jenen Bereich, in welchem der Staat hoheitlich handelt anzuwenden ist, bleibt die Privatwirtschaftsverwaltung deutschsprachig. Diese Auffassung ist besonders problematisch, da es für einen juristischen Laien undurchschaubar ist, wann eine Behörde hoheitlich und wann sie privatwirtschaftlich handelt. Im Bereich der Gerichtssprache funktioniert die Verwendung des Slowenischen nur vor den Bezirksgerichten Bleiburg/Pliberk, Eisenkappel/Železna Kapla und Ferlach/Borovlje problemlos, da die dort in Verwendung stehenden Richter auch slowenisch beherrschen. Schwieriger ist die Verwendung des Slowenischen vor dem Landesgericht Klagenfurt/Celovec, da meist Dolmetscher eingesetzt werden müssen, was eine psychische Barriere für die Volksgruppenangehörigen aufbaut. Vor den Bezirksgerichten Völkermarkt/Velikovec, Klagenfurt/Celovec, Villach/Beljak und Hermagor/Šmohor, die zusammen für den größeren Teil des zweisprachigen Gebietes zuständig sind, ist das Slowenische als Gerichtssprache nicht zugelassen. Auch hinsichtlich der Regelung des Slowenischen als Gerichtssprache war der Gesetzgeber nicht konsequent. Ein Volksgruppenangehöriger aus der Gemeinde Gallizien/Galicija hat die Möglichkeit vor Gericht slowenisch zu sprechen, obwohl diese Gemeinde keine anerkannte zweisprachige Gemeinde ist. Bürger der Gemeinden Ludmannsdorf/Bil?ovs, Ebental/Žrelec, St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu und Rosegg/Rožek leben hingegen in amtlich anerkannten zweisprachigen Gemeinden, vor dem Bezirksgericht dürfen sie aber nicht slowenisch sprechen.
Kroaten:
Laut Verordnung zum Volksgruppengesetz 1976 haben Bürger in folgenden Gemeinden das Recht, die kroatische Sprache als Amtssprache zu verwenden: Hornstein/Vorištan, Klingenbach/Klimpuh, Oslip/Uzlop, Siegendorf/Cindrof, Steinbrunn-Zillingtal/Štikapron-Celindrof, Trausdorf/Trajštof, Wulkaprodersdorf/Vulkaprodrštof, Zagersdorf/Cogrštof, Güttenbach/Pinkovac, Neuberg im Burgenland/Nova Gora, Stinatz/Stinjaki, Antau/Otava, Baumgarten/Pajngrt, Draßburg/Rasporak, Neudorf/Novo Selo, Pama/Bijelo Selo, Parndorf/Pandrof, Frankenau-Unterpullendorf/Frakanava-Dolnja Pulja, Großwarasdorf/Veliki Borištof, Kaisersdorf/Kalištrof, Kroatisch Minihof/Mjenovo, Nikitsch/Filež, Rotenturm an der Pinka/Verešvar, Schachendorf/?ajta, Schandorf/?emba, Weiden bei Rechnitz/Bandol. Viele Ortschaften, in denen eine beträchtliche Anzahl von Kroaten lebt, wurden in die Verordnung nicht einbezogen, ebenso wenig wie die Landeshauptstadt Eisenstadt, in der ebenfalls einige hundert Kroaten leben. Vor den Bezirks- und Landesbehörden haben die Bewohner der erwähnten zweisprachigen Gemeinden das Recht, die kroatische Sprache als Amtssprache zu verwenden, ebenso wie vor Behörden und Dienststellen des Bundes mit Sitz im Burgenland. Gleiches gilt für weitere Ämter wie z.B. Finanzamt, Arbeitsamt, weiteres ergibt sich auch sinngemäß aus dem im Bereich „Slowenen in Kärnten" Festgestellten. Allerdings kann die kroatische Sprache auch vor einigen Verwaltungsbehörden mit Sitz in Wien (z.B. Finanzlandesdirektion in Wien) und vor dem Eichamt Graz in Anspruch genommen werden.
Es
spricht für sich, daß sich die Republik
Österreich erst 44 Jahre nach der Unterzeichnung des
Staatsvertrages dazu durchringen konnte, die Verordnung, durch
welche das verfassungsgesetzlich gewährleistete subjektive
Recht auf kroatische Amtssprache erst praktikabel wurde, zu
erlassen. Zuvor mußte der Verfassungsgerichtshof
aussprechen, daß dieses Recht schon aufgrund des Art. 7 StV
v Wien besteht, ohne diese höchstgerichtliche Entscheidung
gäbe es diese Verordnung möglicherweise noch immer
nicht. Insgesamt kommt es bei beiden Volksgruppensprachen sehr
oft vor, daß Ausfertigungen in slowenischer bzw.
kroatischer Amtssprache verzögert erlassen werden und
daß viele sogenannte „zweisprachige Beamte" die
Sprache der Volksgruppe zwar für den mündlichen Verkehr
ausreichend beherrschen, schriftliche Ausfertigungen werden
jedoch zur Farce. Bei den Angehörigen der Volksgruppen
entsteht der Anschein, daß die Möglichkeit des
Gebrauches der kroatischen bzw. slowenischen Amtssprache
behindert wird bzw. ein diesbezügliches öffentliches
Interesse augenscheinlich nicht besteht. Für alle anderen
Volksgruppen wurde bisher keine Amtssprachenverordnung
erlassen.
Artikel 11:
[Namensführung in der Minderheitensprache] (1) Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihren Familiennamen (Vaternamen) und ihre Vornamen in der Minderheitensprache zu führen, sowie das Recht auf amtliche Anerkennung dieser Namen, wie dies nach der Rechtsordnung der jeweiligen Vertragspartei vorgesehen ist.
[Private Aufschriften] (2) Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, für die Öffentlichkeit sichtbar Schilder, Aufschriften und Inschriften sowie andere Mitteilungen privater Art in ihrer Minderheitensprache anzubringen.
[Topographische Aufschriften] (3) In Gebieten, die traditionell von einer beträchtlichen Zahl von Angehörigen einer nationalen Minderheit bewohnt werden, bemühen sich die Vertragsparteien im Rahmen ihrer Rechtsordnung, einschließlich eventueller Übereinkünfte mit anderen Staaten, und unter Berücksichtigung ihrer besonderen Gegebenheiten, traditionelle Ortsnamen, Straßennamen und andere für die Öffentlichkeit bestimmte topographische Hinweise auch in der Minderheitensprache anzubringen, wenn dafür ausreichende Nachfrage besteht.
Rechtslage:
Zu Art. 11 Abs. 1 RÜK [Namensführung in der Minderheitensprache]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 11 Abs. 1 RÜK statuiert die Verpflichtung der Staaten, ein Recht jedes Minderheitsangehörigen zu gewährleisten, seinen Familiennamen (Vaternamen) und seinen Vornamen in der Minderheitensprache zu führen; sowie ein Recht auf amtliche Anerkennung dieser Namen – wie dies nach der Rechtsordnung der jeweiligen Vertragspartei vorgesehen ist – einzuräumen. Durch den pauschalen Hinweis auf die Bedingungen der Rechtsordnungen der Vertragsparteien erhalten die Staaten auch in diesem Fall einen großen Ermessensspielraum. So soll es nach dem ErB, Z. 68, 276, auch zulässig sein, daß die Staaten das Alphabet ihrer Amtssprache für die Schreibweise der Namen der Minderheitsangehörigen in ihrer phonetischen Version verwenden.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Das in Art. 11 Abs. 1 RÜK vorgesehene Recht auf Führung des Namens in der Minderheitensprache und auf amtliche Anerkennung dieses Namens ist im VolksgruppenG nicht garantiert; es finden sich nur Regelungen betreffend Auszüge aus Personenstandsurkunden, die als Übersetzungen in der Volksgruppensprache auf Verlangen erteilt werden müssen; sowie betreffend Urkunden in der Volksgruppensprache, die von Amtswegen zu übersetzen sind. So ordnet § 18 VolksgruppenG an, daß die öffentlichen Bücher und Personenstandsbücher in deutscher Sprache zu führen sind. § 20 trifft Regelungen über Urkunden nach dem PersonenstandsG (PStG): Nach § 20 Abs. 1 VolksgruppenG sind Urkunden in der Volksgruppensprache, auf Grund deren eine Eintragung in ein Personenstandsbuch erfolgen soll, grundsätzlich zugelassen, es muß aber vom Standesamt eine Übersetzung angefertigt werden. Nach § 20 Abs. 2 VolksgruppenG sind auf Verlangen Auszüge aus Personenstandsbüchern und sonstige Urkunden vom Standesamt als Übersetzung in die Sprache der Volksgruppe zu erteilen. § 22 VolksgruppenG trifft besondere Regelungen über Kosten und Gebühren für die Anfertigung von Übersetzungen: Abs. 1 leg cit bestimmt im wesentlichen, daß diese Kosten von Amts wegen zu tragen sind.
Nach § 48 PersonenstandsG (PStG) sind die Personenstandsbücher in deutscher Sprache unter Verwendung lateinischer Schriftzeichen zu führen (vgl. auch § 18 VolksgruppenG). Nach § 5 Abs. 3 Personenstandsverordnung (PStV) sind bei Eintragungen auf Grund von Urkunden in lateinischer Schrift die Namen buchstaben- und zeichengetreu (letzteres bezieht sich auf diakritische Zeichen, wie Punkte, Striche, Häkchen usw.) wiederzugeben, sodaß bei Eintragungen aufgrund von Urkunden in der Volksgruppensprache, die Namensschreibungen in der Minderheitensprache enthalten, grundsätzlich eine getreue Wiedergabe zu erfolgen hat; bei fremder Schrift (also auch bei Zeichen, die nicht durch lateinische Schriftzeichen mit diakritischen Zeichen darstellbar sind) hat nach § 5 Abs. 5 PStV eine Transliteration zu erfolgen. Wie oben gezeigt, genügt nach Art. 10 Abs. 2 RÜK auch die „Verwendung des Alphabets der Vertragspartei".
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Probleme ergeben sich deswegen, weil es sein kann, daß bereits eingetragene Namen, die in den Personenstandsbüchern geführt werden, nicht der Schreibweise in der Minderheitensprache entsprechen (weil z.B. früher eine Transliteration in größerem Ausmaß vorgenommen wurde, als dies nach der beschriebenen geltenden Rechtslage vorzunehmen ist) oder, daß in den Urkunden auf Grund deren eingetragen wird, der Name nicht mehr in der Minderheitensprache aufscheint. In solchen Fällen käme nur ein Antrag auf Namensänderung (§ 1 Namensänderungsgesetz [im folgenden: NÄG]) in Frage: Allerdings berücksichtigt das NÄG Fragen im Zusammenhang mit Namen in der Minderheitensprache nicht ausdrücklich, sodaß der Antrag nur auf § 2 Abs. 1 Z. 11 NÄG (arg: „aus sonstigen Gründen") gestützt werden könnte; eine solche Namensänderung ist aber – im Gegensatz zu Namensänderungen aus anderen Gründen (vgl. § 2 Abs. 1 Z. 1- Z. 10 NÄG) gebührenpflichtig (§ 6 NÄG). Zur Durchführung des Art. 11 Abs. 1 RÜK ist daher eine Änderung des NÄG zu erwägen, die eine Änderung von Namen in die der Minderheitensprache entsprechende Schreibweise ausdrücklich zuläßt (d.h. als einen „Grund" iSd § 2 Abs. 1 NÄG statuiert); eine solche wäre nach § 6 NÄG von Verwaltungsabgaben und Gebühren des Bundes zu befreien, was – im Vergleich mit den anderen gebührenbefreiten Namensänderungen – sachlich geboten erscheint. Eine andere Möglichkeit wäre es, eine dem Art. 11 Abs. 1 RÜK entsprechende Regelung in das VolksgruppenG aufzunehmen, was – unter dem Gesichtspunkt, die Regelungen für Volksgruppenangehörige möglichst im bestehenden VolksgruppenG zusammenzufassen und nicht einer weiteren Zersplitterung Vorschub zu leisten – rechtspolitisch zu bevorzugen wäre; zumal – wie gezeigt – § 20 VolksgruppenG bereits Regelungen betreffend Personenstandssachen für Volksgruppenangehörige trifft. Zu überlegen wäre schließlich auch eine Regelung als verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht; geboten ist dies durch Art. 11 Abs. 1 RÜK freilich nicht, weil die völkerrechtliche Verpflichtung darauf abzielt, ein „Recht" einzuräumen, aber nichts über den Rang dieses Rechtes in der innerstaatlichen Rechtsordnung anordnet.
Zu Art. 11 Abs. 2 RÜK [Private Aufschriften]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Nach Art. 11 Abs. 2 RÜK haben die Vertragsparteien, das Recht der Minderheitsangehörigen anzuerkennen, private Aufschriften (d.h. insb. Schilder, Aufschriften, Inschriften sowie andere Mitteilungen) für die Öffentlichkeit sichtbar, in ihrer Sprache anzubringen. Der Ausdruck „privater Art" bezieht sich nach dem ErB, Z. 69, 276 auf alles, das keinen öffentlichen Charakter hat. Das in Art. 11 Abs. 2 RÜK eingeräumte Recht auf private Aufschriften ist zu unterscheiden von dem in Art. 11 Abs. 3 RÜK eingeräumten Recht auf topographische Aufschriften in der Minderheitensprache.
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Das Recht private Aufschriften in der eigenen Sprache zu verfassen ist, falls es sich um Mitteilungen von „Meinungen" handelt, durch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 10 EMRK garantiert: Es fallen grundsätzlich alle denkbaren Kommunikationsformen unter den Schutz der Äußerungsfreiheit. Eine spezielle Bestimmung schafft Art. 66 Abs. 3 StV v St. Germain, der bestimmt, daß keinem österreichischen Staatsangehörigen im freien Gebrauch irgend einer Sprache - unter anderem - in irgendeiner Art von Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen, Beschränkungen auferlegt werden: Darunter fällt auch der Gebrauch der Minderheitensprache auf privaten Aufschriften. Der Schutzbereich des Art. 19 Abs. 2 StGG - dessen Geltung aber strittig ist - wurde in der Rspr des Reichsgerichts auf private Ankündigungen (z.B. „Steck- und Hängeschilder") bezogen. Art. 7 Z. 3 zweiter Satz StV v Wien und die Ausführungsbestimmungen des VolksgruppenG (vgl. insb. §§ 2 Abs. 1 Z. 2 und 12 VolksgruppenG) beziehen sich allerdings allein auf die zweisprachige, öffentliche Topographie (siehe dazu näher unten die Ausführungen zu Art. 11 Abs. 3 RÜK).
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Erfüllungsgesetze sind für die Verwendung der Minderheitensprache auf privaten Aufschriften nicht erforderlich.
Zu Art. 11 Abs. 3 RÜK [Topographische Aufschriften]:
a) Rechtslage nach RÜK:
Art. 11 Abs. 3 RÜK schafft eine sehr unbestimmte Verpflichtung der Vertragsparteien (arg: „bemühen sich", „im Rahmen ihrer Rechtsordnung", „unter Berücksichtigung ihrer Gegebenheiten", „wenn dafür ausreichende Nachfrage besteht") topographische Hinweise (d.h. nach dem ErB. Z.70, 276 z.B. traditionelle Ortsnamen, Straßennamen und andere für die Öffentlichkeit bestimmte topographische Hinweise) auch in der Minderheitensprache anzubringen; ein subjektives Recht des einzelnen oder der Minderheit als Gruppe auf die Anbringung einer zweisprachigen Topographie wird nicht eingeräumt. In örtlicher Hinsicht erfolgt eine Einschränkung auf historische Siedlungsgebiete (arg: „traditionell"), die (noch immer) von einer „beträchtlichen Zahl von Angehörigen einer nationalen Minderheit" bewohnt werden. Die Einschränkung ist also enger als jene betreffend die Verwaltungsamtssprache nach Art. 10 Abs. 2 RÜK (diese wird nämlich in Gebieten, die traditionell „oder" in beträchtlicher Zahl von Minderheitsangehörigen bewohnt werden, eingeräumt, siehe näher die Ausführungen zu Art. 10 Abs. 2 RÜK bereits oben).
b) Innerstaatliche Rechtslage:
Ausdrückliche Regelungen zur zweisprachigen Topographie finden sich auf verfassungsrechtlicher Ebene in Art. 7 Z. 3 zweiter Satz StV v Wien. Art. 7 Z. 3 zweiter Satz StV v Wien bestimmt im einzelnen, daß in solchen Bezirken (d.h. „in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlands und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung" nach dem ersten Satz des Art. 7 Z. 3 StV v Wien) Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfaßt" werden. Art. 7 Z. 3 zweiter Satz StV v Wien steht insofern mit der Amtssprachenregelung des Art. 7 Z. 3 erster Satz StV v Wien in Zusammenhang als sie grundsätzlich den gleichen örtlichen Anwendungsbereich hat (arg: „in solchen Bezirken"). Die zweisprachige Topographie hat insb. den Zweck der „Signalwirkung", indem sie auf das Siedlungsgebiet der Minderheitsangehörigen aufmerksam macht (vgl. auch VfSlg 12.836/1991, wo ausgeführt wird, daß die topographischen Aufschriften nach dem „Sinn und Zweck" der Norm nicht einzelnen Minderheitsangehörigen Erleichterung bringen, sondern der Allgemeinheit Kenntnis geben sollen, daß in einem bestimmten Gebiet eine „ins Auge springende" - verhältnismäßig größere Zahl - von Minderheitsangehörigen lebt; kritisch zu VfSlg 12.836/1991 ist anzumerken, daß Art. 7 Z. 3 StV v Wien kein Erfordernis einer „verhältnismäßig beträchtlichen Zahl" aufstellt, sondern auf jene Bezirke abstellt, in denen die slowenische oder kroatische Sprache als zusätzliche Amtssprache zugelassen sind). Problematisch dabei ist, daß Art. 7 Z. 3 zweiter Satz StV v Wien von der Volksgruppe als solcher, auf die er insb. abstellt, nicht durchgesetzt werden kann; diese Bestimmung räumt keine subjektiven Rechte des einzelnen Volksgruppenangehörigen ein (vgl. auch VfSlg 10.209/19984: kein subjektives Recht auf zweisprachige Ortstafeln).
Der Versuch einer Durchführung des Art. 7 StV v Wien im sog. OrtstafelG, BGBl. 1972/270, das auf die Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln in bestimmten Ortschaften Kärntens gerichtet war, scheiterte; die aufgestellten Ortstafeln wurden im sog. „Ortstafelsturm" beseitigt und nicht wieder aufgestellt; das Gesetz konnte nicht vollzogen werden. Das OrtstafelG wurde durch § 24 Abs. 3 VolksgruppenG mit 1. Feber 1977 (§ 24 Abs. 1 VolksgruppenG), dem Tag des Inkrafttretens des VolksgruppenG, formell aufgehoben. Nunmehr gelten betreffend die zweisprachige Topographie die Regelungen des VolksgruppenG und die dazu ergangenen DurchführungsV. § 12 VolksgruppenG bestimmt, daß im Bereich der nach § 2 Abs. 1 Z. 2 VolksgruppenG bezeichneten Gebietsteile Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskörperschaften oder von sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts angebracht werden, in deutscher Sprache und in der Sprache von in Betracht kommenden Volksgruppen zu verfassen sind; weiters wird bestimmt, daß diese Verpflichtung nicht für die Bezeichnung von Örtlichkeiten gilt, die außerhalb des Bereiches solcher Gebietsteile liegen.
Die Anwendbarkeit des § 12 VolksgruppenG ist von der Erlassung einer DurchführungsV nach § 2 Abs. 1 Z. 2 VolksgruppenG (im folgenden: TopographieV) abhängig. In dieser ist nämlich erst der örtliche Anwendungsbereich des § 12 VolksgruppenG festzulegen. So bestimmt die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 1 Z. 2 VolksgruppenG, daß durch Verordnung der Bundesregierung (im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrats und nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung) „die Gebietsteile, in denen wegen der verhältnismäßige beträchtlichen Zahl (ein Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind", festzulegen sind. In der Verordnung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 VolksgruppenG sind außerdem nach § 12 Abs. 2 VolksgruppenG auch die „Örtlichkeiten, die für eine zweisprachige Bezeichnung in Betracht kommen" und die „topographischen Bezeichnungen in der Sprache der in Betracht kommenden Volksgruppen" zu bestimmen. Daraus ersieht man, daß wesentliche Fragen nicht vom Gesetzgeber geregelt, sondern an den Verordnungsgeber delegiert wurden. Bisher sind aufgrund der dargestellten Verordnungsermächtigung erst eine Verordnung der Bundesregierung zur Bestimmung der „Gebietsteile", in denen topographische Bezeichnungen in deutscher und slowenischer Sprache anzubringen sind, BGBl. 1977/306 (im folgenden: slowenische TopographieV) und eine eigene Verordnung der Bundesregierung, mit der die slowenischen Bezeichnungen für Ortschaften festgesetzt werden, BGBl. 1977/308 (im folgenden; slowenische OrtsnamenV) erlassen worden. Damit ist § 12 VolksgruppenG nur für topographische Bezeichnungen in slowenischer Sprache anwendbar; für die anderen Volksgruppensprachen sind keine V erlassen worden. Die Ausführungsregelung ist insb. im Hinblick auf Art. 7 Z. 3 zweiter Satz StV v Wien verfassungsrechtlich bedenklich (arg: § 2 Abs. 1 Z. 2 VolksgruppenG stellt auf Gebietsteile mit einer verhältnismäßig beträchtlichen Zahl ab, Art. 7 Z. 3 StV v Wien stellt hingegen auf Verwaltungs- und Gerichtsbezirke, in denen die kroatische oder slowenische Sprache als zusätzliche Amtssprachen zugelassen sind, ab und kennt überdies kein Erfordernis einer „verhältnismäßig beträchtlichen Zahl"); für die Kroaten im Burgenland ist seit 1955 keine Ausführung erfolgt. Für die anderen Volksgruppensprachen bestehen keine ausdrücklichen Regelungen; eine gewisse Berücksichtigung findet sich in Art. 19 Abs. 2 StGG (arg: „öffentliches Leben"), dessen Geltung aber strittig ist.
c) Erfordernis von Erfüllungsgesetzen:
Eine Umsetzung ist für die Kroaten im Burgenland erforderlich; problematisch ist aber, daß Art. 11 Abs. 3 RÜK - wie gezeigt - eine sehr unbestimmte völkerrechtliche Verpflichtung schafft, insb. die Voraussetzung der „beträchtlichen Zahl" nicht näher festlegt.
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