Weltkonferenz
gegen Rassismus, Durban (31.8.-7.9.01)
Als "Unberührbare"
am Rand der indischen Gesellschaft - 160 Millionen Dalits wehren sich gegen
Diskriminierung durch das Kastensystem! |
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Bozen/Göttingen/Durban,
6.9.2001
Die
Repräsentanten der über 160 Millionen Dalits in Indien wollen
sich mit den vagen Formulierungen gegen rassistische Diskriminierung im
Entwurf der Abschlusserklärung der Weltkonferenz gegen Rassismus in
Durban nicht zufrieden geben. Nach Informationen der Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) fordern sie von den Konferenzteilnehmern, dass
sie wie die Volksgruppe der Sinti und Roma in der Erklärung ausdrücklich
erwähnt werden und die vom Kastensystem der Hindu-Religion ausgehende
Diskrimierung der Dalits verurteilt wird. Diese so genannten "Unberührbaren",
deren Herkunft von den indischen Ureinwohnern, den Adivasi, abgeleitet
wird, stehen auf der untersten Stufe des indischen Kastensystems. Der Vertreter
der indischen Regierung in Durban, der Staatssekretär für Auswärtiges,
Omar Abdullah, hat die Forderung der Dalits bereits mit der Begründung
zurückgewiesen, die Diskriminierung durch das Kastensystem sei kein
Thema für die Weltkonferenz. Laut Verfassung und gemäß
mehrerer Gesetze sei eine Ungleichbehandlung der Dalits von Seiten des
Staates, seiner Behörden und Institutionen untersagt.
Doch die alltägliche
Diskriminierung der Dalits ließe sich leicht belegen, erklärte
der GfbV-Experte für indigene Völker (Ureinwohner), Theodor Rathgeber,
am Donnerstag in Göttingen. So stammten über 80% der in Leibeigenschaft
gehaltenen Zwangsarbeiter aus Dalit-Familien. In Indien gibt es Schätzungen
zufolge noch heute rund drei Millionen Menschen, die in Schuldknechtschaft
leben. "Gesetze gegen Diskriminierung von
Angehörigen bestimmter Kasten werden von Behörden nicht selten
auch einfach ignoriert", kritisierte er. So
hätten zwölf von 29 Bundesstaaten ein 1993 erlassenes Gesetz
nicht übernommen, demzufolge es verboten ist, Dalits nur aufgrund
ihrer Kastenzugehörigkeit zum Straßenfegen und Latrinenputzen
heranzuziehen. Sie stellen den weitaus größten Anteil dieser
einfachen Arbeiter: 800.000 Dalits wurden nach Angaben der indischen Regierung
unter anderem von staatlichen Behörden als Straßenfeger angestellt.
Auffällig sei auch,
dass die von der Verfassung vorgesehenen Quoten der Dalits für Ausbildungs-
und Arbeitsplätze sowie Parlamentssitze nicht erfüllt werden.
Für sie seien gemäß ihrem Bevölkerungsanteil 22,5%
dieser Plätze reserviert. Doch über die Hälfte der Plätze
blieben nach Angaben der Staatlichen Kommission für registrierte Kasten
und Stämme (scheduled Castes and scheduled tribes) unbesetzt. Im Bereich
des öffentlichen Dienstes sind es sogar 80% und bei den Arbeitsplätzen
in den Staatsbanken 45%. 70% der höheren Beamten dagegen sind Angehörige
der höchsten Kaste, der Brahmanen. Sie stellen nur fünf Prozent
der Gesamtbevölkerung.
Siehe
auch: