Offener
Brief an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
50.000
Tote in Tschetschenien:
Qualifikation
Putins für eine Rede vor dem Bundestag? |
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Bozen, Göttingen,
Berlin, 13.9.2001
Sehr
geehrter Herr Präsident,
aus sicherer Quelle erreichte
uns heute die makabere Nachricht, dass der russische Präsident Wladimir
Putin Ende September vor dem Bundestag eine Rede halten wird. Wir sind
entsetzt und fordern Sie dringend dazu auf, dies nicht zuzulassen.
Die
amtierende deutsche Bundesregierung hat mit Vehemenz die Intervention im
Kosovo für die von Slobodan Milosevic blutig unterdrückte albanische
Mehrheitsbevölkerung vertreten. Nach den Worten von Bundesverteidigungminister
Rudolf Scharping sollten Deportation, Selektion und Genozid verhindert
werden. Etwa 10.000 bis 15.000 Albaner fielen den serbischen Truppen zum
Opfer. In Tschetschenien sind drei- bis fünfmal so viele Menschen
vernichtet worden.
Die meisten Russlandexperten
bestätigen, dass der amtierende russische Präsident einen neuen
Tschetschenienkrieg initiierte, um die Wahlen für sich zu entscheiden.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat eine viel beachtete
Dokumentation vorgelegt, der zufolge bis zu 50.000 Tschetschenen, überwiegend
Zivilisten, absichtlich und planmäßig vernichtet wurden u.a.
durch Exekutieren von Einzelpersonen, Massaker, die ständige Beschießung
von Flüchtlingskonvois sowie durch die Bombardements von Städten
und Dörfern, Krankenhäusern, Schulen, Moscheen und Marktplätzen.
Tschetscheniens Hauptstadt Grosny wurde gnadenlos in Schutt und Asche gelegt.
Tausende ihrer Einwohner kamen ums Leben. Bei den Massenvertreibungen starben
ungezählte Säuglinge, Kleinkinder, Kranke, Behinderte und Alte.
Außenminister Joschka
Fischer hatte noch 1995 während des ersten Tschetschenienkrieges der
Regierung Kohl/Kinkel vorgeworfen, durch ihr Schweigen für den damaligen
Genozid Mitverantwortung zu tragen. Die Regierung Schröder/Fischer
kollaborierte aber während des neuen Genozids offen mit den Tätern.
Sie entsandte im Frühjahr 2000 eine Delegation des Bundesnachrichtendienstes
in das völlig zerstörte Grosny, um mit dem russischen Geheimdienst
über "Terrorismusbekämpfung" zu reden. Scharping vereinbarte
in Moskau am Tage des angeblichen Kriegsendes, am 29.2.2000, 33 gemeinsame
militärische Projekte zwischen Bundeswehr und der russischen Armee.
Sehr geehrter Herr Thierse,
der furchtbare Krieg in Tschetschenien ist nicht zu Ende. Noch immer werden
tschetschenische Zivilisten gefoltert, vergewaltigt und ermordet. Wenn
Sie Putin vor der demokratisch gewählten Vertretung des deutschen
Volkes sprechen lassen, belohnen Sie vor den Augen der Weltöffentlichkeit
einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher, der vor ein internationales
Tribunal gehört.
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auch: