OFFENER
BRIEF
An den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Gerhard Schröder An die Ministerpräsidenten der Bundesländer Brandenburg und Sachsen, Manfred Stolpe und Kurt Biedenkopf
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Die Bundesrepublik Deutschland
begründet immer öfters ihr außenpolitisches Engagement
mit der Frage der Verwirklichung der Menschenrechte. Daran kann aber gezweifelt
werden. Die rot-grüne Bundesregierung schwieg, als Kosovo-Albaner
Roma und Serben vertrieben; das Taliban-Regime den Bürgerkrieg verschärfte;
Russland Tschetschenien in die Steinzeit zurückbombte. Die Außenpolitik
rückt immer stärker von menschenrechtspolitischen Engagement
ab. Das gilt aber auch für die deutsche Innenpolitik, für die
Minderheitenpolitik.
Als Menschenrechtsorganisation
auch für Minderheiten beobachten wir mit Sorge die wachsende Zurückdrängung
und Missachtung der kulturellen Rechte der alteingesessenen nationalen
Minderheiten der Sorben in Deutschland seit der deutschen Vereinigung.
Das west-slawische Volk der Sorben lebt seit dem 6. Jahrhundert im Gebiet des Lausitz in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Brandenburg. 60.000 Bundesbürger fühlen sich als Sorben, von ihnen spricht nur die Hälfte noch die sorbische Sprache. Eine Studie der Europäischen Kommission zählt das Sorbische zu den vom „Aussterben“ bedrohten Sprachen Europas (www.gfbv.it/3dossier/vielfalt-dt.html).
Keine zehn Jahre nach der
deutschen Vereinigung hat die deutsche Bundesregierung – bereits 1998 unter
Bundeskanzler Helmut Kohl – mit der Demontage der Maßnahmen zum Schutz
der sorbischen Sprache und Kultur begonnen. Statt verstärkte Anstrengungen
zur Rettung des Sorbischen zu unternehmen, hat die Bundesregierung damit
begonnen, ihren Zuschuß für die vor zehn Jahren gegründete
„Stiftung für das sorbische Volk“ zu halben. Da die Stiftung die Mehrzahl
der Einrichtungen der sorbischen Minderheit im Bereich der Bildung und
Kultur unterhält, sind sorbische Schulen, Kindergärten, Medien,
usw. in der Existenz bedroht.
Die rot-grüne Bundesregierung
hält an diesem Kurs fest. Von einst 41 Millionen DM für die Stiftung
stehen gerade noch ein Dutzend Millionen DM zur Verfügung. Der Trend
weist weiter nach unten, trotz gegenteiliger Ankündigungen von Bundeskanzler
Gerhard Schröder.
Anläßlich des heutigen zehnten Jahrestages fordern wir, die Südtiroler Sektion der Gesellschaft für bedrohte Völker-international, die Bundesregierung auf, die Mittel der Stiftung für das sorbische Volk wieder aufzustocken. Mit dem eingeschlagenen Sparkurs werden die sorbischen Einrichtungen unters Existenzminimum gedrückt. Diese Politik ist angetan, der sorbischen Minderheit die Zukunftsperspektive zu nehmen.
Dies gilt auch für die Schulpolitik der sächsischen Landesregierung, die sich weigert, an der sorbischen Mittelschule Chroscicy/Crostwitz (Kreis Kamenz) eine 5. Klasse einzurichten. Dies kann nur als Auftakt für ein staatlich gefördertes schleichendes Sterben einer Minderheitensprache bezeichnet werden. Diese bewusste Zerstörung einer intakten sorbischsprachigen Einrichtung ist ein unerhörtes Beispiel dafür, wie sehr alteingesessene Minderheiten in Deutschland vom paternalistischen Wohlwollen der Regierung abhängig sind. Das Sparen wird zum Vorwand genommen, das langsame Verschwinden des sorbischen Sprache zu beschleunigen. Dies geschieht zudem noch im Europäischen Jahr der Sprachen.
Anläßlich des
Europäisches Jahres der Sprachen appelliert die GfbV-Südtirol
an die deutsche Bundesregierung, die Sprachenvielfalt finanziell zu fördern.
Auch wenn die Schulpolitik nicht Bundesangelegenheit ist, sollte die Förderung
der minderheitlichen Sprachgruppen ein Staats- und Verfassungsziel sein.
Das Bundesland Brandenburg
führt zudem die fragwürdige Energiepolitik der stalinistischen
DDR vor. Zahlreiche sorbische Dörfer wurden in der DDR-Ära rücksichtslos
weggebaggert, die Einwohner wurden zwangsumgesiedelt.
Mit einem Sondergesetzt
aus dem Jahr 1997 setzt Brandenburg die Zerstörung der sorbischen
Region fort. Dieses Gesetz erlaubt, auch sorbische Dörfer abzureißen,
die dem Bagger im Braunkohletagebau Jänschwalde im Wege stehen.
Die GfbV-Südtirol fordert die deutsche Bundesregierung auf:
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