Offener
Brief an alle Politiker der Region, an die Militärbehörden
4. November
Gedenken wir
der zivilen Opfer der Krieger, nicht nur der Militärs, die die Kriege
gemacht haben! |
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Bozen, 3.11.2001
Jedes
Jahr das gleiche, unwürdige Schauspiel: Die Gedenkfeiern für
die Kriegsgefallenen. Dass sie den deutschen und italienischen Gefallenen
gelten und nicht nur den einen oder den anderen, ist sicher ein Fortschritt
gegenüber der Vergangenheit, wo man nur der Gefallenen der eigenen
Volksgruppe gedachte. Wir befinden uns aber immer noch auf der Ebene einer
ideologischen und damit ungerechten Sichtweise der Geschichte; die Gedenkfeiern
werden immer noch in einer Art und Weise abgehalten, die vom Militarismus
alter Prägung stammt.
Es wird nämlich nur
der Gefallenen der Kriege gedacht. Also nur der Militärs, die in den
Kriegen ihr Leben verloren haben. Von den anderen Opfern ist nicht die
Rede. Man muss aber der zivilen Opfer der Kriege gedenken. Man muss der
Flüchtlinge der Kriege gedenken, der tausenden von Menschen, die aus
ihren von den barbarischen Militäraktionen zerstörten Häusern
und Dörfern fliehen mußten (der Militärs wird gedacht,
der Flüchtlinge nicht). Man muss auch der Opfer des Nationalsozialismus
in Südtirol gedenken, der Deportieren (Juden und Nicht-Juden) – niemand
will in diesem Land in einer offiziellen Feier dieser Opfer gedenken. Angebracht
wäre es übrigens auch, der Disserteure zu gedenken – jener, dies
es abgelehnt haben zu morden, nur weil die politische Logik andere Menschen
als „Feinde“ hingestellt hatte. Hätte es mehr Disserteure gegeben,
so hätte man heute weniger Gefallene zu beklagen! Die Politik täte
im übrigen auch gut daran, die Fehler der Politik in Erinnerung zu
rufen, denn es war die Politik, die die Kriege erklärt hat!
Wir fordern die Politiker
der Region sowie die Militärbehörden auf, der Opfer der Kriege
auf andere Weise zu gedenken – es dürfen nicht nur die „Gefallenen“
sein, sondern es müssen alle Opfer der Kriege sein, derer wir gedenken,
damit endlich diese Schande aus der Welt geschafft wird, die zu den unschuldigen
und wehrlosen Opfern der Kriege schweigt. Wir erinnern daran, dass
auch dieser Logik heraus wieder neue Kriege gemacht werden und Verbrechen
gegen die Menschlichkeit übersehen werden.
Siehe
auch: