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Brief an Staatspräsidenten On. Carlo Azeglio Ciampi
Bitte helfen Sie den Opfern des Terrors weltweit!
E-Mail: E-Mailpresidenza.repubblica@quirinale.it
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 5.11.2001


Sehr geehrter Herr Staatspräsident,

mit  Entsetzen und Trauer haben wir auf die brutalen Terroranschläge in New York und Washington D.C. reagiert. Die USA brauchen unsere Solidarität, was jedoch nicht heißt, dass man alle außenpolitischen Aktivitäten der USA von vornherein billigt, was vor allem nicht heißt, dass man über die Fehler dieser Politik in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart, schweigt – und was vor allem nicht heißt, dass man die Ungerechtigkeiten der Weltwirtschaft widerspruchslos hinnimmt.

Es war oft die Rede von einem "Angriff auf die zivilisierte Welt". Der Westen muss aber erst belegen, dass er zur zivilisierten Welt gehört. Die Antwort auf Terrorismus kann nicht Terrorismus sein; Gewalt ist keine angemessene Antwort auf die Gewalt. Jede Antwort, die zivile Opfer zur Folge hat, verliert ihre Rechtfertigung. Terrorismus kann nicht stillschweigend hingenommen werden, wenn der Westen einen kommerziellen oder politischen Nutzen davon hat. Es kann nicht sein, dass die russische Regierung ihren Völkermord in Tschetschenien jetzt als Teil der "Anti-Terror-Koalition" mit westlicher Unterstützung fortsetzt. Es kann nicht sein, dass die chinesische Regierung ihre blutige Unterdrückung der muslimischen Uiguren in der Provinz Xinjiang nun mit Billigung des Westens fortsetzt. Wir erinnern daran, dass Diktaturen wie in Irak, Iran und Sudan, die ebenfalls schwere Verbrechen begangen haben, von westlichen Regierungen mit Waffen hochgerüstet wurden; wir erinnern daran, dass Italien Waffen an die Kriegsparteien im Bosnienkrieg geliefert hat, dass das serbische Regime von Italien technologische Unterstützung erhalten hat.

Aus diesem Grund fordern wir Sie dazu auf, die Durchsetzung der Menschenrechte zum festen Bestandteil der Bekämpfung von Terrorismus zu machen, wie wir Sie auch auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die Ungerechtigkeiten der Weltwirtschaft beseitigt werden und nicht ganze Erdteile in einem parakolonialen Zustand der Ausbeutung gehalten werden. Solange der Westen diese Ungerechtigkeiten trägt und zur täglichen Gewalt gegen ganze Völker schweigt, hat er keine Berechtigung, sich als "zivilisiert" zu bezeichnen.

Mit freundlichen Grüßen
Gesellschaft für bedrohte Völker


Siehe auch:
Linkwww.gfbv.it/2c-stampa/01-2/010731de.htmLinkwww.gfbv.it/2c-stampa/01-3/010913de.html
Linkwww.gfbv.it/3dossier/asia/afghan/terror-de.html
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