Gewissensgefangene stürzen
aus chinesischen Polizeifahrzeugen
VW-Kindersicherung
an Hu Jintao übersandt |
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Bozen, Berlin,
Göttingen, 8.11.2001
Besorgt
über die wachsende Zahl von Todesfällen von Falun Gong-Anhängern
in Polizeigewahrsam hat die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) dem chinesischen Vizepräsidenten Hu Jintao zum Auftakt seines
Deutschlandbesuches am Donnerstag eine Kindersicherung von Volkswagen übersandt.
Mit diesem symbolischen Gastgeschenk protestierte die Menschenrechtsorganisation
dagegen, dass immer mehr Gewissensgefangene aus chinesischen Streifenwagen
stürzen und dabei ums Leben kommen. Die Volkswagen-Gruppe in China
gehört zu den wichtigsten Ausrüstern der chinesischen Polizei.
Mehr als 40 Prozent aller
Falun Gong-Anhänger, die seit Juli 1999 in Polizeigewahrsam zu Tode
kamen, sind nach offiziellen Angaben aus Streifenwagen "gefallen" oder
haben durch einen Sprung von mehrstöckigen Gebäuden Selbstmord
begangen, berichtete die GfbV. Seit Beginn der Repression vor zwei Jahren
seien mehr als 170 Falun Gong-Praktizierende ums Leben gekommen. Die meisten
Todesfälle seien in den letzten acht Monaten registriert worden. Zuletzt
sei die 25 Jahre alte Studentin Li Jing am 11. Oktober 2001 auf dem Transport
zu einer Polizeistation in Changchun (Provinz Jilin) umgekommen. "Angesichts
der strengen Überwachung der Verhafteten können wir der Behauptung
der chinesischen Behörden, die Falun Gong-Anhänger hätten
den Freitod gesucht, keinen Glauben schenken," erklärte der Asienreferent
der GfbV, Ulrich Delius. "In keinem Land der Welt kommen zur Zeit so viele
Gewissensgefangene im Polizeigewahrsam ums Leben wie in China. Die jüngsten
Appelle von Bundeskanzler Gerhard Schröder für mehr Rechtsstaatlichkeit
gehen ins Leere, wenn chinesische Sicherheitskräfte politische Gefangene
in den Tod treiben."
In einem Schreiben an Hu
Jintao kritisierte die GfbV auch die Zunahme schwerer Menschenrechtsverletzungen
in Tibet. Mehr als 8.500 buddhistische Nonnen und Mönche seien seit
Juni 2001 aus dem Buddhistischen Institut Serthar vertrieben worden. Bei
einem Besuch in Tibet habe der Vizepräsident im Juli 2001 zu verstärkten
Anstrengungen im Kampf gegen "Separatisten" und das religiöse und
weltliche Oberhaupt der Tibeter, den Dalai Lama, aufgerufen. Inzwischen
seien nahezu alle buddhistischen Klöster gleichgeschaltet worden.
Die Nonnen und Mönche hätten sich im Rahmen einer Umerziehungskampagne
schriftlich vom Dalai Lama distanzieren müssen. Hunderte politische
Gefangene würden in Tibet noch immer festgehalten. Folter sei in den
Gefängnissen an der Tagesordnung.
Hu Jintao stehe bislang nicht
für eine Politik der Menschenrechte, erklärte die GfbV. Als Sekretär
der Kommunistischen Partei in Tibet 1988-1992 sei er für die
Verhängung des Kriegsrechts in der tibetischen Hauptstadt Lhasa am
8. März 1989 mitverantwortlich gewesen. Zum 30. Jahrestag des Volksaufstandes
in Tibet sei es damals zu schweren Unruhen gekommen, die unter Ausschluss
der Weltöffentlichkeit brutal niedergeschlagen worden seien. Wahllos
hätten Soldaten in die Menge der Demonstranten geschossen. Mindestens
150 Tibeter seien im Kugelhagel gestorben.
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auch: