Diskriminierung
christlicher Minderheiten in der Türkei
beenden! |
|
|
Bozen, Göttingen,
21.12.2001
Drei
Tage vor Weihnachten hat die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) die türkische Regierung dazu aufgefordert, die Diskriminierung
der christlichen Minderheiten in der Türkei zu beenden. "Es ist gut
und richtig, dass die muslimischen Gläubigen aus der Türkei in
Deutschland inzwischen 1.100 Moscheen errichten durften. Aber es ist unerträglich,
dass der EU-Anwärter Türkei den alteingesessenen christlichen
Gemeinschaften den Bau neuer Kirchen untersagt, die Wiedereröffnung
der seit 30 Jahren geschlossenen christlichen Hochschulen verbietet und
der kleinen syrisch-orthodoxen Gemeinde in ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet,
dem Tur Abdin im Südosten des Landes, den Unterricht in ihrer Sprache
nicht erlaubt", erklärte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch
am Freitag in Göttingen. Dort lebten noch etwa 2.500 syrisch-orthodoxe
Christen. Sie sprechen Aramäisch, die Sprache Jesu. Die GfbV werde
die großen Organisationen der türkischen Mitbürger in Deutschland
im Februar zu einem runden Tisch mit Sprechern christlicher Minderheiten
der Türkei bitten, um gemeinsam bei der türkischen Regierung
das selbstverständliche Recht auf religiöse Freiheit auch für
Christen einzufordern.
Die Türkei behandele
die christlichen Minderheiten als Bürger zweiter Klasse, kritisierte
Zülch. Sie dürften weder Theologen im Lande ausbilden noch solche
aus dem Ausland holen. Während jährlich in der Türkei rund
1.500 Moscheen neu gebaut werden, dürften christliche Gemeinden weder
neue Gemeindehäuser noch neue Kirchen errichten. Selbst ungenutzte
christliche Kirchen dürften neu gegründeten Gemeinden nicht überlassen
werden. Nach wie vor würden wertvolle Immobilien der christlichen
Gemeinschaften enteignet und auch bereits in den vergangenen Jahrzehnten
konfisziertes Eigentum werde nicht zurückerstattet. So seien auf den
beiden noch in den 70-er Jahren nur von Griechisch-Orthodoxen bewohnten
türkischen Ägäis-Inseln Imbros und Tenedos 7600 von 8.000
bzw. 5.200 von 5.300 Einwohnern während der Zypernkrise vertrieben
worden. Dabei seien Christen von türkischen Sicherheitskräften
vergewaltigt und ermordet und Kirchen geschändet worden. Bis heute
weigerten sich die türkischen Behörden, den rückkehrwilligen
Vertriebenen ihre Häuser und ihr Land zurückzugeben. Damals waren
95 Prozent des Ackerlandes enteignet worden.
Der Anteil der Christen in
der Türkei ist seit der Vernichtung von 1,5 Millionen Armeniern und
mehreren hunderttausend aramäisch-sprachigen Assyrern sowie der Massenvertreibung
von 1,5 Millionen Griechisch-Orthodoxen 1915-1918 von etwa 25 Prozent der
Bevölkerung auf heute nur noch 0,2 Prozent oder rund 200.000 Gläubige
zurückgegangen.
Siehe
auch: