Tschetschenien
Russische
Delegation verhindert Stellungnahme von Menschenrechtlerin zu Tschetschenien
vor Europarat |
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Bozen, Bern,
Göttingen, 22.1.2002
Unabhängige Stellungnahmen
und Berichte über die Menschenrechtssituation in Tschetschenien wird
es nach Informationen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
vor dem Europarat in Straßburg am Mittwoch nicht geben. Die russische
Delegation habe verhindert, dass die tschetschenische Menschenrechtlerin
und Vorsitzende der humanitären Organisation „Echo des Krieges“, Zainap
Gaschajewa, zu der Sitzung über die Menschenrechtslage in Tschetschenien
eingeladen wird, teilte die GfbV am Dienstag mit. „Nun beugt sich auch
die letzte verbliebene Instanz, die sich überhaupt noch kritisch zu
den russischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Tschetschenien geäußert
hat, dem Druck Russlands“, kritisierte der Präsident der GfbV International,
Tilman Zülch, in Göttingen. „Im November hatten wir nach offenen
Gesprächen mit russischen Delegierten des Europarates noch Hoffnung
geschöpft, dass auch die russische Seite endlich an einer Beendigung
des Krieges interessiert ist“, hatte Frau Gaschajewa in einem Telephongespräch
mit der GfbV erklärt. „Doch offensichtlich waren wir da zu gutgläubig.“
Gerade während der erneuten
Gewalteskalation in Tschetschenien dürfe es der Europarat nicht ablehnen,
eine Anwältin der Opfer anzuhören, sagte Zülch. Denn russische
und tschetschenische Menschenrechtler berichteten über fortgesetzte
so genannte Säuberungen in von der Außenwelt abgeriegelten tschetschenischen
Städten und Dörfern, von willkürlichen Verhaftungen, Morden
und anhaltenden Plünderungen. Die russische Menschenrechtsorganisation
Memorial habe bestimmte russische Militärkommandanten sogar beschuldigt,
Todesschwadrone zur Liquidierung unliebsamer Personen einzusetzen. Mindestens
24 Zivilisten seien im Dezember von russischen Sicherheitskräften
umgebracht worden.
„Auch wenn sich im Zuge der
so genannten Terroristenbekämpfung alle Demokratien von Tschetschenien
abgewandt haben, müssen die tschetschenischen Opfer wenigstens das
Recht darauf haben, vom Europarat gehört zu werden“, forderte Zülch.
Nur den gleichgeschalteten russischen Medien dürfe der Europarat keinen
Glauben schenken.
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auch: