Tschetschenien
GfbV-Projekt
"Brot
für die Kinder von Schali" in Gefahr
Russische
Einheiten "säubern" zweitgrößte tschetschenische Stadt |
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Bozen, Bern,
Göttingen, 8.2.2002
Ein
verzweifelter Hilferuf aus Tschetschenien hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) am Freitag in Göttingen alarmiert: Russische
Einheiten haben die Stadt Schali von der Außenwelt abgeriegelt und
führen so genannte Säuberungen durch. "Wir sind in großer
Sorge um die Kinder von Schali", erklärte der Präsident der GfbV
International, Tilman Zülch. "Es soll - wie so häufig bei diesen
berüchtigten Säuberungen - schon zu Plünderungen gekommen
sein. Hoffentlich bleibt die Grundschule verschont." Auf Initiative der
schweizerischen Sektion der GfbV wurde am 1. Februar vergangenen Jahres
gemeinsam mit der tschetschenischen Lehrerin Zainap Elderchanova ein aus
GfbV-Spendengeldern finanziertes Kantinen-Projekt "Brot für die Kinder
von Schali" ins Leben gerufen. In der Schule werden inzwischen 715 Kinder
und 58 Lehrer mit einer warmen Mahlzeit täglich versorgt - eine enorme
Hilfe angesichts der bitteren Armut, in der die meisten tschetschenischen
Familie leben müssen.
"Russische Einheiten durchkämmen
Schali, angeblich auf der Suche nach tschetschenischen Rebellen, Einwohner
und Flüchtlinge sind völlig verängstigt", hatte Frau Elderchanowa
gestern abend telephonisch der in der Schweiz ansässigen Journalistin
Irena Brezna berichtet. Die zweitgrößte Stadt Tschetscheniens
ist überfüllt mit Flüchtlingen, da Schali und die umgebende
Region als "befriedet" gelten.
Immer wieder erreichen die
GfbV Berichte über so genannte Säuberungen in von der Außenwelt
abgeriegelten tschetschenischen Städten und Dörfern. Dabei verüben
russische Sicherheitskräfte schwerste Menschenrechtsverletzungen:
Regelmäßig werden tschetschenische Zivilisten misshandelt, willkürlich
verhaftet, in polizeilichem Gewahrsam gefoltert und nicht selten ermordet.
Die internationale Staatengemeinschaft würde diese Verbrechen kaum
noch beachten, beklagt die GfbV. Auch die Bundesregierung enthalte sich
seit dem 11. September jeglicher offenen Kritik an der Tschetschenien-Politik
des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der das Vorgehen seiner
Einheiten mit dem Schlagwort "Terrorismus-Bekämpfung" rechtfertige.
Siehe
auch: