Terroranschlag
auf Kirche in Pakistan
Muslimische
Extremisten setzen christliche Minderheit immer mehr unter Druck |
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Bozen, Göttingen,
18.3.2002
Christen
leben nach Recherchen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
gefährlich in Pakistan - nicht erst seit dem Terroranschlag auf eine
Kirche in Islamabad am 17. März 2002. Dabei wurden fünf Gläubige
getötet und mehr als 40 Menschen verletzt. In dem zu 95% muslimischen
Staat leidet die Minderheit der drei Millionen Christen immer mehr unter
den Folgen des religiösen Extremismus. Bereits am 28. Oktober 2001
waren 16 Menschen bei einem Feuer-Überfall auf die katholische Kirche
Saint Dominic in Bahawalpur ermordet worden. Ganz gezielt hatte das bewaffnete
Terrorkommando das Massaker verübt: Bevor sie das Feuer auf die Gläubigen
eröffneten, hatten die Attentäter zuerst die Kirchentüren
verriegelt.
Als noch bedrückender
wird von den vor allem in den ländlichen Gebieten des Punjab lebenden
Christen jedoch die zunehmende Willkür der Behörden und Justiz
empfunden. Immer häufiger müssen sich Christen vor Gericht verantworten,
weil muslimische Nachbarn, Kollegen oder religiöse Eiferer sie der
Blasphemie beschuldigen. Die Todesstrafe droht nach Paragraph 295 C des
pakistanischen Strafgesetzbuches allen, die durch Wort und Bild oder jede
andere denkbare Bezichtigung, Andeutung oder Unterstellung direkt oder
indirekt den Namen Mohammeds schänden. Noch wurde kein Christ aufgrund
dieser drakonischen Strafbestimmungen hingerichtet, doch dies könnte
sich bald ändern. Das Oberste Gericht Pakistans muss in Kürze
über das Todesurteil gegen den Christen Ayub Masih beraten. Der 28-Jährige
war im Oktober 1996 von einem muslimischen Nachbarn der Blasphemie beschuldigt
und am 27. April 1998 zum Tode verurteilt worden. Aus Protest gegen diesen
Schuldspruch hatte sich der katholische Bischof von Faisalabad, John Joseph,
am 6. Mai 1998 das Leben genommen.
Nach Auffassung der GfbV
sind in Blasphemie-Fällen die Gerichtsverfahren in Pakistan nicht
fair. Denn radikale Muslime bedrohen die Richter regelmäßig
mit dem Tod, wenn sie die Angeklagten nicht schuldig sprechen. Diese Drohungen
sind durchaus ernst zu nehmen: 1998 wurde Arif Iqbal Hussain Bhatti, Richter
am Obersten Gericht in Lahore, ermordet, weil er ein Blasphemie-Urteil
einer unteren Instanz gegen zwei Christen aufgehoben hatte. In anderen
Fällen wurden wegen Blasphemie Angeklagte noch vor dem Schuldspruch
ermordet. Familienangehörige wechseln aus Angst vor Übergriffen
oft ihren Wohnort. Vergeblich hoffen die bedrängten Richter auf Schutz
durch die Behörden, um die Unparteilichkeit der Justiz zu garantieren.
Um den wachsenden Missbrauch
der Blasphemie-Paragraphen durch streitsüchtige oder eifersüchtige
Nachbarn zu unterbinden, hatte Pakistans Militärherrscher, General
Pervez Musharraf, im April 2000 eine Reform der umstrittenen Gesetzesartikel
angekündigt. Doch unter dem Druck konservativer Muslime, die mit massiven
öffentlichen Protesten gedroht hatten, hatte Musharraf seine Reformpläne
wenige Wochen später jedoch wieder zurückgezogen.
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auch:
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