Algerien vor den Parlamentswahlen
am 30. Mai
Massive Einschüchterungskampagne
gegen Kabylen in Algerien - EU soll Freilassung politischer Gefangener
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Bozen, Göttingen,
27.5.2002
Vier
Tage vor den Parlamentswahlen in Algerien hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) der algerischen Staatsführung am Montag
vorgeworfen, mit einer massiven Kampagne der Einschüchterung und Repression
die Teilnahme an den Parlamentswahlen am kommenden Donnerstag erzwingen
zu wollen. Mehr als 500 Kabylen (Berber/Masiren) seien seit dem 25. März
2002 wegen ihrer Proteste gegen die Regierung und die Wahlen verhaftet
worden. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Europäische Union
(EU) auf, sich für die sofortige Freilassung dieser politischen Gefangenen
einzusetzen. Algerien verstoße mit seinem Vorgehen gegen Befürworter
eines Wahlboykotts gegen Artikel 2 des im Dezember 2001 mit der EU unterzeichneten
Assoziationsvertrages, der die Bedeutung der Menschenrechte hervorhebt.
"Wir befürchten weitere Massenverhaftungen am Mittwoch und Donnerstag,
da alle maßgeblichen Bewegungen und Parteien in der Kabylei zu einem
Wahlboykott und einem zweitägigen Generalstreik aufgerufen haben",
warnte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.
"Nur aufgrund seiner Mitarbeit
in der globalen Anti-Terror-Koalition darf Algerien keinen Freibrief in
Anspruch nehmen für die Verfolgung Andersdenkender, die nach Antworten
fragen auf die tiefgreifende soziale, politische, kulturelle und wirtschaftliche
Krise des Landes," erklärte Delius. Die allgemeine Unzufriedenheit
der Bevölkerung äußere sich besonders in der Kabylei östlich
der Hauptstadt Algier, die zu einem Zentrum der Demokratiebewegung in Algerien
geworden sei.
Die Drohungen des algerischen
Innenministers Noureddine Yazid Zerhouni, der mit allen Mitteln jeden aktiven
Wahlboykott unterbinden lassen will, hätten die Kabylen in ihrem Protest
bisher wenig beeindruckt. Fast jeden Tag gebe es Mahnwachen und Demonstrationen,
Streiks und andere öffentliche Proteste gegen die als nicht repräsentativ
empfundenen Wahlen, die von dem Regime als demokratisches Feigenblatt missbraucht
würden.
Seitdem der Gymnasiast Massinissa
Guermah im Kugelhagel von Gendarmen am 18. April 2001 starb, sei die Kabylei
nicht mehr zur Ruhe gekommen, berichtete Delius. Mindestens 80 Demonstranten
seien seit Beginn des "Schwarzen Frühlings" in der Kabylei zu Tode
gekommen, mehr als 5.000 Menschen seien verletzt worden. Vergeblich habe
der algerische Präsident Bouteflikka in einer Rede am 12. März
2002 gewisse Zugeständnisse gegenüber den kulturellen Forderungen
der Kabylen gemacht. Die meisten der 15 politischen, kulturellen und sozialen
Forderungen der Kabylen, die am 11. Juni 2001 in der Plattform von El Kseur
formuliert wurden, ignoriere die Staatsführung. Insbesondere sei sie
nicht bereit, die Sprache der Kabylen, das Tamzight, als offizielle Sprache
neben dem Arabischen anzuerkennen. Auch die für die Übergriffe
der Polizei Verantwortlichen blieben weiter straflos.
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auch:
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27.5.2002
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