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OFFENER BRIEF
Zum Internationalen Tag des Flüchtlings (20. Juni)
Vergessene Solidarität!
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 14.6.2002

Der vor drei Jahren angekündigte und beschlossene Flüchtlingsplan von Landesrat Otto Saurer ist noch immer ausständig. Ausständig sind auch jene Unterkünfte für Flüchtlinge an den ehemaligen Grenzübergängen, für die sich der Dreier-Landtag ausgesprochen hat. Wo bleibt die oft versprochene Solidarität mit den Flüchtlingen, mit Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben werden? Das reiche Südtirol duldet es, dass im Bahnhofspark in Bozen wieder Kurden im Freien übernachten mussten. In den Sommermonaten wird die Zahl der Transit-Flüchtlinge wieder anwachsen. Es kann nicht sein, dass diese Menschen sich selbst überlassen werden. Sie brauchen die Hilfe des Landes und seines Flüchtlingsplanes samt eines Flüchtlingsbeauftragten.

Hilflose Flüchtlinge finden – anders als hilflose Hundewelpen – keine hilfsbereiten Politiker mit lockerer Brieftasche, sondern Politiker, die sich ungeniert über Zuwanderer und Flüchtlinge äußern. Im Zeichen der Terror-Anschläge in den USA am 11. September rief beispielsweise der SVP-Landtagsabgeordnete Roland Atz dazu auf, islamische Zuwanderer – Armuts- und Kriegsflüchtlinge – aus Südtirol auszusperren. Der Landtagsabgeordnete von UnItalia, Donato Seppi, forderte ebenfalls zur Ausgrenzung der Moslems aus. Alleanza Nazionale verlangte die Ausweisung von Afghanen aus den Arbeiterwohnheimen. Die Freiheitlichen entdeckten ebenfalls die Moslems als eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

Sie vergessen dabei, dass viele Zuwanderer aus islamischen Ländern Flüchtlinge sind. Viele dieser Menschen flüchteten vor den eigenen diktatorischen Machthabern, vor islamistischen Regimen. In Südtirol fanden bosnische Muslime, die vor massakrierenden katholischen Kroaten und orthodoxen Serben flüchteten, Unterkunft. Im Namen ihrer christlichen Nation ermordeten 1995 serbische Soldaten in Srebrenica mehr als 8.000 männliche Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Moslemische Kurden aus der Türkei und dem Irak sowie moslemische Berber aus Algerien sind unter den islamischen Zuwanderern zu finden, wie auch afghanische Flüchtlinge. Mehr als 20 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Einige von ihnen kommen auf ihrer Flucht auch nach Südtirol. Sie kommen und einige bleiben, auch wenn sie hier unwürdig und unmenschlich empfangen werden. Der Internationale Tag des Flüchtlings am 20. Juni soll zum Anlass genommen werden, den Flüchtlingsplan endlich umzusetzen.


Siehe auch:
Linkwww.gfbv.it/2c-stampa/02-1/020110de.htmlLinkwww.gfbv.it/2c-stampa/02-1/020417de.html
Linkwww.gfbv.it/3dossier/asia/afghan/afghan-mp2.htmlLinkwww.gfbv.it/3dossier/cecenia/010613cecenia.html
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