Freilassung des chilenischen Ex-Diktators Pinochet wäre schwerer Rückschlag für die Menschenrechte
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Bozen, Göttingen, 12.1.2000

Mit großer Enttäuschung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Ankündigung des britischen Innenministers Jack Straw aufgenommen, den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet aus gesundheitlichen Gründen möglicherweise straffrei ausgehen zu lassen. Sollte Pinochet tatsächlich nicht an Spanien ausgeliefert werden, um für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft gezogen zu werden, wäre dies ein empfindlicher Dämpfer für die Hoffnungen der Opfer wie auch von Menschenrechtlern auf Gerechtigkeit und auf eine Zukunft, in der die Menschenrechte weltweit eingehalten werden.

Kriegsverbrecher und Diktatoren, wie der indonesische Diktator Suharto, der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic oder der äthiopische Tyrann Mengistu Haile Mariam und andere, die sich schwerster Menschenrechtsverletzungen und des Völkermordes schuldig gemacht haben, könnten sich beruhigt zurücklehnen und mit ihren Verbrechen fortfahren. Während internationale Kriegsverbrechertribunale in Den Haag und Arusha Politiker und Generäle wegen Genozid anklagen und verurteilen und ein internationaler Weltgerichtshof zur Aburteilung der Täter entsteht, unterläuft die britische Regierung die Entwicklung einer neuen Weltjustiz. Eine Freilassung Pinochets wäre ein ungerechtfertigtes Privileg für den Diktator; er muß an die spanische Justiz ausgeliefert werden, wie dies mit jedem anderen Mörder geschehen würde.

Vier britische Ärzte hatten den 84 Jahre alten Ex-Diktator auf Grund seiner schlechten Gesundheit für verhandlungsunfähig erklärt. Der britische Innenminister, der über eine Auslieferung Pinochets an Spanien zu entscheiden hat, tendiert nach Angaben seines Sprechers dazu, den 84-Jährigen zu entlassen. Pinochet ist auf Grund eines spanischen Haftbefehls seit 15 Monaten in britischem Polizeigewahrsam.

Fast 3.200 Menschen wurden während und nach dem Militärputsch am 11. Spetember 1973 unter Pinochet ermordet, unter ihnen auch spanische Staatsbürger und 116 Mapuche-Indianer. Häufig hat der Diktator die Exekutionen selbst angeordnet. Dem Terror der Armee des chilenischen Ex-Diktators waren ganze Dorfgemeinschaften hilflos ausgeliefert. Viele indianische Bauern wurden erschossen, im Gefängnis zu Tode gequält oder bei lebendigem Leib vor ihren Angehörigen verbrannt. Dafür muß Pinochet zur Verantwortung gezogen werden. Es gibt in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte keinen Passus für eine Verjährung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wenn die britische Regierung Pinochet tatsächlich freilassen würde, so wäre dies eine nachträgliche Komplizenschaft mit einem der größten Verbrecher des 20. Jahrhunderts.
 

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