Frankreich übernimmt EU-Ratspräsidentschaft:
"Unheilvolle Vorzeichen für europäische Menschenrechtspolitik"
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Bozen, Luxemburg, Göttingen, 28.6.2000

Als "unheilvolles Vorzeichen" für die europäische Menschenrechtspolitik unter der EU-Ratspräsidentschaft Frankreichs hat die Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV) die Haltung des französischen UN-Botschafters und derzeitigen Präsidenten des UN-Sicherheitsrates Jean-David Levitte bezeichnet, der sich am Dienstag in New York für eine Aufhebung der UN-Sanktionen gegen den Sudan ausgesprochen hatte. "Aus egoistischen Machtinteressen hat Paris die Militärjunta in Khartum seit Jahren hofiert", erklärte der Präsident der GfbV International, Tilman Zülch, am Mittwoch. Dabei habe der Sudan seine Aktivitäten, die zur Verhängung der UN-Sanktionen geführt haben, bis heute nicht eingestellt. Dazu gehöre die Beherbergung von Firmen des international gesuchten Terroristen Usama bin Laden ebenso wie die Ausbildung islamischer Extremisten an der Universität Khartum und die Destabilisierung der Nachbarländer Eritrea, Äthiopien und Uganda durch Unterstützung radikaler Rebellengruppen. "Im Innern praktiziert das Regime unter Omar Al-Bashir noch immer Staatsterrorismus bis hin zum Völkermord", ergänzte der GfbV-Afrikaexperte Ulrich Delius. In den letzten Monaten habe die sudanesische Luftwaffe ihre Bombardements von Spitälern, Schulen und anderen zivilen Zielen im Südsudan und in den Nuba-Bergen wieder intensiviert.

Im Frühjahr 2000 habe Frankreich maßgeblich dazu beigetragen, einen EU-Vorstoss zur Verurteilung Chinas in der UN-Menschenrechtskommission zu verhindern, kritisierte die GfbV. Die ohnehin halbherzige UN-Resolution zur Verurteilung Russlands wegen der Kriegsverbrechen in Tschetschenien sei vom französischen Aussenminister Hubert Védrine nachträglichmit einer nichtssagenden Formulierung entkräftet worden. Noch immer wehre sich Frankreich dagegen, seine Mitverantwortung für den Genozid in Ruanda und seine Begünstigung des Völkermordes an den bosnischen Muslimen (1992-95) aufzuarbeiten.

"Durch die Formulierung einer gemeinsamen festen europäischen Haltung gegenüber Indonesien hätte Chirac eine Möglichkeit, sich als Menschenrechtspolitiker zu profilieren", sagte Delius. Letztes Jahr habe er sich vehement für die UN-Intervention in Osttimor eingesetzt. Die Massaker zwischen Christen und Muslimen auf den Molukken könnten jetzt, da radikale islamistische Milizen auf der Inselgruppe ihr Unwesen treiben, nur noch durch die Entsendung einer UN-Friedenstruppe aufgehalten werden

Schließlich kritisiert die GfbV International, dass Paris immer wieder eine triste Hauptrolle bei der Verhinderung eines konsequenten Minderheitenschutzes in Europa spiele. Nachdem Paris die Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europarates, die minimale Rechte der Bretonen, Korsen, Basken und Elsässer gesichert hätte, nicht einmal in Teilen ratifizieren will, torpedierten französische Delegierte derzeit alle Vorschläge, entsprechende Bestimmungen in die EU-Grundrechtecharta aufzunehmen.
 

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