OFFENER BRIEF
An den Hauptausschuß des Nationalrates
der Republik Österreich
Zweisprachige Ortsschilder
Nicht auf halbem Weg stehen bleiben!
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Bozen, 8.6.2000

Sehr geehrter Damen und Herren,

Die GfbV-Südtirol appelliert an Sie, in der Frage der seit langem ausständigen Regelung der Ortsnamengebung im Burgenland mehr Mut und Phantasie als die Bundesregierung zu zeigen. Sie sind es ihren Staatsbürgern kroatischer und ungarischer Muttersprache schuldig, die eingegangnen Verpflichtungen aus dem Staatsvertrag (siehe Artikel 7) zu erfüllen. 1976 hatte sich zudem die Republik Österreich mit dem inzwischen veralterten Volksgruppengesetz verpflichtet, in den kroatischen und ungarischen Gemeinden im Burgenland zweisprachige Ortstafeln aufzustellen. Tatsache ist, daß es bis heute keine einzige offizielle zweisprachige Ortstafel gibt.

Es ist deshalb mehr als lobenswert, wenn die österreichische Bundesregierung die seit 1955 anstehende Frage endlich löst. Seit Jahren fordert der kroatische Volksgruppenbeirat, beileibe keine radikale Institution, regelmäßig die Aufstellung zweisprachiger topografischer Aufschriften. Die Regierung Schüssel zeigt also Verständnis für die mehr als legitimen, weil auch verfassungsmäßig verankerten, Forderungen der kroatischen und ungarischen Sprachgruppen im Burgenland. Damit anerkennt die Regierung auch den mehrsprachigen Charakter dieses Bundeslandes.

Bedauerlich ist, daß die Bundesregierung aber nur in 47 Orten und Ortsteilen deutsch-kroatische und in nur vier Orten und Ortsteilen deutsch-ungarischen Aufschriften zulassen will. Die GfbV-Südtirol schließt sich der Forderung des Österreichischen Volksgruppenzentrums (ÖVZ) an. Laut einer Dokumentation des ÖVZ gibt in den Bezirken Eisenstadt-Umgebung, Güssing, Mattersburg, Neusiedl, Oberpullendorf und Oberwart mehr als 60 kroatische, ungarische und zweisprachige Gemeinden. Vergessen Sie die schlußendlich immer minderheitenfeindlichen, zumindest minderheitendiskriminierenden, Prozentlösungen. Wagen Sie mutig den großen Wurf, Österreich hat sich zu lange Zeit gelassen. 1993 hatte der "Standard" die Einhaltung des Artikels 7 - insbesondere die darin vorgesehene Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln im Burgenland - angemahnt und kritisiert, daß die Staatsvertrags-Bestimmungen noch immer nicht eingehalten worden sind: "Die Republik Österreich begibt sich damit auf das Niveau von Personen, denen man im alltäglichen Umgang nicht einmal die Hand reichen würde, auf das Niveau von Personen, von denen erwiesenermaßen nicht zu erwarten ist, daß sie sich wenigstens an eine schriftlich gegebene Vereinbarung halten" so der "Standard" 1993.

Sie haben jetzt die Chance, aufzuholen. Sorgen Sie dafür, daß die zweisprachigen Ortsnamen rasch Wirklichkeit werden. Vergessen Sie aber nicht die vielen, bisher nicht berücksichtigten, kroatischen sowie ungarischen Gewässer-, Weiler- und Flurnamen. Auch sie sind Teil des kulturellen Erbes der kroatischen und ungarischen Burgenländer.
 

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