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Der Artikel 19 aus dem Jahr 1867 ist der einzige minderheitenrelvante Artikel, den Österreich ohne Druck erlassen hat, ein Artikel, der weit über die übrigen minderheitenbezogenen Bestimmungen in den nachfolgenden Staatsverträgen der demokratischen Ära hinausreicht. Artikel 19 ist die einzig geltende Verfassungsbestimmung, die die Minderheiten als Schutzobjekte beschreibt, die Kollektivrechte beanspruchen können.
Die GfbV-Südtirol schließt
sich der Kritik des Österreichischen Volksgruppenzentrums an, das
die geplante Staatszielbestimmung als einen Anschlag auf den in Österreich
ohnehin schon sehr dürftigen rechtlichen Schutz bezeichnet hat. Eine
vielsagende, aber nicht verpflichtende, Staatszielverpflichtung dient der
Regierung nur, die österreichskeptische EU-Öffentlichkeit zu
beruhigen.
Das Vorhaben ist auch deshalb
bedauerlich, weil es 46 Jahre nach dem Staatsvertrag (15. Mai 1955) noch
immer keinen Beleg dafür gibt, daß der laut Artikel 7 vorgesehene
Minderheitenschutz auch eingehalten wurde.
Die österreichische Bundesregierung hat bei Amtsantritt klar gemacht, daß sie den Verfassungsauftrag auf Minderheitenschutz restlos erfüllen werde und hat damit eingestanden, daß die bisherigen Regierungen den Verfassungsauftrag nicht ernst genommen haben. Regierungen, der auch die ÖVP angehört hat. Mit der geplanten Aufhebung des Artikels 19 wird die Ankündigung wieder hinfällig.
Laut Regierungsabkommen der beiden Koalitionsparteien will die Bundesregierung den mangelhaften österreichischen Minderheitenschutz gar an den bereits in Kärnten geltenden Rechtsstandard anpassen. Kärnten ist aber kein Modell für einen gelungenen Minderheitenschutz. Das belegt allein schon die ständig nach unten fallende Zahl der Angehörigen der slowenischen Sprachgruppe.
46 Jahre nach dem Staatsvertrag
soll Österreich endlich die bisher von großen Parteien praktizierte
und tolerierte Politik der demografischen Vernichtung der Minderheiten
– insbesondere der slowenischen in Kärnten – aufgeben. Die Kroaten
in Niederösterreich sind bereits verschwunden, die übrigen Minderheiten,
allen voran die Kroaten und Ungarn im Burgenland, sind in ihrem Bestand
ernsthaft gefährdet. An den Taten will die neue Regierung gemessen
werden. Ob die Minderheiten noch soviel Zeit haben?
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