Offener
Brief an den Filmclub Bozen
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bei allem Respekt für Eure Arbeit und für Euer Engagement auch in Menschenrechtsfragen. Der Filmclub hat sich immer wieder für das Thema Menschenrechte zur Verfügung gestellt, als Forum für viele Nichtregierungs-Organisationen. Mit guten Filmen hat der Filmclub oft mehr bewegt, als die NGO mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit.
Dieses gute Image setzt Ihr jetzt leichtfertig aufs Spiel - die Einladung an die Regisseurin Leni Riefenstahl schadet dem guten Ruf des Filmclubs. Riefenstahl war die perfekte Zeremonienmeisterin der Nazis, sie hat mit der Ästhetisierung der NS-Brutalität für ein strahlendes Bild des Dritten Reiches gesorgt.
Für ihren filmischen Einsatz zugunsten der Nazis hat Riefenstahl nie eine Entschuldigung gefunden, nie Worte des Bedauerns für die Millionen Opfer der NS-Tötungsindustrie. Sie war eine willfähre Helferin Hitlers. Betroffene haben deshalb ablehnend auf die Einladung reagiert.
Riefenstahl sucht auch heute noch die Nähe zur blutigen Macht. So war sie vor kurzem im Sudan, bei den Nuba, eingeladen von den rassistischen Machthabern der Militärdiktatur. Riefenstahl hat mit einem ihrer Filme die großgewachsenen Menschen der Nuba-Berge bekannt gemacht. Diese großen Schwarzen scheinen ihrem Menschenbild zu entsprechen.
Trotz ihrer Sympathie für die Nuba hat Riefenstahl es unterlassen, gegen die Politik des Regimes zu protestieren. Seit den 80er Jahren führt das nordsudanesische Militär Krieg gegen die Nuba: So wurden mehr als eine Million Nuba von der sudanesischen Armee und ihren Milizen vertrieben, verschleppt und ermordet. Riefenstahl nahm davon nicht Notiz, nicht von der praktizierten Politik der Vertreibung, Verschleppung, Versklavung und Ermordung ihrer "geliebten" Nuba.
Mit der vom Regime organisierten Fahrt in die Nuba-Berge sollte Riefenstahl der Weltöffentlichkeit zeigen, daß dort Friede und Wohlstand herrscht. Eine gelungene PR-Aktion. Die Weltöffentlichkeit schweigt zu den Kriegsverbrechen im Sudan. Seit den 50er Jahren sind dem Versuch des Nord-Sudans, die absolute Herrschaft über das Land zu erhalten, mehr als drei Millionen Südsudanesen zum Opfer gefallen. Riefenstahl ist für diese an NS-Praktikten erinnernde Genozid-Politik blind, wie auch die westlichen Ölkonzerne Talisman Energy, Total/Fina, AGIP, Lundin Oil und OMV, die ungestört Geschäfte betreiben mit den Killer-Generalen in Khartum.
Riefenstahl ist ihrer Überzeugung
treu geblieben. Ist für sie, trotz ihrer filmischen Leistungen, Platz
in Bozen? Sie, die über die Nazi-Verbrechen schweigt und sich heute
für eine PR-Aktion einspannen läßt, für ein fundamentalistisch-islamisches
Regime, dessen Rassismus die planmäßige Vernichtung der Nuba
zum Ziel hat?
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