Eine Staatszielbestimmung reicht nicht!
Österreichs Sprachminderheiten brauchen zum Überleben ein neues "Volksgruppengesetz"
Bozen, 10.7.2000

Es ist löblich, wenn sich Österreich endlich zu seinem multinationalen Charakter bekennt. 45 Jahre nach dem Staatsvertrag, der im Artikel 7 die Minderheitenrechte festschreibt, anerkannt der Nationalrat und die Regierung mit einer Staatszielbestimmung, spät aber doch, das mehrsprachige Österreich.

Eine Bestimmung als Antwort auf die EU-Sanktionen, eine Bestimmung, die erst möglich wurde, weil die EU Österreich wegen der freiheitlichen Regierungsbeteiligung unter Beobachtung gestellt hat? Die Staatszielbestimmung ist so gehalten, daß sie keine einklagbaren Minderheitenrechte beinhaltet. Eine Bestimmung also, um die EU zu besänftigen?

Die französische Ratspräsidentschaft wird sich kaum mit Fragen der Sprachminderheiten in Österreich befassen, weil Frankreich im eigenen Land die Existenz von Minderheiten bestreitet. Die österreichische Regierung hat sich die schon lange geforderten zweisprachigen Ortstafeln im Burgenland genehmigt, sich aber bisher nicht für die Anerkennung der slowenischen Sprachgruppe in der Steiermark geäußert. Die Regierung hat hingen schon angekündigt, die staatlichen Subventionen für die Minderheitenradios um ein Drittel zu kürzen. Sparen trotz Staatszielbestimmung?

Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hat anläßlich des EU-Gipfels mit einer Jubelbroschüre über Kärnten die vorbildliche Lage der slowenischen Minderheiten Unterstrichen. Eine Jubelbroschüre, die die private Kulturarbeit slowenischer Minderheitenverbände als Leistungen des Landes Kärnten vorstellt. Etikettenschwindel auf höchster Ebene. Der von der EU berufene Weisenrat tut gut daran, sich vom Lippenbekenntnis Staatszielbestimmung nicht ablenken zu lassen und die Forderungen des Volksgruppenzentrums nach einem neuen "Volksgruppengesetz" zu unterstützen.

Ein Gesetz, das auch die europäischen Richtlinien zum Minderheitenschutz wie die Charta der europäischen Regional- und Minderheitensprachen und die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates aufnimmt.
 

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