Landkreis
Diepholz will Roma-Familie in den Kosovo abschieben |
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Bozen, Göttingen,
Syke, 14.7.2000
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Gegen die Entscheidung
des Landkreises Diepholz (Deutschland - Niedersachsen), den Vater und zwei
Kinder der Roma-Familie Zenunaj aus Syke in den Kosovo abzuschieben, hat
die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag bei der
Leiterin der Ausländerbehörde Syke sowie beim Innenministerium
Niedersachsens scharf protestiert. Nach Auskunft der Anwältin der
Familie hätte dem Landkreis bekannt sein müssen, dass die Familie
zu den im Kosovo verfolgten Roma gehöre. "Roma und andere nichtalbanische
Minderheiten sind durch Erlass in Niedersachsen von der Rückführung
ausgenommen", betonte GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch. Die
entspreche den Warnungen der UNO-Verwaltung im Kosovo, die solche Rückkehrer
aufgrund der Risiken für Leib und Leben nicht aufnimmt. Die drei Roma
müssen nach dem 8. August mit der Abschiebung rechnen. |
Familie Zenunaj lebt der Anwältin
zufolge bereits seit Jahren in Deutschland. Sie sei aus dem Kosovo geflohen,
weil sie als Unterstützer der Protestbewegung gegen die Aufhebung
der Autonomie des Kosovo politisch verfolgt worden war. Ihre Asylverfahren
seien erfolglos geblieben. Als sie nach dem Kosovo-Krieg von der grausamen
Verfolgung der Roma durch extremistische Albaner erfuhren, hätten
sie erneut Asyl beantragt. Doch das Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge und das zuständige Verwaltungsgericht
hätten auch diesen Antrag abgewiesen. Das Bundesamt habe argumentiert,
sie hätten sich jahrelang als Albaner bezeichnet, so dass ihren Angaben,
sie seien Roma, nicht gefolgt werden könne. "Ihre Zugehörigkeit
zur Volksgruppe der Roma wurde jedoch durch einen unabhängigen Gutachter
bestätigt", erklärte die Anwältin. Zusätzlich habe
die Familie gestern eine Roma-Zugehörigkeits- bescheinigung des Niedersächsischen
Verbandes Deutscher Sinti e.V. in Hannover eingereicht. Jetzt seien nur
noch die Mutter und eines der Kinder der Familie, dessen Asylverfahren
noch nicht abgeschlossen sei, vor Abschiebung geschützt.
"Die Entscheidung des Landkreises
zwingt die Familie, sich Gefahren für Leib und Leben auszusetzen",
kritisierte Zülch. Beim Bundesamt würde, wie der GfbV bereits
mehrfach bekannt geworden sei, den Betroffenen ihre Minderheitenzugehörigkeit
nicht geglaubt, wenn sie sich früher als Albaner bezeichnet hätten.
"Aber Roma, die im Kosovo stark an die albanische Mehrheitsbevölkerung
assimiliert waren, hatten damals keinen Grund, ihre engere Minderheitenzugehörigkeit
anzugeben", sagte Zülch. Erst aufgrund der Verfolgung im Kosovo seien
sie dazu gezwungen.
Von ursprünglich 150.000
Roma, Aschkali und Kosovo-Ägyptern lebten jetzt nur noch etwa 15.000
im Kosovo. Die übrigen seien vertrieben worden. Etwa 14.000 ihrer
Häuser wurden in Brand gesteckt und 75 Siedlungen völlig zerstört.
Roma würden überfallen, mit Steinen beworfen, misshandelt und
getötet. "Zum zweiten Mal nach dem nationalsozialistischen Holocaust
an Sinti und Roma wird heute im Kosovo wie 1992-95 durch Milosevic in Bosnien
eine Roma-Volksgruppe kollektiv verfolgt und vertrieben - unter den Augen
der internationalen Gemeinschaft", erklärte Zülch.
Wenn die Betroffenen schon
nicht im Kosovo vor Übergriffen geschützt werden könnten,
so müsse wenigstens denjenigen, die sich im Ausland in Sicherheit
gebracht hätten, vorläufig Zuflucht gewährt werden, forderte
die GfbV. Das sei international und auch in den Bundesländern Konsens.
Daher bringe sich Niedersachsen ins Abseits, wenn es aus diesem Bundesland
zu einer Abschiebung von Roma in den Kosovo kommen sollte.
Eine Publikation
der Gesellschaft für bedrohte Völker. Weiterverbreitung bei Nennung
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