3. September:
"Europäische Tag der jüdischen
Kultur"
Südtirols unterlassener Dialog mit den
Juden |
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Bozen, 31.8.2000
Die kleine
jüdische Gemeinde von Meran sucht am 3. September den
Dialog. Anlass dafür ist der vom Europaparlament
ausgerufene "Europäische Tag
der jüdischen Kultur", an
dem sich EU-weit 600 jüdische Gemeinden beteiligen. Sie
demonstrieren damit auch, dass es den Nazis und ihrer
Tötungsindustrie mit sechs Millionen Ermordeten nicht
gelungen ist das europäische Judentum zu vernichten.
Während die jüdischen Gemeinden - trotz dieser
Geschichte - den Dialog suchen, werden die
Mehrheitsgesellschaften antisemitischer und fremdenfeindlicher.
Nicht nur in Deutschland. Es mag Zufall sein, dass die
neonazistische NPD einen Südtirol-Ableger plant, dass
Nazi-Skins auch in Südtirol gegen Ausländer vorgehen.
Brandstiftende Wegbereiter sind aber Politiker, die ungehemmt
gegen Ausländer hetzen, Roma vergasen möchten,
Roma-Familien eine kurzfristige Aufenthaltserlaubnis verweigern,
Flüchtlinge und Zuwanderer pauschal für die
angestiegene Kriminalität verantwortlich machen. Ein
Alltagsrassismus, der sich gegen Minderheiten
wendet.
Am
"Europäischen Tag der jüdischen Kultur" soll die
Politik ein Zeichen setzen gegen Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit. Landesregierung, Landtag und die
Landtagsfraktionen, allen voran die Verantwortung tragende
Mehrheitspartei SVP, sollen am Tag der offenen Tür die
Jüdische Kultusgemeinde besuchen. Federico Steinhaus von der
jüdischen Gemeinde hat 1986 in der Kulturzeitschrift
"Sturzflüge" die Südtiroler daran erinnert, dass Merans
Juden zum Wohlergeben beigetragen haben und trotzdem stürzen
sich viele Mitbürger bei der ersten Gelegenheit auf sie, um
sie zu berauben und, in den Todeslagern jede Spur ihrer
Anwesenheit zu vernichten.
In der
Nachkriegszeit hat sich die Landesregierung benommen, als
hätten als dies Fremde getan. Keine Entschädigung,
keine moralische Wiedergutmachung, kein Wort der Reue, kein
Zeichen eines Versöhnungswillens kam
ihrerseits.
Zur Erinnerung: Am
8. September 1943, am Tag des Einmarsch der NS-Wehrmacht, begann
die Jagd des Südtiroler Ordnungsdienstes SOD und des
SS-Sicherheitsdienstes auf die Meraner Juden. Die verhafteten
Juden wurden deportiert. 50 von ihnen starben in den KZ. Die
Wohnungen der Juden wurden von Einheimischen geplündert,
jüdisches Eigentum wurde "arisiert", per Dekret gestohlen.
Der "Europäische Tag der jüdischen Kultur" soll
dafür genutzt werden, endlich ein "Zeichen eines
Versöhnungswillens" zu setzen.
Eine
Publikation der Gesellschaft für bedrohte Völker.
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