Südtirol wird ein Stück ziviler
Das Land übernimmt endlich Verantwortung für Flüchtlinge
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Bozen,  3.8.2000

Spät aber doch hat die Landesregierung am vergangenen Montag das schon lange erwartete Flüchtlingskonzept genehmigt. Der Südtiroler Landtag hat im Herbst auch nach vielen Schreiben der GfbV-Südtirol und anderer Organisationen wie Caritas und OEW die Landesregierung aufgefordert, sich der Flüchtlinge anzunehmen. Innerhalb von vier Monaten sollte das Land ein entsprechendes Konzept vorgelegen. Dieses Konzept liegt nun vor, einige Monate später als vom Landtag gewünscht. Wir appellieren an die zuständige Stellen, die Flüchtlingshilfe jetzt rasch umzusetzen. Die vielen Menschen auf der Flucht brauchen schnelle Hilfe.

Südtirol ist in den vergangenen Monaten zu einem Transitland für Flüchtlinge geworden. Schlepper nutzen auch Routen durch Südtirol. Es ist untragbar und nicht akzeptabel, daß ein reiches Land wie Südtirol Flüchtlingen bisher keine Herberge anbieten konnte. Die Gemeinde Bozen fand kaum Unterstützung beim Land, in Bozen waren es die Grieser Patres, die Caritas und der Verein "volontarius", die sich um die gestrandeten Menschen kümmerten. Ohne die Hilfe der Freiwilligen wären die Flüchtlinge sich selbst überlassen. Aber auch Caritas und andere Hilfsorganisationen stehen allein da, wenn sie anderen helfen wollen.

Seit einem Jahrzehnt wird Südtirol mit dem Flüchtlingselend konfrontiert. 1990 wurden fast über Nacht vom Staat 200 Albaner in einer Kaserne in Welsberg untergebracht. Staatliche Behörden in Zusammenarbeit mit dem Land und Freiwilligen-Organisationen betreuten die Albaner. Als autonome Provinz hat Südtirol keine Kompetenzen bei der Asylgewährung und Aufnahme von Flüchtlingen, mit Ausnahme der Mithilfe in der sozialen Betreuung von Flüchtlingen, die der Staat auf dem Gebiet der Provinz unterbringt.

Obwohl in Südtirol als Grenzgebiet jedes Jahr Tausende von Flüchtlingen ankommen, gibt es hier noch immer keine Einrichtung, die diesen zumindest vorübergehend Aufnahme und  Beratung bietet. Südtirol bewies aber in allen Fällen, daß es sowohl in der Betreuung als auch in der Integration dieser Flüchtlinge durchaus in der Lage ist, einen wertvollen Beitrag zu leisten.

Heute leben und arbeiten hunderte von ehemaligen Flüchtlingen in Südtirol, die  dank nachträglicher "Legalisierungen" längerfristige Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen erhalten konnten. Südtirol kann angesichts der reich ausgestatteten öffentlichen Haushalte mehr für politisch Verfolgte, für Asylberechtigte und Flüchtlinge im allgemeinen tun. Auch wenn es nicht über die primäre Kompetenz verfügt, kann das Land jetzt mit seinem Füchtlingskonzept eine Einrichtung schaffen, die dauerhaft als Unterkunft für Asylberechtigte zur Verfügung stünde.

Ein solidarisches Südtirol setzt sich ein für die Beseitigung der Fluchtursachen ein, genauso wie für die Aufnahme politisch Verfolgter und von Kriegsflüchtlingen im eigenen Land. Im Wahlkampf zu den letzten Landtagswahlen hatte Landeshauptmann Luis Durnwalder die moralische Pflicht Südtirols betont, Flüchtlingen aus Kriegs- oder Katastrophengebieten zu helfen. Laut Landeshauptmann darf Südtirol das Schicksal - auch ethnisch - verfolgter Menschen nicht gleichgültig sein. Südtiroler waren Flüchtlinge, Südtiroler haben Menschen, die Meraner Juden, zu Flüchtlingen gemacht, in Südtirol fanden Vertriebene aus Istrien eine neue Heimat, genauso wie letzthin Kurden, Bosnier, Kosovaren. Mit der Genehmigung des Flüchtlingskonzepts hat die Landesregierung jetzt die Voraussetzung geschaffen, sich um Menschen auf der Flucht kümmern zu können.

Auf eine zivile Art und Weise.
 

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