Internationale Konferenz über Stabilitätspakt für den Balkan

93 bosnische Organisationen warnen: Ein geteiltes Bosnien bleibt ständiger Krisenherd für den Balkan 

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Göttingen, Sarajevo, Bozen, 29. Juli 1999
Auf Initiative der Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV) haben 93 bosnische Organisationen am Donnerstag, einen Tag vor Beginn der internationalen Balkankonferenz in Sarajevo, einen umfangreichen Katalog von Forderungen zur Durchsetzung eines dauerhaften Friedens in Bosnien-Herzegowina vorgelegt. Darin wird die westliche Staatengemeinschaft dringend aufgefordert, das Friedensabkommen von Dayton endlich zu realisieren und dort nachzu-bessern, wo es die Etablierung demokratischer Strukturen behindert. "Wer die gegenwärtige De-facto-Teilung in Bosnien-Herzegowina aufrechterhält, muß mit immer neuen Krisen und Konflikten auf dem Balkan rechnen", warnten die Organisationen aller bosnischen Nationalitäten und Religionsgemeinschaften in ihrem vierseitigen Memorandum. Nach der Intervention im Kosovo und der Anklageerhebung gegen die Hauptverantwortlichen für die dort begangenen Völkermordverbrechen müsse die westliche Staatengemeinschaft vor der Weltöffentlichkeit klarstellen, daß sie in einem freien Europa keine Apart-heidverhältnisse nach südafrikanischem Muster tolerieren werde.

Angesichts des Engagements für die Rückkehr der albanischen Vertriebenen in den Kosovo sei es inkonsequent und unmoralisch hinzunehmen, daß bis heute 1,5 Millionen Bosnier aller Nationalitäten und Religionsgemeinschaften - 40 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes - nicht in ihre Heimatorte zurückkehren können, kritisierten die Organisationen, unter ihnen viele Ver-eine der Kriegsopfer, der Flüchtlinge und Vertriebenen, der Vergewaltigten und Invaliden sowie ehemaliger Häftlinge der Konzentrations- und Internie-rungslager. Es dürfe nicht länger geduldet werden, daß die Initiatoren der Vernichtung von etwa 200.000 bosnischen Zivilisten belohnt und weite Teile Bosniens dem politischen System Kroatiens zugeordnet oder dem Einfluß Serbiens ausgeliefert seien. Die Existenz von de jure zwei und de facto drei einander feindlich gesinnten Armeen in ein- und demselben Staat sei äußerst bedrohlich und einmalig in Europa. Auch Verwaltung, Justiz und Polizei seien in den meisten Regionen Bosniens monoethnisch organisiert. So werde der Diskriminierung der jeweils anderen Nationalitäten Vorschub geleistet. Es könne keinen dauerhaften Frieden auf dem Balkan geben, so lange Kriegsverbrecher unbehelligt weiter Schlüsselpositionen innehaben wie im serbisch kontrollierten Teil Bosniens. Sie müßten von internationalen Sicherheitskräften aktiv verfolgt, festgenommen und zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb dürften die SFOR-Einheiten jetzt nicht reduziert werden. Ihr Mandat müsse im Gegenteil noch erweitert werden, so daß die Rückkehr aller Vertriebenen durchgesetzt und sie effektiv vor extremistischen Übergriffen geschützt werden. Vordringlich sei zudem, daß die Gleichberechtigung aller bosnischen Nationalitäten und Religionsgemeinschaften in der Verfassung der Föderation Bosnien und Herzegowina und der sogenannten "Republika Srbska" festge-schrieben und in allen Teilen des Landes Freizügigkeit, Meinungs-, Medien- Religions-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit durchgesetzt werde.

Der Präsident der GfbV International, Tilman Zülch, ist in Sarajevo erreichbar unter Tel. 0172 56 20 523 oder unter Tel. 0038 771 213 707.
 

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