OFFENER BRIEF
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Die EU hält sich mit Kritik zurück, spricht von einem internen Problem Russlands und plädiert für die Fortsetzung der Kredite an Moskau. Schon während des ersten Tschetschenienkrieges, 1994 bis 1996, sprachen die westeuropäischen Regierungen von einer „inneren Angelegenheit Russlands“, machten eine "tschetschenische Mafia“ verantwortlich und forderte von den russischen Angreifern lediglich „Verhältnismäßigkeit der Mittel“. Mindestens 80.000 Menschen, zehn Prozent der Bevölkerung Tschetscheniens, wurden damals von der Armee Moskaus getötet. Das war laut UN-Genozid-Konvention Völkermord. Die tschetschenische Hauptstadt Grosny wurde fast völlig zerstört.
Russsische Menschenrechtler haben damals die „barbarischen Methoden“ der russischen Armee und den „brutalen Überfall einer nuklearen Supermacht gegen ein kleines Volk im Nordkaukasus“ kritisiert. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wurde 1994 eine Großstadt durch Flächenbombardements vernichtet. Gemessen an den Kriterien der Kriegsverbrechertribunale in Den Haag und Arusha haben die Regierung und Armee Russlands 1994/96 in Tschetschenien Völkermord begangen und setzen nach der Gesellschaft für bedrohte Völker vorliegenden Informationen diese Verbrechen fort. Genozid ist laut der UN-Völkermordkonvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermords auch die planmäßige, teilweise Vernichtung einer ethnischen oder religiösen Gruppe.
Völkermord ist das schlimmste Verbrechen, zu dem Menschen fähig sind. Es ist deshalb unerträglich, wenn mit Steuermitteln aus der EU der russische Krieg gegen Tschetschenien mitfinanziert wird. Deshalb sollten jetzt, das hat die GfbV-international in einem Schreiben an die EU gefordert, alle Kredite an Russland, auch die von internationalen Institutionen, eingefroren werden. Außerdem sollte die russische Mitgliedschaft im Europarat bis zum Abzug der russischen Armee aus Tschetschenien ausgesetzt werden.
Der Einsatz der Nato gegen Serbien wird zur Farce,
wenn die EU weiterhin tatenlos den Krieg in Tschetschenien hinnimmt. Nato
und EU haben, daran soll an diesem Tag der Menschenrechte erinnert werden,
wenig zum Schutz der serbischen und Roma-Minderheit im Kosova unternommen.
Die Menschenrechte sind unteilbar.
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