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Am vergangenen 10. Oktober hatte das offizielle Kärnten in Klagefurt/Celovec den slowenischen Landsleuten eine kühle Abfuhr erteilt. Fast in alter Ostblock-Aufmarsch- und Volksfront-Manier defilierten 15.000 Trachtenträger der sogenannten "heimattreuen" Verbände, Überlebende des Kärntner "Abwehrkampfes" von 1918/20 gegen das jugoslawische Königreich, Angehörige des ultra-chauvinistischen Heimatdienstes, FPÖ-Anhänger und Deutschkärntner durch die Landeshauptstadt.
Einsprachig deutsch alle Transparate, kein Wort des Dankes für die ausschlaggebenden slowenischen pro-österreichischen Stimmen bei der Volksabstimmung 1920, keine Entschuldigung für das jahrzehntelang zugefügte Unrecht, für Diskriminierung und Assimilierung. Statt Dialo wieder die Hetze: Gegen die Slowenen wird wieder gezündelt. Minderheitenschutz ist laut Kärntner Heimatdienst die Anerkennung eines "slowenischen Raumes", die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Slowenen und Friaul schmecke nach Großslowenien.
Die von Landeshauptmann Jörg Haider in der Zeiten der EU-Sanktionen groß angekündigten Maßnahmen zugunsten der Slowenen sind immer noch ausständig. Nachdem die EU-Weisen festgestellt haben, daß Österreich seine Minderheiten schützt und fördert, hat Haider seine Image-Interesse an den slowenischen Kärntnern begraben. Die "Kärntner Krone", das Magenblatt der Freiheitlichen, läßt Haider sagen, daß die slowenische Minderheit Prioritäten setzen muß - entweder mehr Ortstafeln oder die Förderung von Kindergärten und Medien. Der scheinheilige minderheitenfreundliche Schmusekurs der Freiheitlichen ist schnell beendet worden.
Wort gehalten hat bisher nur die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung. Im Burgenland stehen inzwischen die versprochenen zweisprachigen Ortstafeln (in 53 Gemeinden, davon 49 kroatische und vier ungarische) - 1955 im Artikel 7 des Staatsvertrages festgeschrieben, 1976 im Volksgruppengesetz bekräftigt. Die EU-Proteste, pharisäerisch zweifelsohne, gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ, die schamlos immer wieder die Nähe zu Alt-Nazis sucht, hatten Bundeskanzler Schüssel in die richtige Richtung bewegt - ein Stück nur, aber sichtbar.
Der Kärntner Landeshauptmann Haider hingegen versucht die slowenische Sprachgruppe mit Versprechen zu ködern, zu beruhigen oder aber kaltzustellen. Vollmundig hat Haider nach der ÖVP-FPÖ-Regierungsbildung angekündigt, die "hohen Schutzstandards" in Kärntens den übrigen Minderheiten in Österreich zukommen zu lassen. Das Kärntner Klima ist wenig freundlich mit seiner slowenischen Minderheit; dabei ist es unwichtig, wer im Landhaus das Sagen hat. Die Ankündigung Haiders muß also als Drohung verstanden werden.
Die Verbündeten Haiders, der Kärntner Heimatdienst, hat schon frühzeitig den Spielraum abgesteckt - Nein zu weiteren zweisprachigen Schulen, Nein zur kulturellen Förderung der Minderheiten, Nein zu weiteren zweisprachigen Ortstafeln. Haider dienen die Slowenen im eigenen Land, die restlichen Sprachminderheiten in Österreich, als Faustpfand. Kurz nach den deftigen, wenig diplomatischen, Attacken aus Frankreich kündigte Haider an, daß er sich zum Fürsprecher der Minderheiten machen werde. Er werde der EU zeigen, wie Österreich seine minderheitensprachlichen Staatsbürger zuvorkommende behandelt, ganz im Gegensatz zu Frankreich oder Griechenland. Man dürfe nicht vergessen, so Haider im Februar, wie Bretonen, Wallonen oder Korsen in Frankreich behandelt würden. In Gasthäuser in der Bretagne gebe es Schilder, laut denen "das Ausspucken und Sprechen auf Bretonisch verboten" sei. Ihnen will Haider zuhilfe kommen, mit einer Expertenkommission, die die Lage der Minderheiten in Europa untersuchen soll. Es war Haiders Antwort auf die laut ihm "arrogante Politik europäischer Politiker, die in ihren eigenen Ländern nicht auf ihre Minderheiten schauen".
Das in Aussicht
gestellte Institut arbeitet bereits. Das Carinthian Institute for
Ethnic Minorities (Cifem) hatte Ende September in Ossiach/Osoje
in Kärnten den 11. Europäischen
Volksgruppenkongreß ausgerichtet. Thema: "Ethnische
Parteien in Europa". Haider hat damit ein Projekt umgesetzt, das
bereits vor sieben Jahren von Karl Anderwalt vom
Volksgruppenbüro der Kärntner Landesregierung lanciert
wurde. Dem damaligen ÖVP-Landeshauptmann Christoph Zernatto
war das Thema zu heiß, er wollte den Freiheitlichen keine
Angriffsfläche bieten.
Das Institut wird vom
Wissenschaftler Albert Reiterer, dem alternativen politischen
Lager zugehörig, geleitet. Laut Reiterer beschäftigt
sich Cifem mit der Minderheitenpolitik in Europa. Gestartet wird
mit Finnland, im nächsten Jahr soll Ungarn folgen. Das
Arbeitsprogramm ist auf fünf Jahre angelegt. Reiterer weist
den Vorwurf zurück, ein "nützlicher Idiot" für
Haider zu sein. Er betont, daß sein Institut der
Kärntner Landesregierung nicht inhaltlich verpflichtet ist.
Den Vorwurf kann aber auch Reiterer nicht entkräften,
daß das Institut gegründet wurde, als die EU mit
Sanktionen gegen Österreich vorging. "Kommen Sie in einem
Jahr wieder und schauen Sie dann unsere Arbeit an", entgegnet
Reiterer die Kritik, das Cifem hängt an der kurzen Leine der
Freiheitlichen.
Ein Nachgeschmack
bleibt aber allemal - Auf dem "Volksgruppenkongreß" in
Ossiach/Osoje standen die ethnischen der Minderheiten im
Mittelpunkt. Der Grundtenor: Ethnische Parteien sind abzulehnen.
Daß Minderheiten sich oft ethnisch organisieren, um zu
Gleichberechtigung zu kommen, wollten die Organisatoren nicht
wahrhaben. Ethnische Organisationen sind für diskriminierte
Minderheiten eine Selbsthilfe. Das Land Kärnten wurde in
Wahlkreise eingeteilt, die als 10% Hürden funktionieren, um
die ethnische Liste der Slowenen auszuschließen – ein
Akt beispielhafter Minderheitenfeindlichkeit, ein Zeugnis des
Nationalismus.
Braucht Kärnten
eine wissenschaftliche Begründung, um seine
minderheitenfeindlichen Wahlkreise zu rechtfertigen? Wenn
übrigens ethnische Parteien abgelehnt werden,
müßten auch die großen Parteien Kärntens
und Österreichs abgelehnt werden: Sie sind
ausschließlich deutsch – also auch
ethnisch.
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