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An das "Team Governance"
Generalsekretariat der Europäischen Kommission
Für eine europäische Verfassung
Stellungnahme der Europa-AG im Forum Menschenrechte zum Weißbuch Governance der EU-Kommission KOM (2001) 428 endg.
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 11.3.2002

Angesichts der Diskrepanz zwischen der fortgeschrittenen ökonomischen und der hinterherhinkenden politischen Integration der Europäischen Union, der Dichte europäischer Entscheidungen und der ungenügenden Einsehbarkeit ihres Zustandekommens begrüßt die Europa-AG im Forum Menschenrechte die Bemühungen der Kommission um eine Reform von Institutionen und Verfahren.

Schutz und Förderung von Menschenrechten wird zu einer wichtigen Aufgabe im Rahmen künftiger Politikgestaltung in einer erweiterten Union werden. In der Zuschreibung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten, der sogenannten Kompetenzabgrenzung, stellt die Entwicklung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Definition der Rolle der Union als verantwortlichem Akteur im globalen Maßstab einen Schwerpunkt dar. Menschenrechtspolitik muss als Querschnittsaufgabe betrachtet werden, die auch in anderen Politikbereichen viele Gremien und Verwaltungsorgane betrifft.

Der Dialog mit zivilgesellschaftlichen Akteuren wird immer wichtiger in den verschiedenen Ansätzen "Guten Regierens". Dabei begrüßt die Europa-AG im Forum Menschenrechte die Auffassung der Kommission, dass eine demokratische Form der Partnerschaft zwischen den unterschiedlichen Politikebenen und Verwaltungen in Europa gefunden werden muss. Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung Europäischen Regierens sind folgende Faktoren:
Demokratische Legitimation, Rechtstaatlichkeit, Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht.

Die Optimierung politischer Steuerungsprozesse durch verstärkte Vernetzung externer und interner Entscheidungsträger zum Zweck der Effektivitätssteigerung findet aber in einem Spannungsfeld statt.
Die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure mit ihren europäischen, nationalen und regionalen Gliederungen sowie ein demokratisches und offenes Beteiligungsverfahren benötigt einen neuen zeitlichen Rahmen. Ein unter strikten Effektivitätskriterien organisierter schneller Entscheidungsprozess stellt Nichtregierungsorganisationen vor unlösbare Aufgaben. Kommunikationsprozesse und Willensbildung brauchen Zeit, sollen sie sich nicht zu reinem Lobbyismus entwickeln und damit in Widerspruch zum Anspruch auf Transparenz und Effektivität geraten.
Auch neue Hilfsmittel in Gestalt elektronischer Medien und Internet-Technologien können den Dialogprozess nur unterstützen und dürfen nicht als Ersatz dafür angesehen werden.

Eine Einführung strukturierter Konsultationsverfahren sollte die Vielfalt an Organisationsformen berücksichtigen. Unter Berücksichtigung von Subsidiarität und der Bewahrung föderaler Strukturen verbietet sich eine zu enge Beschränkung bei der Mandatierung. Zur Mitwirkung am politischen Gestaltungsprozess sollen auch Organisationen zugelassen werden, die nicht in allen Mitgliedstaaten vertreten sind. Eine zu zentralistische Orientierung und ein zu hoher Anspruch an Institutionalisierung widerspricht dem Charakter zivilgesellschaftlicher Kultur. Verschiedene politische Kulturen und nationale oder regionale Besonderheiten sollen erhalten bleiben und Berücksichtigung finden.

Diese besonderen Voraussetzungen und Anforderungen müssen nicht nur in den Konsultationsverfahren Berücksichtigung finden. Gleiches gilt auch für die Entwicklung von Förderrichtlinien und finanziellen Förderprogrammen, die im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen NGOs und EU-Kommission einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Transparenz, Effektivität und Rechenschaftspflicht bleiben in diesem Bereich ebenfalls wichtige Prüfsteine.

Die Veröffentlichung der Ad-hoc-Gremien im Konsultationsverfahren ist im Sinne von Transparenz zu erwarten. Über Kriterien für eine aktive Beteiligung muss öffentlich diskutiert werden.

Europäische Bürgerinnen und Bürger haben große Sympathien für Ziele und Ideale, die in der Integration der Union ihren Niederschlag gefunden haben und weiterhin gefördert werden müssen. Misstrauen gegenüber anonymen Strukturen und einem elitären Politikstil aber werden noch zunehmen, wenn eine demokratische Reform nicht gelingt.



Siehe auch:
Für ein Europa der Sprachen: Sprachenpluralismus und Sprachendemokratie – die Gfbv-international fordert Minderheitenrechte in der EU-Verfassung
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-sprach.html
Für eine europäische Verfassung. Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Debatten des Konvents
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-verfas.html
Für eine pluralistische Union: Minderheitenrechte gehören in die EU-Grundrechtecharta
Linkwww.gfbv.it/3dossier/costeuro-dt.html
Markt, Macht und Monopole. EU-Grundrechtscharta für eine kosequente Menschenrechtspolitik nutzen!
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-monopole.html
Einen Regenbogen der Minderheiten. Welche Politik brauchen Minderheiten heute?
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/regenbogen.html
Eine neue Kultur des Zusammenlebens. Minderheiten und Mehrheiten im Projekt der österreichischen Grünen
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/oegruen.html
Sprachenrechte sind Bürgerrechte. Sprachenrechte sind Menschenrechte! Eine verbindliche EU-Verfassung ist notwendig!
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-verfassung.html
Minderheiten und Medien - Minderheiten in Medien
Linkwww.gfbv.it/3dossier/rai3-99/min-medien-de.html
Konvent
Link an Initiative Minderheitenhttp://europa.eu.int/futurum/
European Bureau for lesser used Languages (EBLUL)
Linkwww.eblul.org
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