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Für ein Europa der Sprachen
Sprachenpluralismus und Sprachendemokratie - die Gfbv-international fordert Minderheitenrechte in der EU-Verfassung
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 1.3.2002

In diesem Jahr soll eine Verfassung der Europäischen Union erarbeitet werden. Der „Konvent“ (Link an Initiative Minderheitenhttp://europa.eu.int/futurum/), ein Gremium unter Leitung des ehemaligen französischen Präsidenten Giscard d´Estaing, ab dem 1. März. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)-International verfolgt diesen Prozess mit kritischem Wohlwollen: Einerseits begrüßen wir es, dass der wachsenden Macht der EU-Institutionen endlich Rechte ihrer Bewohner gegenübergestellt werden. Andererseits gilt es sicherzustellen, dass die Verfassung vollständig und verbindlich ist.

Wir drängen auch deshalb darauf, dass die EU sich nicht länger an Minderheitenfragen vorbeidrückt:


Die EU-Verfassung Artikel muß deshalb beinhalten:


Die GfbV-international setzt sich dafür ein, dass in der EU-Verfassung die Rechte der Minderheiten verankert werden. Wir schlagen folgende Artikel vor:

1) Die Union anerkennt und gewährleistet die unverletzlichen Rechte des Menschen, sei es als Einzelperson, sei es als Angehöriger sozialer, sprachlicher, kultureller oder religiöser Gruppen,
2) Alle Bürger der Union haben die gleiche gesellschaftliche Würde und sind vor dem Gesetz ohne Unterschied des Geschlechts, der Hautfarbe, der Sprache, des Glaubens, der politischen Anschauungen, der persönlichen und sozialen Verhältnisse gleich.
Es ist Aufgabe der Union, die Hindernisse wirtschaftlicher, sozialer und sprachlicher Art zu beseitigen, die durch eine tatsächliche Einschränkung der Freiheit und Gleichheit der Unions-Bürger der vollen Entfaltung der menschlichen Person und der wirksamen Teilnahme an der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gestaltung der Union im Wege stehen.
3) Die Union anerkennt und fördert mit besonderen Bestimmungen die Minderheiten. Angehörige von sprachlichen oder ethnischen Minderheiten haben das Recht, gemeinsam und öffentlich ihre eigene Sprache zu gebrauchen und ihre eigene Kultur zu pflegen.

Die GfbV verlangt, dass die Verfassung individuell einklagbare Rechte enthält, die nicht nur für die Unionsbürger, sondern für alle Bewohner gelten. Sie soll jede staatliche Gewalt im EU-Bereich binden. Eine lückenhafte und schwache Verfassung wäre ein gefährlicher Rückschritt gegenüber der Tradition der Menschenrechte und der demokratischen Verfassungen.

Darüberhinaus setzt sich die GfbV für die europaweite Absicherung des Grundrechtes auf Asyl für politisch Verfolgte und Opfer von grausamer und unmenschlicher Behandlung sowie für die Aufnahme der wichtigsten sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte in die Verfassung ein.

Warum ein Diskriminierungsverbot
Selbst in den westeuropäischen Demokratien werden Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Kultur, Herkunft, Religion usw. diskriminiert. Zwar enthält die - leider unverbindliche und nicht einklagbare - EU-Grund-Rechte-Charta ein Verbot von Diskriminierung, doch müssen wir unbedingt sicherstellen, dass dieses nicht nur für die Bürger der Union, sondern für Drittstaatenangehörige, d.h. für alle Menschen gilt, die hier leben.

Wie z.B. aus der Diskussion um die Gleichstellung von Mann und Frau bekannt ist, ist die faktische Benachteiligung ganzer Gruppen oft nur schwer auszumerzen. Deshalb fordern wir, dass der Artikel zum Diskriminierungsverbot um folgenden Absatz ergänzt wird, der eine „affirmative action“ ermöglichen soll:
„Angehörige von Gruppen, die faktisch benachteiligt werden, sollen besonders gefördert werden.“
Die GfbV setzt sich dafür ein, dass z.B. auch die Bildungsinstitutionen von alteingessenen sprachlichen und ethnischen Minderheiten durch Brüssel bzw. unter dem rechtlichen Schirm Brüssels besonders gefördert werden.

Vertreibungsverbot
Angesichts des Völkermordes an den bosnischen Muslimen (1992-95) und der anhaltenden Massenvertreibungen im Kosovo - erst der Albaner und heute der Serben sowie der Roma, Aschkali und Kosovo-Ägypter - ist von der EU zu fordern, dass sie solche und andere schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern trachtet. Deshalb schlägt die GfbV folgende Formulierung vor:
„Die EU setzt sich für die Verhütung bzw. Beendigung und Strafverfolgung von Angriffskrieg, Völker- und Sozialschichtenmord, Massenvertreibung und anderen schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein.“

Was das Verbrechen der Vertreibung angeht, so gibt es im Völkerrecht bereits Vorlagen für eine Formulierung eines Abwehrrechtes, das Individuen und Gruppen gleichermassen begünstigt. Die GfbV schlägt diesen Text vor, der das Recht auf Heimat und das Recht auf sichere Rückkehr umfasst:



Siehe auch:
Für eine europäische Verfassung
Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Debatten des Konvents
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-verfas.html
Sprachenrechte sind Bürgerrechte. Sprachenrechte sind Menschenrechte! Eine verbindliche EU-Verfassung ist notwendig!
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-verfassung.html
Für eine pluralistische Union: Minderheitenrechte gehören in die EU-Grundrechtecharta
Linkwww.gfbv.it/3dossier/costeuro-dt.html
Markt, Macht und Monopole. EU-Grundrechtscharta für eine kosequente Menschenrechtspolitik nutzen!
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-monopole.html
Einen Regenbogen der Minderheiten. Welche Politik brauchen Minderheiten heute?
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/regenbogen.html
Eine neue Kultur des Zusammenlebens. Minderheiten und Mehrheiten im Projekt der österreichischen Grünen
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/oegruen.html
European Bureau for lesser used Languages (EBLUL)
Linkwww.eblul.org
Minderheiten und Medien - Minderheiten in Medien
Linkwww.gfbv.it/3dossier/rai3-99/min-medien-de.html
Konvent
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