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Vage sind die Hinweise in den EU-Verträgen und in der EU-GRC auf die Existenz von sprachlichen Minderheiten in der EU. Die Erfolgsaussichten, Sprachenrechte in die zu überarbeitenden EU-Verträge aufzunehmen, sind äußerst gering. Die Diskriminierung der Minderheitensprachen bleibt also aufrecht.
Ein Ausweg, ein Bündnis zwischen Sprachminderheiten, Einwanderern, Flüchtlingen, weiteren sozialen Gruppen, die unter Diskriminierung leiden. Der gemeinsame Nenner: der Kampf gegen die Diskriminierung. Immerhin hat sich die EU mit ihrer Grundrechtecharta auch einen Anti-Diskriminierungsartikel genehmigt. Für Sprachminderheiten eine Chance, z.B. die Verweigerung von Schulunterricht in der eigenen Sprache als Diskriminierung anzuprangern.
Ansprechpartner in diesem Fall ist die EU-Beobachtungsstelle zur Überwachung des Rassismus. Diese Stelle muß sich auch regelmäßig mit der Diskriminierung von autochthonen Minderheiten befassen, die zu den faktisch benachteiligten Gruppen gehören. Weitere Ansprechpartner könnten dann auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der Europäischen Gerichtshof (EuGH) werden. Klagepunkt: Die sprachliche Diskriminierung.
In Österreich
versucht die Initiative Minderheiten (http://www.initiative.minderheiten.at)
verschiedene soziale Gruppen und Sprachminderheiten für
gemeinsame Initiativen zu gewinnen. Wie beispielsweise für
ein österreichisches Antidiskriminierungsgesetz. Als Modell
einer neuer Koalition dient die US-Bürgerrechtsbewegung, die
in den 60er Jahren unterschiedlichste Minderheiten vereinen
konnte.
Die EU und die
Anti-Diskriminierungspolitik
Das Thema
Antidiskriminierung hat inzwischen auch in der EU Gewicht
erhalten. Die EU hat sich mit der Grundrechte-Charta einen
eigenen Antidiskriminierungspassus zugelegt. Der EU-Rat will
für die Umsetzung sorgen. So heißt es in einem
EU-Papier zum Thema Rassismus: Am 29. Juni 2000 und am 27.
November 2000 genehmigte der EU-Rat drei wichtige Instrumente,
die Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der
ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer
Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verhindern
und bekämpfen sollen:
- die Richtlinie
2000/78/EG zum Verbot von Diskriminierungen in Beschäftigung
und Beruf, die Diskriminierungen aus Gründen der Religion
oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der
sexuellen Ausrichtung untersagt;
- die Richtlinie
2000/43/EG zum Verbot von Diskriminierungen aus Gründen der
Rasse oder der ethnischen Herkunft in einem umfassenderen
Spektrum von Bereichen: Beschäftigung, Bildung,
Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen sowie
Sozialschutz;
- ein Aktionsprogramm
der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen
(Beschluss 2000/750/EG des Rates), das die Umsetzung der
Richtlinien durch den Informations- und Erfahrungsaustausch sowie
die Verbreitung bewährter Verfahren in legislativen wie auch
in nicht legislativen Bereichen unterstützen und
ergänzen soll. Die Organisationen werden auf alle drei Texte
verwiesen, die unter folgender Internet-Adresse abrufbar sind:
http://europa.eu.int/comm/employment_social/fundamri/legln_en.htm
Definition des
Begriffes „Diskriminierung“
Im Rahmen dieses
Aufrufs kommen nur Vorschläge für eine Förderung
in Betracht, die Diskriminierungen aus Gründen der Rasse
oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der
Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen
Ausrichtung verhindern oder bekämpfen wollen. Aus den
Vorschlägen muss außerdem hervorgehen, wie sie die
erforderliche Einbeziehung der Geschlechterproblematik in alle
Maßnahmen berücksichtigt haben.
Als Diskriminierung
gilt, wenn eine Person oder eine Gruppe von Personen aus
Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion
oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der
sexuellen Ausrichtung weniger gut behandelt wird als eine andere
(unmittelbare Diskriminierung), oder wenn eine scheinbar neutrale
Bestimmung darauf abzielt, eine Gruppe von Personen aus den
genannten Diskriminierungsgründen zu benachteiligen, wenn
dies nicht objektiv gerechtfertigt ist (mittelbare
Diskriminierung).
* Anders
ausgedrückt, Diskriminierung bedeutet, dass Menschen ohne
triftigen Grund anders, negativ oder schlecht behandelt werden.
Entsprechend den Menschenrechtsbestimmungen bedeutet
Diskriminierung, dass aus einem unzulässigen Grund zwischen
bestimmten Einzelpersonen oder Gruppen unterschieden wird. Dem
liegt der Gedanke zugrunde, dass Menschen nicht einfach wegen
ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder
Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer
sexuellen Ausrichtung benachteiligt werden
dürfen.
* Diese Behandlung
wird Diskriminierung genannt und ist rechtswidrig. Wenn es in
einer Stellenanzeige oder in einer öffentlichen
Bekanntmachung heißt, dass „sich keine behinderten
Menschen zu bewerben brauchen“ oder dass
„Ausländer nicht zugelassen sind“, ist die
Aussage eindeutig – und diskriminierend. Ebenso ist uns
allen klar, dass es diskriminierend und herabsetzend ist, wenn
Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder ihres Alters oder wegen einer
körperlichen oder geistigen Behinderung beschimpft werden.
Handlungen dieser Art sind leicht zu
erkennen.
* Diskriminierungen
können aber auch wesentlich subtiler sein und sind dann
schwerer abzustellen. Die Diskriminierung hat sich im Laufe der
Zeit weiterentwickelt und schließt auch
Ungleichbehandlungen ein, die sich aus der Anwendung von Regeln
oder Maßnahmen ergeben, die an sich scheinbar keine
diskriminierende Absicht verfolgen (mittelbare Diskriminierung).
Wenn jemandem die gewünschte Dienstleistung oder der
Arbeitsplatz, den er seiner Ansicht nach verdient, verweigert
wird, kann eine Diskriminierung vorliegen. Dann muss untersucht
werden, ob die Rasse, das Geschlecht oder das Alter usw. der
betroffenen Person bei der Verweigerung der Dienstleistung oder
des Arbeitsplatzes eine Rolle gespielt haben oder ob andere,
triftige Gründe vorlagen.
* Bisweilen lässt
sich nur feststellen, ob eine Diskriminierung vorliegt, wenn man
die Auswirkungen auf Gruppen von Menschen prüft. Wenn
Menschen, die im Rollstuhl sitzen, nicht zu einem Schalter in
Post, Bank usw. gelangen können, liegt auf der Hand, dass
sie nicht gut bedient werden. Oder wenn Menschen von über 50
Jahren fast nie für eine bestimmte Arbeit eingestellt
werden, kann man sich fragen, ob es dafür einen guten Grund
gibt oder ob dies auf ein Vorurteil gegenüber älteren
Arbeitskräften zurückzuführen
ist.
* Belästigung ist
jedes unerwünschte physische oder verbale Verhalten, das
andere beleidigt oder erniedrigt. Ein solches Verhalten kann die
Fähigkeit der Betroffenen, eine Arbeit auszuüben oder
eine Dienstleistung zu erlangen, beeinträchtigen.
Belästigung ist eine Art von Diskriminierung.
Belästigung ist als Form der Diskriminierung zu betrachten,
wenn ein unerwünschtes Verhalten im Zusammenhang mit einem
der genannten Gründe an den Tag gelegt wird mit dem Zweck
oder der Wirkung einer Verletzung der Würde einer Person und
der Schaffung einer einschüchternden, feindseligen,
herabsetzenden, erniedrigenden oder beleidigenden
Atmosphäre. Eine Belästigung kann in einem einzigen
Vorfall oder in mehreren Vorfällen innerhalb eines
bestimmten Zeitraums bestehen. Sie kann viele Formen annehmen,
beispielsweise: Drohungen, Einschüchterung oder
Beschimpfungen; unerwünschte Bemerkungen oder
Späße über Themen wie beispielsweise ethnische
Zugehörigkeit, Religion, Behinderung oder Alter;
Zur-Schau-Stellen rassistischer oder sonstiger beleidigender
Bilder oder Plakate.
Unterschied
zwischen Diskriminierung und sozialer
Ausgrenzung
Der Begriff
Diskriminierung unterscheidet sich von dem der sozialen
Ausgrenzung. Die rechtsbezogene Betrachtungsweise, die ihren
Ursprung in der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre hat,
bewirkt eine Revolution bei den Ideen sowie durch den Druck, der
ausgeübt wird, um eingeführte Maßnahmen und
Verfahren zu ändern. Einfach ausgedrückt läuft
dies auf die Behauptung hinaus, dass Menschen keine Probleme
sind, sondern Rechte haben. Eine feministische Autorin hat darauf
hingewiesen, dass „schon die Tatsache an sich, dass eine
rechte- und nicht eine bedürfnisbezogene Forderung
formuliert wird, ein wichtiger Schritt in Richtung auf das
Eingeständnis von sozialem Unrecht
ist“.
* Bei einer
rechtesbezogenen Betrachtungsweise liegt das Hauptproblem darin,
dass es in der Gesellschaft zu wenig Raum für menschliche
Unterschiede und die Achtung der Vielfalt gibt, und nicht in den
Unterschieden selbst. Das Kernproblem ist somit die
Gleichstellung und die Achtung der Vielfalt. Der
Gleichstellungsgesichtspunkt verleiht dem Verstoß gegen
andere Rechte, z. B. Freiheit, Recht auf
Gesundheitsfürsorge, Recht auf Bildung und Recht auf Arbeit,
eine zusätzliche Bedeutung. Denn dabei stehen nicht so sehr
diese Rechte an sich auf dem Spiel, sondern die Sicherung eines
gleichberechtigten effektiven Genusses dieser Rechte für
Menschen, die aus den in Artikel 13 des EG-Vertrags
aufgeführten Gründen Diskriminierungen ausgesetzt
sind.
Die soziale
Eingliederung und die Bekämpfung von Diskriminierungen
lassen sich von unterschiedlichen Basisideen leiten (ebenso wie
die wichtigsten administrativen und politischen Mechanismen und
die jeweiligen zentralen Akteure). Ideologisch gesehen
stützen sich die Maßnahmen zur sozialen Eingliederung
auf soziale Rechte, wobei die Notwendigkeit staatlicher
Interventionen bei der Bereitstellung von Dienstleistungen
hervorgehoben wird, wenn die soziale Absicherung
gewährleistet, Einkommensverluste ausgeglichen und ein
„annehmbarer“ Lebensstandard gesichert werden
sollen.
Der von den
Menschenrechten oder der Bekämpfung von Diskriminierungen
ausgehende Ansatz verweist bei Behandlung derselben Fragen
darauf, dass die Bereitstellung von Dienstleistungen allein nicht
immer das geeignetste Instrument zur Sicherung der
Chancengleichheit darstellt. Der rechtesbezogene Ansatz verweist
ferner kritisch auf diejenigen staatlichen Bestimmungen oder
Unzulänglichkeiten, die als diskriminierend angesehen werden
können. Auch spricht er Fragen an, die über die
Sozialpolitik hinausreichen und sich auf eine umfassendere
politische „Arena“ erstrecken (bürgerliche,
politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Daher
ist Artikel 13 nicht Teil des Sozialkapitels des Vertrages,
sondern gehört zu den Grundsätzen). Hierbei muss
allerdings hervorgehoben werden, dass ein derartiger Ansatz
möglichst durch aktive Maßnahmen zur sozialen
Eingliederung zu ergänzen ist.
Die Europäische
Gemeinschaft ist auch darauf verpflichtet, die soziale
Ausgrenzung zu bekämpfen, und hat in diesem Kontext eine
Reihe von Instrumenten genehmigt, zu denen ein Vorschlag für
ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von
Armut und sozialer Ausgrenzung gehört, das am 1. Januar 2002
anlaufen soll. Ferner wird die Kommission in Kürze einen
Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für
„vorbereitende Maßnahmen zur Bekämpfung von
sozialer Ausgrenzung“ veröffentlichen. Unter der
folgenden Internet-Adresse können Sie Näheres über
diese Instrumente oder Maßnahmen erfahren:
http://europa.eu.int/comm/employment_social/soc-prot/soc-incl/index_en.htm
Eine kohärente
Strategie zur Bekämpfung von
Diskriminierungen
Die Kommission hat die
Prioritäten im Kontext dieses Aufrufs zur Einreichung von
Vorschlägen zur Bekämpfung von Diskriminierungen
– wie in den Leitlinien 2001 aufgeführt – wie
folgt begrenzt:
(a) Bekämpfung
von Diskriminierungen innerhalb öffentlicher Verwaltungen
und durch diese (2001 sollen Vorbereitungsarbeiten im Bereich von
Gesundheit und Bildung Vorrang erhalten);
(b) Bekämpfung
von Diskriminierungen innerhalb der Medien und durch
diese;
(c) gleichberechtigte
Beteiligung an der politischen, wirtschaftlichen und sozialen
Entscheidungsfindung;
(d) gleichberechtigter
Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der
Öffentlichkeit zur Verfügung stehen,
einschließlich von Gütern und Dienstleistungen in den
Bereichen Unterbringung, Transport, Kultur, Freizeit und Sport,
wie auch gleichberechtigte Versorgung mit
diesen.
Ein wichtiger Aspekt
der Bekämpfung von Diskriminierungen besteht daher darin,
Menschen, die Diskriminierungen ausgesetzt sind, über ihre
Rechte zu informieren; und es ihnen zu ermöglichen, für
sich selbst einzutreten und zusammenzuarbeiten, damit ihre
Präsenz auf allen Ebenen der Gesellschaft deutlich wird.
Beseitigung der Hindernisse, die einer gleichberechtigten
Teilhabe an allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens
entgegenstehen, durch eine Mobilisierung aller Akteure und
Interessengruppen Zweitens geschieht es nur sehr selten, dass die
Betroffenen auf die Teilhabe vorbereitet oder ihnen Wege in die
Gesellschaft eröffnet werden. Außerdem erweist es sich
als notwendig, gegen Diskriminierungen innerhalb der Gesellschaft
vorzugehen.
Dies bedeutet, dass
die relevanten Antidiskriminierungsvorschriften und/oder
-maßnahmen öffentliche und private Akteure erreichen
müssen, die aus den oben genannten Gründen absichtlich
oder auch unabsichtlich diskriminieren. Darüber hinaus sind
Hindernisse, die dem Zugang zur Gesellschaft entgegenstehen,
allmählich abzubauen und ein positiver Plan aufzustellen, um
zu gewährleisten, dass alle Wege offen bleiben und leicht zu
nutzen sind.
Dies kann durch die
Genehmigung von Verhaltensregeln wie auch die Durchführung
von Audits usw. erreicht werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass
der Begriff der Bekämpfung von Diskriminierungen auch im
Behindertenbereich gebräuchlich ist, dort aber eine andere
Bedeutung annimmt. Der Begriff der „angemessenen
Vorkehrungen“ ist entscheidend bei der Bekämpfung
mittelbarer Diskriminierungen. Dabei müssen im Wesentlichen
die grundlegenden Unterschiede gebührend berücksichtigt
und vernünftige Anpassungsanstrengungen unternommen werden,
um mittelbare Diskriminierungen zu vermeiden.
Betätigung im
Bereich der strategischen Kommunikation – Achtung der
Vielfalt und Förderung von Toleranz und Verständnis
Auch die Einstellungen in der Öffentlichkeit und das von den
Medien verbreitete Bild der Unterschiede verhindern einen vollen
und gleichberechtigten Zugang zur
Gesellschaft.
Zu den bei der
Bekämpfung von Diskriminierungen wesentlichen Faktoren
gehört die Verstärkung des Bewusstseins und des
Verständnisses für die Diskriminierungen, denen sich
Menschen aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, ihrer
Religion oder Weltanschauung, ihres Alters, einer Behinderung
oder ihrer sexuellen Ausrichtung gegenübersehen. Dabei sind
umfassende, auf die ganze Gesellschaft gerichtete Anstrengungen
zur Änderung der Einstellungen gegenüber Rasse und
ethnischer Herkunft, Religion und Weltanschauung, Alter,
Behinderung und sexueller Ausrichtung zu
unternehmen.
Eu-weit waren es NGO, die mit der Strategie der "Starting Line" Druck auf ein Verbot der Diskriminierung gemacht haben. Der Initiative "Starting Line "gelang es immerhin, in den Amsterdamer Unionsvertrag den Artikel 13 (Nichtdiskriminierungsmaßnahmen) hineinzubringen. Folge davon ist auch der öfters erwähnte Nichtdiskriminierungs-Passus in der EU-Grundrechtecharta.
In Österreich haben NGO diese Idee aufgegriffen und in einer Arbeitsgruppe mit dem Boltzmann Institut für Menschenrechte ein entsprechendes Anti-Diskriminierungsgesetz ausgearbeitet. Eine Idee, die die Initiative Minderheiten (eine Initiative von interkulturellen Organisationen, von Einwanderer-Komitees und verschiedenen Vereinen der Sprachminderheiten) seit mehr als einem Jahrzehnt lanciert hat. Ziel des Gesetzes ist die Bekämpfung von Diskriminierungen aufgrund persönlicher Merkmale, "Rasse", Hautfarbe, Sprache, Nationalität, sexueller Orientierung und sexueller Identität sowie religiöser und politischer Überzeugung, Behinderung und Alter.
Der Verfasser des Entwurfs eines allgemeinen Antidiskriminierungsgesetzes, Dieter Schindlauer vom Boltzmann-Institut, beschreibt das Zustandekommen als schwierig. Manchmal, so Schindlauer, fehlte die Solidarität, die die Grundlage eines Antidiskriminierungsgesetzes ist. Ein Jahr intensiver Auseinandersetzungen schaffte aber einen Grundkonsens und den Entwurf. "Wenngleich für keine der Gruppe auch nur annähernd die faktische Gleichstellung erreicht ist, so ist in manchen wesentlichen Bereichen etwa das Schutzniveau gegen Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung oder des Geschlechtes bedeutend höher, als es gegen rassistische Diskriminierungen ist. Rassistische Diskriminierung ist aber wiederum zumindest in manchen (sehr eingeschränkten) Bereichen bereits rechtlich verfolgbar, während die sexuelle Orientierung als Diskriminierungsgrund rechtlich so gut wie nicht anerkannt ist", so Schindlauer.
Der Kampf gegen die Diskriminierung einte in Österreich Behinderten- und MigrantInnenbewegungen, aber auch Homosexuelle und Organisationen der Sprachminderheiten. Als Beispiel dafür diente die erfolgreiche US-Bürgerrechtsbewegung und ihre Regenbogen-Koalition sozialer, religiöser und ethnischer Minderheiten. Der österreichischen Anti-Diskriminierungs-Initiative ist auch bewußt, daß ein Anti-Diskriminierungsgesetz (muß laut EU-Richtlinie bis Ende 2003 umgesetzt sein) ein erster Schritt ist. Weiterhin notwendig bleiben zusätzliche besondere Maßnahmen (z.B. affermative actions), die auf die tatsächlichen Bedürfnisse einzelner Gruppen zugeschnitten sind.
In Österreich
wollen die NGO im Verbund mit Boltzmann-Institut erreichen,
daß das vorgeschlagene Gesetz ein System zur
Bekämpfung von Diskriminierungen zur Folge hat. Großer
Wert wird dabei auf die Schaffung eines "nationalen Ombudsmannes"
für Anti-Diskriminierungsmaßnahmen gelegt. Er
würde Anlaufstelle werden für Betroffene, deren
Anliegen erhalten Aufmerksamkeit und Unterstützung
(nähere Informationen über: Dieter Schindlauer/Ludwig
Boltzmann-Institut für Menschenrechte: dieter.schindlauer@univie.ac.at).
Affermative action
- Das Beispiel aus den USA
Mit dem Civil Rights
Act von 1964 wurde in den USA die Diskriminierung aufgrund von
"Rasse" bzw. Hautfarbe, Religion und nationaler Herkunft sowie
Geschlechtszugehörigkeit verboten. In den 70er Jahren wurde
das Diskriminierungsverbot ausgedehnt auf Behinderte und alte
Menschen.
Dank der
Bürgerrechtsbewegung gilt in den USA eine umfassende
Anti-Diskriminierungsgesetzgebung - bezuggenommen wird
hauptsächlich auf die afro-amerikanische Bevölkerung,
auf die indianische Minderheit, auf die "hispanics" (Zuwanderer
aus Lateinamerika) und die "Asian-Americans". Die
Anti-Diskriminierungsgesetze garantieren:
* den Zugang zu
Einrichtungen und Plätzen mit Öffentlichkeitscharakter
(Hotels, Restaurants, Kultur- und Sportstätten,
etc.),
* zu öffentlichen
Schulen und Universitäten sowie zum öffentlichen und
privaten Wohnungswesen.
* Auch im
Beschäftigungsbereich (privat und öffentlich) gelten
Anti-Diskriminierungsregeln.
* Bei der Vergabe von
Bundesmitteln an private und öffentliche Einrichtungen sind
diese verpflichtet, Diskriminierungen zu unterbinden. Die
Verletzung von Anti-Diskriminierungsbestimmungen hat die
Rückzahlung von Subventionen zur Folge.
Das
Justizministerium koordiniert die Abteilungen für
Bürgerrechte in 28 Bundeseinrichtungen. Betroffene
Bürger, Individuen oder Gruppen, können sich im Fall
von Diskriminierung an Bundesgerichte oder an die Gerichte der
einzelnen Bundesstaaten wenden.
Die
Anti-Diskriminierungsgesetzgebung wurde mit dem "affermative
action", eingefordert von der Bürgerrechtsbewegung, in eine
sogenannte "positive Diskriminierung" umgewandelt. Gerichte
können private und öffentliche Einrichtungen bzw.
Arbeitgeber dazu verpflichten, zur Beseitigung des systematischen
Unterrepräsentation von historisch oder gegenwärtig
benachteiligten Gruppen besondere Maßnahmen (etwa durch
eine Quotenregelung) zu setzen.
Letzthin wenden sich
besonders Angehörige des weißen Mittelstandes gegen
die "affermative action". Diese verletzte das Prinzip der
Chancengleichheit und strebe die Gleichheit der Resultate an, so
der Vorwurf der Gegner. Auch der Oberste Gerichtshof zweifelt
immer stärker die Quotenregelung auf dem Arbeitsmarkt und an
den Universitäten an. Der Protest gegen die "affermative
action" wird hauptsächlich von republikanischen Kreisen
getragen.
Das kanadische
Modell - Individueller Schutz vor
Diskriminierung
Auf Bundesebene regelt
seit 1978 der "Canadian Human Rights Act" die
Menschenrechtsgesetzgebung (betroffen davon sind bundesweit
operierende Unternehmen wie Post, Fluglinien, Banken, TV- und
Radiostationen, Kommunikations- und Telefonunternehmen, Autobus-
und Eisenbahnunternehmen usw.).
Genauso regeln die
einzelnen Provinzen (erstmals 1962 in Ontario eingeführt)
mit eigenen Menschenrechtsgesetzgebungen diese Materie (.
Betroffen sind ausschließlich Institutionen, Einrichtungen
und Unternehmen, die in der jeweiligen Provinz
operieren.
Bundes- und
Provinzgerichtshöfe haben ihre eigenen übergeordneten
Appellationsgerichtshöfe.
Der "Canadian Human
Rights Act" regelt zwölf Bereiche (das reicht von "Rasse",
Hautfarbe bis zur sexuellen Orientierung). Bei einem
Verstoß gegen die Anti-Diskriminierungsregelung können
sich Betroffene an die "Canadian Commission for Human Rights"
wenden (ähnlich verhält es sich in den
Provinzen).
Weg mit den
Sperrklauseln - Österreichs Verfassungsrichter als
Minderheiten-Lobby
Der Kärntner
Landeshauptmann Jörg Haider hat recht ungehalten auf die
Verfassungsrichter reagiert. Ein untrügliches Zeichen
dafür, daß die obersten Verfassungsrichter - zwar
spät - ihre Stimmen zugunsten der Sprachminderheiten
erhoben. Die Verfassungsrichter lehnten die 25 Prozent-Klausel im
sogenannten "Volksgruppengesetz" (erst bei einem Anteil von 25
Prozent an der Bevölkerung kann eine Sprachminderheit die
eigene Amtssprache und die eigenen Ortsnamen einfordern) als
einen Widerspruch zum Staatsvertrag (Artikel 9 regelt den
Gebrauch der Minderheitensprachen) ab.
Geklagt haben
slowenischsprachige Eltern aus dem Kärntner Bezirk
Völkermarkt, die sich
gegen die 25
Prozent-Klausel wandten. Nur ein Bruchteil der Gemeinden
erfüllte diese Bedingungen, in den meisten stellen die
slowenischen Bürger zehn Prozent der
Bevölkerung.
Die amtliche
Zweisprachigkeit war damit hinfällig. Die erfolgreiche Klage
bezeichnete Haider als einen Verfassungsprügel, er
läßt sich seine Minderheitenpolitik nicht von den
Buchstaben der Gesetze diktieren.
Franjo Schruiff von
der Initiative Minderheiten lobte das Urteil des
Verfassungsgerichts als einen bedeutenden Schritt für die
Ausweitung der Minderheitenrechte der Slowenen und Kroaten.
Schruiff geht davon aus, daß alle Gemeinden in Kärnten
und im Burgenland mit einer zehnprozentigen
Minderheitenbevölkerung zur Zweisprachigkeit verpflichtet
sind. Notwendig wird auch die "Novellierung" des
Volksgruppengesetzes sein. Die bisherige 25-Prozent-Klausel
muß laut Empfehlung des Verfassungsgerichts auf zehn
Prozent heruntergesetzt werden. Sollte die Bundesregierung der
Empfehlung nicht folgen, geht die Initiative Minderheiten davon
aus, daß das Verfassungsgericht die 25-Prozent-Klausel
aufheben wird.
Die bisher in
Kärnten und seit kurzem im Burgenland geltende
Ortstafelregelung muß laut Schruiff ebenso abgeändert
bzw. entsprechend ergänzt werden.
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Eine Publikation der Gesellschaft für bedrohte
Völker. Weiterverbreitung bei Nennung der Quelle
erwünscht
Una pubblicazione
dell'Associazione per i popoli minacciati. Si prega di citare la
fonte.
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