|
Auszug aus der
Sachverhaltsdarstellung:
Der Verdächtige
ist Landeshauptmann von Kärnten.
Am 13.12.2001
verkündete der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung im
Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren G 213/01, V 62,
63/01. Der wesentliche Inhalt der Entscheidung ist, daß die
Wortfolge „wegen der verhältnismäßig
beträchtlichen Zahl (1/4) der dort wohnhaften
Volksgruppenangehörigen“ in § 2 Abs. 1 Z 2 des
Volksgruppengesetzes als verfassungswidrig aufgehoben wurde,
weiters wurde eine Wortfolge in § 1 Z 2 der slowenischen
Topographieverordnung als gesetzwidrig aufgehoben und
schließlich wurde ein Teil der Verordnung der
Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt betreffend die
Aufstellung einer Ortstafel für die Ortschaft St.
Kanzian/Škocijan als gesetzwidrig aufgehoben. Als Folge
dieses Erkenntnisses werden mit Inkrafttreten der Aufhebung mit
1.1.2003 in Südkärnten nicht nur jene Aufschriften
topographischer Natur sowohl in deutscher als auch in
slowenischer Sprache zu verfassen sein, welche sich, so wie nach
der bisherigen Rechtslage, auf Orte beziehen, in welchen mehr als
1/4 der dort wohnhaften Bevölkerung sich aus
Volksgruppenangehörigen zusammensetzt, sondern auch jene,
welche Ortschaften betreffen, in welchen durch einen
längeren Zeitraum mehr als 10 % der Bevölkerung sich
aus Angehörigen der slowenischen Volksgruppe zusammensetzte.
Dies ergibt sich, so der VfGH, aus der Verfassungsbestimmung des
Art. 7 Z 3 2. Satz des Staatsvertrages von Wien und insbesondere
aus dessen Entstehungsgeschichte, da der ursprüngliche
britische Entwurf, wonach sich diese Bestimmung auf Gebietsteile
mit einer „considerable proportion“ an
Volksgruppenangehörigen beziehen sollte, zu Gunsten der
Vertrag und Gesetz gewordenen Formulierung verworfen wurde.
Daraus folge aber, daß inneralb der völkerrechtlich
vorgesehenen Bandbreite für derartige Regelungen zwischen 5
und 25 % an Volksgruppenangehörigen, die im Art. 7 Z 3 des
Staatsvertrages von Wien vorgesehenen Maßnahmen nicht nur
in jenen Gebieten umzusetzen sind, welche einen Prozentsatz an
Volksgruppenangehörigen im oberen Bereich dieser Bandbreite
aufweisen, sondern verlangt eine verfassungskonforme Umsetzung
eine Lösung im unteren Prozentbereich der
Bandbreite.
1.) Sofort
nach Bekanntwerden dieser Entscheidung des Höchstgerichtes,
somit noch am 13.12.2001, bezeichnete der verdächtige LH die
Entscheidung wörtlich als „verfrühte
Faschingsentscheidung“. Er betonte, er werde die
Entscheidung keinesfalls umsetzen. Die Bezeichnung der
Entscheidung als „Faschingsentscheidung“ erfolgte
öffentlich und wurde sowohl im ORF als auch in den
Tageszeitungen des 14.12.2001 verbreitet und in den
darauffolgenden Tagen mehrfach wiederholt.
Gemäß
§ 116 StGB sind Handlungen nach dem § 111 (üble
Nachrede) oder dem § 115 (Beleidigung) auch strafbar, wenn
sie gegen den Nationalrat, den Bundesrat, die Bundesversammlung
oder einen Landtag, gegen das Bundesheer, eine selbständige
Abteilung des Bundesheeres oder gegen eine Behörde gerichtet
sind und öffentlich begangen werden.
Der VfGH ist
jedenfalls eine Behörde. Die Bezeichnung der Entscheidung
des Höchstgerichtes als „verfrühte
Faschingsentscheidung“ ist beleidigend.
Entschuldigungsgründe liegen keine vor.
2.) Im
Zeitraum 13. bis 18.12.2001 hat der verdächtige LH mehrfach
und eindeutig betont, er werde die Entscheidung des VfGH nicht
umsetzen. Er betonte, es werde keine weiteren zweisprachigen
Ortstafeln in Kärnten geben, so lange er LH sei. Dies sei
eine Frage, in welcher er nicht gesprächsbereit sei. Diese
Aussagen des verdächtigen LH wurden öffentlich sowohl
via ORF als auch in so gut wie allen österreichischen
Printmedien verbreitet.
Gemäß
§ 281 StGB ist zu bestrafen, wer in einem Druckwerk, im
Rundfunk oder sonst auf eine Weise, daß es einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich wird, zum allgemeinen
Ungehorsam gegen ein Gesetz auffordert.
Der LH von
Kärnten fordert zum allgemeinen Ungehorsam gegen die
Verfassungsbestimmung des Art. 7 Z 3 2 Satz des Staatsvertrages
von Wien auf, indem er ankündigt, diese Bestimmung
keinesfalls umsetzen zu wollen und zumindest seine Parteifreunde,
aber auch die kärntner und österr. Bevölkerung
auffordert, diese Bestimmung gleichfalls zu
mißachten.
3.) Am
16.12.2001 forderte der verdächtige LH, als Folge des oben
erwähnten Erkenntnisses des VfGH müsse der
Präsident des VfGH abgesetzt werden. Damit stellt der LH von
Kärnten die Unabhängigkeit der Justiz in Frage, da er
als Konsequenz eines Urteiles, mit welchem er nicht einverstanden
ist, die Absetzung des Richters fordert. Des weiteren
kündigte der LH von Kärnten an, eine Volksbefragung in
Kärnten über die Frage weiterer zweisprachiger
Ortstafeln durchführen zu wollen. Abgesehen davon, daß
die Durchführung einer derartigen Volksbefragung auch aus
anderen Gründen verfassungswidrig sein dürfte,
verstößt sie jedenfalls gegen die sogenannte
„Staatszielbestimmung“ des Art. 8 Abs. 2 B-VG, wonach
sich die Republik - Bund, Länder und Gemeinden – zu
ihren Volksgruppen bekennt und ihre Sprache und Kultur, der
Bestand und die Erhaltung zu sichern und zu fördern
sind.
Gemäß
§ 246 StGB ist strafbar, wer eine Verbindung gründet,
deren, wenn auch nicht ausschließlicher, Zweck es ist auf
gesetzwidrige Weise die Unabhängigkeit, die in der
Verfassung festgelegte Staatsform oder eine
verfassungsmäßige Einrichtung der Republik
Österreich oder eines ihrer Bundesländer zu
erschüttern. Ebenso ist zu bestrafen, wer sich in einer
solchen Verbindung führend betätigt, für sie
Mitglieder wirbt oder sie mit Geldmitteln oder sonst in
erheblicher Weise unterstützt. Wer an einer solchen
Verbindung sonst teilnimmt oder sie auf eine andere Weise
unterstützt, ist ebenso zu bestrafen.
Wenn der
verdächtige LH statt eine Umsetzung des Erkenntnisses des
VfGH die Absetzung des Präsidenten des VfGH fordert, ist
dies einerseits gesetzwidrig und andererseits geeignet eine
verfassungsmäßige Einrichtung der Republik,
nämlich den VfGH, zu erschüttern. Indem er weiters
ankündigt, nicht nur die Rechte der slowenischen Volksgruppe
gemäß Art. 7 Z 3 Satz 2 des Staatsvertrages von Wien
nicht verwirklichen zu wollen, sondern in weiterer Folge auch
damit droht, weitere bestehende Rechte dieser Volksgruppe
abzuschaffen, erschüttert er auch die in der Verfassung
festgelegte Staatsform, deren tragender Grundpfeiler die
Rechtsstaatlichkeit und darunter auch der Minderheitenschutz
ist.
Es ist daher zu
prüfen, ob es sich bei der Verbindung, deren einfaches
Parteimitglied der verdächtige LH ist, nicht um eine
staatsfeindliche Verbindung im Sinne des § 246 StGB
handelt.
4.) Zwischen
13.12. und 18.12.2001 äußerte der verdächtige LH
mehrfach öffentlich, daß den Angehörigen der
slowenischen Volksgruppe in Kärnten nur noch
Lenkerberechtigungen ausgestellt werden sollten, deren
Geltungsbereich auf jenes Gebiet eingeschränkt ist, in
welchem zweisprachige topographische Aufschriften vorgesehen
sind. Des weiteren bezeichnete er Angehörige der
slowenischen Volksgruppe, insbesondere diejenigen, welche eine
Umsetzung des Erkenntnisses des VfGH fordern bzw. Anlaß
für dieses Erkenntnis waren, als „Zündler“,
„Scharfmacher“ u.ä. Des weiteren bezeichnete er
die slowenische Volksgruppe in Kärnten als
überprivilegiert und bereits mit zu vielen Rechten
ausgestattet, diese Rechte müsse man wieder
zurücknehmen. Diese Äußerungen erfolgten
öffentlich.
Gemäß
§ 283 StGB ist strafbar, wer öffentlich auf eine Weise,
die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden,
zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende
Kirche oder Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre
Zugehörigkeit zu einer solchen Kirche oder
Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem
Volksstamm oder einem Staat bestimmte Gruppe auffordert oder
aufreizt. Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine
der in Abs. 1 bezeichneten Gruppen hetzt oder sie in einer die
Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder
verächtlich zu machen sucht.
Zumindest zweiteres
hat der LH von Kärnten jedenfalls getan, indem er versuchte
die Angehörigen der slowenischen Volksgruppe lächerlich
zu machen und ihr als LH des Bundeslandes, in welcher sie
beheimatet sind, mit der Einschränkung ihrer Rechte
drohte.
5.) Wie
bereits erwähnt, hat der verdächtige LH mehrfach
angekündigt, die Entscheidung des VfGH nicht umsetzen zu
wollen und auf keinen Fall weitere zweisprachige Aufschriften,
wie sie in Art. 7 Z 3 Satz 2 des Staatsvertrages von Wien
vorgesehen sind, aufzustellen. Er drohte vielmehr damit, die
bestehende Form des zweisprachigen Schulwesens zu liquidieren,
selbst bereits bestehende zweisprachige Ortstafeln wieder zu
entfernen, die zweisprachigen Kindergärten nicht mehr zu
fördern, die Radiosendungen in slowenischer Sprache
abzuschaffen, die finanzielle Förderung der slowenischen
Volksgruppe einzustellen u.ä.
Gemäß Art.
7 Z 5 des Staatsvertrages von Wien ist die Tätigkeit von
Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder
slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte
als Minderheit zu nehmen, zu verbieten.
Es ist zu prüfen,
ob die Organisation, deren Mitglied der verdächtige LH zwar
als einfaches, aber dennoch führendes, Mitglied
angehört, angesichts dieser Äußerungen nicht als
Organisation zu qualifizieren ist, die darauf abzielt, der
slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte
als Minderheit zu nehmen.
BEWEIS: einzuholende Tonband- und Fernsehaufzeichnungen des ORF über die zwischen 13. und 18.12.2001 getätigten Aussagen des LH von Kärnten, vorzulegende oder von Amts wegen beizuschaffende Berichte in den österr. Printmedien im Zeitraum zwischen 14. und 19.12.2001
Zur Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Klagenfurt bringen wir vor, daß die Äußerungen des LH jeweils in Klagenfurt/Celovec getätigt wurden.
Rückfragen: Marjan Pipp +43 664
4437110
|
Copyright - Suchmaschine - URL: www.gfbv.it/3dossier/oevz/011220.html |
WebDesign & Info @ M. di
Vieste
|