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Allgemeine Empfehlungen der Deklaration |
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Wir, die Indigenen
Völker aus verschiedenen Gegenden der Welt, sind nach
Seattle gekommen, um unserer großen Sorge über die Art
und Weise Ausdruck zu verleihen, wie die Welthandelsorganisation
(World Trade Organization / WTO) Mutter Erde und die kulturelle
wie biologische Vielfalt zerstört, deren Teil wir
sind.
Liberalisierung des Handels
und auf den Export orientierte Entwicklung, die vorherrschenden
Prinzipien und Verfahrensweise, die von der WTO gefördert
werden, wirken sich verheerend auf das Leben Indigener
Völker aus. Unser angestammtes Recht auf Selbstbestimmung,
unsere Souveränität als Nationen sowie Verträge
und andere Vereinbarungen, die zwischen Indigenen Völkern
und Nationen und anderen Nationalstaaten ausgehandelt wurden,
werden von den meisten WTO - Vereinbarungen unterlaufen. Die
unverhältnismäßig großen Auswirkungen
dieser Vereinbarungen auf unsere Gemeinschaften, ob durch
Umweltzerstörung oder Militarisierung und Gewalt, von denen
Entwicklungsprojekte häufig begleitet werden, sind
schwerwiegend und verlangen sofortige
Aufmerksamkeit.
Die WTO - Vereinbarung zu
Landwirtschaft (Agreement on Agriculture / AOA) setzt sich ein
für Exportwettbewerb und Liberalisierung der Importe. Sie
ermöglichte, dass billige landwirtschaftliche Produkte in
unsere Gemeinschaften gelangten. Dadurch werden ökologisch
sinnvolle und naturerhaltende Anbaumethoden Indigener Völker
zerstört. Die gesicherte Nahrungsversorgung und die
Produktion traditioneller Nahrungsmittel sind ernsthaft in
Gefahr. Da die traditionellen Nahrungsmittel immer seltener
werden, gleichzeitig immer mehr minderwertige Nahrung unsere
Gemeinschaften überschwemmt, haben Fälle von Diabetes,
Krebs und Bluthochdruck unter Indigenen Völkern deutlich
zugenommen.
Bäuerliche
Kleinbetriebe werden durch die kommerzielle Plantagenwirtschaft
verdrängt, wodurch sich unser angestammtes Land zunehmend in
den Händen weniger Agrarbetriebe und Großgrundbesitzer
konzentriert. Unzählige Menschen aus unseren Gemeinschaften
wurden dadurch bereits entwurzelt und sind in nahegelegene
Städte abgewandert, wo sie nun die Schicht der Wohnungs- und
Erwerbslosen bilden.
Die WTO - Vereinbarung zu
Produkten des Waldes setzt sich ein für den freien Handel mit aus dem
Wald gewonnenen Erzeugnissen. Durch Aufhebung der Zölle in
den entwickelten Ländern zum Jahr 2000 und in den
Entwicklungsländern bis zum Jahr 2003 wird sie zur
Entwaldung vieler Ökosysteme führen, in denen Indigene
Völker leben. Die Bergbaugesetze vieler Länder werden
gerade verändert, um ausländischen
Bergbaugesellschaften freien Zutritt zu verschaffen und ihnen zu
ermöglichen, Abbaugebiete zu kaufen und zu besitzen. Damit
können sie nach Gutdünken Indigene Völker aus
ihrem angestammten Land vertreiben. Solche kommerziellen, in
großem Stil betriebenen Unternehmungen zum Erzabbau und zur
Erdölförderung schädigen unser Land und das
empfindliche Ökosystem unablässig; sie verschmutzen den
Boden, das Wasser und die Luft in unseren
Gemeinschaften.
Die Beschlagnahmung unserer
Ländereien und Rohstoffe und die aggressive Förderung
der am Konsum orientierten und individualistischen westlichen
Kultur zerstören weiterhin unsere traditionellen
Lebensweisen und Kulturen. Dies führt nicht nur zu
Umweltzerstörung, sondern auch zu Krankheiten, Entfremdung
und ausgeprägtem Stress, der sich in dem großen
Ausmaß von Alkoholismus und Selbsttötungen
zeigt.
Der Raub und die Patentierung unserer
biogenetischen Ressourcen ist durch
die WTO - Vereinbarung Handelsbezogene Aspekte intellektueller
Besitzrechte (Trade-Related Aspects of Intellectual Property
Rights / TRIPs) möglich geworden. Einige Pflanzen, die von
Indigenen Völkern entdeckt, kultiviert und als Nahrung,
für Heilzwecke und für heilige Rituale benutzt wurden,
sind in den USA, in Japan und in Europa bereits patentiert
worden. Zu diesen gehören unter anderem Ayahuasca, Quinoa
und Sangre de Drago aus den Wäldern Südamerikas, Kava
aus dem pazifischen Raum, Turmeric (Kurkuma) und Bittermelone aus
Asien. Unser Zugang und unsere Kontrolle über unsere
biologische Vielfalt sowie unsere Kontrolle über unser
traditionelles Wissen und unser intellektuelles Erbe werden durch
die TRIPs - Vereinbarung bedroht.
Artikel 27.3b der TRIPs -
Vereinbarung erlaubt die Patentierung von Lebensformen und
unterscheidet dabei - künstlich - in Pflanzen, Tiere und
Mikro - Organismen. Ebenso absurd ist die Unterscheidung zwischen
"dem Wesen nach biologisch", "nicht biologisch" und
"mikrobiologisch". Unseres Erachtens handelt es sich dabei immer
um Lebensformen und Leben erschaffende Prozesse, die heilig sind
und nicht zum Gegenstand privaten Besitztums werden
sollten.
Die Grundsatzvereinbarung zu Dienstleistungen (General Agreement of Services / GATS) schließlich setzt sich für eine Liberalisierung von Investitionen und Dienstleistungen ein. Sie verstärkt die Beherrschung und das Monopol ausländischer Wirtschaftsunternehmen in strategisch wichtigen Bereichen der Wirtschaft. Weltbank und Weltwährungsfond legen die Voraussetzungen für die Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung in Ländern fest, die sich in der Schuldenfalle gefangen haben. Diese Bedingungen sind von der WTO zusätzlich verstärkt worden.
Angesichts dieser dargestellten negativen Folgen der WTO - Vereinbarungen legen wir, die Indigenen Völker, hiermit die folgenden Forderungen vor: Wir bitten eindringlich um eine soziale und ökologische rechtliche Analyse der sich gegenseitig ergänzenden Auswirkungen dieser Vereinbarungen auf die Indigenen Völker. Indigene Völker sollten gleichberechtigte Teilnehmer sein, wenn die Kriterien und Merkmale dieser Analysen festgelegt werden, damit sie die spirituellen und kulturellen Gesichtspunkte einbringen können. Die Vereinbarungen sollten ferner hinsichtlich der Ungerechtigkeiten und Unausgewogenheiten überprüft werden, die sich nachteilig auf Indigene Völker auswirken. Wir fügen einige Vorschläge an:
Hinsichtlich der Vereinbarung zu Landwirtschaft:
Wir fordern die Mitgliedsstaaten der
WTO auf,
erst dann eine neue Sitzungsrunde einzuberufen, wenn die
Überprüfung und Berichtigung der
Ausführungsbestimmungen bestehender Vereinbarungen
abgeschlossen sind. Die Vorlagen bezüglich eines Vertrages
zu Investitionen, Wettbewerb, erhöhter Industriezölle,
Bevollmächtigung der Regierungen und der Schaffung einer
Arbeitsgruppe zu Biotechnologie lehnen wir
ab.
Wir bitten die WTO eindringlich, Reformen
einzuleiten, damit sie zu einem demokratischen, transparenten und
zuverlässigen Gremium wird. Sollte sie dies verweigern, so
fordern wir die Abschaffung der WTO.
Wir bitten die Mitgliedsstaaten der
WTO eindringlich, die Annahme der gegenwärtigen
Fassung der UN - Deklaration der rechte Indigener Völker und
die Ratifizierung der ILO - Konvention 169 seitens der UN -
Generalversammlung zu befürworten. Wir
fordern alle Basisorganisationen und NGOs auf, diese "Seattle
Deklaration Indigener Völker" zu unterstützen und unter
ihren Mitgliedern zu verbreiten.
Wir sind der festen
Überzeugung, dass die den WTO - Vereinbarungen zu Grunde
liegende Philosophie und die von ihr befürworteten
Prinzipien und Verfahrensweisen unseren eigenen
Grundüberzeugungen, unserer Spiritualität und unserer
Weltsicht, unserer Auffassung und Verfahrensweise in
Entwicklungsprozessen, im Handel und im Umweltschutz
widersprechen. Deshalb fordern wir die WTO heraus, ihre
Prinzipien und Handlungsweisen in Richtung auf das Modell einer
"naturverträglichen Gemeinschaften" zu verändern und
andere, von der ihren verschiedene, Weltsichten und
Entwicklungsmodelle anzuerkennen und ihnen Raum zu
geben.
Indigene Völker sind
zweifellos am stärksten von den negativen Auswirkungen der
Globalisierung und der WTO - Vereinbarungen betroffen. Wir
glauben aber, dass wir tragfähige Alternativen zu den
vorherrschenden Modellen von Wirtschaftswachstum und Export
orientierter Entwicklung anzubieten haben. Unsere
naturverträglichen Lebensweisen und Kulturen, unser
traditionelles Wissen, unsere Kosmologien und Spiritualität,
unsere kollektiven Werte, unser gegenseitiger Austausch, unser
Respekt vor und Verehrung für Mutter Erde sind insgesamt
entscheidend für die Suche nach einer veränderten
Gesellschaft, in der Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und
Naturnähe sich durchsetzen werden.
Stellungnahme des Ausschusses Indigener Völker einberufen und unterstützt von:
Links und Kontakte
Organisationen Indigener
Völker, NGOs und Einzelpersonen, die diese Stellungnahme
unterzeichnen wollen, können dies mit einer E-Mail an ien@igc.org oder tebtebba@skynet.net
tun.
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