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Es wird allgemein, ohne viel Unterscheidung, von Minderheiten bzw. Sprachminderheiten gesprochen. Dies ist eine unzulässige Nachlässigkeit. Es ist aber auch eine gezielt eingesetzte Verwässerung, um der Verpflichtung des Minderheitenschutzes auszuweichen.
Man muß unterscheiden zwischen Minderheit und Kleinsprache. Es gibt auf der einen Seite die Angehörigen einer großen Sprachgemeinschaft, die aufgrund einer Staatsgrenze in der Minderheit sind gegenüber dem sogenannten Staatsvolk, in einem anderen Staat (oder mehreren anderen Staaten) jedoch Staatsvolk sind. Es gibt auf der anderen Seite die Angehörigen von kleinen Sprachgemeinschaften, die in jedem politischen Kontext, sei dieser staatlich, sei dieser regional, in der Minderheit sind und in keinem Land das Staatsvolk stellen.
Das Französische in Italien ist so
Minderheitensprache, doch Französisch ist keine Kleinsprache
(sie ist gleich in mehreren Staaten Amtssprache), das gleiche
gilt für Deutsch in Italien oder in Slowenien, für
Italienisch in Istrien. Kleinsprachen sind hingegen
Rätoromanisch, Friesisch, Sorbisch und viele andere. Der
Begriff "Kleinsprache" ist ausschließlich auf die Zahl der
Sprechenden bezogen und impliziert kein Werturteil über die
Sprache und ihre Kultur. Der Status der Kleinsprache bedingt eine
Reihe von fundamentalen Unterschieden - ausschließlich
Nachteile - im Vergleich zu den Minderheiten mit einem Staat im
Rücken. Bis heute ist im Minderheitenschutz dieser Aspekt
kaum beachtet worden. Der Schlüssel zu einem effizienten und
gerechten Minderheitenschutz besteht darin, diesen grundlegenden
Unterschied zum Ausgangspunkt zu machen für die gesamte
Gesetzgebung für Politik, Kultur und
Gesellschaft.
Ladiner und Medien: Häufung von Benachteiligung
Die Ladiner sind nicht nur eine Minderheit, sie sind auch eine Kleinsprache, (bzw. die Kleinsprache par excellence). Die deutschen Südtiroler haben ein großes Hinterland, aus dem sie Medienprodukte (sowie Sprach- und Kulturprodukte allgemein) massenweise einkaufen können. Zudem ist der Markt für deutsche Herausgeber in Südtirol groß genug, um mehrere Medien am Leben zu erhalten.
Die Ladiner haben keine Importmöglichkeiten. Alles muß vor Ort produziert werden. In diesem Produktionsprozeß kommt erschwerend hinzu, daß praktisch keine Dokumente übernommen werden können: Für die ladinischen Medien haben die Nachrichtenagenturen so gut wie keinen praktischen Wert. Die Agenturen bringen zunächst selten Nachrichten, die die Ladiner und ihren Lebensraum betreffen. Außerdem müssen die Nachrichten übersetzt werden. Diese Produktionsbedingungen verursachen Mehrarbeit und Mehrkosten, was einen weiteren Nachteil zu den vielen anderen Nachteilen hinzufügt.
Der größte Nachteil ergibt
sich aus dem Status der Kleinsprache: Für ladinische Medien
fehlt der Markt für eine Selbstfinanzierung. So gibt es nur
ein einziges genuin ladinisches Medium: die Usc di Ladins. Der
Rest sind alles ladinischsprachige Teile in Medien anderer
Sprache: Neue Südtiroler Tageszeitung (die erste und
einzige, die täglich einen ladinischen Teil hat), Alto Adige
(einmal pro Woche), Dolomiten (dreimal pro Woche, doch ist ein
wesentlicher Teil der Rubrik "Dala Ladinia" deutsch geschrieben,
womit die ladinische Sprache selbst in der ihrem Lebensraum
gewidmeten Rubrik an den Rand gedrängt wird).
a) Recht und nicht Gnade
Trotz der Benachteiligungen durch den Status der Kleinsprache gibt es kein eigenes Gesetz für die Förderung der ladinischen Presse; die bestehenden Bestimmungen nehmen den wesentlichen Unterschied zwischen Minderheit und Kleinsprache nicht wahr; es gibt allgemeine Förderungsgesetze, doch keine Sonderregelung für die Kleinsprache Ladinisch. Die aktuellen Richtlinien für die Förderung der Presse sind für die Ladiner so - wie alle Bestimmungen zur Förderung ihrer Sprache und Kultur - vollkommen unzureichend. Es ist eine minderheitenfeindliche Gesamtsituation.
Nicht nur der Mangel einer eigenen Bestimmung für die Förderung der ladinischen Presse, auch die Handhabung der Bestimmungen ist minderheitenfeindlich. Um die gesetzlich zustehende Hilfe auch tatsächlich zu erhalten, muß die "Usc di Ladins", salopp ausgedrückt, immer wieder zu den zuständigen Politikern und Beamten betteln gehen. Die Förderung wird nicht als Recht der Minderheit, sondern als Gnadenakt der Mehrheit gegenüber der Minderheit gehandhabt. Als Gegenleistung zur Föderung muß die "Usc di Ladins" inhaltliche Richtlinien einhalten - dies läuft im wesentlichen darauf hinaus, daß die Anliegen der ladinischen Minderheit kaum zur Sprache gebracht werden können, daß minderheitenfeinliche Aktivitäten der Mehrheit nicht beim Namen genannt werden können. Damit wird das Medium einer Minderheit zum Sprachrohr der Mehrheit. Die Förderung ist also nicht Minderheitenschutz, sondern Minderheitenerpressung.
Dabei fällt die Förderung, trotz Benachteiligung durch den fehlenden Markt, trotz der Tatsache, daß die "Usc di Ladins" die einzige ladinische Zeitung ist, sehr gering aus: ca. 70.000 D-Mark im Jahr. In Anbetracht der im Haushalt des Landes Südtirol (ca. 7.000 Millionen D-Mark jährlich) und der Region Trentino-Südtirol zur Verfügung stehenden Mittel kann man von peinlichen Summen sprechen. Immer wieder haben großzügige Förderer in die eigenen Tasche gegriffen, um den Fortbestand der "Usc di Ladins" zu garantieren.
Während die unterstützten Medien bei den Deutschen und Italienern im Lande sozusagen flankierende Medien sind, also Bezirks- oder Verbandszeitungen, die zwei Tageszeitungen, ein öffentlich-rechtliches ganztägiges Radioprogramm, das Fernsehprogramm der Rai, zahlreiche private Rundfunkstationen sowie alle importierten Programme und Zeitschriften ergänzen, ist die "Usc di Ladins" das einzige ladinische Printmedium und das einzige genuin ladinische Medium allgemein. Auch diesem Status der "Usc di Ladins" trägt keine Bestimmung und keine Förderung Rechnung.
Es ist nicht Unwissen, das dieser Haltung gegenüber den ladinischen Medien und der der ladinischen Kultur allgemein zugrundeliegt. Es wurde häufig auf die Mängel hingewiesen. Es wurden auch in der Region Trentino-Südtirol Vorschläge eingebracht, um Zuschüsse für die Minderheiten gesetzlich festzuschreiben. Dies wurde jedoch von der Mehrheit abgelehnt - mit einer Absicherung würde nämlich die Erpressbarkeit wegfallen. Vor einiger Zeit hat ein Politiker der Mehrheit, der diese Möglichkeit hatte, der "Usc di Ladins" eine zusätzliche Finanzierung gegeben. Er wurde deshalb zurechtgewiesen. Einen Journalisten, der über die Finanzierung geschrieben hatte, bat er, in solchen Fällen nicht mehr zu schreiben, weil sonst jede Unterstützung von vornherein unterbunden werde.
b) Medienförderung ist ein Minderheitenrecht
Die aktuelle Lage, in der die
Zuschüsse nicht als Recht, sondern als Gnadenakt gehandhabt
wird, läuft auf eine Einschränkung der Pressefreiheit
hinaus. Eingeschränkt wird vor allem die Möglichkeit,
die Anliegen der Minderheit zur Sprache zu bringen. Um die
Situation zu verbessern und die Pressefreiheit tatsächlich
einzuführen, benötigen die Ladiner weitgehende
rechtliche Absicherungen. Es brauch eine gesetzlich absicherte
finanzielle Unterstützung der ladinischen Medien, die
unabhängig ist von Parteiwillkür und Arroganz der
Mehrheit.
Ladinische Teile in Medien der Mehrheit
Der größte Teil der ladinischen Medien ist Teil von Medien der deutschen oder italienischen Mehrheit. Die Einfügung von ladinischen Teilen in Zeitungen von einer der zwei Mehrheiten bringt mehrere Probleme bzw. ganze Problemkreise mit sich.
Mangel an Autonomie, Mangel an Verständnis
Die Abhängigkeit von anderen Medien bringt immer eine Unterordnung und eine Marginalisierung mit sich. Dazu gehört auch die fehlende Mitsprache bei Entscheidungen des Herausgebers über die Zeitung. Ein weiteres Problem ist die Sprache. Die Verantwortlichen der Zeitung der Mehrheit verstehen nicht Ladinisch und kennen kaum Ladinien. Eine Beurteilung der Artikel ist damit nicht möglich, die übliche Kommunikation zwischen Chefredakteur oder Herausgeber und Journalist wird wesentlich erschwert. Dies führt entweder zu einer großen Freiheit des Schreibers oder aber zu einer besonders rigiden Kontrolle.
Einschränkung der Pressefreiheit
Je nach Ausrichtung der Zeitung -
liberal oder eben weniger liberal - wird die ladinische Rubrik
einer ideologischen Kontrolle unterzogen. Zum Alltag eines
ladinischen Journalisten gehört der Protest seitens von
Politikern der Mehrheit jedesmal dann, wenn er Anliegen der
ladinischen Minderheit zur Sprache bringt und das Unrecht beim
Namen nennt. Es handelt sich um Einschüchterungsversuche,
die darauf abzielen, die Pressefreiheit zu beschneiden. Nur der
Mut des einzelnen Redakteurs, sich dem großen politischen
Druck nicht zu beugen, ist ein Garant für die Wahrnehmung
eines Rechtes, das eigentlich zu den Grundrechten der
demokratischen Gesellschafte gehören sollte.
Vor wenigen Wochen hat die Südtiroler Landesregierung, in der kein Ladiner sitzt, das Recht der Ladiner auf einen angemessenen Unterricht ihrer Sprache in den Schulen nicht anerkannt. Die Mehrheit im Lande hat also der Minderheit ein Recht vorenthalten, das als sine qua non für das Überleben gilt. Die Nichtankerkennung des Rechtes auf Muttersprachenunterricht kann als Akt der Assimilierungspolitik bezeichnet werden.
Das aktuelle Ausmaß des Muttersprachenunterrichtes (zwei Wochenstunden in den Pflichtschulen, eine in den Oberschulen der ladinischen Tälern) reicht bei weitem nicht aus, um eine ausreichende Kenntnis der eigenen Sprache sicherzustellen. Die Folge dieser Assimilierungspolitik ist eine desaströse Kenntnis der Sprache. Die Medien sind in doppelter Hinsicht Opfer dieses Zustandes. Jene Journalisten, die in ladinischen Medien arbeiten, müssen zunächst autodidaktisch ihre Sprache erlernen.
Bei seiner Arbeit stößt der Journalist auf ein anderes Problem, ein Problem, das besonders für Rundfunk und Fernsehen schwerwiegend ist: sehr viele Interviewte sprechen ein geradezu desaströses Ladinisch. Damit werden die Medien zum Zeugen der Wirkung der Assimilierungspolitik. Die Medien geben ein Bild des Zustandes der ladinischen Sprache nach jahrzehntelanger Assimilierung.
Gleichzeitig ist die Aufgabe der Medien
jedoch die der Spracherhaltung. Deshalb kann man zurecht von
ihnen Sprachkompetenz fordern. Doch kann man schwer die
Nichteinspielung von Interviews fordern. Damit wird ein Medium
selbst wieder schlechtes Vorbild und Beschleuniger von
Sprachverfall.
"LEISETRETEREI IST TÖDLICH FÜR EINE MINDERHEIT"
Bernard Cathomas (jahrelang Generalsekretär der Lia Rumantscha in Coira/Chur, heute Direktor der Pro Helvetia) hat diesen Ausdruck geprägt.
Von den ladinischen Medien wird genau
dies verlangt: Leisetreterei, Assimilierungsbereitschaft. Die
Rechte der Ladiner sollen gar nicht zur Sprache kommen. Da die
Mehrheit die Kontrolle über die Medien innehat, ist
tödlicher Leisetreterei bedenklich nahe.
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