|
|
Die RAI und die ladinische Volksgruppe
Über die Probleme der Minderheiten in Südtirol ist
seit der Abtretung des Landes an Italien 1919 viel und oft
gesprochen und debattiert worden. Inzwischen ist vieles erreicht
worden, denkt man an die deutsche Volksgruppe Südtirols, die
heute eine sehr gute Autonomie verwalten kann. Für die
Ladiner Südtirols sieht die Lage nicht so rosig aus, die
Fassaladiner haben etwas erreicht, die Ladiner in der Provinz
Belluno sind weder als Minderheit anerkannt noch genießen
sie irgendwelche Schutzmaßnahmen.
1. Größeres Prestige der Ladiner:
Die ladinische Volksgruppe hat in letzter Zeit allgemein an
Ansehen gewonnen, ihr Prestige ist gestiegen, sie hat ein
größeres Selbstbewußtsein an den Tag gelegt und
sie ist stolz auf ihre Identität. Diese muß stets
gefördert werden, denn ohne das Bewußtsein einer
starken Identität ist das Leben einer Minderheit auf Dauer
gefährdert. Die Pflege einer gemeinsamen ladinischen
Identität bleibt die immerwährende Aufgabe der Ladiner,
wollen sie als Volk bestehen. Die Sprache einer Minderheit ist
stets von jener der größeren Nachbarn bedroht; damit
muß die Minderheit leben, aber sie muß entsprechende
Abwehrmaßnahmen treffen können,damit sie der
Assimilierung nicht in den Schoß fällt. Die Minderheitensprache muß den anderen
Sprachen auf jedem Gebiet völlig gleichgestellt
werden. Sie muß für die Volksgruppe eine
nützliche Sprache sein, ja die Brotsprache werden. Der ladinischen Sprache muß der Status
einer normalen, gleichwertigen und gleichberechtigten Sprache
anerkannt werden.
2. Assimilierungsgefahr durch anderssprachige Medien?
Es ist erwiesen, daß die Massenmedien das geeignetste Mittel darstellen, die Sprache zu verbreiten und zu festigen. Fremdsprachige Medien bombardieren Tag und Nacht die ladinischen Haushalte; die ladinische Sprache ist dadurch bedroht, weil diese Medien ihr viel Substanz wegnehmen und Ladinisch in den Massenmedien viel zu wenig präsent ist. Im alltäglichen Gespräch mit der ladinischen Bevölkerung merkt man deutlich die Zersetzung des Ladinischen mit Fremdwörtern und fremden Satzkonstruktionen, die sich immer mehr einnisten und ausbreiten. Dieser negative Einfluß auf die Sprache wird auch in den Beiträgen der ladinischen Massenmedien vor Augen geführt. Die Sendungen beeinflussen in außerordentlichem Maße die Sprache und prägen ausschlaggebend die Verhaltensweise der betroffenenen Bevölkerung.
Viel besser geförderte ladinische Medien könnten
für eine bessere Absicherung der Sprache von Nutzen sein.
Aus dem Grunde bräuchten die Ladiner
ein stark erweitertes ladinisches Programmangebot im Rundfunk,
vor allem während der wichtigsten Sendezeiten zu den
verschiedenen Tageszeiten und tägliche ladinische
Programmeinheiten zu günstigen Sendezeiten im Fernsehen, was
für die Wahrung und die organische Entfaltung der für
die Ladiner ersten Landessprache vordringlich ist. Solche
Maßnahmen könnten dem zunehmenden Sprachschwund und
dem schleichenden Sprachgebietsverlust Ladiniens
entgegenwirken. Experten sind der Meinung, daß
Spracherhaltung ohne ein ladinisches Parallelprogramm neben dem
deutsch- und italienischsprachigen Programmangebot auf die Dauer
unmöglich ist. Den beiden anderen Volksgruppen stehen ja
Rundfunk- und Fernsehsendungen in ihrer Muttersprache Tag und
Nacht in reicher Auswahl zur Verfügung.
Vor 53 Jahren haben die ladinischen Rundfunksendungen begonnen und erst vor elf Jahren jene im Fernsehen, obwohl das entsprechende Gesetz für ein ladinischsprachges Fernsehen im Jahre 1975 verabschiedet worden war. Trotz der vielen Petitionen und Eingaben durch die ladinischen Bürgermeister und verschiedener Kulturvereine und Politiker ist bis heute eine großzügige Ausweitung der ladinischen Sendezeiten gekoppelt mit einer entsprechenden Personalaufnahme kaum erfolgt. Die RAI stellt heute den Ladinern jährlich 352 Stunden im Rundfunk sowie 39 Stunden im Fernsehen zur Verfügung, wofür die Ladiner dankbar sind, nur reicht dies bei weitem nicht aus, um der ladinischen Sprache jenen Stellenwert einzuräumen, den eine bedrohte Sprache einfordern muß.
Die Ladiner können nicht einmal eine ganze Stunde am Tag
ihre Sprache im Rundfunk hören. Zum Vergleich sei
angeführt, daß die Rätoromanen Graubündens
14 Stunden am Tag romanische Sendungen und 76 Stunden im Jahr
romanische Fernsehsendungen haben.
4. Aufgabe der öffentlichen Dienste
Die RAI als öffentliche Anstalt zur Förderung der
sprachlich - kulturellen Eigenheiten der Volksgruppen ist
verpflichtet, der Minderheit jene Struktur zur Verfügung zu
stellen, welche es ihr erlaubt, in immer stärkerem
Maße mit den anderen Volksgruppen sprachlich
gleichzuziehen. Die öffentlichen Dienste sind verpflichtet,
alles in Bewegung zu setzen, um die Minderheit in ihrem
Stammgebiet mit entsprechenden sprachlich - kulturellen Angeboten
vor einer Assimilierung zu schützen. Die Minderheit selber
muß bestimmen können, welche Schutzmaßnahmen sie
benötigt, um sich bahaupten zu können; der Staat sollte
als Garant für den Bestand der Minderheiten die
erforderlichen Maßnahmen beschließen. Die
Schutzmaßnahmen müßten für jede Minderheit
identisch sein, unabhängig von der Anzahl der jeweiligen
Sprecher.
5. Die neue Konvention der RAI
Bei der Ausarbeitung der neuen Konvention müssen die Ladiner als Verhandlungspartner einbezogen werden, damit ihre Interessen direkt vertreten werden. Nur diese können die wahre Tragweite und Bedeutung des Massenmediums RAI für die Förderung und den Erhalt der ladinischen Sprache und den Fortbestand der Volksgruppe ermessen.
In der neuen Konvention muß für die ladinische Volksgruppe folgendes vorsehen und verankert werden:
5a. Mehrere Stunden am Tag ladinische
Rundfunksendungen
Ein großzügiger Ausbau der ladinischen
Rundfunksendungen auf etliche Stunden pro Tag ist
unerläßlich, damit es der Volksgruppe ermöglicht
wird, auch Theaterstücke, Literaturabende, Diskussionen und
Debatten über aktuelle Themen und Probleme der Volksgruppe
zu bringen. Die Rumanc zeigen uns deutlich, daß die
Minderheit es schafft, 14 Stunden am Tag Rundfunksendungen zu
garantieren und eine Produktion vorzulegen, welche sich mit den
anderen messen kann; es muß nur die nötige Struktur
vorhanden sein und qualifiziertes Personal eingestellt werden. Je
gefährdeter eine Volksgruppe ist, um so nötiger hat sie
geeignete Schutzmaßnahmen als Garant ihres Fortbestandes,
um der Assimilierung zu trotzen.
5b. Jeden Tag eine Stunde ladinisches
Fernsehen:
Eine Stunde pro Tag ladinisches Fernsehen könnte für
die nächste Zeit ausreichen. Die ladinische Volksgruppe
befindet sich in einer linguistisch - kulturell besonders
gefährdeten Lage, was Außenstehende nicht beurteilen
können. Nur weil die Ladiner heute auf kulturellem Gebiet
stärker tätig sind als früher, darf die Auswirkung
und der gewaltige Einfluß anderssprachiger Medien auf die
ladinische Volksgruppe und Sprache, denen sie tagtäglich
ausgesetzt sind, nicht übersehen noch unterbewertet werden.
Man bedenke, daß die Ladiner kein sprachliches Hinterland
haben, sie können nicht auf andere benachbarte ladinische
Sendungen verweisen und umschalten. Sie müssen alles selber
produzieren, aber das würden sie ja gerne tun ; sie
wünschten sich nur längere Sendezeiten in den
Massenmedien. Den Ladinern fehlt auch eine eigene
Nachrichten-agentur wie es die Romanen in Graubünden mit
ihrer „ Agentura Novitads Rumances" bereits besitzen. Diese
Situation der Ladiner möge den Verantwortlichen genügen
und sie zur Einsicht bringen, daß die ladinische
Volksgruppe sich in einer besonderen Lage befindet und einen viel
breiteren Raum für ihre ladinischen Sendungen
bräuchte.
5c. Eine Autonome ladinische
Redaktion:
Die ladinischen Journalisten und Programmgestalter bei der RAI
besitzen keine eigene autonome Struktur. In
der neuen Konvention muß eine eigene ladinische autonome
Redaktion mit einem ladinischen verantwortlichen Redakteur
vorgesehen werden. Nur dieser kann die Tragweite und die
Bedeutung ladinischsprachiger Sendungen bewerten und die
entsprechenden Entscheidungen beeinflussen und mittragen.
Die Ladiner besitzen bis heute bei der RAI nur einige Einsprengsel; sie bräuchten aber ein eigenes Haus mit vielen Zimmern für die Beschäftigten beim Rundfunk und Fernsehen, die dringend nötig wären.
In der Regierungserklärung des Herrn Landeshauptmannes Durnwalder vom 3. Febrauer 1994 hieß es bereits, daß auf die Schaffung einer autonomen ladinischen Redaktion besonderes Gewicht gelegt würde. Leider ist in diesem Punkt bis heute nichts weitergegangen und die Ladiner hoffen, daß dieser berechtigten Forderung endlich entsprochen werden kann. Aufgabe des öffentlichen Dienstes ist es, Qualität zu gewährleisten und daher muß auch das gesamte Personal nach diesem Kriterium aufgenommen werden.
5d. Alle ladinischen Sendungen durch die
RAI Bozen:
Die Dolomitenladiner sind in der Faschistenzeit auf drei
Provinzen aufgeteilt worden und bis heute ist von keiner
demokratischen Regierung Italiens diese für die Volksgruppe
tödliche Zerstückelung rückgängig gemacht
worden. Es liegt auf der Hand, daß die gesamte Volksgruppe
darunter leidet und nicht bloß sprachlich immer mehr
geschwächt wird. Die Ladiner brauchen die gleichen
Schutzmaßnahmen, unabhängig in welcher Provinz sie
leben müssen. Die Ladiner der drei Gemeinden - Ampez, Col de
S. Lizia und Fodom/Buchenstein in der Provinz Belluno (heute die
historischen ladinischen Gemeinden Bellunos genannt) müssen
das Recht bekommen, aktiv in ihrem jeweiligen Idiom an der
Gestaltung der ladinischen Sendungen im Rundfunk und im Fernsehen
der RAI Bozen mitarbeiten zu können. Die RAI
müßte es diesen Gemeinden auch technisch garantieren,
auf ihrem gesamten Territorium die ladinischen Sendungen zu
empfangen. Vor kurzem haben die Bürgermeister dieser drei
Gemeinden zusammen mit Vertretern nahmhafter Kulturvereine ihrer
Talschaften dem Herrn Landeshauptmann Durnwalder diese ihre
Forderungen vorgebracht und sie sind auf volles Verständnis
gestoßen. Die drei genannten Gemeinden haben bei den
obersten Etagen der RAI auch vorgesprochen. Die neue Konvention
sollte alle Dolomitenladiner berücksichtigen und
gleichstellen. Es wäre ein bedeutender Beitrag zum Schutz
der gesamten Volksgruppe.
5e. Keine Verdunkelungen
mehr:
Die ladinischen Sendungen sollten nur von der RAI Bozen
ausgestrahlt werden und im Territorium der gesamten Provinz
Trient empfangen werden könnten, nicht bloß im
Fassatal; viele Ladiner leben auch außerhalb des Fassatales
verstreut. Die gesamte Bevölkerung der Region sollte die
Möglichkeit haben, die ladinischen Sendungen, die mit
öffentlichen Mitteln finanziert werden, zu empfangen, um die
Eigenart der Ladiner besser kennen zu lernen.
6. Eigene Frequenz und Kulturförderungsgesetz
Die ladinische Bevölkerung erachtet die derzeitigen Sendezeiten als viel zu kurz und hält eine beträchtliche Erweiterung für erforderlich, um den heutigen Gegebenheiten zu entsprechen. Nur weil die Ladiner an Zahl bedeutend weniger sind als die anderen Volksgruppen, dürfen sie nicht auch kulturell nach dem Proporz ihrer Stärke behandelt werden. Die Ladiner wollen nur gleich behandelt werden wie die anderen und dies gilt besonders bei den Massenmedien wie Rundfunk und Fernsehen.
Um die ladinischen Sendungen auf viele Stunden am Tag ausweiten zu können, wäre die Errichtung eines eigenen Kanals nach dem Muster des Schweizer Fernsehens für die romanischen Sendungen sehr zu begrüßen. Eine eigene Frequenz für die ladinischen Sendungen könnte auch den Empfang unserer Sendungen und ev. des Senders Bozen außerhalb Südtirols ermöglichen und erleichtern.
Ein anderer Vorschlag, den man diskutieren könnte, wäre:
ob es sinnvoll und an der Zeit wäre, ein eigenes Gesetz für die ladinische Kultur, ein sogenanntes Kulturförderungsgesetz zu verabschieden, welches den Erfordernissen der ladinischen Presse und anderer Massenmedien besser Rechnung trüge. Tatsache ist, daß die Ladiner auf kulturellem Gebiet eine viel stärkere Förderung brauchen, denn ihre Sprache ist heute in den Massenmedien kaum vertreten. Dieser Umstand bringt es mit sich, daß die Sprachkompetenz der Ladiner stets abnimmt, was zu einer Sprachvermischung führt. Gerade dagegen kann man mit ausreichender Präsenz des ladinischen Wortes in den Massenmedien ankämpfen und die Gefahr der Sprachverwilderung dämmen und einschränken. Wenn es um den Schutz einer Sprache geht, welche mit ihrem Wortschatz, ihrer Syntax und ihrer ganzen Struktur auf der ganzen Welt einmalig ist und ihre 2.000 jährige Geburt im Jahre 1985 gefeiert hat, dürfen die Kosten keine Rolle spielen.
Die heutige Zeit ist mit ihren finanziellen Möglichkeiten gefordert, die ladinische Sprache mit ihrer angestammten Bevölkerung vor der Assimilierung zu bewahren, indem sie der Volksgruppe die dafür nötigen Schutzmaßnahmen zur Verfügung stellt. Sie verlangen nur das, was andere seit langem zu ihrem Schutz in der Hand haben. Die Ladiner selber werden alle ihre Kräfte einsetzen, um dieser ihrer Aufgabe gerecht zu werden.
Ich ersuche alle Verantwortlichen in der Politik, denen der
Fortbestand der ladinischen Volksgruppe ein Anliegen sein
muß, sowie alle Verantwortlichen beim Rundfunk und
Fernsehen der RAI, alles zu tun, damit die vorgebrachten
berechtigten Anliegen der Dolomienladiner in der neuen Konvention
umgesetzt werden können.
|
Tal cajo
che en test vëgnes dé inant prëibel
nominé la funt
WebDesign:M. di
Vieste
|