Martha VerdorferUNBEKANNTES VOLKSINTI UND ROMATexte zum Kennenlernen |
INHALTVERZEICHNIS |
DIESE BROSCHÜRE SOLL NEUGIERIG MACHEN
Neugierig auf ein unbekanntes Volk, das wir zu kennen glauben,
über das wir aber im Grunde kaum etwas wissen. Die Zigeuner
arbeiten nicht, sie sind schmutzig, sie lügen, betteln und
stehlen. Das sind die Bilder, die wir in unseren Köpfen
haben. Aber was wissen wir eigentlich sonst noch? Woher kommen
diese Menschen? Warum leben sie so, wie sie leben - und wie leben
sie eigentlich? Haben sie immer schon so gelebt wie heute? Fahren
sie mit ihren Wohnwagen tatsächlich herum oder wohnen sie
nur darin? Welche religiöse Vorstellungen haben sie?
Wüßtet ihr auf diese und noch viele ähnliche
Fragen eine Antwort? In diesem Heft werden Antworten auf einige
dieser Fragen gesucht.
DIESE BROSCHÜRE SOLL ZUM NACHDENKEN ANREGEN
Zum Nachdenken über unser eigenes Leben und all die Dinge,
die für uns so selbstverständlich sind. Wenn wir uns
die Geschichte, die Lebensweise und die Kultur der Sinti und Roma
(so bezeichnen sich die meisten Zigeuner selbst) anschauen,
merken wir, daß es auch noch andere Lebensformen gibt als
unsere. Der Vergleich der verschiedenen Lebensweisen kann zeigen,
daß nicht von vornherein die eine um so vieles besser ist
als die andere. Wir können von fremden Dingen lernen. Wir
werden auch entdecken, daß es neben den zahlreichen
Unterschieden auch Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte
gibt. Ein Zusammenleben mit Zigeunern ist also kein Ding der
Unmöglichkeit.
DIESE BROSCHÜRE SOLL VERSTÄNDNIS WECKEN
Verständnis für ein Volk, das in unserer Gesellschaft
ausgegrenzt und diskriminiert wird. Verständnis für ein
Volk, das sich selbst vielleicht gar nie besonders bemüht
hat, von den anderen verstanden zu werden. Die soziale Lage der
Zigeuner ist aber heute in den meisten Ländern sehr schlecht
und viele der Probleme, die es innerhalb der Sinti- und
Romagruppen gibt, hängen mit dieser elenden Situation und
dem Mißtrauen, das wir ihnen entgegenbringen, zusammen.
Verständnis für die Zigeuner haben, bedeutet nicht,
Mitleid mit ihnen zu haben. Es geht vielmehr darum, sie als
Menschen mit einer anderen Kultur und anderen Wertvorstellungen
anzuerkennen und sie in ihrem "Anderssein" zu akzeptieren.
DIE LEKTÜRE DIESER BROSCHÜRE SOLL SPASS
MACHEN
Die abgedruckten Texte sind kein Lernprogramm, das gelernt und
abgeprüft werden soll. Wenn ihr diese Texte lest, sollt ihr
gemeinsam darüber nachdenken und diskutieren, eure eigenen
Erfahrungen erzählen, euch vielleicht auch in die Situation
eines Romamädchens bzw. -jungen in eurem Alter hineindenken.
Vielleicht könnt ihr auch jemanden in die Klasse einladen,
der Fragen beantworten kann, die nach der Lektüre dieser
Broschüre noch offen sind.
DIE BROSCHÜRE BIETET KEIN VOLLSTÄNDIGES BILD DER
SINTI UND ROMA
Auch wenn ihr sie bis zur letzten Seite durchgelesen habt,
werden noch Fragen offen bleiben. Auch für uns, die wir
viele Bücher zu diesem Thema gelesen haben, sind bei weitem
nicht alle Dinge ganz klar. Dazu sind die einzelnen Gruppen der
Sinti und Roma zu verschieden; sie unterscheiden sich in ihrer
Geschichte, ihrer Sprache, ihren Bräuchen und letztlich
handelt es sich bei den Zigeunern genauso wie bei uns um einzelne
Menschen, die eine individuelle Persönlichkeit und
Identität besitzen.
ZUR LAGE DER SINTI UND ROMA
|
Mit der Namensgebung lassen Morenka und Vataf sich Zeit. Denn
der bürgerliche Name des Kindes sagt wenig. Der ist für
die Behörden gut. Der kann so geschrieben werden und so. Den
darf getrost auch der Pfarrer aussprechen. |
- ROM HEISST MENSCH. Über
Namen und deren Bedeutungen
Wir alle leben mit Namen, die wir uns nicht selbst geben. Wir
haben einen Taufnamen, vielleicht einen Kosenamen, einen
Übernamen, manchmal werden wir auch mit einem Schimpfnamen
bezeichnet. Viele suchen sich auch selbst einen Namen, mit dem
sie im eigenen Freundeskreis gerufen werden möchten oder sie
legen sich wie viele Sänger und Schauspieler einen
Künstlernamen zu.
Auch Völker haben einen oder mehrere Namen, mit denen sie
sich mehr oder weniger identifizieren. Das Wort Eskimo bedeutet
wörtlich Rohfleischfresser, so wurden die Bewohner der
Arktis von ihren indianischen Nachbarn genannt. Sie selbst nennen
sich Inuit, was einfach Menschen heißt. Die Berber in
Afrika haben ihren Namen vom griechischen Barbar und auch
Deutscher war ursprünglich ein Spottname der Nachbarn. Auch
für das Volk der Roma gibt es verschiedenen Namen mit
unterschiedlichen Bedeutungen und Funktionen.
FREMDBEZEICHNUNGEN
Viele Namen, mit denen die Zigeuner bezeichnet werden, weisen
auf die vermutete Herkunft dieses Volkes hin. So werden sie in
Frankreich beispielsweise BOHÉMIENS genannt, da sie bei
ihrer Ankunft in Frankreich einen Geleitbrief des Kaisers
Sigismund, der auch böhmischer König war, vorzeigen
konnten. In Spanien heißen sie HÚNGAROS nach ihrer
vermeintlichen Herkunft aus Ungarn. Aus sehr vielen Bezeichnungen
wird deutlich, daß die Zigeuner lange Zeit irrtümlich
als Ägypter galten, die wegen ihres christlichen Glaubens
aus dem Land vertrieben worden seien. GITANS, GYPSIES, GITANOS,
GITANI, YIFTI, GIFTOS, YEFTOS - alle diese Namen verweisen auf
Ägypten.
Oft wird auch die Lebensweise zur Grundlage der Bezeichnung, wie
der italienische Ausdruck NOMADI zeigt. Hier wird ein Kennzeichen
in den Mittelpunkt gestellt, das häufig nicht mehr der
Realität entspricht, weil es inzwischen viele seßhafte
Sinti und Roma gibt.
EIGENBEZEICHNUNGEN
ROM
heißt Mensch bzw. Mann und dient auch als Sammelbegriff
für alle Zigeuner. Die im späten Mittelalter nach
Deutschland, Österreich und die angrenzenden Regionen
(Norditalien, Slowenien, Böhmen, Elsaß, Lothringen)
eingewanderten Zigeuner bezeichnen sich selbst als SINTI. Es gibt
Vermutungen, nach denen sich dieser Name auf das pakistanische
Land Sindh zurückführen läßt.
Die Zigeuner in Süd- und Südosteuropa, und damit die
große Mehrheit der europäischen Zigeuner, nennen sich
ROMA. Als Roma werden auch jene bezeichnet, die erst in der
zweiten Hälfte des 19. und im 20. Jhdt. aus Südost-
nach Mitteleuropa gekommen sind.
Die Bezeichnung ZIGEUNER/ZINGARI/TSIGANES/CYGANI ist
überall verbreitet und wohl am gebräuchlichsten.
Allerdings hat dieser Name in allen Sprachen negative
Bedeutungen. Schon die vermutete Herkunft des Namens (vom
griechischen "Athinganoi", der Name einer Sekte, der die
Ausübung schwarzer Kunst nachgesagt wurde), stellt die
Träger des Namens in ein eher negatives Licht. In unserem
Sprachgebrauch hat das Wort ganz allgemein eine eher negative
Bedeutung (z. B. "herumzigeunern").
Viele Menschen sind deshalb der Meinung, man solle den Begriff
"Zigeuner" durch die Bezeichnung Roma, bzw. Sinti und Roma als
Sammelbegriffe ersetzen. Es ist allerdings manchmal schwierig,
auf den Begriff "Zigeuner" zu verzichten, gerade wenn es um eine
Bezeichnung für die verschiedenen Gruppen dieses Volkes
geht, denn in manchen Ländern ist die Bezeichnung Rom den
Roma unbekannt (z. B. im Iran). In Armenien nennen sich
Angehörige dieses Volkes LOM, in Spanien KALO (Plural Kale),
in Deutschland und Italien wie erwähnt SINTO (Plural
Sinti).
Daneben gibt es noch eine Vielzahl von STAMMESNAMEN, die sich
vielfach aus einem bestimmten Gewerbe ableiten. Sie entstanden,
weil Zigeuner als Sklaven auf dem Balkan nur innerhalb ihrer
Berufsgruppe heiraten durften. So leiten die KALDERASH ihren
Namen vom rumänischen Kessel ab - sie waren Kesselschmiede,
die TSCHURARI arbeiteten als Messerschleifer ("tschuri" =
Roma-Wort für Messer) und der Name LOVARA fußt auf dem
ungarischen "lov" für Pferdeführer.
Der Versuch, diese Vielfalt und die sprachlichen, kulturellen
und religiösen Unterschiede zwischen den Gruppen dieses
Volkes zu respektieren, macht eine allgemeine Bezeichnung
schwierig. Letztlich wird es aber wichtiger sein, einen offenen
und vorurteilsfreien Umgang mit diesen Menschen zu finden, als
sie mit dem "richtigen" Namen zu bezeichnen. In diesem Sinn
verwenden wir in dieser Broschüre neben "Sinti und Roma"
auch den Begriff "Zigeuner". Wir möchten ihn damit von
seinen abwertenden Bedeutungen befreien und versuchen, ihm einen
schönen Klang zu geben.
- WER IST EINE
MINDERHEIT?
Muß man in Südtirol überhaupt
erklären, was eine Minderheit ist? Beinahe täglich
hören wir diesen Begriff im Radio, im Fernsehen, von
Politikern, lesen ihn in der Zeitung. Es scheint klar: Wir
Südtiroler sind eine Minderheit. Wer sind aber "wir
Südtiroler"?
Die deutschsprachigen Südtiroler begreifen sich - mit Recht
- als ethnische Minderheit innerhalb des italienischen Staates.
Die italienischsprachigen Südtiroler begreifen sich - ebenso
mit Recht - als ethnische Minderheit innerhalb des Landes. Die
ladinischsprachigen Südtiroler sind ethnische Minderheit
sowohl auf Staats- als auch auf Landesebene.
Daneben gibt es auch in Südtirol noch andere Gruppen, die
für sich als religiöse, soziale oder ethnische
Minderheit Anerkennung bzw. bestimmte Rechte fordern (z. B.
Angehörige anderer Religionsgemeinschaften, Ausländer,
körperlich oder geistig behinderte Menschen, Homosexuelle
und natürlich auch die Sinti und Roma).
Die Sache ist also komplizierter als sie zunächst scheint.
Gerade in Südtirol, wo der Begriff Minderheit so oft in den
Mund genommen wird, sollte man darüber nachdenken, wer damit
jeweils gemeint ist, was er bedeutet und was die jeweilige Gruppe
mit Berufung auf ihren Minderheitenstatus fordert.
In einer weiten Definition des Begriffes Minderheit lassen sich
darunter jene Menschen bzw. Gruppen verstehen, die aufgrund eines
bestimmten Merkmals, einer ethnischen bzw. sprachlich-kulturellen
Zugehörigkeit oder aufgrund einer bestimmten Verhaltensweise
in der Gesellschaft benachteiligt werden.
Insofern lassen sich verschiedene Arten von Minderheiten
unterscheiden:
- ethnische
- religiöse
- soziale.
Aus dieser Definition des Minderheitenbegriffes wird
außerdem deutlich, daß es sich bei diesem Problem
nicht einfach um eine Frage der Anzahl oder Größe
handelt. Wenn eine Gruppe gesellschaftlich benachteiligt wird,
kann ein Grund dafür sein, daß sie in der Minderzahl
ist. Es können aber auch Gruppen benachteiligt werden, die
rein zahlenmäßig in der Mehrheit sind. Ein Beispiel
dafür war die Situation der schwarzen Bevölkerung in
Südafrika oder die Lage in vielen lateinamerikanischen
Ländern, in denen die eingeborenen Bevölkerungen die
Mehrheit bilden, aber von den weißen Minderheiten
beherrscht werden. Als Minderheiten in sozialer Hinsicht
könnte man auch alte Menschen, Frauen oder Kinder
sehen.
Die Unterscheidung MINDERHEIT/MEHRHEIT ist nicht nur eine Frage
der ANZAHL, sondern vor allem auch eine Frage der politischen,
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen MACHT.
ZUR ENTSTEHUNG VON MINDERHEITEN
Diskriminierungen und Verfolgungen von Minderheiten gab es schon
immer. Die Juden wurden im Laufe der Geschichte immer wieder als
religiöse Minderheit verfolgt und vertrieben (sog.
Judenpogrome). Auch die Christen wurden am Anfang als
religiöse Minderheit verfolgt. Immer wieder wurden soziale
Minderheiten diskriminiert und ausgegrenzt (Landstreicher,
Bettler, Behinderte, uneheliche Kinder, ...)
Die Frage der ethnischen Minderheiten wurde erst zu Beginn der
Neuzeit, mit der Gründung der Nationalstaaten zu einem
prägenden und weltweiten Problem. Als europäische
Einwanderer vor rund 500 Jahren damit begannen, den
amerikanischen Kontinent zu besiedeln, vertrieben und ermordeten
sie im Laufe der Zeit einen großen Teil der
ursprünglichen Bevölkerung. Die Indianer Nord- und
Südamerikas sind auf diese Weise um den größten
Teil ihres Landes gebracht worden. Sie wurden zur Minderheit im
eigenen Land.
In Europa führten vor allem das 19. Jahrhundert und der
Erste Weltkrieg zur Ausbildung von Nationen, die sich als reine
Nationalstaaten eines bestimmten Volkes verstanden und die
innerhalb ihrer Grenzen lebenden ethnischen Minderheiten
benachteiligten.
Grenzveränderungen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg
schufen neue nationale Minderheiten. Durch die großen
Wanderungsbewegungen (Migrationen) der letzten Jahrzehnte
bildeten sich überall neue Minderheiten: sei es in Europa
durch Einwanderung von Arbeitsuchenden und Asylbewerbern oder z.
B. in Afrika und Asien durch Flucht und Vertreibungen.
UND DIE SINTI UND ROMA?
Die Sinti und Roma sind nicht Angehörige eines einzigen
Landes, sondern sie haben sich beinahe über die ganze Welt
verbreitet. In allen Ländern Europas bilden sie eine
ethnische Minderheit, weil sie eine eigene Sprache und Kultur
haben. Sie gehören meist aber auch zur sozialen Minderheit,
weil sie in ihren Lebensweisen und Werthaltungen Unterschiede zur
Mehrheitsbevölkerung aufweisen und weil sie meist auch
wirtschaftlich und sozial benachteiligt sind.
MINDERHEIT/MEHRHEIT
Minderheit und Mehrheit sind keine feststehenden Kategorien; sie
hängen vom jeweiligen Standpunkt ab und können sich mit
der Zeit auch verändern.
"Jeder Mensch ist Minderheitenangehöriger", d. h. eine
Person kann in gewisser Hinsicht der Mehrheit angehören (z.
B. als deutschsprachiger Südtiroler im Land) und
gleichzeitig in einer anderen Hinsicht
Minderheitenangehöriger sein (z. B. als Zeuge
Jehovas).
Menschen haben verschiedene Identitäten: ethnische,
religiöse, soziale. Das macht eigentlich den Reichtum und
die Lebendigkeit des Menschseins aus. Wenn wir die Dinge so
betrachten, bekommt der Begriff der Minderheit einen positiven
Klang. Die Zugehörigkeit zu einer Minderheit muß nicht
unbedingt zur Last und zum Problem werden, wie es in unserer
gegenwärtigen Gesellschaft allerdings meist der Fall
ist.
Minderheiten machen unsere Gesellschaft bunter. Wie könnten
wir uns in einer Gesellschaft, in der alle gleich sind,
weiterentwickeln? Nur die Haltung der Toleranz und die
Anerkennung der Unterschiede ermöglicht es uns, miteinander
zu leben und voneinander zu lernen.
- EINE GESCHICHTE DER VERTREIBUNG
UND AUSGRENZUNG
Die Zigeuner selbst besitzen keine schriftlichen Aufzeichnungen
über ihren Ursprung, ihre Traditionen und ihre Mythen.
Bisher wurde ihre Geschichte nur von Außenstehenden
geschrieben. Erst seit kurzem setzen sich die Sinti und Roma
selbst mit der Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte
auseinander.
Indien gilt als Ursprungsland der Sinti und Roma. Den Nachweis
des indischen Ursprungs der Zigeuner hat die Sprachwissenschaft
geliefert. Über die soziale Situation der Sinti und Roma in
dieser Frühzeit wissen wir fast nichts. Wahrscheinlich
gehörten sie einer niederen Kaste an oder waren
Kastenlose.
Zwischen dem 5. und 11. Jhdt. gab es mehrere
Auswanderungswellen. Not, Kriege und Vertreibung zwangen die
Roma, ihre Heimat zu verlassen und die Wanderschaft aufzunehmen.
In größeren oder kleineren Gruppen wanderten sie
zunächst in die an Indien angrenzenden Regionen, z. B. nach
Persien, aus. Auch von dort mußten sie wieder wegziehen,
immer besorgt darüber, auf Wege zu geraten, auf denen "kein
Hahn kräht und kein Hund bellt", wie ein Roma-Lied
erzählt, bis sie schließlich im byzantinischen Reich
ankamen.
Wir Sigismund, von Gottes Gnaden römischer
König, allzeit Mehrer des Reiches, König von Ungarn,
Böhmen, Dalmatien, Kroatien p.p. Allen unseren Getreuen von
Adel, Militär, Befehlshabern, Beamten, Schlössern,
offenen Flecken, Städten und ihren Richtern in unserem
Reiche und in unserer Herrschaft, unseren gnädigen
Gruß zuvor. Unsere Getreuen, Ladislaus, Woiwode der Zigeuner, nebst anderen zu ihm Gehörigen, haben uns gehorsamst ersucht, wir möchten sie unserer weitgehenden Gnade würdigen. Daher haben wir, ihrem gehorsamlichen Gesuche willfahrend, ihnen diese Freiheit einräumen wollen. Darum, wenn eben dieser Woiwode Ladislaus und sein Volk zu einer der genannten unsrigen Herrschaften, seien es Flecken oder Städte, gelangt, so vertrauen wir ihn eurer Treue an und ordnen an, ihr sollt auf diese Weise schützen den Woiwoden Ladislaus und die Zigeuner, welche ihm untertan sind, ohne Hindernis und Beschwernis hegen und erhalten; - ja sogar wollt ihr sie vor allen Unzuträglichkeiten und Ärgernissen schützen. Sollte aber unter ihnen sich irgend ein Unkraut finden oder sich Wirren ereignen, es sei von welcher Seite es wolle, so sollt nicht ihr oder einer von euch, sondern dieser Ladislaus, der Woiwode, das Recht zu strafen oder zu begnadigen haben. Gegeben in unserer herrschaftlichen Residenz am Tage vor dem Feste St. Georg des Märtyrers, im Jahre des Herrn 1423 im 36. Jahre unseres Königtums in Ungarn, im 12. unseres römischen Kaisertums, im 3. unseres Königtums in Böhmen. Geleitbrief des Kaiser Sigismund |
DIE AUSBREITUNG IN EUROPA
Zu Beginn des 15. Jhdts. zogen die Zigeuner
Richtung Westeuropa, wo sie in den Chroniken mancher Städte
erwähnt werden. Über die Herkunft der Zigeuner wurde
viel spekuliert. Durch ihre ungewöhnliche äußere
Erscheinung (dunkle Haut, Tätowierungen, große
Ohrringe, ...) zogen Sinti und Roma die Aufmerksamkeit der
Bevölkerung auf sich.
Einige behaupteten, sie seien Juden, andere glaubten, daß
es sich bei den Zigeunern um Ägypter handle, und so wurden
sie in Europa auch vielfach als "Ägypter" oder "Tataren"
bezeichnet. Zunächst wurden die Fremden in Europa meist
freundlich empfangen oder zumindest akzeptiert. Häufig
wiesen sie Geleitbriefe vor, welche ihnen einen ungehinderten
Durchzug sichern sollten. So garantierte der Schutzbrief des
Kaisers Sigismund 1423 den Zigeunern Schutz und Sicherheit im
Habsburgerreich. Allerdings überließ man ihnen in der
festgefügten feudalen Gesellschaft nur wenige
Beschäftigungen im Bereich des Kleinhandels, des
Wandergewerbes und der Schaustellerei. Sie blieben
Außenseiter, die man neugierig betrachtete.
In den darauffolgenden Jahren schwenkte die erst freundliche
Stimmung um: Der kaiserliche Geleitbrief wurde von den
Reichstagen von Lindau (1496) und Freiburg (1498) für
ungültig erklärt, der Reichstag von Augsburg
verordnete, daß alle Zigeuner innerhalb von drei Monaten
das Land zu verlassen hätten. Zudem wurde es der
Bevölkerung erlaubt, einen Zigeuner zu töten, der sich
auf ihrem Besitz aufhielt. "Wer Zigeuner schädigt, frevelt
nicht", lautete eine Verordnung.
Nicht nur in Deutschland wurden solche Gesetze erlassen. Roma
wurden in ganz Europa verfolgt, vertrieben und auch getötet.
In Württemberg, Preußen und in Mailand wurden
aufgegriffene Zigeuner unverzüglich dem Henker
übergeben.
Die Feindschaft gegen die Zigeuner hängt mit
dem gesellschaftlichen Wandel am Beginn der Neuzeit zusammen. Die
Herausbildung des Territorialstaates, die merkantilistische
Wirtschaftspolitik, der Ausbau der Bürokratie und Verwaltung
bedeuteten insgesamt eine Zunahme der Kontrolle der
Bevölkerung. Die fahrenden Zigeuner ließen sich in
dieses neue Weltbild der Berechenbarkeit und Effizienz nicht
einfügen und zogen deshalb die gesellschaftliche Aggression
auf sich. Man beschuldigte sie der Verbreitung der Pest, des
Diebstahls und der Hexerei, bezeichnete sie als Spione der
Türken und Kindsräuber, sah bei ihnen eine
natürliche Veranlagung zu Arbeitsunwilligkeit und Schmutz -
man verfolgte und vertrieb sie.
Das 18. Jhdt. war das Jahrhundert der "Aufklärung"; das
Konzept der Verfolgung wurde durch das Konzept der Erziehung
abgelöst. Die Zigeuner sollten zu "ordentlichen und
brauchbaren Bürgern" erzogen werden. Man versuchte, sie
seßhaft zu machen, und es begann eine Politik der
Assimilierung, die zum Großteil bis heute andauert.
Kaiserin Maria Theresia und ihr Sohn Joseph II. erließen
Maßnahmen mit dem Ziel, Sinti und Roma als ethnische Gruppe
verschwinden zu lassen. Die Zigeuner sollten als "Neu-Magyaren"
in Westungarn angesiedelt werden. An die Siedler wurden Saatgut
und Vieh verteilt, dafür wurden der Pferdehandel und die
fahrende Lebensweise verboten. Außerdem wurde ein Gesetz
erlassen, welches den Sinti und Roma verbot, ihre Sprache zu
sprechen und untereinander zu heiraten. Man nahm den
Zigeunerfamilien auch die Kinder weg, um sie von "guten Christen"
erziehen zu lassen.
Durch die Industrialisierung Europas im 19. Jhdt. wurden viele
Sinti und Roma aus Südosteuropa in den Westen gelockt.
Einerseits wurden durch die Industrie neue
Arbeitsmöglichkeiten geboten, andererseits aber die
traditionellen Erwerbsquellen der Zigeuner als Wanderhändler
und -handwerker zerstört. Auch in der Landwirtschaft machte
die technische Entwicklung die Arbeit als Taglöhner vieler
Sinti und Roma überflüssig. Zudem entstand zwischen den
Händlern der Zigeuner und Nicht-Zigeuner eine
Konkurrenzsituation, was manche Länder veranlaßte, den
Sinti und Roma keine Gewerbescheine mehr auszustellen. So
erließ der Bundestag in Deutschland 1891 eine "Anweisung
zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens", durch die Sinti und
Roma ohne Paß problemlos abgeschoben werden konnten.
Weiters wurde beschlossen, auch den deutschstämmigen
Zigeunern keine Arbeitsbücher mehr auszustellen. Damit wurde
es für diese praktisch unmöglich, einer geregelten
Tätigkeit nachzugehen.
Wo immer Zigeuner getroffen werden, sollen ihre
persönlichen Verhältnisse geprüft, zu Unrecht
geführte Ausweise abgenommen und bei gesetzlicher
Zulässigkeit eine Durchsuchung der Zigeuner und ihrer
Fahrzeuge erfolgen. Hierbei ist besonders auf entführte
Minderjährige, gesuchte Personen, Waffen und Diebesgut, dann
auch auf ihr Gewerbe und die Erfüllung der Steuerpflicht zu
achten. Die polizeiliche Ausnutzung des zutage geförderten Materials erfolgt im Anschluß an die in den deutschen Ländern bestehenden landeskriminalpolizeilichen Einrichtungen, die als Nachrichtenstelle über die Wanderungen der Zigeuner in nachbarlicher Verbindung stehen. Die zur deutschen Hauptnachrichtenstelle erhobene Zigeunerpolizeistelle München faßt den "Nachrichtendienst" für die über größere Gebiete des Reiches wandernden Zigeuner zusammen. Sie ist erkennungsdienstliche Zentrale, bei welcher nunmehr, seit auch Preußen im Verfolg eines Ministerialerlasses vom 3. November 1927 alle Zigeuner erkennungsdienstlich erfaßt, die Fingerabdrücke, Lichtbildbehelfe, Personalien usw. über alle in Deutschland auftretenden Zigeuner aufliegen. Außerdem ist sie Hauptfahndungszentrale und -auskunftsstelle zur Nutzung des angehäuften Aktenmaterials. Jedes Erscheinen von Zigeunern in einem Verwaltungsbezirk ist von den Sicherheitsbeamten des Außendienstes sofort der vorgesetzten Verwaltungsbehörde zwecks Vorkehrungen und zur Weitergabe an die zuständige Nachrichtenstelle bzw. die Hauptnachrichtenstelle zu melden. Diese Meldungen haben über alle polizeilich wissenswerten Dinge Aufschluß zu geben. Nachträgliche Feststellungen, z. B. entdeckte Diebstähle, werden nachgemeldet. Lichtbildaufnahmen nach den merkmalischen Grundsätzen Bertillons von den Erwachsenen, Fingerabdrucknahmen von allen Zigeunern über 6 Jahren haben die Grundlage für die erkennungsdienstliche Festhaltung der Zigeuner zu liefern. (Polizeiliche Anweisung zur Vorgangsweise gegen Zigeuner) |
Doch; etwas ist zurückgeblieben; diese Bewegung: Baba
Tamara streicht sich auch dann eine Haarsträhne unter das
Kopftuch zurück, wenn gar keine Strähne herabgerutscht
ist. Das stammt noch aus der Konzentrationslagerzeit. Tamara hat
sich an jene Geste gewöhnt, nachdem man sie kahlgeschoren
hatte. Es sollte eine Erinnerung sein. Denn ihr Haar war dicht und ist ihr immer tief auf die Schultern gefallen. Es sah schön aus, wenn ihr eine Strähne über die Wange wehte. Die Männer haben das immer gemocht. Nur einer mochte es nicht, Tamaras Mann. Sie lächelt, wenn sie an ihn denkt. "Cyrill", sagt sie, "ist im Rauch aufgestiegen, ein Fliegengewicht. Leichter ist kein Sinto gen Himmel gefahren." Und immer, wenn sie sich das unsichtbare Haar so zurückstreicht, gibt der herabrutschende Ärmel auch wieder die Zahl frei; sie hat fünf Stellen. "Ich weiß", sagt Baba Tamara; "aber Leukoplast drüberkleben? Sieht das nicht aus, als hätt ich mir den Unterarm an einer Brombeerranke geritzt?" Niemand ist täglich so hungrig wie Kukas. Man kennt ihn
auf Reisen und im Lager nur kauend. Kukas kaut alles. Baumrinde
und Fleischfasern vom Knochen am liebsten. Selten, daB er mal
keine gekochten Eier in den zerbeulten Rocktaschen
trägt. aus: Wolfdietrich Schnurre, Zigeunerballade, Berlin 1988, S. 70 |
ÖSTERREICH
In Österreich - seit März 1938 als "Ostmark" Teil des
"Großdeutschen Reiches" - wurden die Sinti und Roma
ebenfalls rigoros verfolgt. Aber auch hier begann die Verfolgung
nicht erst mit dem Anschluß an das nationalsozialistische
Deutschland. Bereits vorher betrieben österreichische
Politiker und Polizei konsequent die Ausgrenzung der Zigeuner. So
nahm bereits 1936 die "Internationale Zentralstelle zur
Bekämpfung der Zigeunerplage" in Wien ihre Arbeit auf, die
in der Erfassung aller Zigeuner lag. Die Erfassung der Zigeuner
war die Voraussetzung für ihre Internierung in die
verschiedenen Lager, die auch in Österreich errichtet
wurden. Die beiden größten Zigeunerlager in
Österreich waren in Salzburg/Maxglan und das Lager
Lackenbach im Burgenland. Viele österreichische Sinti und
Roma wurden aber auch in die Konzentrationslager des Reiches
deportiert.
ITALIEN
Im Unterschied zum Nationalsozialismus spielte der Rassegedanke
innerhalb des italienischen Faschismus keine so große
Rolle. Bis zum Jahr 1938 flüchteten viele Juden vor der
nationalsozialistischen Verfolgung im Reich nach Italien. 1938
wurden allerdings auf Drängen des Bündnispartners
Hitler die Rassegesetze in Italien übernommen, wobei jedoch
besondere Hinweise auf die Zigeuner fehlen. Ab Frühjahr 1940
begann man auch in Italien mit der Registrierung der Juden und
ihrer Einweisung in Lager. In diesen Lagern wurden dann - wie aus
den Gefangenenlisten ersichtlich wird - auch Zigeuner interniert,
von wo aus sie nach Deutschland bzw. Polen gebracht wurden. Die
Zahl der Ermordeten wird auf 1000 geschätzt.
ÜBRIGE EUROPÄISCHE LÄNDER
Seit Beginn des Krieges wurden auch in den übrigen
europäischen Ländern, die von den
nationalsozialistischen Truppen besetzt waren oder mit ihnen
zusammenarbeiteten, Roma in Sammellagern eingesperrt und zur
Zwangsarbeit oder Vernichtung nach Deutschland und Polen
verschleppt. In den ost- und südosteuropäischen
Ländern, wo ein Großteil der Roma lebte, wurden diese
Verfolgungs- und Vernichtungsaktionen mit besonderer Grausamkeit
durchgeführt.
Nur in Dänemark und Finnland blieben die Roma vor
Verfolgungsmaßnahmen verschont, weil die Regierungen in
dieser Frage nicht zur Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten
bereit waren.
Aufgrund des Auschwitzerlasses wurde in Auschwitz/Birkenau ein
eigenes Zigeunerlager mit 32 Baracken errichtet. Im
Eingangsregister sind die Namen von 20.946 Sinti und Roma
vermerkt. In Wirklichkeit war die Zahl der dort eingelieferten
Zigeuner größer, denn man weiß, daß
Menschen nach der Ankunft oft direkt in die Gaskammern geschickt
wurden, ohne vorher registriert zu werden.
Sinti und Roma waren aber nicht nur in Auschwitz eingesperrt,
sondern in fast allen deutschen Konzentrationslagern. Genaue
Informationen über das Schicksal dieser Menschen in den
Lagern und genaue Zahlen über Todesopfer stehen auch deshalb
nicht zur Verfügung, weil sich die Geschichtsschreibung nach
dem Krieg für die Sinti und Roma nicht besonders
interessiert hat.
Wir wissen aber, daß an Angehörigen dieser
Volksgruppe medizinische Versuche durchgeführt wurden.
Roma-Häftlinge wurden zwangssterilisiert, mit Typhus und
Fleckenfieber infiziert, sie wurden gezwungen, Meereswasser zu
trinken, es wurden Kälteschockversuche durchgeführt,
und sie wurden für Senfgasexperimente benutzt.
Insgesamt wurden während der NS-Herrschaft mindestens
277.000 Sinti und Roma ermordet. Für die Interessen der
Pharma- und Rüstungsindustrie bezahlten unzählige
Häftlinge mit ihrem Leben oder schweren gesundheitlichen
Schäden, für die sie nach dem Krieg meist nicht einmal
materiell durch eine Opferrente entschädigt wurden.
NACH 1945
Für die Sinti und Roma bedeutete das Jahr 1945 keine Wende.
Es war das Ende der offenen Ausrottungspolitik der
Nationalsozialisten; es war aber das Fortdauern der
Diskriminierung gegenüber den Sinti/Roma, die man nur
widerwillig als Opfer des Faschismus anerkennen wollte. Vielen
wurde lange Zeit die erneute Erteilung der
Staatsbürgerschaft verweigert. Gesetze gegen das
"Zigeunerunwesen" wurden auch nach 1945 erlassen.
Jene "Zigeunerfachleute" aber, die für die Ermordung so
vieler Menschen verantwortlich waren, wurden nach Kriegsende kaum
gerichtlich verfolgt bzw. blieben bei Gerichtsverhandlungen
straffrei. Sie konnten ihre Karriere als Ärzte und
Professoren fortsetzen.
WIE LEBTEN DIE KARRNER?
Das wichtigste für die Karrner war ihr Karren, den sie
selbst zogen. Es war ein zweirädriger Wagen, über den
sich gebogene Holzlatten wölbten, die mit einem festen Tuch
bespannt waren. Vor dem Schlafengehen wurde die Wagenplane
über die Ränder bis zum Boden gezogen, sodaß ein
geschützter Raum entstand. Das war der Schlafplatz für
die Erwachsenen, während die Kinder im Wagen schliefen. Die
Karrner suchten sich nur für die Wintermonate ein festes
Quartier, die übrigen Monate waren sie immer auf dem
Weg.
Ihren Unterhalt sicherten sich die Karrner auf verschiedene
Weise. Sie stellten Dinge zum Verkauf her: Körbe, Besen,
Schuhcreme oder Wagenschmiere aus Tierfett. Sie betrieben Handel
mit Waren, die sie in entfernteren Orten gekauft hatten, z. B.
mit Obst und Gemüse, Wetzsteinen, Geschirr, Bildern,
Tabaksbeuteln, Kräutern, Alteisen, Lumpen. Außerdem
handelten sie auch mit Pferden, Hunden und Vögeln.
Daneben boten die fahrenden Menschen den einheimischen Bauern
verschiedene Dienstleistungen an: sie richteten Schirme und
Pfannen, schliffen Messer oder sie unterhielten die Menschen mit
ihrer Musik. Zum Teil versorgten sich die Karrner auch selbst,
indem sie kleinere Tiere, wie z. B. Ziegen hielten.
Da es sich bei den Karrnern meist um sehr arme Menschen
handelte, spielte auch das Betteln ein Rolle. Es zogen aber nur
die Frauen und Kinder zu den Bauernhöfen, um zu betteln, die
Männer hielten sich in der Zwischenzeit meist auf dem
Rastplatz auf, wo sie andere Arbeiten verrichteten. Die Karrner
waren auch der Meinung, daß das, was in der Natur
wächst eigentlich allen Menschen gehöre. Deshalb
bedienten sie sich machmal auch auf den Feldern und Wiesen der
seßhaften Bauern. Dies und das Betteln führten dazu,
daß die seßhafte Bevölkerung den Karrnern meist
feindlich gegenüberstand.
LEBENSWEISE UND GEWOHNHEITEN
Lebensweise und Gewohnheiten der Karrner waren von ihrem
Wanderleben und ihrer Armut geprägt und unterschieden sich
insofern von denen der seßhaften bäuerlichen
Bevölkerung. Das zeigte sich in ihrer Kleidung, ihren
Eßgewohnheiten und im Familienleben. Was Kleidung und
Ernährung betrifft, waren die Karrner auf günstige
Tauschgeschäfte angewiesen, so daß hier Einflüsse
aus allen ihren Aufenthaltsorten sichtbar wurden.
Die Kleidung der Karrner war zwar ärmlich und meist
geflickt, dafür aber bunt (geschmückte Hüte, lange
bunte Röcke und Kopftücher, Halstücher, allerlei
bunter Schmuck). Deshalb konnte sie für die Fahrenden zum
Statussymbol werden, mit dem sie sich gegen die übrige
Bevölkerung abgrenzten.
Die Karrner wurden oft als "Hundefresser" beschimpft, da
Hundefleisch für sie eine ganz selbstverständliche und
notwendige Nahrung war. Obwohl Menschen ja immer Fleisch von
verschiedenen Tieren aßen, galt der Verzehr von
Hundefleisch als abstoßend.
Von den Karrnern sagte man außerdem, daß sie sehr
viele Kinder hätten, die zudem häufig unehelich geboren
würden. Das kann durchaus zutreffen. Einerseits ist es in
allen Gesellschaften der Welt so: je ärmer die Leute sind,
desto größer die Zahl der Kinder. Andererseits bestand
seit dem Mittelalter bis ins 19. Jhdt. ein Heiratsverbot für
arme Leute, d. h. die behördliche Heiratserlaubnis war an
ein bestimmtes Einkommen gebunden. Viele Karrner waren also
gezwungen, ohne Eheschließung eine Familie zu
gründen.
Auch die Kindheit wies einige Besonderheiten auf. Die Kinder
wuchsen auf der Straße auf, sie werden deshalb schon sehr
früh gezwungen worden sein, ihre geistige und
körperliche Durchsetzungskraft zu erproben. Der Schulbesuch
der Karrnerkinder war meist unregelmäßig oder fand
überhaupt nicht statt. Wichtiger für das Leben auf der
Straße war wohl das praktische Lernen von den Eltern bzw.
älteren Geschwistern.
KARRNER - TIROLER ZIGEUNER?
Vieles in der Lebensweise der Karrner weist Ähnlichkeiten
mit der der Zigeuner auf. Gemeinsam mit den Zigeunern haben sie
auch, daß sie von der übrigen Bevölkerung,
aufgrund vieler Vorurteile und weil sie eben anders lebten,
abgelehnt und verachtet wurden. Heute noch gibt es in
Südtirol den Ausdruck "streiten wie die Karrner", der
nahelegt, die Karrner seien besonders streitsüchtig
gewesen.
Allerdings handelte es sich bei den Karrnern - im Unterschied zu
den Zigeunern - nicht um ein Volk mit einer gemeinsamen Herkunft,
sondern sie waren eine bestimmte soziale Gruppe innerhalb der
Tiroler Bevölkerung, während die Zigeuner eine eigene
Volksgruppe (Ethnie) bilden.
- SINTI UND ROMA IN
SÜDTIROL
Bis zum heutigen Tag ist Südtirol der
Forderung des derzeitigen italienischen Staatspräsidenten
und ehemaligen Innenministers Scalfaro, "eine angemessene Antwort
auf die primären Bedürfnisse der nomadischen
Bevölkerung zu geben", nicht nachgekommen.
Konkrete Maßnahmen für eine sinnvolle Lösung
fehlen. Stattdessen gibt es Versuche der Verharmlosung und
Verschleierung. Derzeit leben die Sinti und Roma in Südtirol
in einem rechtlichen Vakuum. Sie siedeln auf provisorischen
Plätzen, die chronisch überfüllt sind, oder
verstreut am Rande der Städte und Dörfer. Von dort
werden sie immer wieder von der Polizei verjagt.
Um diese Situation zu verbessern, genügt es nicht, wenn die
politischen Stellen Geld zur Verfügung stellen, um
Lagerplätze einzurichten. Die Einrichtung von festen
Stellplätzen scheitert nämlich immer wieder auch am
Protest der Anrainer: man will keine Zigeuner als Nachbarn.
In Südtirol sind es vor allem die Caritas, aber auch das
inzwischen gesamtstaatlich organisierte Nomadenwerk "Opera
Nomadi", welches vom Geistlichen Bruno Nicolini in den 60er
Jahren in Bozen gegründet wurde, die sich für Sinti und
Roma einsetzen.
Das "Opera Nomadi" kümmert sich um die
Aufenthaltsgenehmigungen, wurde zur zentralen Anlaufstelle
für die Sinti- und Romagemeinschaften und bemüht sich
um straffällig gewordene Sinti und Roma.
Zur "Opera" stieß in den sechziger Jahren die Lehrerin
Sandra Carli, die in einer vom Staat finanzierten Sonderschule
Kinder unterrichtete. Sie wurde zur Vertrauensperson der Sinti
und Roma, ähnlich wie der Eppaner Seelsorger Bruno Carli.
Immer wieder forderte das Nomadenwerk von der Gemeinde Bozen die
Schaffung fester Rastplätze und mehr Toleranz für die
Nomadenfamilien. Das "Opera Nomadi" gelang es auch, die
Türen der Schulen in Bozen für die Sinti- und
Romakinder zu öffnen.
Nach neuesten Schätzungen der Südtiroler Caritas leben
im Raum Bozen rund 300 seit langem ansässige Sinti und Roma.
Weitere 200 leben in verschiedenen anderen Orten Südtirols,
vor allem in Meran und Brixen. Dazu kommen noch einige hundert
neu zugewanderte Roma. Viele von ihnen sind bitterarm,
Analphabeten und z. T. vorbestraft. Es gibt für sie aber
wenig Möglichkeiten, sich aus diesem Kreislauf zu
befreien.
Immer wieder werden sie von ihren Rastplätzen vertrieben
und bei jedem Einbruch führt die Polizei Durchsuchungen in
den Zigeunerlagern durch. Seit im ehemaligen Staatsgebiet von
Jugoslawien Krieg herrscht, hat sich die Situation
zusätzlich verschärft. Zu den seit langem in
Südtirol lebenden Sinti kommen zahlreiche
Roma-Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten nach Italien und
auch nach Südtirol. Die meisten von ihnen haben die Hoffnung
auf die Rückkehr in ihre Heimat nicht aufgegeben. Da dies in
nächster Zukunft aber nicht möglich sein wird, fordern
sie menschenwürdige Existenzbedingungen, d. h. mehrere
kleinere Lagerplätze für die verschiedenen Gruppen. So
wollen sie Stellplätze für einen festen Aufenthalt von
Transitlagerplätzen trennen. Außerdem könnten auf
kleineren Plätzen verwandte Gruppen siedeln, sodaß
viele der Spannungen vermieden werden könnten. Die
Plätze müßten mit ausreichenden sozialen und
sanitären Strukturen ausgestattet sein, damit den Sinti und
Roma ein menschenwürdiges Leben ermöglicht wird und sie
nicht fortwährend ins Abseits und in die Illegalität
gedrängt werden.
In den verschiedenen Ländern Europas gibt es erhebliche Unterschiede in den Lebensumständen der Roma. So hat sich die Lage der Roma in Schweden in den letzten Jahren erheblich verbessert: sie haben Zugang zu Wohnungen, Ausbildung und Arbeitsmarkt. Die Lage der 600.000 Roma in der Slowakei hat sich dagegen verschlechtert. Sie leben in ghettoartigen Kolonien, ohne soziale Selbstvertretung und politischen Einfluß. Die Roma in Italien lebten jahrhundertelang in einer relativ guten Beziehung zur bäuerlichen Bevölkerung. Durch die Industrialisierung und Landflucht wurde ihnen die wirtschaftliche Basis entzogen. So sind die Roma Italiens häufig von Sozialhilfe und Bettelei abhängig. Während die industrielle Gesellschaft insgesamt immer mobiler wird, versuchte man meist, den noch umherreisenden Teil der europäischen Roma irgendwie seßhaft zu machen.
Im folgenden ein kurzer Überblick über die verschiedenen Länder.
WESTEUROPA
DEUTSCHLAND
Etwa 70.000 Sinti und Roma leben heute in Deutschland, wenige
davon in den neuen Bundesländern. Wenn sie auch die vollen
staatsbürgerlichen Rechte besitzen, so wirken sich doch bis
heute Ausgrenzung und Verfolgung in ihrem Leben aus. Sie
fühlen sich aber als eine "angestammte" Minderheit in der
deutschen Bevölkerung, da sie seit Jahrhunderten hier leben.
Allerdings haben die Sinti und Roma nie eine echte
Wiedergutmachung für den an ihnen begangenen Völkermord
durch das Naziregime erfahren. Entgegen mancher Vorurteile haben
die Sinti-Familien im gleichen Maße feste Wohnsitze wie die
übrige Bevölkerung. Zum Teil leben die deutschen Sinti
und Roma in sehr integrierten Verhältnissen und in guter
Nachbarschaft mit der deutschen Mehrheitsbevölkerung. Ein
anderer Teil wird immer noch auf die Baracken und
Wohnwagenplätze am Stadtrand abgedrängt.
Ende der 70er Jahre traten die deutschen Sinti an die
Öffentlichkeit, um ihre Anliegen selbst zu vertreten. 1982
wurde der "Zentralrat Deutscher Sinti und Roma" gegründet.
Dieser versteht sich als Bürgerrechtsorganisation und
Verhandlungspartner, der die Anliegen dieser Minderheit
gegenüber den staatlichen Behörden und
gesellschaftlichen Institutionen vertritt. Die Selbstorganisation
der Sinti und Roma war wesentlich für die Durchsetzung
sozialer Fortschritte.
ÖSTERREICH
In Österreich leben nur mehr 16.000 Sinti und Roma (die
inzwischen eingewanderten Flüchtlinge nicht gerechnet).
11.000 Sinti und Roma haben den Nazi-Terror nicht überlebt.
Die wenigen aus den KZs und aus dem Exil zurückgekehrten
Roma wurden, wie stets, an den Rand der Städte und
Dörfer gedrängt. Man kann drei Gruppen unterscheiden:
die Sinti an den Rändern der Städte Wien, Wiener
Neustadt, Linz, Salzburg und Villach, die burgenländischen
Roma und eine Gruppe von Lovara, die in Wien überwiegend als
Teppichhändler leben. Hinzu kommen noch Roma-Gastarbeiter
aus dem ehemaligen Jugoslawien, die sich meist nicht als Roma zu
erkennen geben. Diese Gruppen sprechen untereinander meist
Deutsch, da sich ihre Dialekte beträchtlich voneinander
unterscheiden.
Seit 1993 sind die Sinti und Roma in Österreich als
Volksgruppe anerkannt. Trotz dieser offiziellen Anerkennung
stoßen sie in ihrem Alltag nach wie vor häufig auf
Ablehnung und Ausgrenzung.
SCHWEIZ
In der Schweiz leben nur mehr rund 5000 Sinti und Roma. Hier
werden sie oft auch "Jenische" genannt. Als schweizerische
Besonderheit ist die staatlich geförderte Organisation "Pro
Juventute" zu nennnen, die bis 1973 Zigeunerkinder gewaltsam
entführte, um ihnen eine "ordentliche" Erziehung zukommen zu
lassen. Über vierzig Jahre lang war diese Organisation aktiv
und entfernte in dieser Zeit rund 700 Kinder von ihren Eltern.
Seit 1973 wurde diese Tätigkeit eingestellt; die
Organisation wurde allerdings nie zur Rechenschaft gezogen. Im
Film "Kinder der Landstraße" des Schweizer Regisseurs Urs
Egger wird dieses Thema behandelt.
FRANKREICH
Die knapp 300.000 Roma Frankreichs bezeichnen sich meist als
"manouches", aber auch als Kalé oder Jenische. Die
Franzosen nennen sie "Gitanes" oder "Tsiganes". Roma sind seit
1419 in Frankreich erwähnt. In Frankreich fühlen sich
viele Gitanes diskriminiert. Wegen fehlender
Wohnwagenstellplätze können Kinder nicht zur Schule
gehen, woraus auch der Verlust des Kindergeldes resultiert.
SPANIEN
Die "Gitanos" (Kalè) in Spanien sind noch immer rechtlose
Menschen. 500.000 Roma leben in Elendsquartieren am Rande der
Städte, haben kein Wahlrecht und keinen Anspruch auf
Sozialhilfe. Sie gelten als Gewohnheitsdiebe. Übergriffe der
"Guardia civil", der spanischen Polizei, sind nicht selten. Erste
Schulprojekte sollen nun helfen, die Analphabetenquote von 80 %
zu senken.
GRIECHENLAND
In Griechenland wird den 50.000 muslimischen "Zigeunern" noch
immer die Staatsbürgerschaft vorenthalten. Die orthodoxe
Kirche möchte sie auf diese Weise zur Taufe zwingen. Das
Umherziehen wird erschwert, weil die Roma nur auf organisierten
Campingplätzen wohnen dürfen, allerdings nicht auf
denen für Touristen. Für seßhafte Roma wurden
dagegen etliche Siedlungen gebaut und in Athen kommunale
Wohnungen zur Verfügung gestellt.
SCHWEDEN UND DÄNEMARK
"Tattare" und andere Fahrende genießen in Schweden
vergleichsweise großen Schutz. Seit 1979 gibt es Schulen,
in denen Romanes gesprochen wird. Die Dänen nennen die
umherziehenden, oft aus verschiedenen Gemeinschaften bestehenden
Gruppen "Taterne". Diese Gruppen richten sich nur selten an ein
und demselben Ort ein; in manchen Fällen bleiben sie dort,
wo man ihnen günstige Aufnahmebedingungen ermöglicht.
Wie in zahlreichen anderen Ländern Europas erließ der
dänische Staat strenge Verbote für die umherwandernden
Taterne. Mehr als die Hälfte der 1.200 dänischen
Taterne wohnt in der Stadt Helsingor.
GROSSBRITANNIEN
Von den rund 90.000 Fahrenden (Travellers, zu zwei
Dritteln Romanichal, also Roma) leben heute 62.000 in England,
9.000 in Wales, 17.000 in Schottland und 2.000 in Nordirland.
40.000 leben in Zelten oder Wohnwagen, alle anderen in festen
Häusern. Nur wenige beherrschen noch das Romanes. Meist
sprechen die Romanichal "pogadi Chib", eine Mischung aus Englisch
und Romanes. Ähnlich verhält es sich in Schottland und
Irland, wo die Landessprache - auch das Gälische - die
Roma-Sprache durchdrungen hat.
OSTEUROPA
In Osteuropa bilden die Roma zahlenmäßig starke
Minderheiten. In der tschechischen Republik und in der Slowakei
erreichen die Roma etwa eine Million Menschen, in Bulgarien
750.000, in Ungarn 800.000 und ebensoviele in der ehemaligen
UdSSR. Die Roma stellen also einen beachtlichen Prozentsatz der
Bevölkerung der ehemaligen Ostblockstaaten dar. Einen
nennenswerten politischen Einfluß konnten sie in den Zeiten
des Sozialismus allerdings nicht geltend machen. Sie konnten ihre
Kultur nicht öffentlich leben und waren als ethnische Gruppe
nicht anerkannt.
Die rund 7 Millionen Roma Osteuropas hoffen nach dem Niedergang
des Sozialismus auf bessere Zeiten und mehr Rechte. Zwar durften
sie Vereine und politische Parteien gründen, zwar sitzen
einige ihrer Vertreter in Parlamenten, ihre soziale und
wirtschaftliche Lage aber hat sich inmitten von
Nationalitätenkonflikten und Wirtschaftskrisen eher
verschlechtert. In einigen Ländern ist es sogar bis zu
Pogromen, also Gruppenverfolgungen, gekommen. Dies erklärt
auch die neuen Wanderungswellen in den Westen.
RUMÄNIEN
Vor dem 2. Weltkrieg waren es noch eine Million Roma gewesen,
die sich zu ihrer Identität bekannten, 1992 nur mehr
409.000. Warum viele ihre Identität verleugneten, wurde nach
dem Fall des Ceausescu-Regimes deutlich. Der Rassismus gegen die
Roma ist mit dem Wiederaufleben eines aggressiven Nationalismus
offen ausgebrochen. Neofaschistische Gruppen wollen die Roma zur
Zwangsarbeit verpflichten. Faschistische Zeitschriften forderten:
"Man muß mit den Zigeunern dasselbe machen, was Antonescu
mit ihnen gemacht hat". Der Verbündete Hitlers hatte deren
"Ausmerzung" angeordnet. In der Tat kommt es in Rumänien
heute immer wieder zu Pogromen. Die Roma haben nicht nur die
schlechtesten Wohnbedingungen, sondern auch kaum
Ausbildungsmöglichkeiten. Sie sind die ersten, die
entlasssen werden und die letzten, die Arbeit finden. Mehr als
100.000 verließen allein 1992 das Land in Richtung
Deutschland.
POLEN
In Polen leben heute noch 20.000 bis 50.000 Roma. Die
sozialistische Regierung versuchte früher die Roma
seßhaft zu machen. Dies gelang nur bei etwa einem Viertel,
weil sich die Roma ihre ethnische und kulturelle Identität
nicht nehmen lassen wollten. Roma gehören auch in Polen zu
den sozial Schwachen. Es kommt zu Hetzjagden gegen sie, weil sie
für die schlechte wirtschaftliche Situation verantwortlich
gemacht werden.
TSCHECHIEN UND SLOWAKEI
In Tschechien und der Slowakei gibt es noch immer große
"Zigeunerkolonien". Bis zu 500.000 Roma leben heute in der
Slowakei. Zwar besaßen die Roma früher die
tschechoslowakische Staatsangehörigkeit, aber sie waren als
nationale Minderheit nicht anerkannt. Der sozialistische Staat
versuchte sogar eine Zeit lang, Roma-Frauen zwangsweise zu
sterilisieren. Heute überfallen öfters rechtsradikale
Skinheads die Romasiedlungen. Der Roma-Parlamentarier Emil Scuka
beschreibt die Situation so: "Die Tschechen können die
Slowaken nicht leiden, die Mähren die Slowaken nicht und
nicht die Tschechen. Sie haben nur eines gemeinsam: alle hassen
die Zigeuner".
UNGARN
Die
nach dem Fall des Kommunismus in Ungarn durchgeführte
Landreform brachte den 800.000 dort lebenden Roma nichts. Keine
einzige Familie der ehemaligen Taglöhner erhielt Land
zugewiesen. Viele ungarische Roma leben unter dem staatlich
festgesetzten Existenzminimum. Tausende von ihnen wohnen am
Stadtrand von Budapest in Wohnungen ohne fließendes Wasser
und Strom. Rund 10.000 verdienen ihr Brot noch als Musiker.
Obwohl die Roma mit 4% der Bevölkerung die größte
ethnische Minderheit darstellen, erhielten sie keinen Listenplatz
auf der Landesliste, die ein politisches Mandat zusichert und auf
der alle anderen Volksgruppen einen Platz zugeteilt bekamen.
EHEMALIGES JUGOSLAWIEN
In Jugoslawien kämpften im 2. Weltkrieg viele Roma mit den
Partisanen gegen die Faschisten. 120.000 kamen in den Lagern der
kroatischen Ustascha-Faschisten um. Dennoch erkannte sie das
sozialistische Nachkriegsjugoslawien nicht als ethnische
Minderheit an. Vor dem Krieg lebten in ganz Jugoslawien rund eine
Million Roma, häufig in sog. "Mahalas", Ghettos am Rande der
größeren Städte. Das schlimmste existiert am
Stadtrand von Skopje, der heutigen Hauptstadt von Mazedonien.
40.000 Menschen leben hier in Pappkartons und
Wellblechhütten, ohne fließendes Wasser und Strom,
ohne Kanalisation und medizinische Versorgung. Jedes zweite
Neugeborene stirbt.
Im Krieg zwischen den ehemaligen Teilrepubliken scheinen die
Roma zwischen den Stühlen zu sitzen.
Menschenrechtsorganisationen berichten von
"Zigeuner-Bataillonen", die an vorderster Front als Kanonenfutter
herhalten müssen. Dementsprechend desertieren viele junge
Roma-Wehrpflichtige und versuchen, sich in den Westen
durchzuschlagen. In Kroatien wurden die meisten ansässigen
Roma einfach bei Staatsgründung ausgebürgert, indem sie
keine Staatsbürgerschaft erhielten. In Slowenien werden die
Roma in der Ausübung ihrer politischen Rechte behindert. In
Bosnien wurden sie während der serbischen Aggression genauso
zur Zielscheibe von Massakern und Deportationen wie die
moslemischen und kroatischen Bosnier.
EHEMALIGE SOWJETUNION
In den
europäischen Ländern der ehemaligen UdSSR leben
schätzungsweise 250.000 Roma. Am Anfang hatte die
sowjetische Regierung die Roma als gleichberechtigte Bürger
anerkannt und den Schutz ihrer kulturellen Eigenart
zugesichert.
Zur Zeit Stalins wurden die Roma zwangsassimiliert. Das
Nomadentum wurde verboten und die Roma wurden auf den
verschiedenen Kolchosen angesiedelt. Das hatte zur Folge,
daß es heute in diesen Ländern kaum noch
größere geschlossene Roma-Siedlungen gibt. Auch nach
der Regierungszeit Stalins wurde die Assimilierungspolitik
fortgesetzt, denn der kommunistische Einheitsstaat duldete keine
kulturelle Andersartigkeit. Über die konkrete Situation der
Roma in den einzelnen Ländern der ehemaligen UdSSR ist
allerdings wenig bekannt. Man weiß jedoch, daß es
auch hier immer wieder zu tätlichen Angriffen und
Überfällen von Seiten der Bevölkerung auf
Roma-Gruppen gekommen ist.
STAATENLOSIGKEIT
Eine nicht kleine Gruppe von Roma zieht seit Jahrzehnten
innerhalb Europas von Land zu Land. Sie fühlen sich keinem
Land wirklich angehörig und verfügen auch nicht
über Ausweispapiere. Vielen gelingt es nicht, ihre
Staatenlosigkeit nachzuweisen. Die Behörden vermuten,
daß sie trotz ihrer Aussage doch Staatsangehörige
eines osteuropäischen Landes sind. Dies zu widerlegen, ist
für die Betroffenen sehr schwierig. In Italien können
diese Personen nur eine begrenzte Aufenthaltsgenehmigung
erhalten. Die Betroffenen leben also im Ungewissen und werden von
den Behörden nur geduldet. Ein wichtiger Schritt wäre
es, wenn den Roma ohne Staatsangehörigkeit ein
längerfristiges Aufenthaltsrecht zuerkannt würde. Dann
hätten sie zumindest die Möglichkeit, die Rechte der
Staatenlosen in Anspruch zu nehmen und könnten sich an einem
Ort ansiedeln.
Trotz unterschiedlicher Bedingungen in den
einzelnen europäischen Ländern gibt es einige
grundsätzliche GEMEINSAMKEITEN DER ROMA IN GANZ
EUROPA:
WIRTSCHAFLICHE AUSGRENZÜNG: Die wirtschaftliche
Entwicklung nimmt den Roma immer mehr Arbeits- und
Verdienstmöglichkeiten. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist
ihnen mangels schulischer und beruflicher Ausbildung erschwert.
Folgen: Abhängigkeit von Sozialhilfe und fortschreitende
Verarmung. Verschiedene europäische Institutionen (EU, Europarat, KSZE) haben sich für die Verbesserung der Lage der Roma ausgesprochen. Doch die konkrete Umsetzung dieser Empfehlungen durch die europäischen Staaten läßt auf sich warten. |
LEBENSWEISE UND KULTUR |
Stellt den Fernseher aus", sagt Romeika; "ich erklär
euch die Hände." Hanenka und Leana sehen einander an; sie
sind wütend. Romeika sagt: "Ihr müßt
unterscheiden. Manche von uns Frauen verstehen wirklich in den
Händen zu lesen. Wohlbemerkt: In den Händen der
Gadsche. Wir Roma sagen einander nicht wahr. Es entstünde
zuviel Streit unter uns, wenn wir es täten. Andere Frauen
gehen beim Handlesen von ihrer Einfühlung aus.
Schließlich, was will wohl ein sorgenvoller Gadscho schon
hören; und er soll ja bezahlen. Also müssen wir ihn
auch bedienen. Was mich betrifft, ich gehe beim Handlesen gern von einer gesicherten Grundlage aus. Deshalb, Hanenka, ist das Ausspionieren vorher so wichtig, die vertrauliche Unterhaltung. Jetzt sollte man allerdings das Patrin, die Zeichensprache beherrschen. Denn man muß ja beim Verlassen des Hauses der Wahrsagerin, ohne mit ihr gesehen zu werden, von seiner neu erworbenen Kenntnis berichten. Nun, Töchter, das üben wir noch. Dann gibt es aber auch noch unser eigenes Wissen, was die Hände betrifft. Ich meine vor allem das Wesen der Finger. Beseht euch den Daumen. Er wendet sich ab von der Hand. Er ist ein Einzelgänger; er verläßt seinen Stamm. Alle seine Wege führen ins Unglück; besonders die Wege des linken. Es sei denn, dieser linke wird von der Hand eines Toten gelöst, der schon neun Tage im Grab liegt. Ein solcher Totendaumen leuchtet dem Dieb. Die Hausbesitzer versetzt er in ohnmächtigen Schlaf. Der Zeigefinger ist fröhlich. Er ist der Finger des Glücks. Hütet euch, ihn zu verletzen. Fällt auch nur ein einziger Blutstropfen von ihm auf die Erde, saugen die Nivaschi, die Wassergeister ihn auf, und ihr werdet eines Tages ertrinken. Der Mittelfinger ist der Finger der Toten. Muß ein Kind ohne ihn sterben, kehrt es als Vampir zurück. Aber auch wenn er einem toten Erwachsenen fehlt, hat der keine Ruhe im Grab. Höchstens, seine Verwandten haben ihm einen Mittelfinger aus Holz in den Sarg mitgegeben. Habt ihr jemand aus den Augen verloren und wollt wissen, wo er sich aufhält, laßt drei Blutstropfen des linken Mittelfingers auf den Nagel des rechten fallen. Aus der Beschaffenheit der entstehenden Flecke werdet ihr die Antwort erfahren. Der Ringfinger ist unser Arzt. Umwickelt ihn bei Fieber mit einem roten Faden, und der Krankheitsschweiß tritt wieder in die Poren zurück. Der kleine Finger ist vorlaut und stiehlt. Deshalb wird er auch Kaschkeraka, Elster genannt. Wir haben ihn, um kleine, aber wertvolle Gegenstände unauffällig verschwinden lassen zu können. Und nun, Leana, wiederhole mir das. aus: Wolfdietrich Schnurre, Zigeunerballade. Berlin 1988, S. 54-55 |
Die Wurzeln der Sinti- und Romakultur liegen in Indien. Auf
ihren jahrhundertelangen Wanderungen haben Sinti und Roma einige
ihrer alten Bräuche und Glaubensvorstellungen bewahrt,
gleichzeitig jedoch übernahmen sie viele Elemente anderer
Kulturen, mit denen sie ständig in Berührung kamen. Es
läßt sich also nicht von "der" Kultur der Sinti und
Roma sprechen.
Zwei zentrale Elemente, das Nomadentum und das Streben nach
Glück, resultieren aus ihrem Lebensstil und werden im
folgenden Gedicht aufgegriffen:
Ich bin alt und müde, aber ich kann nicht
bleiben
Zigeuner halten nur inne um zu sterben weil die Straße
ihr Leben ist.
Auf der Straße kommen wir zur Welt, längs der
Straßen leben wir, am Ende der Straße hol uns der
Tod.
Das ist unser Leben, wir sind arm, aber
glücklich
wir sind reich wenn wir rings um ein Feuer sitzen und dem
Klang der Violine lauschen.
Auch heute noch ist einigen Roma die ständige
Seßhaftigkeit fremd, und so befinden sich manche von ihnen
immer noch auf Wanderschaft, da sie das Stehenbleiben mit Sterben
gleichsetzen. Eine Unterbrechung der Wanderung dient nur zur
Rast.
Stärker als vielleicht bei anderen Kulturen ist bei vielen
Zigeunern das Streben nach Glück ausgeprägt, wobei
Glück für sie Gesundheit, Kinder, Liebe und
Zufriedenheit bedeutet. Während Arbeit und Wohlstand in
Westeuropa duch den Kapitalismus zur regelrechten Ideologie
erklärt wurde, dient die Arbeit bei Sinti und Roma zum
Broterwerb und der Sicherung elementarster Bedürfnisse. Auch
das Streben nach Grundbesitz ist vielen Sinti und Roma fremd.
Genausowenig kennen sie Krieg und den Wunsch nach Eroberung
fremder
Gebiete. Sie halten nichts von Helden und Kriegern, und viele
ihrer Sprichwörter, wie z.B. "Den Säbel führt,
wer keinen Verstand hat" oder "Ein guter Krieger sät viel
Unglück", weisen auf ihre negative Einstellung zum Krieg
hin.
Insgesamt ist ihre Identität nicht so sehr an Besitz und
einen Ort gebunden, wie wir es aus unserer Kultur kennen. Der
zentrale Bezugspunkt ist für sie die Gruppe bzw. die
Großfamilie.
- MAGIE UND MYTHOS
Im Unterschied zu den modernen, industrialisierten Völkern,
bei denen sich ein rationales Weltbild durchgesetzt hat, finden
sich bei den Roma noch Elemente einer magischen Denkweise, wie
sie für viele Naturvölker kennzeichnend ist. Auch in
unserer kulturellen Vergangenheit gibt es diese mythische
Tradition, wie zahlreiche Sagen und Bräuche belegen; im Zuge
der technischen Entwicklung wurde diese Tradition aber
ausgelöscht. Bei den Sinti und Roma hat das magische Denken
eine lange Tradition und spielt z. T. auch heute noch eine Rolle.
In der Unterscheidung zwischen "schwarzem und weißem
Zauber" oder "guten und bösen Geistern" wird eine weiteres
Element der Denkweise ersichtlich: das Denken in
Gegensatzpaaren.
Sämtliche Bräuche werden von den Begriffen "rein" und
"unrein" geprägt, die mit dem Unterschied zwischen Leben und
Tod identisch sind. Diese Vorstellung von "rein" und "unrein"
bestimmt das Weltbild der Zigeuner. Sie bezieht sich auf fast
alle Handlungen und Dinge und beeinflußt den
Sprachgebrauch. So kann z. B. schon das Erwähnen des Wortes
"Blut" Unreinheit zur Folge haben. Heilige und geistige Wesen,
welche nach dem Glauben der Sinti und Roma den Himmel bewohnen,
sind z. B. der Inbegriff von Reinheit, da sie mächtiger als
die Menschen sind. Selbst der menschliche Körper wird in
"rein" und "unrein" eingeteilt. Der Kopf ist rein, die
Füße, welche ständig mit der Erde in
Berührung kommen, gelten als unrein.
Die Kultur der Sinti und Roma ist vor allem die Kultur einer
über Jahrhunderte verfolgten Minderheit. Abgrenzung und
Schutz nach außen, sozialer Zusammenhalt und
Verständigung nach innen sind ihre bestimmenden Faktoren.
Außerdem handelt es sich um eine sehr dynamische Kultur,
deren Kennzeichen und deren Stärke in der
Anpassungsfähigkeit an die jeweiligen Bedingungen der
Umgebung lag und liegt. Das kann gleichzeitig auch eine
Schwäche sein. Wie in unserer Gesellschaft fanden auch bei
den Roma im letzten Jahrhundert große Veränderungen
und Umbrüche statt. Wegwerfgesellschaft, Konsumgesellschaft,
Uniformierung der Gesellschaft durch Massenmedien - mit diesen
Schlagworten wird häufig der Zerfall traditioneller
Wertordnungen erklärt. Das gilt für uns genauso wie
für die Roma und Sinti. Dort hat die Auflösung
traditioneller Sippen- und Familienstrukturen allerdings
schwerwiegendere Folgen, da die Familie als soziale Institution
immer bedeutsamer war und weil die Alternativen und
Zukunftsperspektiven für Zigeuner um vieles schlechter sind
als unsere. Ein durchschnittlich geringerer Bildungsgrad,
gesellschaftliche Vorurteile und ein daraus resultierendes
Mißtrauen gegenüber der Gesellschaft auf Seiten der
Zigeuner tragen zur Orientierungslosigkeit und Resignation vor
allem bei jugendlichen Sinti und Roma bei.
Gako Koslowski liegt im Sterben. Gako ist der Älteste,
er ist älter als Baba Tamara. Doch er hätte gerne noch
länger gelebt. Niemand hat das Reisen, das Unterwegssein so
sehr geliebt wie er mit seinen plattgelaufenen
Füßen. "Sei nicht unzufrieden", sagt Baba Tamara zu ihm; "schon gar nicht jetzt, wo die größte aller Reisen beginnt." Sie spricht es zu ihm, während sie ihn ins Freie tragen. Es hätte gegen die guten Sitten verstoßen, würde Gako Koslowski im Wohnwagen sterben. Weder Geburt noch Tod finden im Wohnwagen statt. Er soll unbefleckt bleiben von Blut und Verderben. Gako wird in die Mitte zwischen die Autos und Wagen gelegt. Kein Radio, kein Fernseher läuft. Alle Familien sitzen um ihn herum. Man unterhält sich. Man ißt, man trinkt, man raucht. Trauer, Bewegung, Kummer zeigt niemand. Der Sterbende soll noch einen vollen Zug Leben einatmen können. Und das Leben achtet nicht auf den Tod. Es tut, als ob es den Tod nicht kenne. Aber der steht längst im Schatten bereit und stimmt verstohlen seine Gitarre. Schon der erste Takt läßt Gakos alten, ausgemergelten Körper erschauern. Und jetzt hat der Tod sich über ihn gebeugt. Dies ist die Melodie, die das Leben besiegt. Gako bäumt sich auf wie im Tanz. Dann fällt er zurück und erstarrt. "Er ist tot", verkündet Baba Tamara. Sofort fangen alle Versammelten an zu schluchzen, zu weinen, zu schreien. Männer und Frauen äußern den Schmerz auf vielerlei Weise. Es ist ja nicht nur Gakos Tod, den man betrauert. Man beweint auch gleich den eigenen mit. Selbst die Kinder scheinen Mitwisser zu sein, an ihren Tränen gemessen. Die Lamentationen dauern bis tief in die Nacht. Irgendwo beginnt sich das Jammern und Klagen jedoch dann zu ordnen, und es werden rhythmische Sprechchöre draus, die die Verdienste des Toten benennen. Da Gako Koslowski eigentlich alle Zigeunertugenden in sich vereinigte, dämmert es schon, wie die ersten sich steif und fröstelnd erheben. Schließlich hockt nur der Totenwächter noch neben dem Leichnam. Er hat sich mit dem Rücken gegen die Morgenbrise gedreht, um die Kerzenflammen zu schützen. In drei Tagen wird das Begräbnis stattfinden. aus: Wolfdietrich Schnurre, Zigeunerballade. Berlin 1988, S. 116-117 |
Gina und Kukli sind einander versprochen. Dabei sind beide
zusammen erst sechzehneinhalb. Kukli sagt: "Jeder Sinto braucht
Frauen, die für ihn arbeiten gehn. Warum sollst du nicht
meine erste Frau sein?" Gina antwortet ihm: "Jede Sintizza will geehrt werden in ihrer Familie. Wenn ich nicht genug Kinder kriege von dir, nehme ich mir eben noch ein paar andere Männer." aus: Wolfdietrich Schnurre, Zigeunerballade. Berlin
1988, S. 46 Es ist Morgen. Die Männer in den Wohnwagen strähnen
sich gähnend das Haar und boxen sich ächzend noch mal
das Kissen zurecht. Die Frauen bereiten sich aufs Findengehen
vor. Sie rauchen und binden die Kopftücher um. Die
Verheirateten knoten sie unter dem Kinn, die anderen im Nacken.
Die Beutel und Säcke haben sie schon unter den bodenlangen
Röcken verstaut. Denn Findengehen heißt mitnehmen
wollen; mitnehmen wollen, was Wert hat. Und Wert hat alles, was
schmeckt, schmückt, wärmt, verkäuflich ist oder
Kaufen ermöglicht. aus: Wolfdietrich Schnurre, Zigeunerballade. Berlin 1988, S. 26-27. |
DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN
Das Romani kennt kein Wort für "Ehe" und
"Familie". Bei der Heirat spricht die Frau: "lav rom" und der
Mann: "lav romni", was soviel heißt wie "ich heirate".
Daran zeigt sich, daß Roma früher nur untereinander
heirateten. Die Eheschließungeninnerhalb desselben Stammes
sind auch heute noch weit verbreitet und Teil der Roma- und
Sintitradition. Auch heiraten die Roma und Sinti in der Regel
relativ früh.
Die Ehe mit einem Nicht-Roma bedeutete früher in manchen
Gruppen den Ausschluß aus dem Stammesverband. Dieser Brauch
scheint auf den ersten Blick grausam, er entstand jedoch als eine
Art Selbstschutz. Eine Frau konnte durch Kauf, Tausch oder
manchmal auch durch Entführung erworben werden und wurde so
als Besitz betrachtet, wenngleich Regeln und Vorschriften es
verboten, sie als Eigentum zu behandeln. Der Kaufpreis wurde von
den betroffenen Familien ausgehandelt. Den Kaufpreis für
seine Tochter erklärte ein türkischer Rom so: "Jeder
Mann braucht eine Frau, damit sie Kinder bekommt, kocht, auf dem
Feld und im Haus arbeitet. Warum dafür kein Geld nehmen?
Für meine eigene Frau mußte ich ja auch
bezahlen."
Ein anderer Rom, der kein Geld für seine Tochter verlangte,
begründete dies damit: "Wenn ich das tue, gehört sie
ihm. Er kann sie schlagen. Ich will aber nicht, daß meine
Tochter geschlagen wird. Sollte er das dennoch tun, so kann ich
ihm meine Tochter wieder nehmen, weil sie ihm ja nicht
gehört, da er nicht für sie bezahlt hat." Diese
Heiratsbräuche sind für die Gegenwart allerdings nur
mehr begrenzt gültig. Mädchen rebellieren gegen die
strengen Traditionen und wollen sich ihren Ehemann selbst
auswählen. Auch Ehen mit Gadschos sind in manchen
Ländern keine Ausnahme mehr.
Der Mann ist das Oberhaupt der Familie, die Frau ist ihm
untergeordnet, auch wenn sie in der Vergangenheit den
Großteil des Familienaufkommens bestritt. Auch heute noch
erfährt Frauenarbeit, und so auch die der Sinti- und
Romafrauen, eine gesellschaftliche Abwertung oder wird nicht als
eigentliche Arbeit anerkannt, da sie sich im privaten Bereich
abspielt. Kinder gebären und sie erziehen, das Pflegen von
kranken Verwandten, die Führung des Haushalts etc. (die
sogennanten "reproduktiven" Arbeiten im Gegensatz zu den
"produktiven") bleiben für die Gesellschaft meist
"unsichtbar" und werden nicht entlohnt.
Traditionelle Aufgaben der Sinti-und Romafrauen sind das
Wahrsagen und die Zauberei, die sie als Kinder von den
Müttern erlernen. Viele Frauen gehen auch heute noch von
Dorf zu Dorf, um den Menschen aus der Hand zu lesen, um so zum
Unterhalt der Familie beizutragen. Auf die Frage, was sie denn
den Leuten erzähle, antwortet eine Romafrau: "Ich
erzähle ihnen, was sie gerne hören möchten - das
lese ich in ihren Gesichtern - und bringe so ein wenig Hoffnung
in ihren Alltag."
Das Weben, Spinnen und das Färben von Stoffen stellen
weitere traditionelle Tätigkeiten dar, die jedoch nur noch
in wenigen Ländern, wie z. B. in Indien, ausgeführt
werden. Außerdem verrichten die Frauen auch schwere
Feldarbeit oder verkaufen verschiedene Waren auf den
Märkten. Durch die zunehmende Schulbildung, die jedoch noch
vielfach von den ökonomischen Mitteln der Familie
abhängig ist, bekamen einige Sinti- und Romafrauen in
letzter Zeit die Möglichkeit, einen eigenen Beruf zu
erlernen und so eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit zu
erreichen. Freilich handelt es sich hierbei nur um eine
Minderheit der Sinti- und Romafrauen.
Insgesamt ist der Unterschied zwischen Mädchen- und
Jungenerziehung wahrscheinlich nach wie vor ausgeprägter als
in unserer gegenwärtigen Kultur. Vielfach werden die Kinder
noch nach sehr traditionellen Geschlechtsrollen erzogen. Ein
großes Problem stellt für die Roma-Frauen neben der
mangelnden Ausbildung die Arbeitssuche dar - auch hier spielen
die Vorurteile der Nicht-Roma eine entscheidende Rolle.
Viele Frauen nehmen deshalb Gelegenheitsjobs an, arbeiten im
Tourismusbereich oder üben Berufe aus, für welche sie
keine spezielle Ausbildung benötigen (Putzfrau,
Aufräumerin, ...).
Es gibt in letzter Zeit auch innerhalb der Roma Gruppen, die
sich für die Gleichberechtigung der Frau einsetzen. Sie
weisen auf die doppelte Benachteiligung der Roma-Frauen hin:
einmal werden sie von der Mehrheitsgesellschaft als Zigeunerinnen
diskriminiert und zum anderen innerhalb der eigenen Gruppe als
Frauen benachteiligt. Sie fordern deshalb Maßnahmen zur
Verbesserung der Situation der Frauen und gleichzeitig die
Anerkennung ihrer Identität als Roma.
- SCHULE
Sinti und Roma kamen Jahrhunderte ohne Schule
aus. Sie lernten in der Familie und in der Gruppe, innerhalb
derer das nützliche Wissen und die Geschichten mündlich
weitererzählt und die handwerklichen und künstlerischen
Fertigkeiten von den Älteren an die Jüngeren
weitergegeben wurden.
Seit dem 18. Jhdt. spielte bei den Bestrebungen, die Zigeuner in
die Gesellschaft einzugliedern, d. h. sie zu "erziehen" und
anzupassen, die Schule eine zentrale Rolle. Die Schule begegnete
den Zigeunern also als Unterdrückungsinstitution, deren Ziel
es war, die Identität und die Geschichte der Sinti und Roma
zu verdrängen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß
die Sinti und Roma der Schule sehr häufig mit
Mißtrauen und Ablehnung gegenüberstanden.
Seit dem Ende des Zweites Weltkrieges haben in den
industrialisierten Ländern tiefgreifende gesellschaftliche
und ökonomische Veränderungen stattgefunden. Das
traditionelle Wissen und die Kenntnisse der alten Zigeuner haben
ihre Bedeutung verloren. Die Sinti und Roma wurden als
Analphabeten von der modernen Bildungs- und
Wohlfahrtsgesellschaft ausgeschlossen. Der Schulbesuch ist heute
für die Sinti und Roma eine wichtige Voraussetzung, um
aktuelle Probleme und Anforderungen bewältigen zu
können.
Um im Regel- und Gesetzessystem der modernen bürokratischen
Gesellschaft bestehen zu können, muß man lesen und
schreiben können. Allerdings ist die Schule auch heute keine
neutrale Institution. Sie vermittelt nach wie vor Normen und
Werte der Mehrheitskultur, sodaß der Schulbesuch die Sinti
und Roma vor eine Reihe von Problemen stellt.
Einerseits wird nämlich von staatlicher Seite das Recht und
die Pflicht zur schulischen Ausbildung formuliert, andererseits
wird aber sehr wenig getan, um auch den Zigeunern dieses Recht zu
gewährleisten. Eine wesentliche Voraussetzung für einen
kontinuierlichen Schulbesuch besteht in der Ausweisung und
Einrichtung von fixen Lagerplätzen. Solange die Familien
immer wieder von ihren Aufenthaltsorten polizeilich vertrieben
werden, können sie den Kindern natürlich auch keinen
regelmäßigen Schulbesuch zukommen lassen. Eine andere
Möglichkeit wäre die Einrichtung von Wanderschulen
für Zigeunersippen, wo die Lehrpersonen mit den Gruppen
mitreisen.
Ein zweites
Problem stellen die gängigen Unterrichtsprogramme dar, in
denen die sprachliche und kulturelle Identität der Sinti und
Roma unberücksichtigt bleibt. Schule kann für Sinti und
Roma aber nur dann sinnvoll sein, wenn sie dort auch etwas
über ihre eigene Geschichte und Kultur erfahren.
Außerdem ist die Unterrichtssprache für die Romanes
sprechenden Kinder eine Fremdsprache. Da das Romanes
außerdem lange Zeit nur mündliche Sprache war und ohne
schriftliche Norm, gibt es bis jetzt nur sehr wenige Versuche,
Schulbücher im Romanes zu verfassen. Gleichzeitig wissen
gerade wir in Südtirol, wie wichtig das Recht einer
Volksgruppe auf den Unterricht in der Muttersprache ist.
Neben diesen institutionellen Hindernissen, gibt es für
Sinti- und Romakinder auch soziale und psychologische Barrieren
zu überwinden. Gesellschaftliche Vorurteile machen nicht an
den Schultoren halt. Das Bild von den schmutzigen, diebischen und
faulen Zigeunern verfolgt die Kinder bis in die Schule und macht
es ihnen oft unmöglich, Freundschaften mit ihren
Mitschülern zu schließen.
Trotz dieser Probleme fordern immer mehr Sinti und Roma das
Recht auf eine ordentliche schulische Ausbildung ihrer Kinder, da
sie eingesehen haben, daß nur dieser Weg zu einer
Verbesserung ihrer Lage führt. Es ist also notwendig, sich
Gedanken darüber zu machen, wie eine Schule aussehen
müßte, in der auch Sinti- und Romakinder ihren festen
Platz haben. Und diese Gedanken müssen wir uns alle machen,
denn letztlich ist eine offenere und vielfältigere Schule
für alle Schülerinnen und Schüler ein Vorteil -
auch wir sind nicht alle gleich und habenunterschiedliche
Bedürfnisse.
Die Älteren sind noch im Pferdehandel tätig
gewesen. Heute handeln die Sinti mit Möbeln, Autos und
Schrott. "Der Pferdehandel", sagt Papo Mihailo, "ist ehrenwerter
gewesen. Denn immer war da der Fachmann gefordert. Wenn der
Gadscho uns manchmal auch Roßtäuscher schalt.
Capité; immerhin haben wir noch ein altes in ein junges
Pferd zu verwandeln vermocht. Schrott aber", sagt Papo Mihailo,
"bleibt Schrott. Ein Auto kannst du erneuern; verjüngen
kannst du es nicht. Und wie sind wir auf unseren Pferden
geritten!" Papo Mihailo lügt. Noch nie hat ein Zigeuner sich nach einem Pferderücken gesehnt. Die Pferde hatten Wagen zu ziehen. Sie wurden verbilligt erworben und dreimal so teuer verkauft. "Wobei man bedenken muß", sagt Papo Mihailo, "wie wir aber an so einem Tier auch gearbeitet haben: Erst mal, damit das Alter nicht ablesbar ist, die flach gekauten Zähne schartig gebrannt. Dann Stechapfelsaft in die Lefzen geträufelt. Was auch das dampfigste Pferd fürs erste wieder durchatmen läßt. Nun Pfeffer ins Futter, auf daß es sich prall säuft, das Tier. Und jetzt noch mit Schuh-Creme Glanzlichter gesetzt auf das räudige Fell. Die du jedoch mit Pferde-Urin anrühren mußt. Denn nach Salmiak darf das Pferd riechen, nach Schuhwichse nicht." "Beim Verkauf allerdings ist Eile geboten. Denn so ein ältlicher Gaul", sagt Papo Mihailo, "kann oft das Wasser nicht halten. Und pißt er erst mal, verwandelt er sich im Nu in seinen ursprünglichen Zustand zurück. Da ist es dann angebracht, den Pferdemarkt schon seit einer Weile verlassen zu haben." aus: Wolfdietrich Schnurre, Zigeunerballade. Berlin 1988, S. 23-24 |
Eine Eigenart vieler Zigeunergruppen ist, daß sie ihre
Berufe gemeinschaftlich ausüben und ihre Kenntnisse
innerhalb der Gruppe vom Vater auf den Sohn und von der Mutter
auf die Tochter weitergeben. Deshalb wurden auch viele Gruppen
nach ihren Haupttätigkeiten benannt: z. B. Kalderasch
(Kesselschmiede) oder Lowara (Pferdehändler).
Daneben arbeiteten Sinti und Roma auch oft als Saisonarbeiter in
der Landwirtschaft.
Durch die industrielle Entwicklung ist die Nachfrage nach diesen
traditionellen Tätigkeiten aber verschwunden. Zwar
entwickelten sich z. T. einige neue Berufszweige wie z. B. der
Handel mit Gebrauchtautos und Antiquitäten. Einige Sinti und
Roma haben sich in der Unterhaltungsbranche professionalisiert
und haben als Folkloregruppe einigen Erfolg. Insgesamt war und
ist die Ausübung und die Gestaltung eines Berufes bei Sinti
und Roma also von einer großen Flexibilität
gekennzeichnet.
Wichtig dabei ist auch, daß genügend Freiraum
für das soziale Leben (Familien- und Freundesbesuche etc.)
bleibt. Aus diesem Grund steht der Großteil der Sinti und
Roma in keinem abhängigen Verhältnis zu einem
Arbeitgeber, sondern ist ständig bemüht, sich seine
berufliche Unabhängigkeit zu bewahren.
Für einen großen Teil der Sinti und Roma hat der
wirtschaftliche Strukturwandel, von dem sie ausgeschlossen wurden
bzw. dem sie sich auch selbst entzogen haben, allerdings eine
Situation der wirtschaftlichen und sozialen Misere und der Armut
zur Folge.
- DIE BEDEUTUNG DER
MUSIK
Die Musik gilt allgemein als der bedeutendste
Bereich der Zigeunerkultur. Wer von uns kennt nicht die Bilder,
auf denen die "tanzende Zigeunerin" oder ein Rom mit der Geige
dargestellt werden? Man sagt, die Musik liege ihnen im Blut. Doch
Roma kommen genausowenig wie Nicht-Roma mit einer musikalischen
Begabung zur Welt, sondern müssen ebenso lange üben, um
ein Instrument zu beherrschen.
Allerdings haben die Roma durch die Konfrontation mit den unterschiedlichsten Musikstilen gelernt, jede Art von Musik zu spielen. Außerdem lernen die Roma meist ohne Noten zu musizieren. Darüberhinaus traten die Zigeuner schon früh als Berufsmusiker auf. Daß sie sich für ihre Musik bezahlen ließen, bedeutete aber auch, daß sie sich musikalisch qualifizieren mußten. Das alles hat ihnen den Ruf als naturbegabte Musiker eingebracht. Obwohl die Musik also tatsächlich eine große Rolle spielt, nicht nur als Erwerbszweig, sondern auch für das soziale Leben innerhalb der Sinti und Roma, läßt sich nicht von einer einheitlichen Zigeunermusik sprechen, da ihre Musik von den musikalischen Traditionen des jeweiligen Gastlandes geprägt ist. Andererseits haben die Sinti und Roma durch ihre Wanderungen auch zahlreiche orientalische Instrumente in Südosteuropa bekannt gemacht und so ihrerseits die einheimische Musik beeinflußt.
- DIE SPRACHE
Die Sprache
der Sinti und Roma, das Romanes, stammt aus Indien und ist eng
mit dem Sanskrit verwandt. Auch wenn durch die sprachlichen
Einflüsse der unterschiedlichsten Gastländer die
Dialekte der jeweiligen Zigeunergruppen beim ersten Hinhören
grundverschieden scheinen und eine gegenseitige
Verständigung unter verschiedensprachigen Roma oft nicht
mehr möglich ist, so zählen trotzdem sämtliche
Dialekte der Zigeuner zu einer Sprache. Der Großteil der
Sinti und Roma ist zwei- oder mehrsprachig, was wiederum auf ihre
Wanderungen durch verschiedene Länder
zurückzuführen ist. Das Sprechen einer gemeinsamen
Sprache verbindet. So ist es auch bei Sinti und Roma. Einerseits
dient sie zur Identifikation mit der eigenen ethnischen Gruppe
("Wir-Gefühl"), andererseits zur Abgrenzung gegen
außen, also Nicht-Roma. Dies kommt besonders gut im
Begriffspaar "rom" und "gadzô" (sprich: gadscho) zum
Ausdruck.
Bis zum Anfang des 20. Jhdts. gab es keine schriftlichen
Selbstzeugnisse der Roma, da ihre Sprache bis dahin eine rein
mündlich überlieferte war. Roma-Autoren schrieben in
ihrer Zweitsprache. Erst durch die teilweise Alphabetisierung der
Sinti und Roma begannen sie sich auch ihrer Schrift zu bedienen.
Doch bis heute existiert keine einheitliche, standardisierte
Sprache. Es besteht weiterhin ein Nebeneinander von verschiedenen
Roma-Dialekten.
Zeitungen, die von Roma herausgegeben werden, sind zum
Großteil in der jeweiligen Landessprache verfaßt. In
einigen Ländern, wie z.B. in Schweden und im ehemaligen
Jugoslawien, hat man in den letzten Jahren begonnen,
Lehrbücher für die Unterstufe in Romanes herauszugeben.
Dies stellt einen ersten Schritt für die Verwirklichung
eines muttersprachlichen Unterrichts dar. Es wäre
wünschenswert, wenn dieses Vorhaben auch in anderen
Ländern realisiert würde, damit den Roma ihre Sprache
erhalten bleibt.
- WIR WOLLEN SPRECHEN - DIE
LITERATUR DER SINTI UND ROMA
Die Literatur hat als Form der kulturellen Auseinandersetzung
mit Geschichte und Gegenwart zwar nicht die gleiche Bedeutung wie
die Musik, trotzdem ist sie Ausdruck einer gemeinsamen
kulturellen Identität der Sinti und Roma. Diese zeigt sich
auch in einer bestimmten Gemeinsamkeit der Themen, die
literarisch bearbeitet werden. Solche Themen, die sich als rote
Fäden durch die Literatur ziehen, sind: die
Verfolgungsgeschichte des Volkes, die Bedeutung der Musik, Bilder
aus der Natur und der Begriff der Freiheit sowie der Bereich des
Mythos und der Tradition.
RASIM SEJDICDIE WAHRHEIT DER ZIGEUNER
SIE HABEN DIE ZIGEUNERGEIGE ZERTRETEN
Sie haben die Zigeunergeige zertreten nur Zigeunerasche ist geblieben Feuer und Rauch steigen zum Himmel.
Sie haben die Zigeuner verschleppt die Kinder von den Müttern getrennt die Frauen von den Männern sie haben die Zigeuner verschleppt.
Jasenovac ist voll von Zigeunern gefesselt an Zementpfeiler schwere Ketten an Händen und Füßen auf den Knien im Dreck.
Ihre Knochen sind in Jasenovac geblieben, Zeugen der Unmenschlichkeit Die Sonne erhellt wieder den Himmel und wärmt die Zigeuner noch immer.DAZISARDE ROMENGI VIOLINA
Gazisarde romengi violina acile ognjšite romane e jag o dimo ando ablako vazdinjalo.
Idzarde e Romen cavoren restavisarde de datar e romnjen pe romendar idzarde e Romen.
Jasenovco perdo Roma pangle pala betonse stubujra pale lantsujra pe prne pe va ando blato dzi ke cang.
Acile ando Jasenovco lenge kokala te pricin, o nemanišengim djelima zora vedro osvanisarda i Romen o kam pre tatarda.
ROMANI ISTINA
Romani istina kaj si? Otkad ganav andar ma tsahrentsa po them
pirav rodav ljubav te zagrljaj cacipe taj sreca.
Purilem e dromentsa ljubav ni maraklem caco. Caco alav ni
asundem. Romani istina kaj si?
MARTA BANDYOVAUNSERE SPRACHE
Schäme dich nie ein schwarzer Rom zu sein Was macht es schon wenn du ein schwarzer Rom bist Aus der schwarzen Erde sprießt das Korn für das weiße Brot Der schwarze Mann und die schwarze Erde passen zusammen.Njigda tut ma ladza, kaj kalo Rom sal, sem oda njic, kaj kalo Rom sal. Pre kalji phuv o zuzodziv barol vas o parno maro. O kalo manuš the e kalji phuv paš peste achol.
AMARI CHIB
Nataradza, Khelibnàskro rày, Amaréé
cirlatune dàdénge, Indo-len pre xár
thabdéla kay, Bin dinas, kuc bašavdì,
Roménge. But doryà isì suvnakuné. Si
yavér pre láte rupuné, Sanskritíkes,
gilabán saré. Ne šungol, sar 'dre gili
andré. Si pars'tko, armenítko 'lav, Thay
greekítka medothéé sunáv, Vare-k'y
isì 'lavà vlaxìtka ...
Ne saré yoné, vavré-theméngre, Sig
bilòn 'dre chib le Bramanéngri, Chib, savì
si yékh barvalipén, Kay isì amén 'dro
dzivipén. Vaš 'dovrà raknén la,
mà bistrén, Amaréé chavénge
achavén!
MAUSO OLIMPIO CARIaus: Sinti und Roma gestern und heute. Mirella Karpati (Hrsg.), Centro studi zingari, Gesellschaft für bedrohte Völker, Bozen 1994
TRÄUME AUS DER ZIGEUNERKINDHEIT
Ich erinnere mich an grüne Wälder Täler voller Träume der Kaffeeduft am Morgen das Knirschen der Räder beim Aufbruch der Wagen auf die lange Reise. Ich kenne den Wald ich kenne die Straße ich kenne die Freiheit.
Die Bäume und die Steine erzählten mir uralte Geschichten die Weisheit der Ahnen und der Wind flüsterte von fern Melodien aus der Musik der Zigeuner. Ich liebe den Wald ich liebe die Straße ich liebe die Freiheit. Der Kindeheitstraum ist für immer geschwunden Beton und Mauern und ein Berg von Häusern die einzige Straße bringt mich zurück. Warum nimmst du mir den Wald warum nimmst du mir die Straße warum nimmst du mir die Freiheit?SUNE FAN TERNE GIPEN SINTENGRE
Dinkráo zénale ves tali fan suni smaka kafei kri tassárla kráchamen fan u radi quando vúrdia gíana weg an u lambsko drom. Bingeráo u ves bingeráo u drom bingeráo u fráiapen.
U ruk unt u bar sikresman vágane permísse v gane braucha.
Sprichwörter
Wenn du weise sein willst, mußt du zuhören.DER ARME ZIGEUNER
Wenn es regnet, bedecke den Kopf nicht mit einem Sieb.
Wenn dich ein Fliege stört, töte sie nicht, sondern entferne den Schmutz.
Welchen Nutzen hat ein Stern, wenn du ihn nicht anschaust.
Folgende Sprichwörter behandeln vor allem das Verhältnis zwischen Roma und Nicht-Zigeunern.
Ein lächelnder Gadscho ist seltener als eine eierlegende Kuh.
Wenn du überleben willst, mußt du ein Teufel sein.
Roma ertrinken in einer Pfütze.
Du bist ein Rom, und ein Gadscho ist ein Gadscho.
aus: Märchen der Zigeuner, hrsg. von Walther Aichele/ Martin Block, Reinbek bei Hamburg 1993
VERDAMMTER ZIGEUNER
Wieviele Zigeuner leben heute auf der Welt? Es gibt darüber
keine Statistik, aber man schätzt ihre Zahl auf zwölf
Millionen. Die vier großen Zigeunerstämme sind die
Kalderash, die Machvaiya, die Churaria und die Lovara. Ihre
gemeinsame Sprache ist Romanes, die ältere und reinere Form
der Zigeunersprache. Die Stämme haben ihre eigenen
besonderen Sitten und religiösen Bräuche,
Stammesgesetze und zeremonielle Riten. Von allen
Zigeunerstämmen sind die Kalderash oder Kupferschmiede die
wahren Weltnomaden. Aufder Suche nach Arbeit ziehen sie umher und
fühlen sich in keinem Land zu Hause. Manche haben
gültige Pässe von sechs verschiedenen
Ländern.
Andere Zigeunergruppen konzentrieren sich auf bestimmte Gebiete
wie die Romanitchels in England, die Sinti-Stämme in
Westeuropa und die Gitanos in Spanien. Sie bilden keine
kulturelle Einheit mit den Zigeunern der großen Stämme
der Rom, sondern haben die Nationalität und viel von der
Kultur ihrer Gastländer angenommen. Die größte
Stärke der Zigeuner ist ihre Unsichtbarkeit. Fast
überall passen sie sich äußerlich ihrer Umgebung
an, die Männer tragen konventionelle Kleidung und arbeiten
gewöhnlich in einem konventionellen Gewerbe, als
Automechaniker, Karosseriebauer oder Anstreicher. Manche sind
Händler, andere Musiker oder Artisten. Jeder Zigeuner strebt
danach, selbständig zu sein, und wird nur selten eine
Ganztagsarbeit in einer Fabrik oder in einem Büro
annehmen.
Obwohl die Menschen meines Volkes ständig arbeiten, werden
nur wenige von ihnen reich. Sie ziehen es vor, als
Selbständige in Freiheit und menschlicher Würde so zu
leben, wie ein Rom nach dem Gesetz der Zigeuner leben soll.
Zigeuner haben eine solche Abneigung gegen umfangreiche Habe,
daß sie sich meist weigern, mehr als ein Exemplar einer
bestimmten Sache zu erwerben: einen Anzug, einen Hut, ein Paar
Schuhe und eine Frau. Sie kaufen selten Grundbesitz und leben
lieber in gemieteten Wohnungen. Wenn sie ein wenig Kapital
zusammenbekommen, kaufen sie dafür gewöhnlich Gold, das
sie für Notfälle aufbewahren. Unsere Frauen sind unsere
Zigeunerbank, sie tragen dieses Kapital in Form von galbi oder
Goldmünzen an einer Kette um den Hals oder sie nähen es
in ihre Rocksäume ein.
Gesellschaftlich bleiben die Zigeuner völlig von ihrer
Umwelt getrennt. Sie machen Gebrauch von dem, was nützlich
ist - Telefone, Kühlschränke, Autos und
Tonbandgeräte -, doch sie lehnen ab, was ihnen nicht
paßt: Nationalismus, Politik, Religion, Rassismus,
Statussymbole. An politischen Bewegungen, Bürgerinitiativen
und Vereinen nehmen sie nicht teil. Da sie nichts besitzen,
kümmert sich der Staat meist wenig um sie. Ihre Namen
wechseln sie in Ländern ohne Ausweispflicht so häufig
wie ihre Wohnungen.
Im Hinblick auf Gesetze, die sie unterdrücken, halten es
die Zigeuner mit einem spanischen Sprichwort - "sie werden
geachtet, aber nicht eingehalten" Zigeuner wehren sich nie gegen
eine gesetzesmäßige Autorität. Sie erklären
sich einfach bereit zu tun, was man ihnen sagt, erkennen die
Überlegenheit der stärkeren Partei scheinbar an und
machen dann alles so weiter, wie sie es immer getan haben. Das
nennt man auf Spanisch "talento" und auf Romanes "godi", und
dieses "Talent" hat mein Volk befähigt, trotz aller
Feindseligkeiten so viele Jahrtausende zu überleben. In
römisch-katholischen Ländern sind wir fromme Katholiken
, in den arabischen fanatische Moslems, in Spanien eifrige
Anhänger des jeweiligen Regimes, und in Rußland
schwören wir auf das kommunistische Ideal. Doch zugleich
sind wir im Heiligtum unserer eigenen Zurückgezogenheit
einfach Rom und Romni, und wir haben weiterhin shave, Kinder, die
wir nach unserem Gesetz erziehen, nach Romania, einem strengen
Code von Vorschriften, der von den Patriarchen aufgestellt wurde
und dessen Einhaltung das kris-Romani, der Rat der Ältesten,
überwacht. Von allen ungeschriebenen Geschichten ist die der
Zigeuner die außergewöhnlichste. Unsere Musik, unsere
Kunst, unsere Trachten werden uns gestohlen und in den
Konzertsälen und Museen der Welt als spanisch, ungarisch,
tschechoslowakisch, französisch und so weiter vorgestellt.
Alles, was wir im Laufe der Jahrhunderte geschaffen haben, wurde
uns genommen, und doch sind wir nach landläufiger Ansicht
die "Diebe".
Wir sind die ältesten lebenden Nonkonformisten der Welt.
Sind wir auch die letzten? Wir gehen zurück auf ein
Nomadenzeitalter, in dem der Mensch als Gleicher unter Gleichen
Besitzer und zugleich Förderer seiner Gesellschaft war. Der
bedeutende französische Jesuit Père Chatard hat
gesagt: "In der Nacht der Zeit waren alle Menschen Zigeuner". In
der gegenwärtigen Dämmerung der Zivilisation, in der
Tod und Angst und Haß uns immer mehr beengen, hat die Welt
von den Zigeunern vielleicht noch einiges zu lernen, um zu
überleben: Einfallsreichtum, Selbstgenügsamkeit, Mut
und trotzige Freude.
Ronald Lee, geboren 1934 in Montreal, war kanadischer Delegierter im Internationalen Zigeunerrat in Paris.
(Quelle: Lee, Ronald: Verdammter Zigeuner, Roman, Basel
1978)
ZIGEUNER:
|
Als ich Jenö kennenlernte, war ich neun; ich las Edgar
Wallace und Conan Doyle, war eben sitzengeblieben und
züchtete Meerschweinchen. Jenö traf ich zum erstenmal
auf dem Stadion am Faulen See beim Grasrupfen; er lag unter einem
Holunder und sah in den Himmel. Weiter hinten spielten sie
Fußball und schrien manchmal "Tooooor!" Ich tat erst, als
sähe ich ihn nicht, und rupfte um ihn herum; aber dann
drehte er doch ein bißchen den Kopf zu mir hin und
blinzelte schläfrig und fragte, ich hätte wohl
Pferde. aus: Wolfdietrich Schnurre: Als Vaters Bart noch rot war, Zürich 1981<D> |
In der Entwicklung unserer modernen Gesellschaft sind uns
viele Dinge verlorengegangen. Der Preis für Fortschritt,
Reichtum und erhöhtem Lebensstandard war der teilweise
Verlust der Natur, mehr Kontrolle und weniger Freiheit, mehr
Streß und weniger Zeit zum Nichtstun. Die wenigsten
Menschen sind bereit, auf die Annehmlichkeiten und Anerkennungen,
die unsere Gesellschaft bietet, zu verzichten. Gleichzeitig
träumen aber sehr viele von einem ganz anderen Leben - einem
freien, ungebundenen "Zigeunerleben".
Und die Zigeuner? Sie erkennen sich in den Bildern, die wir uns
über sie gemacht haben und machen, wohl kaum wieder. Diese
entsprechen natürlich in keiner Weise ihrem wirklichen
Leben.
Dabei ist es gar nicht so leicht zu sagen, mit welcher Haltung
den Zigeunern das größere Unrecht zugefügt wird,
denn beide Verhaltensweisen gehören, obwohl sie verschieden
sind, zusammen. Wir träumen von Dingen, die uns verboten
sind, und gleichzeitig lehnen wir jene an, von denen wir glauben,
daß für sie diese Verbote nicht gelten. Wir
drängen die Zigeuner damit zwischen romantische
Klischeevorstellungen und soziale Vorurteile - und lassen dabei
keinen Raum für ein menschenwürdiges Leben der Sinti
und Roma.
LUSTIG IST DAS ZIGEUNERLEBEN
Lustig ist das Zigeunerleben, faria, faria;
brauch'n dem Kaiser kein Zins zu geben, faria, faria.
Lustig ist's im grünen Wald, wo des Zigeuners Aufenthalt.
Faria, faria, faria, faria, faria.
Sollt' uns einmal der Hunger plagen, faria, faria, tun wir uns ein Hirschlein jagen, faria, faria.
Hirschlein, nimm dich wohl in acht, wenn des Jägers Büchse kracht. Faria, faria, faria, faria, faria.
Sollt' uns einmal der Durst sehr quälen, faria, faria, geh'n wir hin zu Waldesquellen, faria, faria, trinken das Wasser wie Moselwein, meinen, es müßte Champagner sein. Faria, faria, faria, faria, faria.
Wenn wir auch kein Federbett haben, faria, faria, tun wir uns ein Loch ausgraben, faria faria, legen Moos und Reisig 'nein, das soll uns ein Federbett sein. Faria, faria, faria, faria, faria.
Volkslied aus Niederschlesien
DIE DREI ZIGEUNER
Drei Zigeuner fand ich einmal, Liegen an einer
Weide, als mein Fuhrwerk mit müder Qual, Schlich durch
sandige Heide.
Hielt der eine für sich allein in den Händen die Fiedel, spielte, umglüht vom Abendschein, sich ein feuriges Liedl.
Hielt der zweite die Pfeif' im Mund, blickte nach seinem Rauche, froh, als ob er vom Erdenrund nichts zum Glücke mehr brauche.
Und der dritte behaglich schlief, und sein Cimbal am Baum hing, über die Saiten der Windhauch lief, über sein Herz ein Traum ging.
Dreifach haben sie mir gezeigt, wenn das Leben uns nachtet, wie man's verraucht, verschläft, vergeigt und es dreimal verachtet.
An den Kleidern trugen die Drei löcher und bunte Flicken, aber sie boten trotzig frei spott den Erdengeschicken.
Nach den Zigeunern lang noch schaun mußt' ich im Weiterfahren, nach den Gesichtern dunkelbraun, den schwarzlockigen Haaren.
Nikolaus Lenau
- SINTI UND ROMA IN DER
PRESSE
Die Berichterstattung über Sinti und Roma und ihre
Darstellung in der Presse, im Rundfunk und im Fernsehen ist ein
wichtiger und zugleich sehr empfindlicher Bereich. Einerseits ist
es wichtig, daß die Sinti und Roma als Gruppe dort einen
Platz einnehmen und präsent sind, andererseits kommt es
natürlich darauf an, auf welche Weise sie den ihnen
zugedachten Platz ausfüllen.
Immer wieder protestieren Sinti- und Romaverbände gegen
Diskriminierung in den Medien. Sie werfen ihnen vor, falsche
Klischees zu verwenden und zu verbreiten oder in der
Berichterstattung über bestimmte Ereignisse die ethnische
Zugehörigkeit der Betroffenen in diskriminierender Weise zu
betonen. Eine kritische und demokratische journalistische Arbeit
sollte ihr Ziel vor allem darin sehen, Klischees zu korrigieren
und Vorurteile abbauen zu helfen.
LESERBRIEFE
Die meisten Zeitungen bieten den LerserInnen Platz für ihre
Ansichten zu verschiedenen Themen und Problemen und stellen so
ein Forum für die gesellschaftlichen Meinungen dar.
Oft wird auch das Thema "Zigeuner" angesprochen. Wir stellen
eine kleine Auswahl von Leserbriefen vor, ohne sie zu
kommentieren, da sie selbst eine deutliche Sprache
sprechen.
Einen Punkt möchten wir zu bedenken geben: Wenn in
Leserbriefen eine bestimmte Person oder bestimmte Gruppen bzw.
deren Meinungen angegriffen werden, dann besteht prinzipiell die
Möglichkeit, eine Entgegnung oder eine Richtigstellung zu
schreiben und diese in der selben Zeitung zu
veröffentlichen.
Sinti und Roma können dieses Recht aber, aus Gründen,
die euch inzwischen bekannt sein dürften, praktisch kaum in
Anspruch nehmen.
SCHWARZE CHRONIK
Zeitungen berichten auch regelmäßig über
Kriminalität und polizeiliche Gegenmaßnahmen. Auch in
diesen Berichten kommen Sinti und Roma vor, allerdings bei weitem
nicht so häufig, wie viele Menschen vielleicht
vermuten.
Allerdings gibt es tatsächlich einige Auffälligkeiten,
wenn die Täter, über die berichtet wird, keine
"Durchschnittsbürger" sind, sondern z. B. Ausländer
oder eben Zigeuner. Das wird dann oft besonders betont: nicht ein
gewisser N. N. hat einen Diebstahl begangen, sondern der
Marokkaner N. N. oder der Zigeuner N. N. Das scheint für die
Leser wichtig zu sein. Oft wird der Name auch ganz weggelassen,
so daß die Gefahr der Verallgemeinerung noch
größer wird.
- ROM UND GADSCHO - BÜRGER
UND ZIGEUNER
Wir nennen sie "Zigeuner" und wissen wenig von
ihnen. Wir glauben allerdings viel zu wissen. "Lustig ist das
Zigeunerleben", singen wir, weil sie "dem Kaiser keinen Zins
geben müssen" und sich immer "im grünen Wald aufhalten"
können. In diesem Volkslied wird unser zwiespältiges
Verhältnis zu diesen Menschen ersichtlich: Wir beneiden sie
um ihre Freiheit und Naturverbundenheit, indem wir ihr Leben in
romantischer Weise verklären. Auf der anderen Seite
verachten wir sie aber auch, weil sie keinen festen Wohnsitz und
keine geregelte Arbeit haben, weil sie sich nicht mit unserem
Wohlstand messen können. Zu den Vorurteilen gegenüber
Sinti und Roma gehört auch die Meinung, daß sie
schmutzig sind, lügen und stehlen oder bestenfalls betteln.
Welche Realität steckt hinter diesen verschiedenen
Bildern?
Sie selbst nennen sich Roma, d. h. Menschen und bezeichnen uns
als "Gadsche", was soviel heißt wie Fremde, Andere. Ihre
Reaktion auf die jahrhundertelange Verfolgung und Ausgrenzung
durch die Mehrheitsgesellschaft ist die Abgrenzung. Sie wollen
ihre Kultur und ihre Traditionen, ihre Sprache und ihre
Wertvorstellungen behalten. Solange unter Integration in die
Gesellschaft einfach blinde Anpassung verstanden wird, finden
Sinti und Roma keinen Platz. Für sie sind wir die
anderen.
Wir müssen anerkennen, daß es verschiedene Lebensweisen gibt, und nicht von vornherein ist jene der Mehrheit auch gleichzeitig die bessere. Verschiedenheit muß nicht als Anlaß zum Streit, sondern kann auch als etwas Spannendes, Lebendiges gesehen werden. Warum sollten alle Menschen gleich sein? Die unterschiedlichen Lebensweisen sind nicht naturbedingt, sondern historisch gewachsen, von sozialen Bedingungen abhängig und veränderlich. Fremde Lebensweisen unvoreingenommen kennenzulernen, kann auch bedeuten, Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten kritisch zu hinterfragen, Vorteile auch in anderen Wertvorstellungen zu sehen und insgesamt toleranter und aufgeschlossener zu werden.
An zwei Beispielen sollen die Unterschiede in der Lebensweise
der Sinti und Roma und unserer eigenen bürgerlichen
aufgezeigt werden. Vielleicht merken wir, daß es auch
Gemeinsames gibt bzw. daß die Unterschiede relativ sind.
Dabei geht es im folgenden um Wandern oder Seßhaft-Sein und
um das Verhältnis zu Arbeit und Eigentum.
Die Sippe reist schon lange zusammen. Sie ist mal aus Ungarn,
über Polen, nach Deutschland gekommen. Die Familien
heißen Magyrecki, Golbatschenski, Schlomichl, Koslowski,
Woitschach, Dombrowski, Wollatscheck. Nur wenige aus den Familien
können rechnen, lesen und schreiben. Die Alten können
noch Ungarisch; auch Polnisch können ein Paar. Untereinander
sprechen sie Romani. Kürzlich hat man einmal versucht, die
Sippe Seßhaft zu machen. Das heißt, man hat ihr am
Rand einer Müllhalde ein paar Baracken zugewiesen. Nach einigen Tagen ist Ruben Golbatschenski zum Landrat gegangen. "Es gibt ein Sprichwort bei uns", hat erzum Landrat gesagt, "das geht so: Ein sitzender Zigeuner ist nur am Lagerfeuer denkbar oder auf seinem Koffer. Erlauben Sie, daß wir aufhören, auf unseren Koffern zu sitzen". Seitdem reisen sie wieder. Nacht für Nacht sitzen die Familien am Feuer. Den Hunden zucken die Läufe im Schlaf. Die Männer erzählen sich Neuigkeiten. Es sieht schön aus, sich in all ihren Ketten und Ringen das Feuer spegeln zu sehen. "Doch schöner noch", sagt Ruben, "spiegelt sich das Feuer in den Augen deer Frauen". aus: Wolfdietrich Schnurre, Zigeunerballade, Berlin 1988, S. 20. |
Seßhaftigkeit ist keine natürliche Gegebenheit des menschlichen Daseins, sondern hat sich erst mit der Zeit als Lebensform herausgebildet. Die ersten Menschen waren auf der Suche nach Nahrungsquellen und Siedlungsplätzen ständig unterwegs. Seßhaftigkeit ist in der Menschheitsgeschichte ein relativ junges Phänomen, das sich auch nicht bruchlos und überall durchgesetzt hat. Immer wieder haben Menschen im Laufe der Geschichte ihre Seßhaftigkeit aus verschiedenen Gründen für lange Perioden aufgegeben (Völkerwanderung, Kolonisation Amerikas ...) Auch heute noch gibt es überall auf der Welt Völkergruppen, die nomadisch leben.
Seßhaftigkeit gilt als Fortschritt, als kulturelle Errungenschaft, als Kennzeichen der Zivilisation. Trotzdem: Was gibt es Schöneres als zwischendurch wegzufahren, andere Länder und Menschen zu sehen, Urlaub zu machen, zu reisen? Viele verzichten in dieser Zeit auch auf ein Haus/Hotel und schlafen im Wohnwagen oder im Zelt. Warum soll das, was für uns schöne Ausnahme ist, für andere Menschen nicht ständige Lebensform sein?
Es macht einen Unterschied, ob wir uns freiwillig (Abenteuerlust, Neugier ...) oder unfreiwillig (Armut, Vertreibung ...) auf Wanderschaft begeben. Die Roma verließen ihre Urheimat Indien nicht freiwillig. Seit ihrer Vertreibung zogen diese Menschen als verachtete Minderheit durch die Welt. Nirgends wurde ihnen eine Heimat angeboten. So wurde das Unterwegssein notgedrungen ein Bestandteil ihres Lebens bzw. Voraussetzung für ihr Überleben. Es ist kein ständiger Urlaub.
Ob wir einen festen Wohnsitz haben oder unterwegs sind, bzw. nicht wissen, wie lange wir an einem Ort bleiben können, beeinflußt alle unsere Lebensbereiche: unser Verhältnis zu den Mitmenschen, zur Arbeit, zu Besitz, zum Staat. Alle diese Verhältnisse sind abhängig von Zeit und Ort und stellen sich deshalb für seßhafte und nicht-seßhafte Menschen verschieden dar.
ARBEITEN, UM ZU LEBEN - LEBEN, UM ZU ARBEITEN
DIE GRILLE UND DIE AMEISE
Eines schönen, klaren Wintertages begegnete
eine hungrige Grille einer Ameise, die etliche Körner
herbeitrug, um sie in der Sonne zu trocknen. "Würdest du mir
etwas zu essen geben, gute Ameise", bat die Grille, "damit ich
ein wenig meinen Hunger stille? Ich hatte schon lange nichts mehr
zu essen." "Wie komme ich dazu, dich zu ernähren!"
entgegnete die Ameise. "Was hast du den ganzen Sommer über
getan?" "Im Sommer", erwiderte die Grille nicht ohne
Künstlerstolz, "da habe ich tagaus, tagein gesungen!"
"Ausgezeichnet!" bemerkte die Ameise. "Da du im Sommer gesungen
hast, sollst du im Winter tanzen." Diese Fabel stammt vom
griechischen Dichter Äsop, der damit das bekannte
Sprichwort: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen",
illustriert.
DER MENSCH LEBT NICHT VOM BROT ALLEIN
Auf die
Frage der Grille, ob sie nicht etwas zu essen haben könnte,
antwortet die Ameise: "Ich könnte dir schon einige
Körner abgeben, dafür mußt du mir aber etwas
vortanzen. In diesen kalten Wintertagen wird man ganz
trübsinnig und dein Gesang und dein Tanz könnten mein
Herz erwärmen." Grille und Ameise teilten also die Mahlzeit
und dann sang und tanzte die Grille zur Freude der Ameise. Auch
diese Variante der Geschichte wäre vorstellbar. Die Moral
ist jedoch eine andere.
Der Begriff und die Einschätzung von Arbeit haben sich im
Laufe der Geschichte entscheidend gewandelt. In den antiken
Kulturen wurde die körperliche Arbeit im Unterschied zur
wissenschaftlichen und politischen Tätigkeit als eines
freien Menschen unwürdig betrachtet und meist von Sklaven
verrichtet.
Im christlichen Glauben wird die Arbeit als Strafe
eingeführt. "Im Schweiße deines Angesichts sollst du
dein Brot verdienen", das sind die bliblischen Worte Gottes bei
der Vertreibung der Menschen aus dem Paradies. Auch im
Mittelalter galt die Arbeit dem freien Adel als unwürdig.
Seine einzige Arbeit war das Kriegführen, alles andere
überließen sie ihren hörigen Untertanen. Erst die
Bettelorden leiteten im Mittelalter einen Interpretationswandel
ein. Die benediktinische Ordensregel "ora et labora" ist ein
Beispiel dafür.
In der Neuzeit, v. a. auch durch die Reformation, bekam die
Arbeit die zentrale Bedeutung, die sie bis heute noch hat. Eine
neue Schicht - das Bürgertum - entstand, die ihren sozialen
und politischen Aufstieg durch Erfolg in der Arbeit
rechtfertigte. Ausdruck für diese neue Wertordnung ist das
Sprichwort "Arbeit adelt". Bis in die heutige Zeit sind
Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit Kriterien für
den Wert menschlichen Lebens geblieben.
Für viele Menschen ist materielle Sicherheit und ein
gewisser Wohlstand das höchste Lebensziel, das nur durch
viel Arbeit zu erreichen ist. Allerdings wird uns zunehmend
bewußt, daß wir dadurch nicht immer glücklich
sind, vieles vernachlässigen, mit unserer Arbeit auch die
Umwelt zerstören und viele Menschen aus diesem Lebensmodell
ausgegrenzt werden. Was ist mit Menschen, die wegen
körperlicher oder geistiger Behinderungen nicht arbeiten
können?
Oder mit jenen, die keine Arbeit finden? Das betrifft heute eine
beträchtliche Anzahl von Jugendlichen, vor allem aber Sinti
und Roma, denen einerseits für viele Arbeitsplätze die
Bildungsgrundlage fehlt, die aber andererseits - wie
übrigens auch viele Ausländer - auf dem Arbeitsmarkt
auf große Vorurteile stoßen. Heutzutage findet
durchaus nicht jeder Arbeitswillige auch tatsächlich einen
Arbeitsplatz...
Einmal wurde ein Zigeuner gefragt, warum er der Arbeit aus
dem Weg gehe; darauf soll er folgendes geantwortet haben: "Arbeit
ist eine Strafe, die Gott den Menschen wegen Adams
Sündenfall auferlegt hat. Weil der sich von Eva
verführen ließ, vom verbotenen Apfel zu essen. Das
stimmt doch?" "Ja, das stimmt." "Nun gut", sagte der Mann, "aber weil wir Zigeuner nicht von Eva abstammen, sondern von Adams erster Frau, sind wir auch nicht zu dieser Strafe verdammt". Juan de Dios Ramirez Heredia Viele Payos behaupten, daß ein Zigeuner nichts arbeitet. Richtig aber ist, daß er auf eine andere Art arbeitet als sie. Für die Meisten Zigeuner ist Arbeit eine zum Überleben notwendige Tätigkeit, aber nicht ein idealisiertes Ziel im Leben eines Menschen, wie für die meisten Payos. Die Arbeit ist umso besser, je mehr man in der kürzestmöglichen Zeit bei geringstem Aufwand und mit der größten Freiheit, sie sichohne äußere Einschränkungen selbst einzuteilen, verdient. aus: E. Hackl (Hrsg.) Zuvögel siet jeher, Wien/Freiburg/Basel 1987, S. 50. |
BÜCHER FÜR JUGENDLICHE
LITERATUR VON SINTI UND ROMA
ZEITSCHRIFTEN
DEUTSCHLAND
Der Rom e. V. für die Verständigung von Rom
(Roma und Sinti) und Nicht-Rom (Bobstr. 6-8, 50676 Köln 1,
Tel. 0049/221/242536) gibt eine Zeitschrift in Romanés mit
dem Titel "Jekh Chib" heraus (Zusammenfassungen in deutscher
Sprache).
Die Cinti und Roma-Union Hamburg gibt für den "Roma
International Congress" die "Roma News" (englisch) heraus.
ÖSTERREICH
Das "Romano Centro", Schneidergasse 15, 1110 Wien (Tel.
0043/1/749336) gibt eine vierteljährlich erscheinende
Zeitung mit dem Titel "Romano Centro" heraus.
AUDIOVISUELLE MEDIEN
Die im folgenden angeführten audiovisuellen Medien
können bei der Bibliothek
Kulturen der Welt in Bozen ausgeliehen werden.
FILME
"Kinder der Landstraße"
Videokassette. Spielfilm von Urs Egger, 110 Min.
Der Film erzählt die Geschichte des jenischen Mädchens
Jana Kessel. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges flüchtet die
Familie Kessel wegen der drohenden Deportation aus Deutschland in
die Schweiz. Doch dort geht der Schrecken weiter: Die beiden
Kinder, Django und Jana, werden von Beamten der schweizerischen
Organisation "Pro Juventute" mit Polizeigewalt abgeholt und in
verschiedenen Waisenhäusern untergebracht. Der Film
begleitet Jana auf ihrem schwierigen Lebensweg.
"Sinti und Roma. Verfolgt und vergessen"
Videokassette, 61 Min., 1987.
Eine Gruppe von Sinti besucht das KZ Auschwitz. Viele von ihnen
waren als Kinder und Jugendliche dort inhaftiert und berichten
von dieser Zeit, aber auch von der bis heute andauernden
Ausgrenzung und Kriminalisierung der unerwünschten
Minderheit. Ein gegenwartsbezogener Rückblick.
"Minderheiten in Österreich: Zigeuner"
Videokassettte, 15 Min., 1986.
Kulturelle, politische und wirtschaftliche Probleme der Zigeuner
am Beispiel der Burgenland-Roma. Historischer Rückblick und
Darstellung der heutigen Verhältnisse.
"Hier und dort über Sinti, Roma und
Dolganen"
Videokassette, 45 Min., ZDF 1994.
Für Kinder und Jugendliche ein Einblick in den Alltag eines
sibirischen Dolganenjungen und in Geschichte und Leben der Sinti
und Roma.
"Eine tiefe Verwandtschaft"
Sinti und Roma, Juden, mit Sir Yehudi Menuhin
Videokassette, 55 Min., ZDF 1994.
Durch den Schlüssel der Liebe zur Musik führt das
Dokument durch die den Sinti, Roma und Juden gemeinsamen
Geschichte langer Verfolgung, Unterdrückung und
Heimatlosigkeit.
"Feri, der Roma-Tänzer in Ungarn"
Videokassette, 25 Min., SF DRS 1994.
Der Film erzählt den Alltag des Roma-Jungen Feri. Feri lebt
in Ungarn und ist schon Sänger und Tänzer, obwohl er
noch die Schule besucht. Der Film ist in Schweizerdeutsch, aber
trotzdem gut verständlich.
"Die letzten freien Menschen"
Dokumentarfilm über das fahrende Volk in der Schweiz.
Videokassette, SF DRS 1994.
Geschichte und heutige Lebensverhältnisse der Jenischen in
der Schweiz.
"Anders als die anderen"
Zigeuner in Frankreich
Videokassette, 44 Min., ORF 1994.
Dargestellt wird der französische Zigeuneralltag vom
folkloristischen Pilgerfest in Saint Maries de la Mer und dem
Prominentenfest mit Manitas de Plata bis hin zu den
Elendssiedlungen der rumänischen Flüchtlingszigeuner
bei Paris.
"Time of the Gypsies"
Videokassette, Spielfilm von Emir Kusturica (Jugoslawien/Italien
1989), 125 Min.
Zwischen Realität und Traum, Märchen und Mythen ist
die Geschichte vom Erwachsenwerden eines Romajungen, der alles
gewinnen und alles verlieren wird angesiedelt. Ein
beeindruckendes filmisches Zeugnis eines Volkes, eingebunden in
eine bewegende Liebesgeschichte.
TONKASSETTEN
"Romane gila" - Lieder und Tänze der Roma in
Österreich
Musikkassette mit Begleitheft, IDI-Ton 23, Wien 1992, hg. vom
Institut für Volksmusikforschung und den
österreichischen Dialektautoren.
"Die Welt weiß nicht, wie sie uns achten
soll"
Kultur und Verfolgung der Sinti und Roma.
Audiokassette, 4 x 25 Min., 1990/91.
Inhalte der einzelnen Sendungen: 1) Wer sind die "Zigeuner?", 2)
Nationalsozialistische Verfolgung und Ermordung von Zigeunern.
Das Weiterleben von zigeunerfeindlichen Haltungen nach 1945,
3)Kultur der Zigeuner in Spanien und deren Verfolgung, 4) Die
Lage der Sinti und Roma in der BRD und Österreich nach 1945.
Ihr Leben in der heutigen CSFR.
"Zigeunermusik". Sinti-Musik aus Südtirol.
Audiokassette, 2 x 20 Min., Familie Gabrielli.
DIAPOSITIVE
"Die Rom-Dorfzigeuner"
40 Diapositive, 1990.
Geschichte und Gegenwart der Dorfzigeuner geliedert nach vier
Schwerpunkten: 1)Situation in der Zwischenkriegszeit, 2)
Registrierungen, 3) Nationalsozialismus, 4) Situation nach 1945
bis heute.
- ORGANISATIONEN DER SINTI UND ROMA - ORGANISATIONEN FÜR SINTI UND ROMA
EUROPA / WELT
Roma Welt-Union, c/o Rajko Djuric, Bundesplatz 9, D - 10715
Berlin
FRANKREICH UND EU-RAUM
Centre de recherches tsiganes, Université René
Descartes, 106 quai de Clichy, F - 92110 Clichy
ITALIEN
Centro Studi Zingari, via dei Barbieri, 22, I - 00186 Roma
Comune di Roma, XII circoscrizione
Bibloteca e Centro Culturale dei Rom, Via Salvatore Larizza,
100, I - 00182 Roma
Opera Nomadi
via Arco del Monte, 99, I - 00186 Roma
ÖSTERREICH
Roma, Verein zur Förderung von Zigeunern
Postfach 41, A - 7400 Oberwart
Romano Centro
Schneidergasse 15/5, A - 1110 Wien
DEUTSCHLAND
Zentralrat deutscher Sinti und Roma, Zwingerstr. 18, D - 69117
Heidelberg
Dort befindet sich auch das Dokumentations- und Kulturzentrum
deutscher Sinti und Roma.
Rom e.V. für die Verständigung von Rom und Nicht-Rom, Bobstr. 6-8, D - 50676 Köln
Cinti Union Berlin
Lagerweg 14-18, D - 1000 Berlin 20
Gesellschaft für bedrohte
Völker - International
Postfach 2024, D - 37010 Göttingen
SCHWEIZ
Verband deutscher Sinti
Radgenossenschaft der Landstraße, Generalsekretär J.
M. Häfeli, Postfach 221, CH - 4552 Derendingen
SÜDTIROL
Kulturverein der Roma, Herr Enes Hrustic, F. Baracca-Str. 1, I -
39100 Bozen
Caritas (deutsche Sektion), Talfergasse 4, I - 39100 Bozen, Tel.: 97 36 04
Gesellschaft für bedrohte Völker, Lauben 49 - 39100
Bozen, tel/fax 972240
info@gfbv.it - www.gfbv.it - Siehe auch Sinti und
Roma in Europa
BILDNACHWEIS
Umschlag vorne: Interface 1993/10, hrsg. v. Centre de
recherches tsiganes.
S. 3, 47, 53: Sinti und Roma gestern und heute, Bozen
1994.
S. 6, 40, 42, 51 (oben), 52 (rechts), 71 aus: Roma. Eine Reise
in die verborgene Welt der Zigeuner, Köln 1989.
S. 11, 12, 16: J. S. Hohmann, Geschichte der Zigeunerverfolgung
in Deutschland, Frankfurt/New York 1981.
S. 13, 36, 51 (unten), 52 (links): L. Eiber, "Ich wußte,
es wird schlimm." Die Verfolgung der Sinti und Roma in
München
1933-1945, München 1993.
S. 15, 64, 65: J. S. Hohmann, R. Schopf (Hg.), Zigeunerleben,
Darmstadt 1981.
S. 18: Ich geb Dir einen Mantel, daß Du ihn noch in
Freiheit tragen kannst. Widerstehen im KZ, hrsg. v. K. Berger u.
a.,
Wien 1987.
S. 20: Reimmichls Volkskalender 1982.
S. 22: FF Südtiroler Illustrierte 1994/6.
S. 23: Foto Tabletop Bozen.
S. 25: FF Südtiroler Illustrierte 1993/51.
S. 26, 27: Alessandro Gabrielli, Brixen
S. 32, 33, 34, 35, 37, 40, 50, 73, 74, 75, Umschlag hinten: R.
Gronemeyer, G. A. Rankelmann, Zigeuner. Reisende in Europa,
Köln
1988.
S. 44: M. Karpati, I figli del vento. Gli zingari, Brescia
1978.
S. 45: Roma. Das unbekannte Volk, hrsg. v. M. F. Heinschink y
a., Wien/Köln/Weimar 1994.
S. 48: M. Karpati, Fra i Rom: Vita e storia zingare, Brescia
1978.
S. 46,59: Zugvögel seit jeher. Freude und Not spanischer
Zigeuner, hrsg. v. E. Hackl, Wien/Freiburg/Basel 1987.
Titel der italienischen Ausgabe: Sinti e Rom - Popolo
sconosciuto
Titel der ladinischen Ausgabe: Sinti y Roma - N popul nia
conesciü
Alle Rechte vorbehalten, Bozen, 1995
Gesellschaft für bedrohte Völker - Südtirol,
Lauben 49, 39100 Bozen
Graphisches Konzept und Layout: Graphic Line Bozen
Druck: Stampa CIERRE Grafica, Verona
Umschlagbilder: Interface, Straßburg
Mitarbeit: Thomas Benedikter, Hilda Kasparek, Doris
Wallnöfer, Irene Palma
Web (July 2001): Mauro di Vieste
Autorin: Martha Verdorfer
Mitarbeit: Thomas Benedikter und Hilda Kasparek
Ladinische Ausgabe: Erna Flöss und Marlies Frenademez
Crazzolara
Italienische Ausgabe: Marco Cagol
Wir danken:
Mirella Karpati vom öCentro Studi Zingariö, Rom,
dem Ladinischen Kulturinstitut öMicurde Rüö, St.
Martin in Thurn
Annelore Hermes, Gesellschaft für bedrohte Völker,
Göttingen
Bestellungen:
Frasnelli&Keitsch Verlag, 39100 Bozen, Dantestr. 20/a, Tel.
(O471)274240, Fax (0471)288177.
Gesellschaft für bedrohte
Völker, Lauben 49, 39100 Bozen, Tel+Fax
(0471)972240
Über 10 Millionen Menschen, seit 600
Jahren in der Diaspora, verteilt auf nahezu alle Länder
Europas: die Sinti und Roma sind nicht nur überall
Minderheit, sondern auch das letzte "fahrende" Volk Europas, das
zumindest teilweise noch nomadisch lebt. |