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Mit der Nichtanerkennung der Minderheitensprachen verstößt die EU nach Auffassung der GfbV gegen die Anti-Rassismus-Deklaration der Vereinten Nationen. Danach seien die Staaten verpflichtet, "mit allen geeigneten Mitteln und unverzüglich eine Politik der Beseitigung der Diskriminierung" von Minderheiten zu betreiben. Im Artikel 2 der Anti-Rassismus-Deklaration werde eine "angemessene Entwicklung und ein hinreichender Schutz bestimmter rassischer und ethnischer Gruppen oder ihr angehörender Einzelpersonen" eingefordert. Die Nichtanerkennung der Minderheitensprachen erfülle so, gemessen mit UN- Kriterien, den Tatbestand der Diskriminierung.
Nur mit einem EU-Rechtsschutz für die sprachlichen und ethnischen Minderheiten könne die sprachliche Diskriminierung und damit auch das Sprachensterben, beendet werden, erklärte die GfbV. Es sei dringend notwendig, dass die EU die Förderung der Minderheitensprachen zu ihrer Aufgabe macht. Bislang seien keine Konsequenzen aus 1996 veröffentlichten EU-Studie "euromosaic" gezogen worden, nach der von 46 Minderheitensprachen fast die Hälfte unterzugehen droht. Dieser Prozess des Sprachensterbens bedeute für Europa eine kulturelle Verarmung, der sehr bald auch das Sterben der kleineren Staatssprachen folgen könnte, warnte Zülch. Mit der Zeit könne er auch die "kleineren Staatssprachen" erfassen.
Trotz des Europäischen Jahres der Sprachen verhindere Griechenland die Gründung eines Komitees des "Europäischen Büros für weniger gebräuchliche Sprachen", das als Nichtregierungsorganisation von der EU gefördert werde. Griechische Behörden gingen gegen Angehörige nationaler Minderheiten vor, schon wenn diese Informationsschriften des Minderheiten-Büros verteilen oder minimale Rechte für die Angehörigen der Aromunen, der Arvaniten, Mazedonier und Pomaken einforderten, berichtete Zülch. In Frankreich würden die Verfassungsrichter die Ratifizierung der Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europarates und damit die Anerkennung der Mehrsprachigkeit des Landes verhindern. In Italien klagten die kleinere alteingesessene Minderheitengruppen immer noch über Benachteiligung, nachdem die slowenische Sprachminderheit im Nordosten Italiens im Februar 2001 umfangreiche Rechte erhalten habe. Für die deutsche und ladinische Sprachgruppe in Südtirol sowie die für französische im Aostatal würden beispielhafte Autonomiestatute gelten.
In Deutschland und Österreich würden Minderheiten auf verschiedene Art und Weise benachteiligt. So würden der slowenischen Bevölkerung in Südkärnten Sprachenrechte verweigert. Die friesische Sprachgruppe in Schleswig-Holstein erhalte nur lächerlich geringe finanzielle Mittel zur Förderung der friesischen Institutionen. Auch die Sorben erhielten nicht genug Unterstützung: So habe der Bund seine Mittel für die Stiftung des sorbischen Volkes gekürzt. Das sorbische Dorf Horno in der Lausitz seien noch immer vom Braunkohleabbau bedroht. Die Lausitz werde insgesamt ökonomisch vernachlässigt, so dass die Jugend mehr und mehr abwandere.
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Das Europäische Jahr der Sprachen wurde vom Europarat und der Europäischen
Union (EU) ausgerufen. Es wird am heutigen Montag im schwedischen Lund
feierlich eröffnet.
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