PRESSEERKLÄRUNG 

Bozen/Göttingen, den 02. März 1999


Neuer Schlag gegen türkisch-kurdische Versöhnung: Türkei verbietet Demokratische Volkspartei

Als "neuen Schlag gegen eine türkisch-kurdische Versöhnung" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag das Verbot der Demokratischen Volkspartei DKP in der Türkei bezeichnet. "Die DKP hatte einen ihrer Schwerpunkte auf die friedliche Lösung der Kurdenfrage innerhalb der Grenzen der Türkei gelegt. Gerade wegen ihres gemäßigten Ansatzes hatte die Partei unter Türken wie Kurden viele Anhänger und vor allem in Südostanatolien gute Wahlchancen", erklärte die GfbV. Doch offensichtlich sei die Türkei auch nach der Verhaftung des PKK-Führers Abdullah Öcalan nicht bereit, die Kurdenfrage mit demokratischen Mitteln zu lösen. Seit 1983 wurden 15 Parteien in der Türkei verboten. Ende der vergangenen Woche hatten die Richter des türkischen Verfassungsgerichts mit fünf zu sechs Stimmen das Verbot gegen die DKP ausge-sprochen. Zur Begründung hieß es, im Parteiprogramm seien "Elemente vorhanden, die die Unteilbarkeit des Staates und die Einheit des Volkes in Frage stellen".

"Der Vorwurf, die DKP wolle die Einheit des türkischen Staates zerstören, ist absurd, und das jetzt verhängte Verbot ist entlarvend", erklärte die GfbV. "Offensichtlich soll jedem der Mund verboten werden, der die Rechte der ethnischen, sprachlichen und kulturellen Minderheiten in der Türkei auch nur erwähnt." Schon im September 1997 hatte die GfbV an den Europarat, das Europäische Parlament und alle westeuropäischen Regierungen appelliert, die DKP in Schutz zu nehmen.

Vorsitzender der DKP ist der kurdische Rechtsanwalt und frühere sozialdemokratische Wohnungsbauminister der Türkei, Serafettin Elci. Der Vorsitzende der erst im Januar 1997 gegründeten jungen Partei hatte die Menschenrechtsorganisation um Hilfe gebeten. Elci hatte kurz zuvor gegen den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf Verbot der DKP Widerspruch eingelegt. Elci war der erste Minister der Türkei, der mutig öffentlich gesagt hatte, er sei Kurde. Nach dem Putsch 1980 wurde er für dieses Bekenntnis von einem Militärgericht zu einer Haftstrafe von 27 Monaten verurteilt. Die Strafe wurde noch einmal verlängert, weil er während seiner Ministerzeit angeblich nur Kurden eingestellt habe. Elci verbrachte insgesamt 38 Monate im Gefängnis und durfte sich deswegen zehn Jahre lang weder politisch betätigen noch als Rechtsanwalt arbeiten.


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