Offener
Brief an die Mitglieder der Südtiroler Landesregierung
Tolomeische
Situation in Ladinien beenden!
Nichtverwendung
des Ladinischen durch das Land ist minderheitenfeindlich und illegal |
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Bozen/Bulsan,
19.9.2000
Die Verwendung der Sprache der
Minderheit in allen öffentlichen Aufschriften, Mitteilungen, Dokumenten
usw. gehört zu den unverzichtbaren Elementen jeden Minderheitenschutzes.
Ohne gleichwertige Präsenz in der Öffentlichkeit wird eine Sprache
als minderwertig eingstuft. Die deutsche Sprachgruppe in Südtirol
hat lange und hartnäckig um diese gleichwertige Präsenz in allen
Bereichen gekämpft. Jede Gegnerschaft, jedes Versäumnis bei der
Umsetzung wurde als Erbe des Faschismus bezeichnet.
Doch wenn es um die Ladiner
geht, scheint dieses Minderheitenrecht plötzlich inexistent zu sein.
Die Landesverwaltung verwendet in den ladinischen Tälern in der Regel
nur die deutsche und italienische, nicht jedoch die ladinische Sprache
(obwohl die Verwendung des Ladinischen vorgeschrieben wäre). In den
zahlreichen öffentlichen Aufschriften, Dokumenten, Mitteilungen, Formularen
etc. wird die ladinische Sprache von der Landesveraltung meistens nicht
verwendet. Die Sprache der ansässigen Bevölkerung wird also übergangen,
das Recht der Minderheit auf Verwendung der Muttersprache mißachtet
- es ist schwarz auf weiß eine Parallele zu den Gepflogenheiten der
Herren Tolomei & Co.
Auch in der Toponomastik
ist das Land nicht gesetzeskonform, geschweige denn vorbildlich. Auf den
Schildern an den Kreuzungen in den ladinischen Tälern selbst wird
die ladinische Bezeichnung mittlerweile oft mitverwendet (jedoch nur in
Ladinien, außerhalb der Täler fehlen die ladinischen Toponyme
vollkommen). Ansonsten wird die ladinische Toponomastik mißachtet.
Die Informationsschilder der Naturparke, des Gesundheitsassessorats, an
den Baustellen des Landes etc. übergehen die ladinische Sprache und
Toponomastik - dabei kommt es auch zu eigentümlichen Neuerfindungen.
Das ladinische "Pliscia" wird so bei einer Baustelle in der Gemeinde Mareo
nicht verwendet, dafür aber das haarsträubende "Plaika", abgeleitet
von der deutschen Bezeichnung "Plaiken". Fürwahr, Tolomei hätte
es abstruser nicht treiben können.
Diese Praxis ist nicht Unachtsamkeit
(auch die wäre bereits Zeichen genug für die arroganate Einstellung
gegenüber der Minderheitensprache), sondern Programm: Es wurde oft
auf den Mangel hingewiesen, doch hat es bisher keine nennenswerte Besserung
gegeben. Die Verwendung der ladinischen Sprache und Toponomastik in den
ladinischen Tälern wäre außerdem gesetzlich vorgeschrieben.
Doch beachtet hier das Land seine eigenen Vorschriften eben nicht (auch
nicht das Autonomiestatut). Es herrscht in der Landespolitik und -verwaltung
offenbar der konkrete Wille, die ladinische Sprache bzw. das Recht der
Ladiner auf ihre Muttersprache zu mißachten.
Die Gesellschaft für
bedrohte Völker fordert die Landesregierung und ihre Ämter deshalb
dazu auf, das ladinerfeindliche Verhalten einzustellen. Tolomeische Elemente
sollten im 21. Jahrhundert längst der Vergangenheit angehören.
Eine Publikation
der Gesellschaft für bedrohte Völker. Weiterverbreitung bei Nennung
der Quelle erwünscht
Una
pubblicazione dell'Associazione per i popoli minacciati. Si prega di citare
la fonte - WebDesignM.
di Vieste