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Keine Besserung in Afghanistan, von Verena Ayaß Ein geschichtlicher Überblick.Der unendliche Krieg in Afghanistan Shuhada.Bildung und Gesundheit für afghanische Frauen und Mädchen Offener Brief von Sima Samar:Afghanistan Shuhada Organisation - Arbeiten für ein besseres Morgen Paul-Grüninger-Preis:Die Preisträgerin. Eine Frau wehrt sich, Von Sima Samar |
„Nur mit uns Frauen ist der materielle und ideelle Wiederaufbau Afghanistans möglich!“ Mit diesen Worten wandte sich die afghanische Ärztin und Menschenrechtlerin Sima Samar am 23. Oktober 2001 an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Strassburg. Sima Samar ließ keinen Zweifel daran, dass die radikal-islamische Diktatur der Taliban bald einer demokratischen Regierung unter Einschluss aller ethnischen, religiösen und sozialen Gruppen Platz machen muss. In einer solchen Regierung dürften nicht wieder dieselben Mudschaheddin und Mullahs dominieren, die Afghanistan in die Katastrophe geführt haben. Zugleich warnte Sima Samar die USA und ihre europäischen Verbündeten davor, dass jede - auch unbeabsichtigte - Bombardierung von Zivilisten die Taliban stärken könnte.
Sima Samar war auf Einladung der Frauenrechtorganisation „Terre des femmes“ für eine Lobbyrundreise nach Deutschland gekommen. Seit mehr als 13 Jahren betreibt die Direktorin der „Shuhada Organisation“ vom pakistanischen Quetta aus Spitäler und Schulen in Zentralafghanistan. In dieser schwer zugänglichen Bergregion leben die Hazara, eine Volksgruppe mongolischer Herkunft, die einen persischen Dialekt spricht und sich mehrheitlich zum schiitischen Islam bekennt. Gegen die Islamisten, die es allerdings auch unter den Hazara gibt, hat Sima Samar den Unterricht für Mädchen an ihren Schulen durchgesetzt.
Konkretes Ziel von Sima Samars Reise war die Suche nach deutscher Unterstützung für ihre humanitären Projekte. Afghanische Organisationen waren in den letzten Wochen häufig die einzigen, die Lebensmittel für die notleidende afghanische Bevölkerung von Pakistan aus über die Grenze und an ihre Bestimmungsorte bringen konnten. Doch auch die Shuhada Organisation kann nur über deutsche Partner Hilfsgelder des Bundesregierung beantragen.
Viel zu tun gibt es auch bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Alle Kliniken von Sima Samar arbeiten mit einem Minimum an Ausstattung. Im Juni sprengten die Taliban gezielt das Shuhada-Spital von Yakawlang, nachdem sie in dieser Stadt schon im Januar mehr als 300 Hazara, unter ihnen auch vier Shuhada-Mitarbeiter, massakriert hatten. Der Wiederaufbau dieses Spitals ist Sima Samars Herzenswunsch. Doch auch den paschtunischen Flüchtlingsfrauen und -kindern aus der Taliban-Hochburg Kandahar möchte sie beistehen. „Für mich ist ein erster Schritt in Richtung Versöhnung.“
Bei früheren
Europa-Besuchen musste Sima Samar Pseudonyme verwenden und unter
der „burka“, dem afghanischen
Ganzkörperschleier, verbergen. Dass sie diesmal offen
aufgetreten ist, nährt sich aus der Hoffnung, dass aus der
derzeitigen Krise in Afghanistan eine bessere Gesellschaft
entstehen wird. Wer Sima Samar bei ihren Anstrengungen
unterstützen möchte, kann das über „Terre
des femmes“ tun:
TERRE DES FEMMES
Postfach 2565, 72015
Tübingen. Telefon: 07071-7973-0, Fax:
07071-797322
Frauen dürfen in Afghanistan nicht gesehen und nicht gehört werden: Das ist das vorläufige Ende ihrer Teilnahme am öffentlichen Leben.
“Warum
tötet ihr uns und unsere Kinder nicht einfach?” Mit
diesen verzweifelten Worten reagierten afghanische Frauen auf den
Verlust ihres Arbeitsplatzes, in einer Bäckerei in Kabul, im
Sommer dieses Jahres. Mehrere von der UN finanzierte
Bäckereien, die 350 Frauen beschäftigt und Tausende von
Frauen und Kindern mit Brot versorgt hatten, mussten auf
Anweisung der Behörden ihre Arbeit
einstellen.
Nach den Vorstellungen
der radikalfundamentalistischen Taleban sollen Frauen nicht
berufstätig sein. Gleich nach der Eroberung der Hauptstadt
Kabul im Herbst 1996 hatten die neuen Herrscher über
Afghanistan ein Berufsverbot für alle Frauen erlassen. Mehr
noch: Sie schlossen sämtliche Schulen und
Ausbildungsstätten für Mädchen, sie zwangen die
Frauen, außer Haus die burqua zu tragen, den
Ganzkörperschleier, der nur in Augenhöhe ein
Sichtgitter hat, und sie verlangten von den Frauen, sich auf der
Straße von einem nahen männlichen Verwandten begleiten
zu lassen.
In den vergangenen Jahrzehnten hatte sich ein zunehmender Teil der afghanischen Frauen einen Platz in Politik, Ausbildung und Beruf erobert. Der Schleierzwang war 1959 abgeschafft worden, und 1964 hatten die Afghaninnen das Wahlrecht erhalten. Mädchen konnten vor allem in den Städten Grund- und weiterführende Schulen besuchen und eine Ausbildung machen, überwiegend in den Bereichen Pädagogik, Soziales und Verwaltung. Seit 1960 studierten Frauen gemeinsam mit den Männern an allen Fakultäten. Auf dem Land allerdings - über 90 Prozent der Bevölkerung lebte vor dem Krieg noch auf dem Land - ging nur ein verschwindend kleiner Teil der Mädchen in eine Schule. Hier tragen die Frauen durch ihre Arbeit in Haushalt, Land- und Viehwirtschaft, mit Teppichknüpfen und -weben entscheidend zum Familieneinkommen bei. Landfrauen tragen üblicherweise auch keine burqua - diese ist nämlich ein städtisches Kleidungsstück - sondern begnügen sich mit einem Tuch oder Schal als Kopfbedeckung.
Der nun seit über 20 Jahren anhaltende Krieg in Afghanistan hat den Frauen viel Leid gebracht. Auch sie waren als Teil der Zivilbevölkerung von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen. “Sie erschossen meinen Vater direkt vor mir. Sie kamen zu uns und sagten ihm sie hätten Befehl, ihn zu töten, weil er mir den Schulbesuch erlaubt hatte. Die Mudjaheddin hatten mir schon verboten, in die Schule zu gehen, aber das genügte ihnen nicht. Sie ermordeten meinen Vater. Ich kann nicht beschreiben, was sie danach mir antaten...”, so der Bericht eines 15jährigen Mädchens aus dem Jahre 1994, veröffentlichen von der Menschenrechtsorganisation amnesty international. Ausnahmslos alle Kriegsparteien haben sich massiver Menschenrechtsverletzungen an Frauen schuldig gemacht: Sie wurden vertrieben, getötet, vergewaltigt, entführt, zwangsverheiratet und zur Prostitution gezwungen.
Bis zu zwei
Millionen Menschen sind im diesem Krieg ums Leben gekommen.
Während der sowjetischen Besatzungszeit (1980-1989) sind
fünf Millionen Afghanen, ungefähr ein Drittel der
damaligen Bevölkerung, ins Ausland geflohen,
überwiegend nach Pakistan und in den Iran. In Pakistan
blieben Frauen und Kinder in den dort entstandenen
Flüchtlingslagern zurück, notdürftig versorgt von
zahlreichen Hilfsorganisationen, während die Männer,
ausgerüstet über den pakistanischen Geheimdienst mit
Waffen aus aller Welt, zurück in den Krieg zogen, um gegen
die linksgerichtete Regierung und die sowjetischen Besatzung zu
kämpfen.
Schon aus dieser Zeit,
- lange vor dem Auftauchen der Taleban - stammen Berichte, nach
denen fundamentalistische Exilgruppen in Pakistan afghanischen
Flüchtlingsfrauen und -mädchen, teilweise unter
Mordandrohungen, Bildung und Berufstätigkeit untersagten und
ihren die burqua aufzwingen wollten.
In Pakistan ist auch
die Bewegung der Taleban entstanden. Taleban sind Schüler
von Koranschulen, die es überall in Pakistan gibt, und die
von vorwiegend jungen Männern aus den afghanischen
Flüchtlingslagern besucht wurden. Als militärische
Macht griffen die Taleban erstmals in 1994 in den
Bürgerkrieg ein, damals im Süden Afghanistans. Von dort
aus eroberten sie nach und nach über 80 Prozent des Landes
mit der Unterstützung Pakistans, Saudiarabien und
möglicherweise, so wird immer wieder behauptet, auch den
USA. Mehrere Ölfirmen aus Saudiarabien, Argentinien und den
USA hatten nämlich ein ehrgeiziges Projekt geplant: Eine
neue Pipeline, die Erdöl und Erdgas aus Turkmenistan durch
Afghanistan hindurch nach Pakistan direkt ans Arabische Meer
bringen sollte.
Entrechtung der
Frauen
Den afghanischen
Frauen und Mädchen bringt der Sieg der
Radikalfundamentalisten die völlige Entrechtung. “Kein
Regime, das Frauen behandelt wie die Taleban es tun, darf in der
Weltgemeinschaft der Nationen Platz finden”, sagte Radhika
Coomaraswamy, Sonderberichterstatterin der
Menschenrechtskommission zum Thema “Gewalt gegen
Frauen”. Sie hatte sich im Herbst 1999 in Pakistan und
Afghanistan aufgehalten. Ihr Bericht bestätigt dass
afghanische Frauen und Mädchen zahlreichen Diskriminierungen
und Gewalttaten ausgesetzt sind. Frauen sind auf offener
Straße geschlagen worden, weil sie gegen eine der
zahlreichen Anordnungen verstoßen haben. Bis ins kleinste
Detail reglementieren die Behörden das Verhalten der Frauen:
So sollen sie keine Absätze tragen, damit sie beim Gehen
keine Geräusche machen. “Unzucht” wird mit
öffentlicher Auspeitschung bestraft: Im Februar 1998 erhielt
eine Frau vor 30000 Zuschauern im Olympiastadion in Kabul hundert
Peitschenhiebe wegen angeblichen Ehebruchs. Im schlimmsten Fall
droht den Frauen die Todesstrafe durch Steinigung. Zwangsheirat,
Frauenhandel und Prostitution sind auch unter der Herrschaft der
Taleban verbreitet. “Es gibt zu viele Frauen in
Kabul”, sagt ein Händler aus einer Stadt im
afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. “Pakistanis kommen
hierher und zahlen 90000 Rupies (ungefähr 1800 Dollar)
für Frauen aus Kabul. Die Frauen meinen, sie bekommen einen
Ehemann, aber die Pakistanis wollen sie nur für ein paar
Monate zum Vergnügen.”
Viele Frauen sind verzweifelt, weil sie nicht mehr wissen, wie sie sich und ihre Familien ernähren sollen. Allein in Kabul gibt es mehrere zehntausend Witwen, die zu Alleinernährerinnen der Familie wurden. Angetreten mit dem Anspruch, den Afghaninnen “ihre Würde zurückzugeben”, haben die Taleban es geschafft, Frauen zum Betteln auf die Straße zu schicken. Einige der wenigen Arbeitsmöglichkeiten sind die Projekte verschiedener ausländischer Hilfsorganisationen, die aber jederzeit geschlossen werden könne, so geschehen mit den Bäckereien. Manche der ehemaligen Lehrerinnen arbeiten in privaten Heimschulen für Mädchen, die mal geduldet dann wieder verboten werden. Eine gefährliche Beschäftigung, denn solche Schulen sind illegal. Der einzige Bereich, in dem Frauen eigentlich noch arbeiten dürfen, ist der Gesundheitsbereich. Aber das sowieso nur rudimentäre Gesundheitswesen steht noch weniger den Frauen zur Verfügung: Es gib zu wenig Ärztinnen, und Frauen dürfen nur von Frauen behandelt werden.
Nicht legal sind auch Frauenorganisationen, die offiziell nur noch im pakistanischen Exil tätig sein können, von wo aus sie versuchen, die Weltöffentlichkeit über das Leben im Land der Taleban zu informieren. Sie sind es auch, die versuchen, wenigstens einem kleinen Teil der Flüchtlingsmädchen und -frauen Bildung und Gesundheitsfürsorge zu ermöglichen, - unter Gefährdung ihres Lebens, sind doch gerade in jüngster Zeit wieder mehrere afghanische Oppositionelle auf pakistanischem Boden ermordet worden.
Schleier gegen
Unmoral?
Kritik an ihrer
Frauenpolitik weisen Vertreter der Taleban zurück, da ihrer
Ansicht nach kein anderes Land den Frauen die Rechte gegeben hat,
die die Taleban ihnen gewähren, so der Gouverneur der
Provinz Herat in einem Interview. Der Schleier “reinigt die
Gesellschaft von Unanständigkeit und Unmoral” belehrte
im Mai der stellvertretende Minister des “Ministeriums
für die Überwachung der islamischen Moral und die
Bekämpfung der Sünde” einen deutschen
Journalisten.
Weniger streng gehen
die Moralhüter mit dem Thema Drogen um. Unter ihrer
Herrschaft hat sich Afghanistan in den letzten Jahren zum
größten Opiumproduzenten der Welt entwickelt, einen
gute Einnahmequelle für die Taleban. Sie brauchen Geld, um
den Rest des Landes zu erobern. Weniger dringlich erscheint die
Not der Zivilbevölkerung. Ein großer Teil der Menschen
ist von der Unterstützung ausländischen
Hilfsorganisationen abhängig geworden.
aus Eine Welt
Presse, Nr. 1/17, 2000. Hrsg. von der Deutschen Gesellschaft
für die Vereinten Nationen
Shuhada ist eine
afghanische Hilfsorganisation, die 1989 in Quetta in Pakistan
gegründet wurde. Sie wird geleitet von Frau Dr. Sima Samar,
einer afghanischen Ärztin, die 1984 während der
sowjetischen Besatzung ins Exil gehen musste. Frau Samar hat in
Quetta in verschiedenen Krankenhäusern gearbeitet und
schließlich 1989 ihr eigenes Hospital gegründet. Ihre
Arbeit wurde in der Vergangenheit immer wieder von islamischen
Fundamentalisten angegriffen.
Seit den späten
achtziger Jahren ist Shuhada auch innerhalb Afghanistans
tätig, überwiegend im Hazarajat, einer Region in
Zentralafghanistan.
Die Hazara sind eine ethnische Minderheit von zwei bis drei Millionen, ungef‰hr 15 Prozent der Bevölkerung. Sie gehören der shiitischen Glaubensrichtung an, während der größte Teil der afghanischen Einwohner Sunniten sind. Die Hazara sprechen Dari, eine der zwei Hauptsprachen Afghanistans. In jüngster Zeit werden die Hazara als eine ethnische und religiöse Minderheit von den herrschenden Taleban besonders verfolgt.
Shuhada arbeitet
vorwiegend im Bildungs- und Gesundheitsbereich, wobei die
Angebote grundsätzlich Männern und Frauen
gleichermaßen zugute kommen sollen. In den Schulen legt
Shuhada Wert auf einen fundierten und weltoffenen Lehrplan in
allen Fächern. Religion wird ähnlich wie bei uns
ungefähr zwei Stunden pro Woche
unterrichtet.
Verschiedene westliche
Organisationen unterstützen zur Zeit Shuhada finanziell,
darunter die Afghanistan-Hilfe Schaffhausen, in der Schweiz. Frau
Vreni Frauenfelder, die Vertreterin des Vereins, spricht Dari,
reist regelmäßig nach Pakistan und hält engen
Kontakt zu Frau Samar. Im Januar 2000 hatten zwei
Mitarbeiterinnen von TDF Gelegenheit, Frau Frauenfelder und Frau
Samar in Schaffhausen persönlich
kennenzulernen.
Projekte
Von den
Aktivitäten bei Shuhada betrifft etwa die Hälfte
Bildungseinrichtungen (Schulen und Alphabetisierungskurse), ein
Viertel Gesundheitsprojekte, der Rest verteilt sich auf
verschiedene kleinere Maßnahmen, zum Beispiel die
Verteilung von Hilfsgütern.
Im Jahre 1998
unterhielt Shuhada folgende Einrichtungen:
Im Bereich Gesundheit:
Sieben Krankenhäuser, Kliniken oder Gesundheitsposten in
Pakistan und Afghanistan, die grundsätzlich beiden
Geschlechtern offen stehen.
Im Bildungsbereich: 24
Grund- und weiterführende Schulen in Afghanistan, davon 10
reine Mädchenschulen, 6 gemischte Schulen und 8
Jungenschulen. In den Schulen unterrichten sowohl männliche
als auch weibliche Lehrkräfte.
Eine
Mädchenschule wird in Quetta, in Pakistan
unterhalten.
Mädchen besuchen
mehrheitlich nur die Grundschule, maximal bis zur fünften
oder sechsten Klasse. Einige Schulen bilden bis zur 9. Klasse
aus, aber nur ein kleiner Teil der Mädchen hat bis jetzt
diese Klassenstufe erreichte. Eine Schule bietet Unterricht
für die 11. Klasse an. In diese Klasse gingen 1998 nur 14
Mädchen. Shuhada versucht, Mädchenbildung gezielt zu
fördern, indem sie Lehrerinnen zusätzliche Gehalt
bezahlt, um zu verhindern, dass Familien aus Armut eher die
Jungen zur Schule schicken, denn die Lehrkräfte müssen
normalerweise zumindest teilweise von den Eltern unterhalten
werden. Alle Schulen waren nach Aussage von Frau Samar Anfang
2000 noch aktiv, trotz der Besetzung des Hazarajats durch die
Taleban.
Als afghanische Frau bin ich sehr besorgt über die jüngsten Berichte, wonach die Restriktionen für afghanische Frauen allmählich aufgehoben würden. Diese Berichte über einen Fortschritt für Frauen geben keineswegs die heutigen schrecklichen Lebensbedingungen von Frauen unter den Taliban wieder. UN-Vertreter und humanitäre Hilfsorganisationen, die diese Behauptungen aufstellen, leben selbst nicht unter den Restriktionen der Taliban. Sie genießen großen Respekt bei den Taliban und können in Afghanistan tun, was sie wollen. Sie leben in großen Häusern in Pakistan, haben gut bezahlte Arbeit und beschäftigen Bedienstete. Müssten sie als afghanische Frau mit Töchtern im Land leben, würden sie solche Einschränkungen niemals für sich akzeptieren und sie niemals als “kulturell bedingt” bezeichnen.
Ich möchte einigen dieser Behauptungen widersprechen und etwas über die gegenwärtige Lebensrealität der Frauen in Afghanistan berichten.
Nach der Machtübernahme der Taliban am 27. September 1996 wurde Kabul zum größten Frauengefängnis der Welt. Der weiblichen Bevölkerung wurde befohlen, zu Hause zu bleiben. Ihnen ist verboten zu arbeiten. In Kabul haben Frauen immer gearbeitet: Schätzungsweise 70 Prozent der Lehrkräfte waren weiblich. Seit sie zu Hause bleibe müssen, herrscht ein ernsthafter Mangel an Lehrkräften. Mädchen wurde der Schulbesuch verboten, und viele Jungen können nicht zu Schule, weil die Lehrerinnen fehlen.
Die Taliban haben Patientinnen aus den Krankenhäusern gewiesen, weil zum Personal auch Ärzte gehörten. Es ist Ärzten nicht erlaubt, Patientinnen zu behandeln. Einige weibliche Beschäftigte durften an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, aber sie dürfen nicht mit ihren männlichen Kollegen zusammenarbeiten. Andere Mitarbeiterinnen, die ihre Arbeit wieder aufnehmen wollten, wurden von den Taliban nach Hause geschickt.
Wenn Frauen Lebensmittel, Medikamente oder andere Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen müssen, müssen sie sich mit der Burga bedecken und dürfen nur Begleitung männlicher Verwandter aus dem engsten Familienkreis aus dem Haus gehen. Auch die vollständige Bedeckung ist kein Schutz. Frauen drohen Schläge, wenn sie keine Strümpfe tragen oder wenn ihr Knöchel zu sehen ist. Oder weil ein Mann, der nicht mit ihnen verwandt ist, ihre Schuhe klappern hört. Das Leben in Kabul ist zur endlosen Strafe geworden.
Die Regelungen der Taliban treffen besonders Witwen, die Alleinernährerinnen ihrer Familien sind, ebenso andere Frauen, die keinen Verwandten haben, der sie in der Öffentlichkeit begleiten kann. Sogar Witwen, denen es gelingt, trotz aller Schwierigkeiten eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, müssen mit Schlägen auf die Beine rechnen, wenn sie auf der Straße nicht vollständig bedeckt waren.
Schon in der Vergangenheit hatten Frauen in Afghanistan aufgrund des patriarchalen Familiensystems einen extrem niedrigen, untergeordneten Status. Diktatorische Herrschaft sowie religiöse Fehlinterpretationen schränkten die Rechte der Frauen ein. Vor 35 bis 40 Jahren herrschten schon einmal wenigstens teilweise demokratische Verhältnisse im Land, und es wurde eine Verfassung entworfen, die Frauen begrenzte Rechte zugestand: Zugang zu allen Arten der Ausbildung sowie passives und aktives Stimmrecht.
Nach der russischen Invasion verlor die Verfassung ihre Wirksamkeit und im Land herrschten Krieg und Zerstörung. Länder, die aus unterschiedlichen Gründen an Afghanistan interessiert waren, begannen einen Stellvertreterkrieg auf Kosten des afghanischen Volkes. Nach dem Fall des Regimes Najib im April 1992 übernahmen als die Gruppen der Mujaheddin die Macht in Kabul und das Rechtssystem, das vor den Kriegsherren existiert hatte, war außer Kraft gesetzt. Die Verletzung von Menschenrechten blieb ungeahndet. Gewalt gegen Frauen nahm im beispiellosem Ausmaß zu. In ihrem Machtkampf schränkten die fundamentalistischen Widerstandskämpfer die Frauen immer weiter ein und drangsalierten sie mit physischer Gewalt. Doch auch unter diesen Bedingungen gelang es manchen Frauen zu arbeiten, und sie hatten Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, wenn es welche vorhanden waren.
Frauen sind die Hauptopfer der andauernden Menschenrechtskrise in Afghanistan. Zwar respektiert keine der militärischen Gruppierungen in Afghanistan die Menschenrechte von Frauen und Mädchen, doch waren die Handlungen der Taliban die extremsten, und die aktuellen Bedingungen unter den Taliban zeigen keinerlei Verbesserungen.
Manche behaupten, die Taliban hätten “Frieden und Sicherheit nach Afghanistan gebracht”
Einige Leute behaupten, die Lage habe sich gebessert, seit die Taliban im Lande seien, denn sie hätten “Frieden und Sicherheit” in ein von Krieg und politischen Cliquenkämpfen zerrissenes Land gebracht. Sie sagen unter anderem, das Land sei weniger gefährlich für die Frauen. Zuvor hätten Mujaheddin-Gruppen und Befehlshaber Frauen vergewaltigt und entführt.
Aber was für einen Frieden haben die Taliban gebracht? Wahrheit ist, dass Vergewaltigungen und Entführungen unter den Taliban nicht aufgehört haben. Die Soldaten der Taliban vergewaltigen weiter Frauen, entführen Frauen aus ihren Häusern und zwingen Familien, ihre Töchter mit den Taliban zu verheiraten.
Und welchen Frieden und welche Sicherheit gibt es, wenn Frauen auf offener Straße geschlagen werden? Wenn die ethnischen Minderheiten Ziel talibanischer Verfolgung geworden sind und etwa an den Hazaras Massenmorde begangen werden? Wenn Hunderte und vielleicht Tausende gefangengenommen worden sind und weiterhin willkürlich festgehalten werden?
Die sogenannte Ordnung, die die Taliban gebracht haben, gründet sich auf Gewalt und auf die Tatsache, dass sie alle Waffen tragen. Sie herrschen durch unmittelbare Gewalt und die Drohung mit Gewalt. Die Einwohner Afghanistans hatten keine Möglichkeit zu bestimmen, wer über sie herrschen soll. Das ist weder Frieden noch Sicherheit. Das ist Terror
Stabilität und Frieden werden in der afghanischen immer Gesellschaft fehlen, solange Frauen nicht an der Konfliktlösung und dem Wiederaufbau des Landes beteiligt werden. Wahre Verpflichtung zum Frieden kann nur entstehen, wenn die Rechte der Frauen voll anerkannt und gesetzlich verankert werden.
Manche sagen, die Restriktionen für Mädchen seien gelockert worden.
In letzter Zeit hörte man immer wieder, Mädchen unter neun Jahren studierten den Koran in den Moscheen, und das bedeute, dass die Einschränkungen für die Ausbildung von Mädchen gelockert worden seien. Die Wahrheit ist, dass Mädchen schon immer den Koran studieren durften, aber das bedeutet nicht Bildung, und auch dieser Unterricht steht älteren Mädchen nicht offen. Wir hören auch, dass Mädchen Hausunterricht bekommen. Doch erstens ist Hausunterricht kein Ersatz für eine Schulbildung. Zweitens riskieren sowohl die Mädchen als auch die Lehrerinnen, die Hausunterricht erteilen, schwere Strafen von den Taliban. Die Macht der Taliban reicht nicht aus, um ihre Einschränkungen überall durchzusetzen. Sie können nicht wissen, wo diese Hausschulen sind, aber die Existenz solcher Schulen im Geheimen bedeutet nicht, dass die Taliban Bildung für Mädchen zulassen.
Manchen NGOs ist es gelungen, außerhalb von Kabul einige Mädchenschulen einzurichten. Das ist sehr gut, aber es bedeutet nicht, dass das Bildungsverbot für Mädchen aufgehoben ist. Die NGOs konnten die Schulen einrichten, weil sie hart gearbeitet haben und weil die Taliban das Verbot nicht konsequent durchhalten, nicht weil die Taliban ihnen das erlauben. Außerdem sind die meisten dieser Schulen von NGOs nur Grundschulen. Das genügt aber nicht für die Zukunft des Landes. Wir brauchen auch weiterführende Schulen sowie fachliche und berufliche Weiterbildung aller Art für Frauen und für Männer. Ehe das Bildungsverbot nicht aufgehoben wird, haben afghanische Frauen keine Zukunft.
Manche sagen auch, wir sollten uns nicht so viele Sorgen machen, nur weil Mädchen der Zugang zur Bildung verweigert wird. Wir sollten auch nicht den Taliban die Schuld dafür geben, denn vor der Herrschaft der Taliban habe es auch nur für wenige Schulbildung gegeben. Sie sagen, Analphabetinnen und Frauen aus ländlichen Gebieten hätten keinen Bedarf an Bildung. Das ist nur teilweise richtig. Es stimmt, dass vor den Taliban einige Frauen Zugang zur Bildung hatten. Im Jahre 1991 waren 55 Prozent der Studenten an der Universität in Kabul Frauen. Während der Mujaheddin-Zeit sank die Zahl der Studentinnen auf 40 Prozent. Heute werden keine Mädchen zum Studium an der Universität zugelassen.
Andererseits war man in Afghanistan immer an Bildung für Töchter und Söhne interessiert. Vor den Taliban hatten Frauen in den Städten Zugang zu Bildung erhalten und schnelle Fortschritte gemacht. Leider hatten Frauen aus ländlichen Gebieten nicht die in der Verfassung zugestandenen Bildungsmöglichkeiten. Dort, wo die Mädchen vor der Herrschaft der Taliban nicht zur Schule gingen, lag das entweder am Verbot der dortigen Machthaber oder an den fehlenden Ressourcen zur Einrichtung von Schulen. Privatschulen waren in Afghanistan nicht erlaubt. Immer wenn Frauen und Mädchen in Afghanistan Zugang zur Bildung hatten, haben sie ihn auch genutzt. Vor den Taliban gab es kein offizielles Verbot der Bildung für Frauen und Mädchen.
Die generellen Einschränkungen für die Erziehung von Mädchen in Afghanistan sollten nicht als kulturell bedingt akzeptiert werden. In den Lehrplänen der Schulen sollten neue Erkenntnisse der Wissenschaften und Technologie ebenso wie Grundwissen in Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften stehen, denn religiöse Unterweisung allein erfüllt nicht alle Bedürfnisse der Menschen im neuen Jahrhundert.
Manche sagen, der Zugang von Frauen zu Einrichtungen der Gesundheitsversorgung sei nicht schlechter als für Männer
Die Gesundheitsversorgung ist für das gesamte afghanische Volk sehr schlecht, doch für Frauen ist sie besonders schlimm. Wenn eine Frau ohne männlichen Verwandten bei einem Arzt angetroffen wird, werden sowohl die Frau als auch der Arzt schwer bestraft. Der Arzt kommt ins Gefängnis, und die Frau wird geschlagen. Auch in Anwesenheit eines männlichen Verwandten kann ein Arzt keine vollständige medizinische Untersuchung an einer Frau vornehmen.
Manche sagen, es werde humanitäre Hilfe verweigert, weil einige Gruppen den Umgang der Taliban mit Frauen kritisierten
Wir brauchen dringend mehr humanitäre Hilfe in Afghanistan. Es stimmt aber nicht, dass Gruppen, die die Behandlung der Frauen durch die Taliban angreifen, für die fehlende Hilfe verantwortlich sind. Humanitäre Hilfe ist nicht wegen der Anklage der Gräueltaten der Taliban gestoppt worden. Die Gräueltaten der Taliban selbst sind der Grund, warum so wenig Hilfe nach Afghanistan gelangt. Internationale Hilfsorganisationen sagen, auch, die Frauen hätten stärkere Einschränkungen zu befürchten, wenn die Taliban internationale Kritik für ihre Menschenrechtsverletzungen an Frauen erfahren. Das stimmt nicht. Diese Hilfsorganisationen sollten nicht für sich in Anspruch nehmen, für die Frauen zu sprechen.
Afghanische Frauen
bitten Frauen- und Menschenrechtsgruppen dringend um Hilfe, der
ganzen Welt mitzuteilen, was afghanischen Frauen angetan wird.
Die Welt muss erfahren, was die Taliban den afghanischen Frauen
antut, wenn wir jemals wieder Frieden und Freiheit erleben
wollen.
Die Shuhada
Organisation (SO) ist eine nicht-kommerzielle und unpolitische
Nicht-Regierungsorganisation. Sie wurde 1989 in Quetta / Pakistan
gegründet. Ihr Ziel ist humanitäre Hilfe und
Fortschritt für das afghanische Volk, sowohl inner- als auch
außerhalb Afghanistans. Ein besonderer Schwerpunkt liegt
dabei auf der Unterstützung von Frauen und Kindern. Shuhada
führt ihre Hilfe für Arme, Unschuldige und
Privilegierte fort.
Seit ihre
Gründung hat Shuhada ihre Aktivitäten auf folgende
Bereiche ausgedehnt:
A)
Gesundheit
B) Schulbildung /
Ausbildung
C)
Einkommenssicherung
D)
Wiederaufbau
E) Aus- und
Fortbildung in den Bereichen Gesundheit und
Erziehung
F) Verteilung von
Hilfsgütern
Shuhada dankt allen
freundlichen und großzügigen Spendern, die die
Aktivitäten der Organisation möglich gemacht haben.
Besonderer dank geht an die Kommunen vor Ort für das
Vertrauen, das sie in uns gesetzt haben, und ihre
Kooperationsbereitschaft.
Shuhada entschuldigt
sich für alle Fehler, die im Zusammenhang mit ihren
Aktivitäten auftauchen, und freut sich über alle
Verbesserungsvorschläge.
1)
Gesundheit
Shuhada bietet akute
und präventive Gesundheitsdienste mit dem langfristigen Ziel
ein umfassendes, effektives und kostengünstiges Netz zur
medizinischen Betreuung in diesem Bereich zu schaffen, das sich
selbst trägt.
Shuhade bietet
medizinische Versorgung in den afghanischen Provinzen Ghazni,
Wardak, Bamyan, Ghor und Kabul und in der Provinz Balochistan in
Pakistan.
2) Ausbildung /
Schulen
Shuhada kennt die
Bedeutung von Ausbildung auf allen Ebenen als grundlegend
für die Entwicklung von Fähigkeiten, sowohl von
einzelnen als auch von der gesamten Gesellschaft. Besonders gilt
das für die Entwicklung und Stärkung der
Fähigkeiten von Frauen. Shuhada glaubt, daß die
heutige Krise in Afghanistan eine direkte Konsequenz aus dem
weitverbreiteten Analphabetismus ist. Darüber hinaus
verschärfte die Auswanderung von Spezialisten in den letzten
21 Jahren das Problem weiter. Deswegen legt Shuhada besonderen
Wert auf die Ausbreitung und Erhaltung des bestehenden
Bildungssystems, das bereits eine große Zahl an
Schülern ausbildet.
Shuhada hat außerdem ein technisch - naturwissenschaftliches Institut in Quetta gegründet, das eine höhere Bildung für die Studenten bietet.
3)
Einkommenssicherung
Shuhada plant
Programme zur Einkommenssicherung, um die Selbständigkeit
von Familien inner- und außerhalb Afghanistans zu
fördern. Die Durchführung solcher Projekte bietet nicht
nur eine Möglichkeit für die Wiederbelebung und
Stärkung der lokalen Industrie, sondern ist auch ein Mittel
zur Stärkung von Frauen, das sie befähigt, an
Entscheidungsprozessen, sei es in der Familie oder in der
Gemeinde teilzunehmen. Neben dem Erlernen der verschiedenen Arten
von Teppich- und Deckenweberei und anderen Handarbeiten in diesem
Bereich, lernen die Frauen in Alphabetisierungskursen auch Lesen
und Schreiben.
Auch ein Projekt zur
Verteilung von Schafen vor allem an Familien von Witwen und
behinderten Männern, das seit 1992 besteht, ist Teil des
Programms zur Einkommenssicherung.
4)
(Wieder-)Aufbau
Shuhada hat die
Oberaufsicht über den Bau und die Instandhaltung ihrer
Krankenhäuser und Schulen. Außerdem hat Shuhada
Projekte für den Bau von Mauern und Staudämmen im
Yakawlang Gebiet in der Provinz Bamyan.
5) Aus- und
Fortbildung
Eines der
größten Hindernisse für die Durchführung und
den Erfolg der Projekte in den verschiedenen Gebieten
Afghanistans ist der Mangel an ausgebildeten Personal. Shuhada
bietet deshalb Aus- und Fortbildungsprogramme im medizinischen
oder pädagogischen Bereich.
6) Verteilung
von Hilfsgütern
Shuhada hat seit ihrer
Gründung afghanischen Flüchtlingen außerhalb und
Vertriebenen und Armen innerhalb Afghanistans geholfen. Bei der
Verteilung von Hilfsgütern werden Witwen und Familien ohne
offizielles Familienoberhaupt bevorzugt.
Projekte
Von den
Aktivitäten der Shuhada-Hilfsorganisation betrifft etwa die
Hälfte Bildungseinrichtungen (Schulen und
Alphabetisierungskurse), ein Viertel Gesundheitsprojekte, der
Rest verteilt sich auf verschiedene kleinere Maßnahmen, zum
Beispiel die Verteilung von Hilfsgütern. Shuhada
unterhält folgende Einrichtungen im Bildungsbereich: 24
Grund- und weiterführende Schulen in Afghanistan, davon 10
reine Mädchenschulen, 6 gemischte Schulen und 8
Jungenschulen. In den Schulen unterrichten sowohl männliche
als auch weibliche Lehrkräfte.
Mädchen besuchen mehrheitlich nur die Grundschule, maximal bis zur fünften oder sechsten Klasse. Einige Schulen bilden bis zur 9. Klasse aus, aber nur ein kleiner Teil der Mädchen hat bis jetzt diese Klassenstufe erreichte. Eine Schule bietet Unterricht für die 11. Klasse an. Shuhada versucht, Mädchenbildung gezielt zu fördern, indem sie Lehrerinnen zusätzliches Gehalt bezahlt, um zu verhindern, dass Familien aus Armut eher die Jungen zur Schule schicken, denn die Lehrkräfte müssen normalerweise zumindest teilweise von den Eltern unterhalten werden.
Seit Mai 2001 unterstützt TERRE DES FEMMES innerhalb der Shuhada-Hilfsorganisation vor allem die ARIANA-Mädchenschule für afghanische Flüchtlingsmädchen in Quetta, Pakistan.
Die
ARIANA-Mädchenschule liegt in einem Stadtviertel Quettas,
das hauptsächlich von afghanischen Flüchtlingen, die
der Ethnie der Hazara angehören, bewohnt wird. Die Hazara
sind nicht nur eine ethnische, sondern als Schiiten auch eine
religiöse Minderheit in Afghanistan. Als Minderheit sind sie
besonders von der Politik der Geschlechterapartheid, zu der unter
anderem auch das Vorenthalten von Schulbildung für
Mädchen gehört, betroffen. Mit der
ARIANA-Mädchenschule unterstützt TERRE DES FEMMES ein
Bildungsprojekt, das ca. 700 Flüchtlingsmädchen eine
weltoffene Ausbildung auf sehr hohem Niveau ermöglicht.
Weitere Infos:http://www.shuhada.org.
Afghanistan ist ein unterentwickeltes Land. Die dominante Mehrheit der Bevölkerung sind Sunni-Moslems, etwa ein Drittel sind Schiiten. Die Bevölkerung ist auch entlang ethnischer Gruppen gespalten: Paschtunen, Hazara, Tadschiken und Usbeken sowie weitere Minderheiten. Die afghanische Bevölkerung ist von Männern dominiert. Frauen spielen eine sekundäre Rolle und werden als Besitz betrachtet. Nach der Besetzung Afghanistans durch sowjetische Truppen 1978 wurde die Position der Frauen weiter geschwächt.
Die Reform in den von den Sowjets beherrschten Gebieten brachte den Frauen nominale Freiheiten und Rechte auf Erziehung und Arbeit, aber diese Reformen waren oberflächlich. Zudem wurden sie ohne Berücksichtigung der sozialen und religiösen Institutionen im Land durchgeführt, und ohne Bemühung, das soziale Verhalten zu ändern. Die Opposition - die unglücklicherweise vom Westen und den Nachbarländern uneingeschränkt unterstützt wurde - reagierte auf die Reformen des von Moskau gestützten Regimes mit einer ultrakonservativen Politik. Die Weltgemeinschaft ignorierte diese Entwicklung, weil sie nur von dem einen Ziel besessen war, die Sowjetunion zu besiegen. Die Folge war, daß alle anderen Facetten des Lebens in Afghanistan unbeachtet blieben, wie die Durchsetzung gleicher Rechte für alle Einwohner und von mehr Rechten für Frauen. Die Männer erhielten alle Hilfe. Ich war selbst Opfer der russischen Invasion in Afghanistan. Ich wurde hart konfrontiert mit der Tatsache, als Frau wie persönlicher Besitz behandelt zu werden.
1984 wanderte ich nach Pakistan aus. Ich fand Anstellung in einem Spital, das eine spezielle Abteilung für afghanische Flüchtlinge hatte. In dieser Zeit erkannte ich, wie nötig die Behandlung von Frauen war in einer, in der männlichen Patienten alle Hilfe geboten wurde, aber für die ebenso bedürftigen afghanischen Frauen und Kinder keinerlei Hilfe existierte. Ich selbst konnte nicht nach Afghanistan reisen, weil dort mein Leben bedroht war. Aber meine aufopferungsvollen Mitarbeiter handelten eine Vereinbarung aus für die Gründung verschiedener Schulen in Hazarajat. Das war nicht so einfach, denn die armen und ungebildeten Menschen waren jeglicher formalen Ausbildung und einer Organisation „Ungläubiger“ feindlich gesinnt. Diese Haltung änderte sich mit der Zeit, als sich der Krieg verschärfte und die Menschen mehr Kontakt zur übrigen Welt hatten. Heute verwalte ich fünf Spitäler, zwölf Kliniken und 48 Schulen für Frauen und Männer innerhalb und außerhalb Afghanistans. Afghanistan ist heute das einzige Land, dessen Herrscher offiziell bestimmen, dass Mädchen kein recht auf Ausbildung haben, und wo Frauen nicht ausserhalb des Hauses arbeiten dürfen. Die Kleidung der Frauen ist gesetzlich definiert - der fundamentalste Ausdruck der Tatsache, dass die Rechte der Frauen und die Menschenrechte in diesem System überhaupt keinen Wert haben.
Spenden unter
dem Stichwort „Afghanistan“, Konto Nr. 27 32 606,
Kreissparkasse Tübingen, BLZ 641 500
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Shuhada ist eine afghanische Hilfsorganisation, die 1989 in Quetta in Pakistan gegründet wurde. Sie wird geleitet von Sima Samar, einer afghanischen Ärztin, die 1984 während der sowjetischen Besatzung ins Exil gehen musste. Samar hat in Quetta in verschiedenen Krankenhäusern gearbeitet und schließlich 1989 ihr eigenes Hospital gegründet. Ihre Arbeit wurde in der Vergangenheit immer wieder von islamischen Fundamentalisten angegriffen. Shuhada ist inzwischen auch innerhalb Afghanistans tätig, überwiegend im Hazarajat, einer Region in Zentralafghanistan. Sima Samar gehört zu den Hazara, einer Minderheit von zwei bis drei Millionen, Menschen, also ungefähr 15 Prozent der Bevölkerung. Sie gehören der shiitischen Glaubensrichtung an, während der größte Teil der afghanischen Einwohner Sunniten sind. Die Hazara sprechen Dari, eine der zwei Hauptsprachen Afghanistans. Sie werden als ethnische und religiöse Minderheit von den herrschenden Taliban besonders verfolgt. Die Shuhada-Hilfsorganisation arbeitet vorwiegend im Bildungs- und Gesundheitsbereich. In den Schulen legt Shuhada Wert auf einen fundierten und weltoffenen Lehrplan in allen Fächern. Religion wird ähnlich wie bei uns ungefähr zwei Stunden pro Woche unterrichtet. Sima Samar,
Direktor Shuhada Organisation, c/o Shuhada Klinik, Alamdar Road,
Nasir Abad, Quetta, Pakistan |
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mit! Spendenaktion der Frauen in der SVP Auf Anregung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hin hat die SVP-Frauenbewegung eine Spendenaktion zu Gunsten von Afghanistan in die Wege geleitet. Auch Sie können mit Ihrer Spende dazu beitragen, dass den Frauen Afghanistan ein menschenwürdiges Leben ermöglicht wird und dass endlich alle Menschen gleiche Lebens- und Bildungschancen erhalten. Der Erlös fließt zu einem Teil der Caritas Internationalis zu, in dessen Netzwerk die Caritas der Diözese Bozen-Brixen eingeschlossen ist, zum anderen Teil der von Frauen gegründeten und geführten afghanischen Hilfsorganisation „Shuhada“ zu. Die GfbV ruft besonders zur Unterstützung dieser Frauenorganisation auf. Die Zukunft Afghanistan kann nur dann positiv sein, wenn die gesamte Bevölkerung die gleichen Rechte und Chancen erhält und die gesamte Bevölkerung die Zukunft mitbestimmt. Aufbau
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