Wien, am 12. Jänner 2005
"Der Artikel 39 über die Rechte der Volksgruppen im
Entwurf der neuen Verfassung würde massive Rückschritte
für den Volksgruppenschutz in Österreich bewirken und
wird deshalb entschieden abgelehnt", erklärte das
Österreichische Volksgruppenzentrum in einer
Presseaussendung.
"Der unterbreitete Artikel 39 des vorgelegten Entwurfs reduziert
die Volksgruppenrechte auf die Staatszielbestimmung des heutigen
Artikel 8 der Bundesverfassung und die Verfassungsgarantien nach
Artikel 7 des Staatsvertrags von Wien aus dem Jahre 1955 für
die slowenische und kroatische Volksgruppe. Unbeachtet bleiben
die Artikel 66 - 68 des Friedensvertrages von St. Germain ebenso
wie der Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes sowie
einschlägige Dokumente des Europarates. Demnach würde
der neue Minderheitenschutzartikel ursprünglich nicht einmal
eine Kodifikation des bestehenden Rechtsbestandes garantieren,
sondern sogar eine Rücknahme bestehenden Rechtsbestandes mit
Grundrechtscharakter bewirken", heißt es weiter in der
Presseerklärung des Österreichischen
Volksgruppenzentrums.
Der vorliegende Volksgruppenartikel entspreche darüber
hinaus auch nicht der Vorlage des Grundrechtsausschusses des
Österreich-Konvents zu den Rechten der Volksgruppen, der den
Anforderungen an einen zeitgemäßen Volksgruppenschutz
zumindest nahe gekommen sei. Fiedlers Minderheitenschutzartikel
gehe an den Expertenmeinungen völlig vorbei und reflektiere
punktgenau die restriktiven politischen Vorgaben der ÖVP -
FPÖ Koalition, begründet das Österreichische
Volksgruppenzentrum seine Kritik.
Ein zeitgemäßer Volksgruppenschutz müsse aus
Sicht der österreichischen Volksgruppen neben der
Kodifikation der verfassungsrechtlichen Volksgruppenrechte im
Bereich der Sprache, der Erziehung und Kultur, auch eine
vorsichtige Weiterentwicklung dieses Rechtsbestandes beinhalten,
in welche auch die großteils minderheitenfreundliche
Rechtsprechung des VfGH - insbesondere zu den Vorschriften des
Staatsvertrages von Wien zum Schulwesen, zur Amtssprache und zur
zweisprachigen Topographie - einfließen muss und das
unterschiedliche Schutzniveau der Volksgruppen, orientiert an den
Standard des Art. 7 des Staatsvertrages von Wien, vereinheitlicht
werden. Sinnvoll und notwendig wäre eine Weiterentwicklung
der geltenden Rechtslage in die Richtung, dass nicht nur
verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (Grundrechte)
der einzelnen Volksgruppenangehörigen, sondern auch Rechte
der Volksgruppe formuliert werden. Im Einzelnen sollten
Bestimmungen, die bisher schon auf den Schutz der Volksgruppe als
solche abgestellt haben, aber nicht durchsetzbar waren,
durchsetzbar gestaltet werden, heißt es abschließend
in der Presseaussendung des Österreichischen
Volksgruppenzentrums.
Info: Hubert Mikel, Österreichisches Volksgruppenzentrum, Teinfaltstr. 4, 1010 Wien. Tel.: +43(0)1 5331504, Fax: +43(0)1 5355887, E-mail: oevz@twinet.net