Wenig Rechte für die Ladiner
Sprachpolitische Widersprüchlichkeit der SVP
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Bozen, 6.11.2001
Wenn es um die Rechte der Ladiner geht, ist die SVP selten zu hören. Die SVP hat sich nun zu Wort gemeldet gegen die ladinische Standardsprache - das Ladin Dolomitan -, wie sie bei der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung der Volkszählung verwendet wird (bzw. wie die SVP gemeint hatte, denn in Wirklichkeit handelt es sich um eine frühere Version einer Standardsprache).

Als Argument ins Feld geführt wird das Recht auf Muttersprache. Dieses Verständnis von Recht auf Muttersprache ist äußerst seltsam. Die SVP meldet sich nämlich nicht zu Wort, wenn die Landesverwaltung die ladinische Sprache in den ladinischen Tälern übergeht und nur deutsche und italienische Aufschriften anbringt (obowohl ladinische Aufschriften vom Gesetz vorgeschrieben wären), sie meldet sich nicht zu Wort, wenn die ladinischen Bürger von der Landesverwaltung grundsätzlich nicht in ihrer Muttersprache angeschrieben werden, ihnen Dokumente prinzipiell nicht in ihrer Muttersprache ausgestellt werden; die SVP läßt auch nichts von sich hören, wenn in den Schulen der Unterricht der Muttersprache auf der Strecke bleibt - wo der Muttersprachenunterricht als erstes fundamentales Recht jeder Minderheit gilt und die Verweigerung dieses Rechtes immer die Assimilierung zum Ziel hat (der Faschismus wußte ganz genau, warum er die Muttersprache der Minderheiten von den Schulen verbannte); diese Partei sagt nichts dazu, dass ihr Mitteilungsblatt kein Platz für die ladinische Sprache hat. Die Zukunft Südtirols ist deutsch, für die Ladiner ist da kein Platz. So ist denn das Recht auf Muttersprache und so sind die Minderheitenrechte generell nicht existent, wenn es um die Ladiner geht.

Doch zu Wort meldet sich die SVP dann, wenn in Fragebögen zur Volkszählung die normierte Form bzw. eine frühere normierte Form des Ladinischen verwendet wird. Da (und nur da) wird dann von Recht auf Muttersprache gefaselt. Doch ist es die Muttersprache, das haben diese Leute nicht verstanden (von der ladinischen Sprache verstehen sie ja nicht besonders viel). Die SVP protestiert gegen die Verwendung der ladinischen Schriftsprache mit dem Argument des Rechtes auf die Muttersprache - doch dagegen, daß die Fragebögen zur Volkszählung das Ladinische nicht verwenden - dagegen protestiert man bezeichnenderweise nicht.

Ein Paradox: Die Mitteilung geht nicht in der Muttersprache an die Medien, sondern - in Verzicht auf das Recht der Muttersprache - auf Deutsch, in einem Paradebeispiel einer normierten Sprache also. Und wendet sich zudem an Leser, die über den Sachverhalt nicht urteilen können, das sie die ladinische Sprache nicht beherrschen und über die Schriftsprache nicht informiert sind. Es ist also das Niveau der Hetze erreicht. Von den Urhebern der Übersetzung wurde Rechenschaft verlangt - aufgrund der Form der Sprache wohlgemerkt-; wir sind also bei der sprachpolitischen Inquisition angelangt. Wenn immer wieder die ladinische Sprache, wie gesagt, gar nicht verwendet wird, schweigt diese Partei. Dort, wo sie verwendet wird, protestiert sie.
Kein Einsatz für das Recht der ladinischen Minderheit auf die Verwendung ihrer Muttersprache also, sondern nur die Hetze gegen eine Normierung der ladinische Sprache. Was ein Widersprucht scheint, ist kein Widerspruch. Die Normierung hat jeder Sprache bisher eine Aufwertung gebracht; diese Aufwertung der ladinischen Sprache will die SVP offensichtlich verhindern (und mißbraucht dazu das Argument des Rechtes auf Muttersprache, dem man sonst bei den Ladinern systematisch ausräumt). Bereits in der Vergangenheit hat sich diese Partei oft gegen mehr die ladinische Sprache gewandt, in einer vom deutschen Nationalismus und vom Assimilierungswillen geprägten Politik.
Nach dem 2. Weltkrieg und in den 70er Jahren hat die SVP des öfteren massiv versucht, die Schule in den ladinischen Tälern zu germanisieren - eine nicht zu leugnende Parallele zur Assimilierungspolitik des Faschismus. Als es um das ladinischen Kulturinstitut ging, wollte die SVP dieses auf einen Teil des Südtiroler Kulturinstitutes beschränken (anstelle einer eigenen Institution). Als es um die Anwendung des Ladinischen als Amtssprache in den ladinischen Gemeinden ging (1989), wollte die SVP dieses Recht der Ladiner auf ein Minimum belassen (es war der Einsatz der Union Generela di Ladins dla Dolomites in Rom, der die Rechte der Ladiner retten konnte). Eine ladinische Talgemeinschaft, eine minimale Form der ladinischen Selbstverwaltung, gibt es bis heute nicht (die Ladiner sind auf zwei deutsche Talgmeinschaften aufgeteilt, wo ihre Sprache nicht verwendet wird).

Einsatz für die Rechte der Minderheit wäre gefragt, nicht Einsatz gegen diese Rechte. Das erinnert an die Politik der italienischen nationalistischen Parteien - die jedoch heute in ihrer Minderheitenfeindlichkeit nicht mehr so weit gehen die radikalen Exponenten der SVP.

Siehe auch:

Ladin dolomitan.Rujeneda standard di Ladins dles Dolomites / Ladinische Standardsprache – die normierte Form des Ladinischen Der Germane ringt den Romanen nieder. "Deutsches Siegesdenkmal" zwischen den Landhäusern

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Na publicaziun dla Lia por i popui manacês. URL: www.gfbv.it/ladin/dossier/sprache.html
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