Bis zu 2.000 Kurden aus den Niederlanden und Deutschland werden am Sonnabend (24.08.) um 13 Uhr auf dem Malieveld in Den Haag gegen die Auslieferung der Yezidin und Kurdin Nuriye Kesbir an die Türkei demonstrieren. Frau Kesbir war im September 2001 in die Niederlande eingereist und hatte politisches Asyl beantragt. Sie wurde festgenommen, nachdem die Türkei einen Auslieferungsantrag gestellt hat. Darüber entscheidet ein niederländisches Gericht am 30. August. Der Yezidin wird in der Türkei vorgeworfen, Mitglied der Kurdischen Arbeiterpartei PKK gewesen zu sein. Nach Beobachtungen der Gesellschaft für bedrohte Völker International (GfbV) hat die türkische Regierung den Druck auf die Niederlande vor dem Prozesstermin erhöht. Die GfbV ist nach amnesty international die zweitgrößte Menschenrechtsorganisation in Europa. Sie hat beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen und setzt sich für verfolgte ethnische und religiöse Minderheiten, Nationalitäten und Ureinwohnergemeinschaften ein. Seit Anfang der 70-er Jahre engagiert sich die GfbV für die Menschenrechte der Kurden in allen Staaten des Nahen Ostens.
Appell der Gesellschaft für bedrohte Völker an die Regierung der Niederlande: In türkischen Gefängnissen wird gefoltert! Gewähren Sie Nuriye Kesbir politisches Asyl!
Die türkischen Generäle und Politiker, die für den Großteil der 40.000 Toten im türkisch-kurdischen Krieg verantwortlich sind, wurden noch vor kein Gericht gestellt. In türkischen Gefängnissen sind Tausende von Menschen inhaftiert, die in einer Demokratie wie den Niederlanden nie verurteilt worden wären. Es ist absurd, dass ein Unrechtsregime wie die Türkei unter Berufung auf die Genfer Flüchtlingskonvention fordert, Frau Kesbir stehe kein Asyl zu, weil sie sich in einer terroristischen Vereinigung betätigt habe. In der Türkei gibt es nicht einmal faire Gerichtsverfahren. So wurde die kurdische Parlamentarierin Leyla Zana 1994 zu 15 Jahren Haft verurteilt, nur weil sie ihre demokratischen Rechte wahrgenommen hat und offen über die Leiden der Kurden gesprochen hat. Trotz Verabschiedung eines Reformpaketes durch das türkische Parlament wurde sie genauso wenig freigelassen wie Tausende gewaltlose politische Gefangene.
Die GfbV fürchtet, dass Frau Kesbir in der Türkei sofort inhaftiert wird. Nach Angaben von Amnesty International gab es auch 2001 systematische Folter und Vergewaltigung in türkischen Gefängnissen: "Während ihrer Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, im Gewahrsam der Polizei oder der Gendarmerie wurden Berichten zufolge Männer und Frauen routinemäßig nackt ausgezogen. Zu den angewandten Methoden sexuellen Missbrauchs gehörten neben der Vergewaltigung unter anderem Elektroschocks und Schläge auf die Genitalien sowie bei Frauen auf die Brüste. Bis Ende 2001 hatten 147 Frauen, darunter 112 Kurdinnen, rechtlichen Beistand über ein Prozesshilfeprojekt in Istanbul beantragt."
Nuriye Kesbir darf nicht an die Türkei ausgeliefert werden, dort droht ihr Gefahr für Leib und Leben. Als Kurdin und als Yezidin war die engagierte Frauenpolitikerin zeitlebens einer doppelten Verfolgung ausgesetzt. 98% der in der Türkei religiös verfolgten Minderheit der Yezidi wurden durch die türkischen Behörden nach Westeuropa vertrieben. Selbst vor Mord schreckten sie nicht zurück: Zuletzt wurde am 12. April 2002 das yezidische Ehepaar Seredin und Newroz Sancar in Xaniki Nusaybin ermordet. Über den Fall Kesbir kann nur ein internationales Gericht entscheiden. Vor dieses Gericht müssten auch türkische Generäle und Politiker wegen Kriegsverbrechen und Kurdenverfolgung gestellt werden.