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Zypern

Wer ist der Spielverderber?

Von Emma Lantschner

Bozen, 1. Mai 2004

Was bis vor einem Jahr unvorstellbar war, war zum Greifen nahe: Ein geeintes Zypern in der EU.

Zypern, Jahreslang undurchlässig: Europas letzte Grenzmauer. Foto: Emma LantschnerVerhandlungen gab es in den vergangenen 30 Jahren viele. Mehrere UN-Generalsekretäre hatten versucht, die seit 1974 geteilte Insel wieder zusammenzurühren. So nahe an einer Lösung wie Kofi Annan im Dezember 2002 war wohl keiner. Aber wieder scheiterte der Abschluss der Verhandlungen an der unnachgiebigen Haltung von Rauf Denktash, dem Führer der Inseltürken. Ein Jahr später, im Dezember 2003, rinden im Norden der Insel Parlamentswahlen statt. Im Vorfeld kündigt Denktash an, als Verhandlungsführer zurückzutreten, sollte die pro-europäische Opposition die Wahlen gewinnen. Noch nie hat Denktash um den Wahlerfolg seiner Gefolgsparteien fürchten müssen. Dafür haben einerseits die von der Türkei "importierten" Stimmen gesorgt und andererseits eine gezielte Wahlpropaganda. Dieses Mal ist der Ausgang weniger gewiss, obwohl das Regime in den Wochen vor der Wahl wieder verstärkt gegen Journalisten in Nordzypern vorgeht, die kritisch über innenpolitische Ereignisse berichten.

Das Wahlergebnis war denkbar knapp. Zwar erhielten die Reformparteien trotz der Behinderungen im Wahlkampf die absolute Mehrheit. Aufgrund der Besonderheiten des Wahlrechts in Nordzypern konnten aber die Rechtsparteien um Rauf Denktash ein 25-25 Patt bei den Sitzen im Parlament erreichen. Dennoch kann dies als klares Votum der türkischen Zyprioten für eine neue Zypernpolitik gewertet werden. Mehmet Ali Talat, überzeugter Europäer und Vorsitzender der stimmenstärksten (35 Prozent) Republikanisch-Türkischen Partei, wurde zum Ministerpräsidenten ernannt.

Zypern. Gemeinsam singen und tanzen: 'Wir sind alle Zyprioten'. Foto: Emma LantschnerDenktash aber blieb Verhandlungsführer. Anfang Februar diesen Jahres haben sich Denktash und der griechisch-zypriotische Präsident Tassos Papadopoulos nun darauf geeinigt, die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Der Fahrplan, auf den sich die beiden Leader verständigt haben, sieht einen endgültigen Lösungsvorschlag vor, der im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen zwischen Denktash und Papadopoulos unter eventueller Einbindung der Türkei und Griechenland von Kofi Annan vorgelegt wird. Über diesen Vorschlag hat die Bevölkerung Zyperns in getrennten Referenden in beiden Inselteilen Ende April abgestimmt. Wäre die Volksabstimmungen positiv ausgegangen, wäre Zypern am l. Mai 2004 als vereinigtes Land der EU beigetreten.

Was hat Denktash wohl dazu bewegt, sich mit diesem Fahrplan einverstanden zu erklären? Der Druck von Seiten der Türkei ist so groß geworden, dass Denktash ihm nicht mehr leicht hätte Stand halten können. Im Dezember diesen Jahres entscheidet die EU-Kommission darüber, ob Beitrittsverhandlungen mit dem ewigen Kandidaten Türkei aufgenommen werden können oder nicht. Es wurde mehrmals betont, dass ein positives Einwirken auf eine Zypernlösung der Position der Türkei sehr zuträglich wäre. Die bilaterale Verhandlungsphase ließ Denktash ungenutzt verstreichen. Die Enttäuschung war groß, als auch die Einbindung der Türkei und Griechenlands zu keiner Lösung führten. Die griechische Seite hatte dem von Kofi Annan in seiner endgültigen Form vorgelegten Plan nicht zugestimmt, während der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan den Vereinigungsplan ausdrücklich billigte. Diese letzte Version des Plans wurde nun am 24. April der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt.

Zypern. Besitztümer: Annan-Plan sieht Regelung vor. Foto: Emma LantschnerDieses Szenario ist im nördlichen Teil der Insel seit den Wahlen im vergangenen Dezember, die doch ein relativ klares 'Ja' zur Wiedervereinigung und zum EU-Betritt signalisierten, eher unwahrscheinlich. Dass es aber auch dort immer noch militante Gegner einer Überwindung der Trennung gibt, beweist der Bombenanschlag auf das Wohnhaus von Ministerpräsident Talat am 19. Februar - an dem Tag, an dem die Verhandlungen wieder aufgenommen worden sind. Von türkisch-zypriotischer Seite wurde eher ein 'Nein' aus dem Süden befürchtet. Im Süden, wo der Aufnahme in die Europäische Union nichts mehr im Wege steht, zeichnete sich ein Nein ab. Ein beträchtlicher Teil der Medien machte Stimmung gegen den Plan, Anti-Plan-Kampagnen wurden von Abgeordneten in Radiosendern und Zeitungen lanciert, die Mitglieder im griechischen Verhandlungsteam wurden als Verräter bezeichnet. Papadopoulos selbst hat die griechisch-Zyprioten zu einem 'Nein' gegen den Plan aufgerufen. Bis jetzt was es ein Leichtes, sich hinter der bekanntlich ablehnenden Haltung Denktashs zu verstecken.

Nun da die Inselgriechen ihr Schicksal selbst in der Hand haben, müssen auch sie Farbe bekennen. 30 Jahre lang wurde die Lösung der Zypernfrage von einem unbeirrbaren Denktash blockiert. Nun aber wurden in diesem wichtigen Moment die Griechen auf der Insel zum Spielverderber.

Zypern bleibt vorerst geteilt. Der griechische Teil der Insel hat mit 75,83% gegen den Annan-Plan gestimmt. Im türkischen Teil zeigte sich ein völlig anderes Bild: 64,91% der türkischen Zyprioten stimmten mit Ja. Durch das Ergebnis sieht sich die türkische Regierung in ihrer Position bestätigt und verkündete bereits die dauerhafte Trennung der Insel.

Aus pogrom-bedrohte Völker 224 (2/2004).


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/3dossier/eu-min/cypros.html | www.gfbv.it/3dossier/3indice.html#eu-min

* www: www.hrw.org/doc?t=europe&c=cyprus

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