Bozen, Göttingen, 5. November 2004
Mit einem Massenexodus reagieren seit zwei Wochen Muslime in
Burma auf eine neue Welle willkürlicher Verhaftungen in dem
im Westen des Landes gelegenen Bundesstaat Rakhine. Die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) berichtete am
Freitag, mehr als 15.000 muslimische Rohingya seien seit Mitte
Oktober 2004 nach Bangladesch geflohen. Weitere 35.000 warteten
am Grenzfluss Naaf auf Aufnahme im Nachbarland. "Dort droht eine
Flüchtlingstragödie, da Bangladesch nicht bereit ist,
den Rohingya erneut Zuflucht zu gewähren", warnte der
GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. An der Grenze seien die Wachen
verstärkt worden, um einen weiteren Zustrom von
Flüchtlingen zu verhindern.
Zu Beginn der 80er Jahre hatten nach schweren
Menschenrechtsverletzungen in dem überwiegend buddhistisch
geprägten Burma schon einmal 250.000 Muslime Schutz in
Bangladesch gesucht. Nach jahrelangen Verhandlungen hatten sich
beide Staaten im Dezember 2002 auf die Rückführung der
Flüchtlinge verständigt. Vertreter der Rohingya hatten
gegen die Repatriierung protestiert. Den meisten
Flüchtlingen blieb jedoch angesichts der Einstellung
internationaler humanitärer Hilfe keine andere Wahl, als
nach Burma zurückzukehren. Nur 23.000 Rohingya weigerten
sich bis heute, einer Rückführung zuzustimmen. Sie
leben unter katastrophalen Bedingungen in Lagern im Südosten
Bangladeschs.
Die 700.000 Muslime stellen rund ein Drittel der Bevölkerung
in dem Rakhine-Staat in Burma. Als die burmesische
Zentralregierung 1978 mit einer groß angelegten Aktion die
Staatsbürgerschaft der Bevölkerung
überprüfte, um illegale Einwanderer auszuweisen, kam es
zu Massenprotesten der Rohingya. Zahlreiche Muslime wurden
verhaftet und Zehntausende flohen in das Nachbarland. Vertreter
der Rohingya werfen der burmesischen Zentralregierung Rassismus
vor, da sie die Muslime nicht als vollwertige Staatsbürger
anerkennt.