Bozen, Göttingen, 16. August 2005
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat
gezielte Hilfe für die von der Dürrekatastrophe im
westafrikanischen Staat Niger besonders betroffenen Tuareg- und
Peul-Nomaden gefordert. "Im Norden des Landes droht eine neue
Rebellion der Viehzüchter, wenn nicht schnell etwas für
das Überleben ihrer traditionellen Gesellschaften getan
wird", warnte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag
in Göttingen. "Niger braucht nicht nur Nahrungsmittelhilfe,
sondern international geförderte
Unterstützungsprogramme für die Nomadenvölker."
Deren Lebensgrundlage stünde auf dem Spiel, da ihre
Viehherden durch den Futtermangel in einigen Regionen zum
größten Teil bereits vernichtet seien.
Bereits während der Dürrekatastrophen der Jahre 1973/74
und 1984/85 hatten die Tuareg vergeblich auf angekündigte
Hilfsprogramme gewartet und sich daraufhin im Frühjahr 1990
mit Waffengewalt gegen die Regierungen des Niger und Malis
erhoben. Erst nach fünf Jahren beendeten Friedensabkommen
die Rebellion, die Westafrika nachhaltig destabilisierte. Rund 70
Prozent der Viehherden der Tuareg und Peul sind schon vernichtet.
In manchen Gegenden sind bis zu 90 Prozent der Tiere entweder
verendet oder mussten notgeschlachtet werden. "Besonders die
Schafherden, die den größten Teil des Viehbestandes
bildeten, wurden dezimiert", berichtete Delius. "Denn die Schafe
gehen elendig beim Wiederkäuen zugrunde, da sie mit dem sehr
kurz gewachsenen Gras auch Sand zu sich nehmen, den sie nicht
vertragen." Etwas widerstandsfähiger seien die Kamel- und
Ziegenherden.
Im Niger fehlen rund 4,6 Millionen Tonnen Viehfutter. Dieser
Mangel sei für die Nomaden langfristig noch viel
katastrophaler als die von den meisten Hilfsorganisationen und
Medien beklagten Getreide- Missernten. Denn mit dem Verlust ihrer
Viehherden droht den Nomaden langfristig die Zerstörung
ihrer traditionellen Lebensgrundlage und ihrer Kultur. Da sie
außer ihrer Viehzucht keine anderen Erwerbsquellen haben,
können sie weder Getreide noch andere dringend
benötigte Lebensmittel kaufen und werden zu Bittstellern
internationaler Nahrungsmittelhilfe.