In: Home > News > Bündnis von Menschenrechtsorganisationen fordert von Weltsicherheitsrat Schutz der Zivilbevölkerung in Kirgisistan
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Bozen, Göttingen, New York, 24. Juni 2010
Karte Kirgisistans.
Vor dem Hintergrund der schrecklichen Pogrome an der
usbekischen Bevölkerung im Süden Kirgisistans haben
eine Reihe internationaler Menschenrechtsorganisationen den
Weltsicherheitsrat in einem offenen Brief dazu aufgefordert, sich
seiner Verantwortung für den Schutz der
Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten zu stellen. Die
Unterzeichner des Briefes - unter ihnen die International Crisis
Group, Human Rights Watch und die Gesellschaft für bedrohte
Völker International (Society for threatened Peoples
International) - gehen davon aus, dass es sich bei den Verbrechen
in der Region Osch und Dschalalabad um "ethnische
Säuberungen" handelt. Bisher sollen nach verschiedenen
Informationen etwa 2000 Menschen ums Leben gekommen sein.
Mindestens 100.000 konnten ins benachbarte Usbekistan fliehen,
mindestens 300.000 sind nach Angaben der Hilfsorganisation UNICEF
zu internen Flüchtlingen geworden. Andere Berichte
schätzen, dass bis zu einer Million Menschen von
Zerstörung, Vertreibung oder Flucht betroffen oder bedroht
sind.
Auf derartige Verbrechen muss die internationale Gemeinschaft
zeitnah und entschieden reagieren. Denn die UN-Mitgliedsstaaten
haben in der Resolution 1674 des Weltsicherheitsrates über
den Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten und in der
Resolution A/RES/63/308 der UN- Generalversammlung nicht nur ihre
Verantwortung für den Schutz der eigenen Bevölkerung
vor Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit und ethnische Säuberung anerkannt. Sie haben
darüber hinaus darin auch die Verantwortung der
internationalen Gemeinschaft unterstrichen, Staaten bei der
Einhaltung dieses Versprechens zu unterstützen.
Die Unterzeichner des Briefes appellierten außerdem an den
Weltsicherheitsrat, gemäß Artikel VI und VII der
UN-Charta in Kooperation mit den relevanten regionalen
Organisationen sofort Maßnahmen zu ergreifen, um der Gewalt
Einhalt zu gebieten und international Frieden und Sicherheit zu
erhalten. Im äußersten Falle sehen diese Artikel auch
Maßnahmen vor, die bedrohte Bevölkerung zu retten und
den Frieden mit militärischen Mitteln entweder zu Luft, zu
Wasser oder zu Land wiederherzustellen.
"Wir befinden uns inmitten eines Krieges
(Kirgisien, Stadt Osh). Hier passiert gerade etwas Furchtbares,
Unvorstellbares!!! Das Erschreckende ist, daß in den
Massenmedien nicht einmal ein Zehntel dessen wiedergegeben wird,
was hier vor sich geht. Eine "Ethnische Säuberung", wenn man
so will. Ganze Stadtteile mit von Usbeken bewohnten Häusern
sind bis aufs Letzte abgebrannt, Menschen werden in ganzen
Familien inklusive Frauen und Kinder niedergemetzelt.
Draußen sind ganze Berge von Leichen und Verletzten, denen
niemand Hilfe leistet. Ganze "Armeen" junger Menschen
kirgisischer Herkunft wüten in aufgebrachtem und oft nicht
nüchternem Zustand bewaffnet durch die Stadt; sie töten
und verbrennen alles, was ihnen in den Weg kommt.
Das ganze wird von der Politik unterstützt. Der
innenpolitische Konflikt ist lange gereift, sodaß jemand
jetzt auf sehr listige Weise davon Gebrauch machen konnte. Es
scheint, als ob gerade deswegen die Staatsoberhäupter
stillsitzen und darüber schweigen, was hier passiert. Mein
Eindruck ist, daß das Weggucken unserer Regierung irgendwie
durchdacht, geplant ist.
Sergey (mein Schwiegervater) ging heute morgen auf hohes Risiko
und zu unser aller Schrecken aus dem Haus, um Lebensmittel zu
holen. Auf der Straße lag ein verletzter, sterbender alter
Mann. Sergey wollte ihm helfen und drehte ihn auf den Rücken
um. In dem Augenblick kam eine Gruppe von Jugendlichen angerannt
und begann, den Alten mit Füßen zu treten. Einer von
ihnen schrie: "Das ist doch ein Kirgise!"; ein anderer
entgegnete: "Nein, er ist Usbeke! Komm, wir zünden ihn an!"
Als Sergey in Hilflosigkeit wegging, lag der Alte bereits tot und
in Flammen auf der Straße.
Von offizieller Seite her wurde gesagt, man solle alle
Gewalttaten und Chaos verhindern, aber daran hält sich hier
niemand. Das Zugucken geht weiter! Helikopter fliegen herum und
Autos fahren mit Blaulicht durch die Gegend, aber das alles
passiert nur zum Schein - es gibt keinerlei aktive Hilfe von
Seiten der Polizei oder offizieller Organisationen.
Letzte Nacht hat eine Kämpfergruppierung ein
Militärgelände, nicht weit von unserem Haus,
eingenommen. Dort gibt es Waffen, Helikopter und vieles mehr. Sie
haben schon davor eine riesige Menge an Waffen gehabt (wir fragen
uns woher die ganzen "einfachen Leute", die gegeneinander
kämpfen solche Schusswaffen bekommen konnten?), und jetzt
werden es immer mehr, und dazu noch schweres
Kriegsgerät.
Für uns hier bedeutet das Ganze, daß wir nicht mehr an
Lebensmittel kommen, vielen droht schon jetzt reale Hungersnot,
denn die Reserven gehen zuende. Es wird uns verkündet,
daß es Hilfslieferungen gibt mit Essen, Wasser und
Medikamenten, aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen
Stein. Brot ist gerade geliefert worden, aber seltsamerweise
bekommen die Russen davon nichts ab. Wir wollen kein Brot! Wir
wollen Leben!!! Warum wird in den russischen Nachrichten gesagt,
daß sich der Zustand hier stabilisiert hat, obwohl hier
alles immer schlimmer wird? Es gibt nur eine Antwort - jemand
möchte nicht, daß die Welt davon erfährt. Oder
sie tun einfach nur so, als würden sie es nicht
bemerken.
Mein Ziel ist es, diese Nachricht so weit wie möglich zu
verbreiten - daß so viele wie möglich weltweit von der
Situation hier erfahren. Wir fürchten, alleine gelassen zu
werden mit unserem Leid!!! Die Tatsache, daß der kleine
Anteil an hier lebenden Russen bisher verschont wurde, ist wohl
nur eine Frage der Zeit. Die wütende Bevölkerung hat
Blut gerochen, den Kampf angesagt und gesehen, daß sie
ungestraft davon kommen würden. Wir haben hier Todesangst!
Jeden Tag wissen wir nicht, ob wir ihn noch überleben
werden. Bitte, gebt diese Nachricht an alle Möglichen Seiten
weiter, stellt sie in die Nachrichten und Foren!!! Bitte lasst
uns nicht alleine!!! Dies ist ein ernsthafter Hilfeschrei!!!"
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/3dossier/asia/balawar-de.html
in www: http://de.wikipedia.org/wiki/Kirgisistan