In: Home > News > Südtirol und der Donbass. Der ehemalige Landeshauptmann Luis Durnwalder warb in der Ost-Ukraine für Autonomie
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Bozen, 1. März 2022
Kundgebung in Bozen zugunsten der Ukraine, 26. Februar 2022. Foto: GfbV.
Es ist lange her. Vor sieben Jahren stellte Durnwalder auf
Einladung der "Volksrepublik" Donezk die Südtiroler
Autonomie vor. Er empfand sich als Botschafter der Autonomie und
- so seine Aussage damals - als möglicher Stichwort-Geber
für eine friedliche Lösung des Konflikts.
Vertreter von "Forza Italia", der Partei von Silvio Berlusconi,
animierten Durnwalder, das Modell Südtirol vorzustellen.
Immerhin warben auch italienischen Spitzenpolitiker wie
Ministerpräsident Renzi und Außenminister Gentiloni
bei ihren Besuchen in Moskau für Südtirol als
Lösungsmodell des Konflikts in der östlichen Ukraine,
verteidigte Durnwalder die Annahme der Einladung.
Eingeladen wurde der Ex-Landeshauptmann von Jean-Luc
Schaffhauser, Europaparlamentarier des rechtsradikalen
Front-National. Durnwalder sollte auf dem Internationalen Forum
"Donbass: Gestern, heute morgen" über die Lösung von
Minderheiten-Problemen sprechen. Neben Durnwalder waren weitere
west-europäische Gäste mit dabei, Alessandro Bertoldi
von der Parteijugend von Forza Italia in der Provinz Bozen,
Alessandro Musolino, auch er von Forza Italia, ein ausgewiesener
Putin-Propagandist in einem rechten Netzwerk und zwei griechische
Parlamentsabgeordnete von Nea Dimokratia und der linksradikalen
Syriza.
Seine Zusage an dem obskuren Treffen begründete Durnwalder
mit dem Argument, zu einer Lösung beitragen zu wollen. Es
gibt eine Ähnlichkeit zwischen dem Donbass und
Südtirol, führte Durnwalder aus. Auch in Donezk und
Luhansk sei die Zusammensetzung der Volksgruppen mit jener
Südtirols vergleichbar: "Dort sind zwei Drittel Russen und
ein Drittel Ukrainer. Sie haben viele Fragen gestellt und nach
den Möglichkeiten der Autonomie gefragt … Sobald ich
über jene Bereiche gesprochen habe, die beim Staat geblieben
sind, wie etwa Außenpolitik, Heer, Polizei und Steuern,
waren die Reaktionen eher negativ," erinnert sich
Durnwalder.
Seine Aufgabe bestand damals darin, zu informieren, ohne sich
politisch vereinnahmen zu lassen, wies Durnwalder Kritik an
seinem Auftritt zurück. Durnwalder reiste über Moskau
in die "Volksrepublik" Donezk ein, die ukrainische Regierung
erklärte den ehemaligen Landeshauptmann von Südtirol
zur unerwünschten Person. Seine ehemalige Partei, die
Südtiroler Volkspartei, betonte, dass Durnwalder als
Privatperson und nicht als Vertreter der SVP oder Südtirols
in den inzwischen russisch besetzten Donbass reiste.
Durnwalder hatte als Landeshauptmann ein Faible für den
starken Mann im Kreml und für seine Anhänger. Schon
2009 gründete Durnwalder mit Vladimir Jakunin,
Präsident der russischen Eisenbahn und Putin-Vertrauten das
Russische Zentrum Borodina in der Südtiroler Kleinstadt
Meran. Ziel, die Beziehungen zwischen Südtirol und Russland
zu fördern. Jakunin, er stand bereits auf der
EU-Sanktionsliste, war als Präsident des "Zentrums der
nationalen Ehre" nach Südtirol gekommen. Zu den
Gründungsmitgliedern des neuen Borodine-Vereins zählen
das Land Südtirol, die Gemeinde Meran, die Handelskammer,
die Freie Universität Bozen und eine Reihe russischer
Institutionen, darunter auch die russische Botschaft in
Rom.
Jakunin wurde zum Präsidenten des neuen Borodine-Vereins
ernannt. An der Gründungsfeier nahmen hochkarätige
russische Persönlichkeiten teil wie der Sport- und
Tourismusminister Vitali Mutko, der Präsident der russischen
Handelskammer und Ex-Premier Yevgeny Primakov, der russische
Botschafter in Rom, Alexey Meshkov und oder der Präsident
des russischen Skiverbands, Andrey Bokarev.
Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass es
einen traditionsreichen russischen Kulturverein in Meran seit
langer Zeit schon gab. In der Habsburger Monarchie hatte sich in
der Meraner Kurstadt eine russische Gemeinde eingerichtet. Diese
Gemeinden sind heutzutage meist zu Lautsprechern für Putin
geworden.
Das Putin-Russland ließ in Südtirol auch einen
Honorarkonsul wirken, Bernhard Kiem. Er drängte auf weitere
Partnerschaften zwischen Russland und Südtirol, Vorbild die
Zusammenarbeit Südtirols mit Kamtschatka. Dort lässt
das Moskauer Regime Land und Leute ausplündern. Die
Zusammenarbeit brachte für Südtiroler Unternehmen
einige Aufträge aus Russland. Während der damaligen
"Krim-Krise" warb Honorar-Konsul für eine "objektive
Betrachtung" der Annektion.
Dem nicht genug. Die ehemalige Familienreferentin in der
Stadtverwaltung der Stadtgemeinde Brixen, inzwischen
SVP-Landtagsabgeordnete, Paula Bacher nahm 2014 an einer
Familientagung in Moskau teil. Die Botschaft dieser
"Familientagung", Kampf gegen die liberale Demokratie, gegen
Abtreibung und Homosexualität. Die in den USA von extremen
Rechten (dazu zählen viele Republikaner um Ex-Präsident
Donald Trump) getragene "World Congress of Families" wird in
Russland von potenten Förderern unterstützt. Allen
voran Wladimir Jakunin, damals Chef der russischen Staatsbahn und
enger Vertrauter Wladimir Putins. Seine Frau Natalia wurde mit
ihrer Stiftung "Heiligkeit der Mutterschaft" sehr aktiv. Der
Kreis schließt sich, über die christliche US-Rechte
bis zu gewichtigen US-Republikanern um Ex-Präsident Trump
und Putin-Russland. Dazwischen das autonome Land
Südtirol.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2022/220301ade.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2022/220225de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2022/220224de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2021/211125de.html
in www: https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine