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Nordirland-Irak

Unser Kommentar: Nicht nur im Irak und keine Einzelfälle!

Von Uschi Grandel

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
die Weltöffentlichkeit blickt mit Abscheu auf die Berichte über Folterungen von Irakern durch amerikanische und britische Besatzer und es ist ein kleiner Erfolg, dass es der amerikanischen Regierung bisher nicht geglückt ist, ihre Verbrechen unter den Teppich zu kehren. Und Großbritannien? Wie wenig ernst es der britischen Regierung mit einer lückenlosen Aufklärung ist, zeigt der Skandal um Folter und Mord an irakischen Gefangenen in Basra. Bereits im Januar hatte der irische Journalist Robert Fisk darüber berichtet:

Leutnant Daoud Mousa von der irakischen Polizei sah seinen Sohn am 14. September das letzte Mal lebend, als Soldaten das Hotel in Basra durchsuchten, in dem der junge Mann an der Rezeption arbeitete. "Er lag mit den anderen sieben Angestellten auf dem Marmorfussboden und hatte die Hände hinter dem Kopf", erzählt Leutnant Mousa. "Du brauchst keine Angst zu haben, sagte ich ihm, ich habe mit dem britischen Offizier geredet und der sagt, Du bist in ein paar Stunden wieder frei. ... Drei Tage später brachten sie mir die Leiche meines Sohnes". Die Briten kamen und sagten mir, er sei im Gewahrsam gestorben. Seine Nase war gebrochen, er blutete über dem Mund und ich konnte blaue Flecke in der Rippengegend erkennen. Die Haut an den Handgelenken war abgeschürft."

Baha Mousa hinterlässt zwei kleine Jungen, den fünfjährigen Hassan und den dreijährigen Hussein. Beide sind nun Waisen, weil Bahas Ehefrau ein halbes Jahr vor seinem Tod an Krebs gestorben war.
Amnesty International hat unabhängige Untersuchungen des Todes von Baha und der Misshandlungen der anderen Irakischen Gefangenen gefordert. Der Verteidigungsminister versucht jedoch, die Untersuchungen ausschliesslich innerhalb der Armee durchzuführen. Zwei Soldaten, die ursprünglich wegen des Mordes an Baha verhaftet worden waren, sind wieder auf freiem Fuss. Bahas Familie ist empört. "Wir werden die britische Armee in London verklagen", sagt sein Bruder Alaa. "Sie gaben uns $ 3,000 Kompensation und boten uns weitere $ 5,000 - weigern sich aber, die Verantwortung für den Mord zu übernehmen."
Wir lehnen das Geld ab. Wir wollen Gerechtigkeit. Wir wollen, dass die Soldaten bestraft werden. Wieviel Geld würde eine britische Familie erhalten, wenn ihr unschuldiger Sohn von Eueren Soldaten verhaftet und zu Tode geprügelt würde?"

Am 3. Mai 2004 schreibt die DPA zu neuen Anschuldigungen gegen die britischen Streitkräfte:

"Die Briten verwenden große Mühe darauf, sich im Irak von der "Cowboy-Strategie" der Amerikaner abzusetzen. Wer sie in Basra besucht, der wird schnell auf ihre lange Erfahrung in Nordirland hingewiesen, auf den höheren Ausbildungsstandard ihrer Soldaten. Doch jetzt sieht es mit einem Mal so aus, als hätten sich auch Soldaten "in der Uniform der Königin" schwerer Misshandlungen schuldig gemacht."

Der Zynismus, der sich hinter dem Verweis auf die nordirische Erfahrung versteckt, ist den meisten Lesern der DPA-Meldung und vermutlich auch dem Schreiber nicht bewusst. Folter und Mord an irakischen Gefangenen konnten nicht zuletzt auch deshalb geschehen, weil die britische Regierung in Nordirland jahrzehntelang die Erfahrung gemacht hat, dass das demokratische Europa der britischen Armee, ihren Geheimdiensten und Militärpolizisten den schmutzigen Krieg mit Folter und Mord weitgehend als innere Angelegenheit überlässt.

Und das, obwohl Menschenrechtsorganisationen wie z.B. Amnesty International immer wieder auf Menschenrechtsverletzungen und schwerwiegende Verletzungen der Demokratie hingewiesen haben. Die nordirische Erfahrung zeigt auch, dass Erniedrigung und Entrechtung zwei Seiten einer Medallie sind. Dass die Gewalt der Besatzer mit einem Konfliktlösungsprozess nach langem blutigen Krieg nicht automatisch verschwindet. Im Gegenteil, demokratische Erneuerung muss gegen Widerstände hart erkämpft werden und bedarf unserer Unterstützung.

Im folgenden dokumentieren wir anhand einiger Beispiele, was unter "nordirischer Erfahrung" zu verstehen ist:

Diese Liste ist nicht ein Rückblick auf die dunklen Tage des offenen Konflikts. Dieser Filz aus Verstößen gegen die Demokratie, Gewalt und Desinformation bedroht ganz konkret und brandaktuell den Friedensprozess im Norden Irlands. Er bedroht damit den Versuch der Konfliktlösung durch demokratischen Wandel, der mit dem Waffenstillstand der IRA 1994 eingeleitet wurde und im Karfreitagsabkommen 1998 von den Parteien festgeschrieben wurde - auch von der britischen Regierung. Ein erfolgreicher Friedensprozess in Nordirland, der die Würde der Menschen und ihre Grundrechte sichert, wäre ein wichtiges Zeichen, auch für den Irak. Es wäre ein Zeichen, dass die britische Regierung ihre Verantwortung ernst nimmt.

Ein Zeichen könnte die britische Regierung im Fall Peter McBride sofort setzen: der Belfaster Jugendliche Peter McBride wurde von den britischen Soldaten Wright und Fisher am 4. September 1992 ermordet. Das steht rechtsgültig fest. Seine Mörder sind immer noch Soldaten der britischen Armee und waren im Irak im Einsatz. Die Mutter von Peter Mc Bride kämpft seit Jahren um die Entlassung der Mörder ihres Sohnes aus der Armee. Ihr letzter Gerichtstermin gegen die Weigerung des britischen Verteidigungsministers, ein entsprechendes Urteil eines Zivilgerichts umzusetzen, fand am 20. April 2004 statt. Sie schreibt in einer Stellungnahme:

"Erstaunt es uns, dass britische Soldaten in Basra glauben, sie hätten die Konsequenzen ihrer Mordtaten nicht zu fürchten, wenn sie als Beispiel zwei verurteilte Mörder in ihren Reihen haben? In jedem der vielen Gerichtsverfahren hat unser Anwalt argumentiert, dass die Weiterbeschäftigung von Wright und Fisher in der Armee andere Soldaten zu dem Glauben verleitet, die britische Armee ignoriere Mord. Ich fühle mit der Familie des jungen Irakers, der genauso wie Peter zwei kleine Kinder zurücklässt. Ich werde Daoud Mousa, dem Vater des jungen Mannes, schreiben, damit er weiss, was ihn erwartet und um ihm unsere Unterstützung anzubieten."

Im Licht des Mordes an dem jungen Iraker Baha und anderen ist es an der Zeit, der britischen Regierung klarzumachen, dass sie sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen kann - in Nordirland nicht und nicht im Irak.

Diese Artikel und weitere Informationen zu Nordirland finden Sie auf unserer Webseite unter http://www.info-nordirland.de/start_de.htm.

Save the Good Friday Agreement Coalition (Germany) unterstützt den Friedensprozess in Nordirland [ www.info-nordirland.de ]
c/o Dr. Uschi Grandel, Holzhaussiedlung 15, 84069 Schierling, Tel.: 0049.(0)9451.949859


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/3dossier/eu-min/nordirl.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/nordirl1.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/nordirl2.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/nordirl3.html

* www: www.info-nordirland.de | www.irlnet.com/aprn/index.html

Letzte aktual.: 24.5.2004 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/3dossier/eu-min/nordirl4.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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