Von Uschi Grandel
A
chara, (liebe Kollegen, Freundinnen und Freunde)
die politischen Institutionen, die auf Grund des
Karfreitagsabkommens gebildet wurden, sind seit dem 14. Oktober
2002 suspendiert. Diese Suspendierung wurde unilateral von der
britischen Regierung vollzogen. Sie war das direkte Resultat der
Drohung des Führers der Ulster Unionisten, David Trimble,
seine Minister aus der Allparteienregierung zurückzuziehen,
falls die britische Regierung seinem Vorschlag nicht folgen und
gesetzeswidrig unsere Sinn Féin Minister aus der Regierung
ausschliessen würde. Seit der Unterzeichnung des
Karfreitagsabkommens im April 1998 ist dies bereits die vierte
Suspendierung der Institutionen durch britische Regierung, die
auf Verlangen der Unionisten erfolgt ist.
Anstatt sich mit der Unfähigkeit der Unionisten
auseinanderzusetzen, den im Abkommen festgelegten politischen
Wandel zu akzeptieren, hat die britische Regierung wiederholt
versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen, die sie für
die Bewahrung der demokratischen Rechte der irischen
Bevölkerung (im Norden Irlands) besitzt.
Die Polizeirazzia in unseren Büroräumen im
Parlamentsgebäude Stormont am 4. Oktober 2002 war der
Versuch einiger Elemente im britischen Establishment, Sinn
Féin die Schuld für den Kollaps der politischen
Institutionen in die Schuhe zu schieben. Die Razzia war
hochgradig öffentlich sichtbar und politisch motiviert und
wurde von einer parteilichen Polizei (PSNI) durchgeführt.
Die Polizei erschien zuerst ohne Durchsuchungsbefehl, ein
örtlicher Fernsehsender wurde im Vorfeld von der
bevorstehenden Razzia informiert und Mitglieder der Polizei
beleidigten unsere Angestellten und griffen sie tätlich an,
als sie zur Arbeit erschienen. Unsere zentralen
Büroräume wurden flüchtig durchsucht. Dabei wurde
eine CD und eine Diskette beschlagnahmt. Beide Gegenstände
wurden uns am folgenden Dienstag, den 8. Oktober mit der
Bestätigung zurückgegeben, dass sie keine
verfängliche Information enthielten.
Wir sind der festen Überzeugung, dass die wirkliche Absicht
nicht der Versuch war, einen fiktiven "Spionagering" zu
zerschlagen, so die Begründung, die in den Medien
weitverbreitet wurde. Die wirkliche Absicht war und ist, die
politischen Änderungen rückgangig zu machen, die seit
der Unterzeichnung des Karfreitagsabkommens erreicht wurden. Die
Unionisten sind gegen eine Regierungsbeteiligung von Sinn
Féin - genauso wie kalte Krieger in PSNI und britischem
Geheimdienst. Die Unionisten sind gegen die Einführung einer
neuen Polizei und gegen die Abschaffung des alten parteilichen
Polizeiapparats - genauso wie kalte Krieger in PSNI und
britischem Geheimdienst.
Sinn Féin ist die viertstärkste Partei im
Regionalparlament. Wir haben dort 18 der 108 Sitze inne. Unsere
Wahlergebnisse berechtigen uns, zwei Minister in der
Allparteienregierung zu stellen. Sinn Féin hat eine
herausragende Rolle für das Zustandekommen des irischen
Friedensprozesses gespielt. Wir bleiben der Aufgabe verpflichtet,
unser Bestes zu geben, damit der Friedensprozess die
gegenwärtige Krise überlebt. Wir sind der
Überzeugung, die Polizeirazzia und die anschliessende
Suspendierung der parlamentarischen Institutionen waren ein
direkter Angriff auf die Integrität unseres durch Wahl
gewonnenen Mandats. Zudem ist die (unilaterale) Suspendierung der
Institutionen illegal, da das Karfreitagsabkommen ein
internationaler Vertrag zwischen der britischen und der irischen
Regierung ist.
Als Parlamentskollegen bitten wir Sie um Ihre
Unterstützung. Wir bitten Sie, in Ihrem Parlament eine
Debatte zu initiieren, die die Suspendierung der politischen
Institutionen im Norden Irlands kritisiert. Äussern Sie Ihre
Bedenken gegen die Polizeirazzia in den Büroräumen
einer demokratisch gewählten politischen Partei und den
Bruch der Immunität von Parlamentsräumen.
Wir schlagen folgenden Text als Grundlage einer
Stellungnahme vor:
Dass dieses Haus
- die Unterstützung des Karfreitagsabkommen und seiner
politischen Institutionen unterstreicht;
- die britische Regierung, die irische Regierung, sowie alle
Parteien auffordert, das Abkommen und die Institutionen in vollem
Umfang zu unterstützen, basierend auf dem Prinzip der
Inklusivität und des Respekts vor allen politischen
Mandaten;
- die Polizeirazzia in den Büroräumen eines
Parlamentes verurteilt;
- aufs Stärkste die Suspendierung der Institutionen
verurteilt;
- die britische Regierung und die irische Regierung auffordert,
ihren Aufgaben nachzukommen, zu denen sie sich mit der
Unterzeichnung des Karfreitagsabkommens verpflichtet haben und
sie auffordert, aktiv die Agenda für tatsächliche
Veränderungen, Versöhnung und Frieden in Irland zu
verfolgen, da dies die Kernpunkte des internationalen Abkommens
sind.
Is mise le meas
Sinn Féin Assembly Grouping (Gruppe der Sinn Féin
Abgeordneten im nordirischen Regionalparlament)
Gerry Adams MP; Alex Maskey; Francie Molloy; Bairbre
deBrún; Barry McElduff; Conor Murphy; Pat Doherty MP;
Martin McGuinness MP; Mick Murphy; Michelle Gildernew MP; Gerry
McHugh; Mary Nelis; Gerry Kelly; Mitchel McLaughlin; Dr. Dara
O'Hagan; John Kelly; Pat McNamee; Sue Ramsey.
Save the Good Friday Agreement Coalition (Germany)
unterstützt den Friedensprozess in Nordirland [ www.info-nordirland.de
]
c/o Dr. Uschi Grandel, Holzhaussiedlung 15, 84069 Schierling,
Tel.: 0049.(0)9451.949859