Von Laura Friel
In den späten 1980ern und 1990ern war der
britische General Gordon Kerr Leiter der Force Research Unit,
einer der am besten geheimgehaltenen Einheiten der britischen
Armee. Während dieser Zeit reorganisierte die britische
Regierung die (pro-britischen) unionistischen Paramilitärs
(im Norden Irlands), bewaffnete sie und setzte sie ein. Unter dem
Deckmantel des Krieges gegen die IRA kollaborierte der britische
Staat mit Mord und Mordversuchen an unbewaffneten Republikanern,
politischen Aktivisten, ihren Familien, katholischen Zivilisten
und den Strafverteidigern Pat Finucane und Rosemarie Nelson. Der
Zynismus, den der britische Staat mit der Versetzung des General
Kerr in den Mittleren Osten an den Tag legt, entbehrt nicht einer
gewissen Ironie. Man nimmt an, dass eine der Aufgaben des
Generals im Golf sein wird, nach Kriegsende
Schlüsselpersonen des Saddam Regimes wegen Verbrechens gegen
die Menschlichkeit zu verfolgen.
Der britische Premierminister Tony Blair wurde kürzlich von
einer seiner eigenen parlamentarischen Hinterbänkler als der
wahre Erbe Margaret Thatchers bezeichnet. Diane Abbot
kommentierte damit den Enthusiasmus ihres Parteichefs für
das imperialistische Abenteuer der USA im Mittleren Osten.
Enthüllungen dieser Woche verbinden die Vorbereitungen
für einen Krieg gegen den Irak mit Grossbritanniens
schmutzigem Krieg und geben Abbots Vergleich eine neue
Bedeutung.
Im späten 20. Jahrhundert war die damalige britische
Premierministerin Margaret Thatcher oberste Chefin einer der am
besten geheimgehaltenen Einheiten der britischen Armee. Durch die
Operationen der verdeckt arbeitenden Force Research Unit machte
sich der britische Staat eines der schlimmsten Verbrechen einer
politischen Körperschaft schuldig, Morde an Bürgern
innerhalb der eigenen Jurisdiktion in Auftrag zu geben.
Nach Aussagen ehemaliger FRU-Agenten wurden alle Details der
Aktivitäten der Geheimeinheit, Morde eingeschlossen,
Margaret Thatcher und dem britischen Kabinett vorgelegt. Unter
den 200 Personen, von denen man annimmt, sie seien als direktes
Resultat der Zusammenarbeit britischer Stellen mit loyalistischen
(pro-britischen) Paramilitärs getötet worden, ist auch
der Belfaster Strafverteidiger Pat Finucane.
Im frühen 21. Jahrhundert ist der derzeitige britische
Premier Tony Blair als oberster Chef mit der Verschleierung
dieser Vorgänge beschäftigt. Anstelle eines klaren
Bruches mit dieser diskreditierten Vergangenheit tritt Tony Blair
in die Fussstapfen der ehemaligen Tory-Premierministerin. Anstatt
einige der gefährlichsten, undemokratischen Kräfte
innerhalb des britischen Staatsapparates unschädlich zu
machen, und damit ein Signal für einen neuen Anfang zu
setzen, setzt er diese Kräfte wieder ein.
Letzte Woche gab John Stevens, Chef der Londoner Metropolitan
Polizei, bekannt, dass er Material bezüglich General Kerr
und bis zu zwanzig weiterer Personen, ehemalige RUC-Offiziere,
noch im Dienst befindliche RUC-Offiziere, Offiziere und Soldaten
der britischen Armee, für die Staatsanwaltschaft vorbereite.
Das Material beinhaltet Beweise für "Collusion"(wie die
Zusammenarbeit des britischen Staates mit pro-britischen
unionistischen oder "loyalistischen" Killern genannt wird) bei
der Ermordung irischer Bürger im Norden Irlands. (Anmerkung
der Übersetzerin: die RUC=Royal Ulster Constabulary war die
frühere Polizei Nordirlands, berüchtigt durch ihre
Menschenrechtsverletzungen, sie wurde im Rahmen des
Friedensprozesses in PSNI=Police Service of Northern Ireland
umbenannt, grundlegende Reformen stehen jedoch noch aus).
Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Personen jemals vor Gericht
stehen werden, ist verschwindend gering. Das wusste Stevens von
Anfang an. Er hat seine Rolle gespielt (14 Jahre sogenannter
Ermittlungen und keine einzige erfolgreiche Strafverfolgung) und
sagte den Medien, es liege nun an der Staatsanwaltschaft zu
entscheiden, ob sie General Kerr und die anderen anklage.
Währenddessen entschied der britische
Verteidigungsminister, den leisesten Verdacht eines drohenden
Verfahrens abzuwenden. Einige Tage nach Steven's Bericht
versetzte er General Kerr in den Mittleren Osten. Bis vor Kurzem
hat General Kerr das Amt des Militärattaches der britischen
Regierung in Peking bekleidet, eines der höchsten Ämter
für einen britischen Soldaten.
Mit vorhersehbarer Arroganz wies ein Sprecher des britischen
Verteidigungsministeriums jede Kritik an dieser Versetzung von
sich: "General Kerr ist ein höherer Offizier und wir werden
ihn dort einsetzen, wo wir es für richtig halten," sagte
er.
Der Sprecher schob die Verantwortung John Stevens zu: "Wir sehen
keine Relevanz der derzeitigen Versetzung für die
Stevens-Untersuchung. Es wäre höchstens dann relevant,
wenn die Polzei gefordert hätte, General Kerr müsse im
Land bleiben. Diese Forderung wurde jedoch nicht erhoben."
"Diese Versetzung macht Kerr unangreifbar," sagte ein
höherer Militär einer schottischen Zeitung. "Sie werden
nicht zulassen, dass er aus seinen Kriegsoperationen abberufen
wird, um eine Aussage bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu
machen. Kerr ist mit dieser Versetzung wieder auf seinen
Füssen gelandet. Es zeigt, dass die gesamte
Stevens-Untersuchung nichts als ein Weisswaschmanöver ist.
Er wird niemals vor Gericht stehen.
Die Versetzung macht ihn unangreifbar. Sie beschützt damit
seine Vorgesetzten in der Armee und die Politiker, die an der
Macht waren, als die FRU ihre Aktivitäten in Ulster
(Nordirland) durchführte, davor, jemals unangenehme Fragen
beantworten zu müssen. Solche Fragen könnten leicht
auftauchen, wenn er verhaftet oder angeklagt würde."
In den Hochzeiten der Kontroverse um "Collusion", den
späten 1980ern und 1990ern war Kerr Leiter der Force
Research Unit, einer der am besten geheimgehaltenen Einheiten der
britischen Armee. Während dieser Zeit reorganisierte die
britische Regierung die (pro-britischen) unionistischen
Paramilitärs (im Norden Irlands), bewaffnete sie und setzte
sie ein. Durch ein Netzwerk an Agenten, wählten Gordon Kerr
und die FRU Opfer aus, stellten geheimdienstliche Informationen
zur Verfügung und organisierten Auftragsmorde.
Unter dem Deckmantel des Krieges gegen die IRA kollaborierte der
britische Staat mit Mord und Mordversuchen an unbewaffneten
Republikanern, politischen Aktivisten, den Familien bekannter
Republikaner und Sinn Fein Aktivisten, auch an Kindern und alten
Leuten, katholischen Zivilisten und den Strafverteidigern Pat
Finucane und Rosemarie Nelson.
Kerrs gewissenlose Methoden gingen über den Kreis derer
hinaus aus, die der britische Staat zum Feind deklariert hatte.
Ein Beispiel dafür, wie skrupellos General Kerr handelte,
ist die Ermordung von Margaret Perry. Ein FRU-Agent innerhalb der
IRA hatte den Verdacht, eine Frau, mit der er eine Beziehung
unterhielt, hätte herausgefunden, dass er als Informant
arbeitete.
Greg Burns fürchtete aufzufliegen und unterrichtete seine
FRU-Kontakte, dass er und zwei seiner engen Freunde
kompromittiert seien. FRU-Agenten wird für den Fall der
Entdeckung eine neue Identität versprochen, aber Kerr
verweigerte Hilfe und wies Burns an, damit selbst fertig zu
werden.
Kerr war sich klar, was dies bedeutete. Burns würde
Margaret Perry ermorden. Burns Freunde Aidan Starrs und Johnny
Dignam lockten Margaret über die Grenze (in die Republik
Irland) unter dem Vorwand, ihr Freund läge dort in einem
Krankenhaus. Sie fuhren sie in ein Waldstück, würgten
sie und schlugen sie tot. Ihre Leiche wurde im Juni 1992
entdeckt. Kurze Zeit später wurden Burns, Starr und Dignam
von der IRA umgebracht.
Im Dezember 2002 wurde Kerr von Stevens Untersuchungsteam wegen
des Mordes an dem Belfaster Strafverteidiger Pat Finucane
vernommen. Im Anschluss an die Vernehmung deutete Stevens an, er
habe genügend Beweise, um Kerr und andere anzuklagen. Aber
bereits vor Kerrs Versetzung an den Golf glaubten nur wenige an
seine Verurteilung.
"Diese Entwicklung zeigt klar, dass die [britische] Regierung
Kerr nicht nur unterstützt, sondern ihn aktiv vor
möglicher Verfolgung beschützt," sagte Michael
Finucane, der Sohn des ermordeten Strafverteidigers Pat
Finucane.
"Ich habe kein Vertrauen, dass die Untersuchungen von John
Stevens überhaupt jemals eine erfolgreiche Anklage
hervorbringen, sicher jedoch nicht gegen einen [britischen]
Armeegeneral," sagte Michael, der inzwischen Verteidiger in
Dublin ist.
"Die Umstände des Mordes an meinem Vater zeigen klar die
Verwicklung der britischen Armee und der britischen Regierung in
den Mord. Es ist klar, dass "Collusion" nie aufgehört hat,
bis heute nicht. Die einzige Änderung ist, dass an die
Stelle der geheimen Absprachen mit Loyalisten, die geheime
Absprache zwichen britischer Armee und Regierung getreten ist,
die damit sicherstellen, dass die Angelegenheit im Dunkeln
bleibt."
Der Zynismus, den der britische Staat mit der Versetzung des
General Kerr in den Mittleren Osten an den Tag legt, entbehrt
nicht einer gewissen Ironie. Man nimmt an, dass eine der Aufgaben
des Generals im Golf sein wird, nach Kriegsende
Schlüsselpersonen des Saddam Regimes wegen Verbrechens gegen
die Menschlichkeit zu verfolgen. Tony Blair und Maggie Thatcher,
ein britischer Premier bleibt eben ein britischer Premier.
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